Start Blog Seite 105

QS-Antibiotikamonitoring belegt verantwortungsvollen Antibiotikaeinsatz durch Tierärzte und Tierhalter

0

2018 ist die eingesetzte Antibiotikamenge bei Schweinen und Geflügel haltenden Betrieben im QS-System gegenüber dem Vorjahr erneut gesunken. Ein klarer Beleg für den sorgfältigen und verantwortungsvollen Antibiotikaeinsatz durch Tierärzte und Tierhalter. Bei fast allen Wirkstoffgruppen, insbesondere bei den kritischen Antibiotika, hat eine deutliche Reduzierung stattgefunden. Der von Kritikern an die Tiermedizin geäußerte Vorwurf, es finde eine Verschiebung der eingesetzten Wirkstoffe statt, ist widerlegt.

Die aktuellen Auswertungen aus dem QS-Antibiotikamonitoring widerlegen das von einigen Experten vermutete Ausweichverhalten in der Tiermedizin eindeutig. Der Vorwurf lautete, dass von “klassischen” Wirkstoffen, die ein größeres Mengenvolumen ausmachen, auf modernere, hochwirksame Wirkstoffe umgestiegen wird, die in der Anwendung um ein Vielfaches niedriger dosiert werden. Aber gerade bei den kritischen Wirkstoffen sind deutliche Rückgänge zu verzeichnen. Die Verbrauchsmenge an Fluorchinolonen wurde von 4,75 t auf 3,81 t im Jahr 2018 gesenkt und ist damit um fast 20 Prozent geringer ausgefallen. Während 2017 noch 0,4 t Cephalosporine der 3. und 4. Generation verabreicht wurden, waren es ein Jahr später mit 0,28 t klare 30 Prozent weniger.

Die Gesamtmenge der in den 29.864 Schweine und 3.184 Geflügel haltenden Betrieben des QS-Systems eingesetzten Antibiotika ist 2018 mit knapp 464 t um 4,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (487 t) gesunken. Dabei ist bei allen Wirkstoffgruppen eine Mengenreduzierung festzustellen. Thomas May, bei QS verantwortlich für das Antibiotikamonitoring, betont: „Antibiotika werden in der Nutztierhaltung keinesfalls prophylaktisch eingesetzt, sondern ausschließlich, wenn der Tierarzt sie aufgrund einer Diagnose verordnet. Kranke Tiere müssen – mit Blick auf den Tierschutz – medizinisch behandelt werden. Die Auswertungen des QS-Antibiotikamonitorings belegen, dass die Tierhalter und Tierärzte in hohem Maße um den restriktiven Einsatz bemüht sind. Das Verabreichen von so genannten Reserveantibiotika bleibt in der Nutztierhaltung die Ausnahme.“

Quelle: QS Qualität und Sicherheit GmbH

In Münster dreht sich alles um die Bienen

0

Der 28. Apisticus-Tag der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen findet am 2. und 3. März im Messe und Congress Centrum der Halle Münsterland in Münster statt. Das Schwerpunktthema der Fachtagung rund um Imkerei und Bienen lautet „Natürliche Vielfalt – Gesunde Bienen“.

Die Veranstaltung beginnt am Samstag um 12.30 Uhr. Am Sonntag startet die Messe bereits um 9 Uhr. Zum Apisticus-Tag werden 3 500 Imker und Bienenkundler aus Deutschland und dem benachbarten Ausland in Münster erwartet. Parallel zur Fachtagung zeigen mehr als 140 Aussteller aus dem In- und Ausland Produkte aus dem Umfeld von Imkerei und Bienenkunde sowie Natur- und Wildbienenschutz. Die Messe dauert am Samstag von 10 bis 18 Uhr und am Sonntag von 9 bis 16 Uhr. Wer nur die Ausstellung besuchen will, muss 12 Euro Eintritt pro Tag bezahlen.

Im Rahmen des Apisticus-Tages findet am Samstag um 13 Uhr die Verleihung des Apisticus des Jahres 2019 statt. Mit diesem Preis werden Menschen ausgezeichnet, die sich in besonderer Weise um die Imkerei verdient gemacht haben. Erstmals wird am Sonntag um 12 Uhr der Umweltpreis der Bienenkunde der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen zur Förderung von Projekten des Natur- und Artenschutzes, die sich mit Bienenkunde und Imkerei befassen, verliehen. Weitere Informationen, auch zu den Eintrittspreisen, gibt es im Internet unter www.apisticus-tag.de.

In Nordrhein-Westfalen halten mehr als 15 000 Imker etwa 95 000 Bienenvölker. Auch 2018 nahm die Zahl der Imker weiter zu. Die Bienen produzierten im vergangenen Jahr rund 2 500 Tonnen Honig mit einem Marktwert von etwa 25 Millionen Euro.

Weitere Informationen

Quelle: LWK NRW

Gründe von Deutschen und Chinesen, weniger Fleisch zu essen

0

In vielen Industrienationen essen die meisten Menschen nach wie vor zu viel Fleisch, obwohl das ungesund und schlecht für das Klima ist. So geht ein großer Anteil aller Treibhausgasemissionen auf das Konto der Viehzucht. Studierende des Studiengangs Sustainable Marketing & Leadership (M.A.) an der Hochschule Fresenius in Köln haben in einer Projektarbeit untersucht, wie hoch die Bereitschaft in Deutschland im Vergleich zu China ist, den Fleischkonsum zu reduzieren und was die Gründe sind. Hierfür haben sie über 700 Menschen in Deutschland und China online befragt.

Geht es um den Klimawandel, denkt man in erster Linie an Autoabgase und Industrieschlote. Doch auch das Steak auf dem Teller trägt zur Erderwärmung bei. Denn laut der UN-Landwirtschaftsorganisation FAO stammen mindestens 14,5 Prozent aller weltweiten Treibhausgasemissionen aus der Haltung und Verarbeitung von Tieren. Den größten Anteil daran haben Rinder. Sie sind für etwa 65 Prozent dieser Emissionen verantwortlich. Schweine dagegen tragen nur neun Prozent bei, bei Geflügel sind es sogar nur acht Prozent. Ob Verbraucher in Deutschland und in China willens sind, seltener Fleisch zu konsumieren und welche Motivation dahintersteckt, haben Studierende im Rahmen einer Projektarbeit näher beleuchtet.

Neben Experteninterviews haben sie eine Online-Umfrage zur Substitution von Fleisch in Deutschland und in China durchgeführt. Insgesamt wurden 200 deutsche und 568 chinesische Teilnehmer befragt. Ein interessantes Ergebnis: In beiden Ländern waren etwa die Hälfte der Befragten, die aktuell Fleisch essen – in China (53 Prozent) mehr als in Deutschland (46 Prozent) – bereit, ihren Fleischkonsum zu reduzieren. Die Motive dahinter sind aber völlig unterschiedlich: Dominieren in Deutschland ethische Beweggründe, wie Fragen des Tierwohls (33 Prozent) und des Naturschutzes (18 Prozent), ist in China vor allem die Gesundheit (64 Prozent) ausschlaggebend für das Interesse an fleischreduzierter Ernährung. Naturschutz geben nicht einmal zwei Prozent und Tierwohl nur gut sieben Prozent der Befragten aus China als Motiv an. Während in Deutschland reges Interesse an Fleischersatzprodukten besteht, werden in China vor allem Eierspeisen (54 Prozent) als Alternative zum Fleischkonsum betrachtet, während Käse, der von der deutschen Befragten zu 41 Prozent als Fleischersatz favorisiert wird, in China gar keine Rolle spielt.

„In den Modulen „Strategische Führung“ und „Digitale Medien“ konnten unsere Studierenden sich verschiedene aktuelle Themen empirisch erarbeiten. So fördern wir nicht nur die wissenschaftliche Kompetenz, sondern auch die Fähigkeit wissenschaftliche Ergebnisse verständlich aufzubereiten“, so Prof. Dr. Lutz Becker, Studiendekan des Masterstudiengangs Sustainable Marketing & Leadership (M.A.). „Aus der Untersuchung lassen sich Tendenzen auf die Motivation der Verbraucher, auf mögliche Unternehmensstrategien in der Ernährungsbranche und auf künftigen Forschungsbedarf erkennen“, erklärt er weiter.

Die Ergebnisse wurden im Rahmen Online-Konferenz Next Economy Open #NEO18x präsentiert.

Quelle: Hochschule Fresenius

5. Internat. Öko-Imkereikonferenz vom 1.– 3. März 2019, Uni Hohenheim: Honigbienen als Botschafter für die ökologische Landwirtschaft

0

Weltweit kämpfen Imkerinnen und Imker mit den verschiedenen Auswirkungen einer zunehmend industrialisierten Landwirtschaft auf Bienengesundheit und Honigerzeugung. In besonderer Weise hiervon betroffen sind die Öko-Imker, die zum Beispiel immer weniger unbelastete Trachtgebiete zum Anflug für ihre Bienenvölker vorfinden. Aber auch viele nicht zertifizierte Imker in Deutschland klagen über monotone Agrarlandschaften, die kaum noch abwechslungsreiche Nahrungsgrundlagen für die Honigbiene bieten.

An der Universität Hohenheim in Stuttgart kommen vor diesem Hintergrund vom 1. bis 3. März Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Praxis und Imkerei zur 5. Internationalen Öko-Imkereikonferenz zum gegenseitigen Austausch zusammen. Veranstalter sind die Universität Hohenheim gemeinsam mit Naturland – Verband für ökologischen Landbau e.V. und dem Apiculture Forum der International Federation of Organic Agricultural Movements (IFOAM). Die Konferenz findet erstmals in Deutschland statt.

Um internationale Berufsimker und regionale Hobbyimker gleichermaßen anzusprechen, finden Vorträge auf Deutsch und Englisch statt. Das Programm gibt es unter organicapis.uni-hohenheim.de.

Landwirtschaft insektenfreundlicher gestalten

„Die Honigbiene zeigt, dass Zeit ist, umzudenken“, erklärt Dr. Sabine Zikeli, Leiterin des Zentrums für ökologischen Landbau der Universität Hohenheim. „Schlaglichter wie Chemikalienrückstände im Honig zeigen uns exemplarisch, dass es notwendig ist, Prozesse in der Landwirtschaft so zu gestalten, dass sie insektenfreundlich sind und die Artenvielfalt in der Agrarlandschaft erhalten.“

Manfred Fürst, Naturland Experte für internationale Öko-Imkerei und Koordinator des IFOAM Apiculture Forum, weist auf die Herausforderungen hin, mit denen gerade die kleinbäuerliche Öko-ImkerInnen in Lateinamerika zu kämpfen hätten. „Dort gibt es bislang noch große, naturnahe Flächen, die gute Trachtquellen für die traditionelle Imkerei bieten. Doch der zunehmende Einsatz von Gentechnik in der industriellen Landwirtschaft bedroht die Existenz tausender Imker und ihrer Familien“, betont Fürst.

Hintergrund ist, dass gentechnisch verunreinigter Honig in Europa aufgrund mangelnder Verbraucherakzeptanz selbst konventionell kaum vermarktet werden kann. Die Vermarktung als Öko-Honig ist ohnehin ausgeschlossen. Deutschland steht an der Spitze des Honigverbrauchs, mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 1,1 Kilogramm pro Jahr. Deshalb werden rund 80 Prozent des hierzulande konsumierten Honigs importiert.

Imkerkultur im Ländle bereits nah am Bio-Standard

Für Imker in Deutschland und speziell Baden-Württemberg bietet die Tagung die Chance, sich Anregungen für die tägliche Praxis zu holen und ihren eigenen Standard zu reflektieren. Denn was die Zahl der Imker betrifft, wird die Tagung an einem Hotspot der Imkerei ausgetragen: Von den gut 100.000 Imkereien in Deutschland befindet sich jede vierte in Baden-Württemberg.

Die regionale Kultur der Kleinimker habe sich bereits einen ziemlich hohen Standard erarbeitet, weiß Dr. Peter Rosenkranz, Leiter der Landesanstalt für Bienenkunde in Hohenheim. „Viele regionale Imker befolgen bereits Empfehlungen, die der Öko-Imkerei sehr nahekommen, sie scheuen allerdings den Schritt, sich als Biobetrieb zertifizieren zu lassen.“ Eine Öko-Zertifizierung sei vor allem für Berufsimker und im internationalen Handel von Vorteil.

HINTERGRUND: 5. Internationale Öko-Imkereikonferenz

Vor dem Hintergrund dieser unterschiedlichen Herausforderungen ist es das Ziel der Konferenz, ImkerInnen aller Länder und Größenordnungen miteinander in Kontakt zu bringen. Dies soll den Austausch und den Transfer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis erleichtern. WissenschaftlerInnen geben wertvolle Hinweise zur Öko-Bienenhaltung und informieren unter anderem über Schädlingsbekämpfung und Trendthemen wie Stadtimkerei oder Apitherapie.

HINTERGRUND: Zentrum Ökologischer Landbau

Das Ziel des Zentrums Ökologischer Landbau der Universität Hohenheim ist es, Wissenschaft und Praxis zusammenzuführen, um den Ökologischen Landbau gemeinsam weiterzuentwickeln. Dazu organisiert und koordiniert das Zentrum Lehre und Forschung zum Ökologischen Landbau universitätsweit und interdisziplinär.

HINTERGRUND: Landesanstalt für Bienenkunde

Die Landesanstalt für Bienenkunde erarbeitet durch ihre Forschung Grundlagen zur Lösung aktueller Probleme der Bienenhaltung im Land. Langzeitprojekte, vor allem in den zentralen Bereichen der Bienenhaltung (Varroamilbe, Waldtracht, Pflanzenschutz vs. Bienenschutz) sollen sicherstellen, dass diese Lösungsansätze nachhaltig sind und veränderten Bedingungen angepasst werden. Die Forschungsergebnisse sollen in Zusammenarbeit mit der staatlichen Fachberatung und den Imkerverbänden in die Praxis umgesetzt werden.

HINTERGRUND: Naturland – Verband für ökologischen Landbau e.V.

Naturland ist einer der bedeutendsten Verbände für ökologischen Landbau weltweit. 65.000 Naturland Bäuerinnen und Bauern in 58 Ländern der Erde zeigen, dass ein ökologisches, soziales und faires Wirtschaften weltweit im Miteinander ein Erfolgsprojekt ist. Ein großer Teil der über 1.000 Imker im Verband sind kleinbäuerliche Familienbetriebe in Lateinamerika, v.a. in Mexiko. In Deutschland sind etwa 70 Berufsimker Naturland zertifiziert. Naturland hat bereits die 3. Internationale Öko-Imkereikonferenz 2012 in Mexiko mitorganisiert.

HINTERGRUND: IFOAM Apiculture Forum

Das IFOAM Imkerei-Forum wurde 2015 als selbstständige Untergruppe des internationalen Öko-Dachverbands IFOAM eingerichtet, um die ökologische Bienenhaltung weltweit zu fördern. Naturland gehört zu den Gründungsmitgliedern des Forums, das die Interessen und Erfahrungen von Imkern, traditionellen Honigsammlern, Landwirten, der Zivilgesellschaft und anderen Organisationen, die sich mit Bienen und ökologischer Imkerei beschäftigen, zusammenbringt.

Quelle: Universität Hohenheim

TVT & PROVIEH: „Ferkelkastration unter Allgemeinanästhesie ist unnötige Amputation“

0

Narkosemittel und Kastration gehören nicht in die Hände von Landwirten
TVT und PROVIEH e.V. lehnen die geplante Verordnung zur Durchführung der Isofluran-Narkose bei der Ferkelkastration durch Landwirte ab

Die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. (TVT) und PROVIEH e.V. lehnen den Referenten-Entwurf einer Verordnung zur Durchführung der Narkose mit Isofluran bei der Ferkelkastration durch Landwirte bzw. sachkundige Personen ab. In der gemeinsamen Stellungnahme, die dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft zuging, heißt es in der Eingangsbegründung: „Grundsätzlich handelt es sich bei der Kastration männlicher Saugferkel um eine vermeidbare Amputation. Die Unversehrtheit der männlichen Saugferkel sollte das oberste Ziel sein. Mit der Ebermast mit und ohne Immunokastration stehen praktikable und tierschutzgerechte Alternativen zur Verfügung.“ Weitere Kritikpunkte an der geplanten Verordnung sind erhebliche Defizite bei Anwender-Tier- und Umweltschutz. Darüber hinaus sollten eine chirurgische Kastration und die damit einhergehende Anästhesie ausschließlich dem Tierarzt vorbehalten sein.

Professor Thomas Blaha, Vorstandsmitglied der TVT, sagt hierzu: „Wir müssen uns gemeinsam dafür stark machen, dass möglichst viele ihre Stimme erheben und sagen, dass auf der Grundlage von politischem Opportunismus keine sich gegen die Tiere wendenden Entscheidungen getroffen werden dürfen. Auch steht mit der Ebermast mit Immunokastration eine wissenschaftlich belegte, für den Verbraucher sichere, nicht hormonelle und nicht chemische Methode zu Verfügung, den unerwünschten Ebergeruch zu unterbinden, ohne eine Amputation vornehmen zu müssen“.

„Unser Ziel muss die Unversehrtheit der Schweine sein“, sagt Angela Dinter, Fachreferentin für Schweine von PROVIEH e.V. „Frau Klöckner sollte in zukunftsweisende und tiergerechte Lösungen, wie die Ebermast mit und ohne Eberimpfung investieren, statt die Verstümmelung von männlichen Ferkeln mit geplanten 38 Millionen Euro Steuergelder zu fördern“. Die chirurgische Kastration männlicher Ferkel und die damit einhergehende Anästhesie sind obsolet, da bereits praxistaugliche Alternativen zur Vermeidung von unerwünschtem Ebergeruch zur Verfügung stehen, die keinen chirurgischen Eingriff erfordern.

Im Sinne des § 5 des Tierschutzgesetzes muss spätestens ab dem 01.01.2021 eine wirksame Schmerzausschaltung bei der Kastration von männlichen Saugferkeln gegeben sein. Aus Tierschutz-Gründen ist bereits vor Ablauf dieser Frist baldmöglichst auf den Eingriff der Kastration komplett oder zumindest auf den betäubungslos durchgeführten Eingriff zu verzichten.

Quelle: Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. (TVT)

Landwirtschaft am Scheideweg – DLG-Wintertagung 2019

0

Zur Eröffnung des Plenums ging es gestern in Hannover um Fortschritt und zwar gleich zwei Mal. DLG-Präsident Hubertus Paetow sprach den Fortschritt im Sinn von „Steigerung“ an. Bei der Suche nach passenden Antworten, auf die veränderten gesellschaftlichen Ansprüche an die Landwirtschaft, setzt er – nicht nur, aber auch – auf Technik, speziell die digitale. Um genau diese ging es dann auch in einem interessanten Impulsforum – dazu später mehr.

Dr. Christian Dürnberger, Philosoph und Kommunikations-Wissenschaftler vom Messerli Forschungsinstitut an der Vetmeduni Wien, nahm in seinem lebhaften Vortrag den Ball gleich auf. In den letzten 100 Jahren führte Fortschritt immer hin zum Besseren, sagte er, und Technik entwickelte sich immer fort – im Gegensatz etwa zur Moral, die Fortschritt nicht notwendig brauche.
War für den Menschen früher die Natur feindlich und grausam, sieht er sie heute als freundlich und ideal. Herrschte vor Jahrzehnten noch Fortschritts-Optimismus allerorten, glauben die Kritiker moderner Landwirtschaft heute nicht, dass Technik helfen kann, die anstehenden Probleme zu lösen.

Deshalb brauche es eine neue Definition von „Fortschritt“, forderte der Österreicher. Der Bauer müsse heute nicht nur sichere und bezahlbare Lebensmittel produzieren, sondern dabei auch seine besondere Verantwortung für Klima, Umwelt und Tiere wahrnehmen und könne im Idealfall über all diese Facetten seiner Arbeit auch noch vor einem interessierten bis kritischen Publikum Auskunft geben. Wenn Fortschritt auch bedeute, sich den großen Herausforderungen seiner Zeit zu stellen, dann müsse sich der Landwirt heute im Besonderen der öffentlichen Debatte stellen.

Impulsforum Tierbeobachtung
Unter dem Motto „Big Brother oder das Auge des Herrn?“ ging es nachmittags ganz konkret um technische Hilfsmittel und klassisch-analoge Verfahren. Im Vortrag von Uwe Mohr „Die gläserne Kuh“ ging es um Kuh-Sensoren, die heute schon auf dem Markt sind (über 30) oder in nicht allzu ferner Zukunft zu haben sein werden.

Natürlich könne es sich kein Milchviehhalter leisten, seine Tiere mir sämtlichen verfügbaren Sensoren zu behängen, sagt der Mann vom Bildungszentrum Triesdorf, aber für Ratschläge zur sinnvollen Auswahl seien ja z. B. er und seine Kollegen zuständig. Landwirtschaft 4.0 bedeute in Zukunft, alle Datenquellen zu verarbeiten und so Handlungsempfehlungen automatisch zu generieren. Der Herdenmanager sei zukünftige auch Datenmanager.

Wichtigster Parameter bei der Kuh sei, so Uwe Mohr, das Wiederkäuen und neben pH-Wert, Körpertemperatur, Futter- und Wasseraufnahme, könne auch die Wiederkau-Aktivität schon heute mittels Pansen-Sensor gemessen werden. Ja sogar die Abkalbe-Vorwarnung wäre mittels Magensensor zuverlässiger, als etwa per Melder am Kuhschwanz.

In Zukunft böte die Bildverarbeitung dann ganz neue Möglichkeiten. Schon heute seien Wärmebildaufnahmen und Kuhortung im Stall möglich, es kämen aber bald automatisches Body-Condition-Scoring und eine Gangbild-Analyse hinzu.

Aber auch mit der Digitalisierung verbundene Probleme sprach der Treisdorfer an. Von Datensicherheit und Internet-Verfügbarkeit im ländlichen Raum, über Technik-Abhängigkeit, ständige Fortbildung und auch Überforderung des Personals, bis zur Verbraucherakzeptanz spannte er den Bogen. Und, last but not least, bestehe die Gefahr, die Basics zu verlernen.

Damit schaffte er den perfekten Übergang zum Vortrag von Dr. Kees Scheepens, dem Schweineflüsterer aus den Niederlanden. Sein Credo „Schweinesignale erkennen, verstehen und nutzen“ bildete den roten Faden des Vortrags.

Da sich bereits nach zwei Wochen im Stall Betriebsblindheit einstelle, sei jeder Bauer gefordert, sich bewusst auf seine Tiere zu fokussieren. Das „Auge des Herrn“ mäste das Vieh nur mit Passion, professioneller Verantwortung und der Bereitschaft zu lebenslangem Lernen.

Auch wenn ein Schwein 80% des Tages schläft oder ruht, wird die restliche Zeit zum allergrößten Teil fürs Wühlen genutzt. Deswegen seien Stroh, Raufutter und Beschäftigung so wichtig. Käme noch ein deutlich größeres Platzangebot hinzu, würde die Krankheitsanfälligkeit deutlich sinken. Jutesäcke wäre zur Beschäftigung bestens geeignet und halbierten sogar Schwanz- und Ohrbeißen bei Ferkeln

Sitzen Schweine in der Bucht, sei dies immer ein Alarmsignal, aber auch wenn sie „weinen“. Was nämlich aussieht wie Tränenstreifen auf den Schweinebacken, ist in Wahrheit Porphyrin aus der Harderschen Drüse. Ausgelöst durch Stress, korrelieren die sog. „bloody tears“ mit Caudophagie. Gleiches gelte auch, wenn Schweineschwänze schlaff herabhängen, statt sich froh zu ringeln. Ergebnisse dänischer Forschung hätten gezeigt, dass Tiere mit hängenden Schwänzen eher gebissen werden. Fällt ein Tier solchermaßen auf, müsse es sofort markiert und sein Zustand besonders häufig überprüft werden.

Prof. Dr. Martin Ziron (FH Soest) forderte anschließend: „Digital und Analog im Stall kombinieren!“ Als direkt bewertbare tierbezogene Indikatoren zählte er Verletzungen, Lahmheit, Sauberkeit, Schwanzlänge und Kümmern auf. Direkt beobachten könnten der Tierhalter oder dessen Angestellte, der Tierarzt oder ein Berater. Klassisch analog vom Zentral- oder Futtergang aus und direkt in der Bucht. An digitaler Technik stünden dafür Kamera, Mikrofon und Bewegungsmelder zur Verfügung.

Beim Sensor-Einsatz seien Milchviehbetriebe deutlich weiter als die Schweinehaltung, weil Schweine fast jeden Sensor in kürzester Zeit zerstören. Deshalb seien am Tier höchstens Thermosensoren geeignet, ansonsten kämen besser Kameras und Mikrofone zum Einsatz.

Allerdings stößt der Einsatz dieser Geräte recht bald an seine Grenzen. 12 Stunden Video-Aufzeichnung sind einfach gemacht, aber den gleichen Zeitaufwand fordert die Auswertung. In der Wissenschaft sei das akzeptabel, für die Praxis aber unvorstellbar. Mikrofone können z. B. Hustengeräusche auffangen, um deren Häufigkeit mit Hilfe einer passenden App anschließend auszuwerten. Allerdings muss immer noch der Mensch dabei schauen, welche Tiere überhaupt beteiligt sind.

Ähnliches gilt für den Einsatz von Wärmebild-Kameras, die sich zwar gut zur Klimakontrolle eignen, aber beim Fiebermessen praktisch unbrauchbar sind. Die Körpertemperatur des Schweins korreliert nicht mit der Rektaltemperatur und, selbst wenn der Messpunkt direkt an der Sauen-Vulva liegt, müsste bei Verdacht auf Fieber das entsprechende Tier per Auge identifiziert und auch noch schnell markiert werden, was in der Gruppenhaltung schwierig werden kann. Hilfreich können Apps sein, wenn Digital und Analog kombiniert werden und bei der Tierkontrolle etwa eine Auswertungsfunktion hilft.

In der wissenschaftlichen Erprobung seien derzeit festmontierte Kameras bei Verhaltensuntersuchungen. Ziel sei z. B. die einzeltierbezogene Erfassung von Aktivität, zurückgelegter Wegstrecke und die Aufenthaltsbereiche in der Bucht. Weitere Forschungsprojekte laufen aktuell zu

+ Abrufstation mit elektronsicher Waage (automatische Gewichtsentwicklung),
+ Erfassung des täglichen Wasserverbrauchs,
+ Ultrahochfrequente-Tiererkennung mit UHF-RFID,
+ Richtmikrofone plus Software zur Minimierung des Erdrückungsrisikos bei Saugferkeln,
+ Echtzeit-Lokalisierung bei Wartesauen mittels Ohrmarken.

In der Entwicklung seien auch Systeme zur dauerhaften Erfassung von Geräuschen im Stall sowie die Aufzeichnung und Auswertung des Liegeverhaltens (Rücken-, Seiten-, Bauchlage) per automatischer Bilderkennung.

Antibiotikaresistenzen breiten sich schneller aus als bisher angenommen

0

Am Beispiel von Fischen aus Aquakultur konnten Forscherinnen und Forscher des Helmholtz Zentrums München, der Universität Kopenhagen und der Universität im brasilianischen Campinas neue Erkenntnisse zu den Übertragungsmechanismen von Antibiotikaresistenzen zwischen Bakterien gewinnen. Diese sind laut der Studie im Fachmagazin ‚Microbiome‘ vielfältiger als bisher angenommen.

„In den letzten 70 Jahren hat der Einsatz von Antibiotika in der Human- und Veterinärmedizin stetig zugenommen und zu einem dramatischen Anstieg von resistenten Mikroorganismen geführt“, sagt Prof. Dr. Michael Schloter, Leiter der Abteilung Vergleichende Mikrobiomanalysen (COMI) am Helmholtz Zentrum München. Besonders dramatisch sei, dass viele Mikroorganismen nicht nur gegen ein Antibiotikum resistent sind, sondern gegen eine Vielzahl unterschiedlicher Substanzen. Das erschwere insbesondere die Behandlung von Infektionskrankheiten, so der Wissenschaftler, der federführend an der aktuellen Studie beteiligt war. „Wir wollten nun herausfinden, welche Mechanismen der Resistenzentwicklung zugrunde liegen“, so Schloter.

Dazu untersuchte er mit seinem Team und dänischen Wissenschaftlern um Gisle Vestergaard (Universität Kopenhagen und Helmholtz Zentrum München) Fische aus einer Aquakultur: Konkret ging es dabei um Piaractus mesopotamicus, eine als Pacu bekannte Art aus Südamerika, die oft in Aquakulturen gehalten wird. Die Tiere bekamen über 34 Tage das Antibiotikum Florfenicol mit der Nahrung, währenddessen und danach nahmen die Wissenschaftler Proben aus dem Verdauungstrakt und suchten nach entsprechenden genetischen Veränderungen bei den dort ansässigen Bakterien.

Resistenzen springen durch das Genom

„Wie erwartet führte die Gabe des Antibiotikums zu einer Zunahme der Gene, die für entsprechende Resistenzen verantwortlich sind“, erklärt COMI-Doktorand Johan Sebastian Sáenz Medina, Erstautor der Arbeit. „Ein Beispiel sind etwa Gene für Pumpenproteine, die den Wirkstoff einfach wieder aus den Bakterien heraus transportieren. Besonders interessant war für uns aber auch die zunehmende Zahl sogenannter mobiler genetischer Elemente in der Nähe dieser Resistenz-Gene“, ergänzt Sáenz Medina. „Das ließ vermuten, dass die Bakterien Resistenzen auch durch Viren – sogenannte Phagen – und Transposons untereinander austauschen.“

Weitere metagenomische Untersuchungen bestätigten, dass diese mobilen genetischen Elemente quer durch das Genom springen, dabei Teile des Erbguts mitreißen – darunter auch die Resistenzgene – und andernorts wieder einfügen. Bisher war man davon ausgegangen, dass vor allem sogenannte Plasmide (vereinfacht gesagt leicht übertragbare Mini-Chromosomen) für den Austausch von Resistenzgenen verantwortlich sind.

„Die Erkenntnis, dass die Resistenzen auch abseits von Plasmiden im großen Umfang zwischen Bakterien übertragen werden, ist durchaus überraschend“, ordnet Michael Schloter die Studie ein. „Darauf aufbauend sollten entsprechende Ausbreitungsmodelle überprüft und angepasst werden. Zudem regen unsere Daten durchaus zum Nachdenken an, ob und in welchem Umfang man die weltweit zunehmende Anzahl von Aquakulturen mit Antibiotika betreiben sollte.“

Quelle: Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt

Schweine auf Stroh wirken glücklicher

0

Fotos spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, wie Produkte aus der Landwirtschaft bei Verbraucherinnen und Verbrauchern ankommen. Ein Wissenschaftlerteam der Universitäten Bozen und Göttingen hat untersucht, wie Menschen Fotos von einem Schwein in unterschiedlichen Ställen wahrnehmen und bewerten. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift PLoS ONE erschienen.

Rund 1.000 Verbraucherinnen und Verbraucher aus Deutschland bewerteten in der Studie Bilder eines glücklich oder eines traurig aussehenden Schweins jeweils in einem Stall mit Stroheinstreu oder Spaltenboden. Die Ergebnisse zeigen, dass der Stall, in dem ein Schwein abgebildet ist, den stärksten Einfluss darauf hat, wie das Tier wahrgenommen wird. „Die Haltung von Schweinen in heute üblichen Ställen, in denen die Tiere auf einem Betonboden mit Spalten zum Abfließen der Gülle leben, wird als sehr problematisch wahrgenommen“, sagt der leitende Autor Prof. Dr. Achim Spiller vom Department für Agrarökonomie und Rurale Entwicklung der Universität Göttingen. „Der Strohstall wird im Vergleich als deutlich natürlicher und tiergerechter bewertet. Daran ändert auch der traurige oder fröhliche Ausdruck des im Stall stehenden Schweins nichts.“ Bei der Bewertung des Wohlbefindens des Schweins zeigt sich, dass dasselbe Schwein auf Stroh als zufriedener, gesünder und glücklicher bewertet wird als auf einem Foto mit Spaltenboden.

Die Ergebnisse helfen zu verstehen, wie die Öffentlichkeit Tierhaltungssysteme bewertet. Ein von den meisten Menschen negativ bewertetes Haltungssystem wie der Spaltenboden wird demnach selbst dann nicht besser wahrgenommen, wenn auf den Bildern glücklich aussehende Tiere abgebildet sind. Ein positiv wahrgenommener Stall, wie ein Stall mit Stroheinstreu, wird entsprechend selbst dann nicht schlechter bewertet, wenn das Tier darin traurig aussieht.

Die Studie wurde ermöglicht durch die Förderung des Projektes „Social Lab – Nutztierhaltung im Spiegel der Gesellschaft” durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung.

Quelle: Georg-August-Universität Göttingen

Ozeanversauerung schädigt Dorschlarven mehr als bislang vermutet

0

Der Kabeljau, auch bekannt als Atlantischer Dorsch, gehört zu den wichtigsten kommerziell genutzten Fischarten weltweit. Studien der vergangenen Jahre zeigten, dass zunehmende Ozeanversauerung seinen Nachwuchs bedroht. Doch bisher bestand die Hoffnung, dass wenigstens die Larven, die überleben, widerstandfähiger sind und somit langfristig der Population eine Anpassung ermöglichen. Eine neue Studie, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel jetzt im Fachjournal Global Change Biology veröffentlicht haben, weist jedoch in eine andere Richtung.

Ozeanversauerung ist neben steigenden Temperaturen und sinkenden Sauerstoffgehalten eine der Hauptbelastungen für den Lebensraum Meer in Zeiten des Klimawandels. Steigende Kohlenstoffdioxid (CO2)-Konzentrationen in der Atmosphäre führen dazu, dass auch das Meerwasser immer größere Mengen an CO2 aufnimmt. Durch die Reaktion des CO2 mit dem Wasser entsteht Kohlensäure. Der pH-Wert sinkt – das Meer wird saurer.

Der genaue Einfluss der Versauerung auf die Gesamtheit der marinen Ökosysteme ist weiterhin schwer vorherzusagen. Allerdings gibt es vermehrt Hinweise darauf, dass einige Arten sehr unter den Veränderungen leiden werden. Eine dieser Arten ist der Atlantische Dorsch, auch Kabeljau genannt. Eine neue Studie, die Forscherinnen und Forscher des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel zusammen mit Kollegen aus Frankreich und Norwegen jetzt im internationalen Fachjournal Global Change Biology veröffentlicht haben, belegt zusammen mit vorherigen Arbeiten, dass hohe CO2-Konzentrationen im Meer ausgerechnet den Nachwuchs der Art bedrohen.

Bereits in einer früheren Studie haben die Forschenden gezeigt, dass auf Grund von Ozeanversauerung deutlich weniger Dorschlarven überleben. Damit erreichen weniger Exemplare die Geschlechtsreife und können sich fortpflanzen. „Bisher wurde aber angenommen, dass zumindest die überlebenden Larven besser mit der Ozeanversauerung umgehen können“, sagt Dr. Martina Stiasny vom GEOMAR, Erstautorin der aktuellen Studie, „das könnte über Folge-Generationen zu einer Anpassung der Art führen“. Doch dieser Hoffnung widersprechen die Ergebnisse der jetzt veröffentlichten Untersuchung.

Sie zeigen, dass auch diese überlebenden Larven erhebliche Organschäden und Entwicklungsverzögerungen aufweisen. „Besonders die im Verhältnis zur Körpergröße unterentwickelten Kiemen der Larven sind ein sehr schlechtes Zeichen“, erklärt Dr. Catriona Clemmesen, Leiterin der Gruppe „Fischlarvenökologie“ am GEOMAR. Kiemen sind, wie die Lungen beim Menschen, eines der wichtigsten Organe und regeln neben der Aufnahme von Sauerstoff auch den Ausgleich des verringerten pH-Wertes. Eine Unterentwicklung der Kiemen kann daher weitreichende Folgen für die Larven in den folgenden Lebensstadien haben.

Eine weitere Veröffentlichung aus dem vergangenen Jahr zeigte bereits, dass auch die Elterngeneration sich nur in erhöhten CO2-Werten akklimatisieren und gesünderen Nachwuchs produzieren kann, wenn das Angebot an Nahrung größer wurde. „Diese Idealbedingungen werden in der Natur vermutlich nicht vorzufinden sein“, sagt Dr. Clemmesen. Unter realistischeren Nahrungsbedingungen für die Larven führt die Hälterung der Elterngeneration unter Ozeanversauerungsbedingungen zu einem noch schlechteren Gesundheitszustand bei den Larven.

„Unsere Ergebnisse sind von besonderer Bedeutung, da der Dorsch eine der wichtigsten kommerziellen Arten weltweit ist und damit eine bedeutende Fischerei-Industrie unterhält. Außerdem ist er für viele Menschen eine wichtige Eiweißquelle“, fasst Dr. Martina Stiasny zusammen. „Kleiner werdende Dorschbestände haben daher weitreichende Folgen nicht nur für Umwelt und marine Ökosysteme, sondern auch für Fischer, Industrie und die menschliche Ernährung.“

Quelle: GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel

Schwänzeltanz ist für Honigbienen in manchen Kulturlandschaften nicht mehr hilfreich

0

Der Austausch von Informationen ist für Bienen – wie für andere soziale Insekten auch – ein wichtiger Faktor, um den Erfolg einer Kolonie zu sichern. Honigbienen besitzen dazu ein einmaliges Verhaltensmuster, das vermutlich bereits vor über 20 Millionen Jahren entstanden ist: den Schwänzeltanz. Mit dem Schwänzeltanz teilt eine Biene ihren Schwestern in der Kolonie mit, wo eine qualitativ hochwertige Futterquelle zu finden ist. Der konkrete Nutzen dieser als Tanzsprache bezeichneten Kommunikation ist in den vergangenen Jahren jedoch infrage gestellt worden. Nun haben Biologen der Universität Lausanne und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) mehr Klarheit in das Für und Wider des Bienentanzes gebracht. „Zu unserer Überraschung haben wir festgestellt, dass Bienenvölker erfolgreicher Nahrung sammeln, wenn man ihnen die Tanzsprache wegnimmt“, teilt Dr. Christoph Grüter, Verhaltensökologe an der JGU, zu den Ergebnissen mit. Ein Grund dafür könnte der durch menschliche Einflüsse veränderte Lebensraum sein. Grüter hat zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen in Lausanne in mehrjährigen Experimenten die Bedeutung der Tanzsprache für den Kolonie-Erfolg untersucht.

Es gibt etwa 10 verschiedene Arten von Honigbienen, die sich über den Schwänzeltanz verständigen. Weit mehr, nämlich über 500 Arten hochsozialer stachelloser Bienen haben keine Tanzsprache zur Verfügung. Grüter wollte der Frage nachgehen, was der Gewinn des Schwänzeltanzes für eine Kolonie ist, vor allem in Anbetracht dessen, dass es sich um eine relativ zeitaufwendige Kommunikationsstrategie handelt. Ein Schwänzeltanz kann nur wenige Sekunden, aber auch bis zu 5 Minuten dauern.

Bei den Experimenten haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für einen Teil der Bienenvölker die Bedingungen so manipuliert, dass die Tanz-Bienen verwirrt wurden und dadurch desorientiert waren. Der Schwänzeltanz, der in so einer Umgebung aufgeführt wird, macht für die Zuschauerinnen keinen Sinn mehr. Dazu mussten der Lichteinfall unterbunden und die Waben in eine horizontale Position gebracht werden, damit die Richtung der Schwerkraft nicht zur Orientierung zur Verfügung steht. Besonders wichtig war es aber, das Erinnerungsvermögen der Bienen zu berücksichtigen. „Die Sammlerinnen haben ein sehr gutes Erinnerungsvermögen, sodass sie einen ergiebigen Futterplatz mehrere Tage lang wiederfinden“, erklärt Grüter. Das heißt für die Versuche wurde der Schwänzeltanz während 18 Tagen behindert, damit die Sammlerinnen nicht aufgrund ihrer Erinnerung zu den reichhaltigen Futterquellen fliegen. Sammlerinnen sind ältere Bienen, die in ihrer letzten Lebensphase nicht mehr mit Arbeiten im Stock, sondern mit dem Sammeln von Nektar und Pollen befasst sind. Sie leben in der Regel nicht mehr länger als 18 Tage.

Honigbienen sind in schwieriger Umgebung ohne Schwänzeltanz-Infos effektiver
Von den Ergebnissen war das Biologenteam überrascht: Bienenstöcke ohne Schwänzeltanz waren aktiver und brachten mehr Honig ein als Bienenstöcke mit Tanzsprache. „Wir haben genau das Gegenteil gefunden, von dem, was wir erwartet hatten, nämlich dass die Tanzsprache wichtig ist“, so Dr. Robbie I’Anson Price, Erstautor der Studie. „Wahrscheinlich verlieren die Bienen bei einem desorientierten Tanz das Interesse und machen sich auf eigene Faust auf die Nahrungssuche“, vermutet der Biologe. Die Unterschiede sind beachtlich: Bienen ohne Tanzsprache waren bei einem Flug 8 Minuten länger unterwegs und haben über den gesamten 18-tägigen Zeitraum 29 Prozent mehr Honig eingebracht als die Sammlerinnen aus der Gruppe mit Schwänzeltanz.

Für die Honigbienen – hier waren es Buckfast-Bienen, eine etwa 100 Jahre alte Zuchtform der Westlichen Honigbiene – kann es also von Vorteil sein, auf die soziale Kommunikation zu verzichten. Grüter vermutet, dass es dabei stark auf das Umfeld und das Nahrungsangebot ankommt. Wenn irgendwo ein großer Apfelbaum in voller Blüte steht, lohnt es sich, diese Information abzuwarten und den Standort zu erfahren. Wenn Blütenpflanzen aber spärlich auf Balkonen oder Randstreifen an Straßen verteilt sind, ist es unter Umständen besser, frühzeitig den Stock zu verlassen und selbstständig zu sammeln. „Wir halten den Zeitgewinn für einen Hauptgrund für das beobachtete Verhalten“, so Grüter.

Bienen lernen vermutlich, den Informationswert eines Schwänzeltanzes einzuschätzen
Eine spektakuläre Entdeckung ist für die Forschenden die Beobachtung, dass die Bienen den Informationsgehalt eines Tanzes offenbar beurteilen können und das Interesse an einem desorientierten Tanz verlieren. „Sie merken eventuell, dass etwas nicht stimmt“, vermutet Grüter. „Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass der Mensch möglicherweise eine Umgebung geschaffen hat, an die die Schwänzeltanz-Sprache nicht gut angepasst ist“, schreiben die Autorinnen und Autoren in ihrer Studie, die aktuell in dem renommierten Fachmagazin Science Advances veröffentlicht wurde.

Grüter will dieser Vermutung, dass Bienen etwas über den Wert einer Tanz-Information lernen können, in Zukunft genauer nachgehen und außerdem die Experimente in der Mainzer Gegend unter unterschiedlichen Bedingungen wiederholen: in städtischen und ländlichen Gebieten sowie zu verschiedenen Jahreszeiten.

Christoph Grüter ist seit 2015 Arbeitsgruppenleiter am Institut für Organismische und Molekulare Evolutionsbiologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Zuvor war er Arbeitsgruppenleiter am Departement für Ökologie und Evolution der Universität Lausanne, Schweiz. Seine Gruppe untersucht die Organisation und Koordination von kollektiven Aktivitäten bei sozialen Insekten, wobei die Kommunikation bei Insektenkolonien eine zentrale Rolle spielt.

Quelle: Johannes Gutenberg-Universität Mainz