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Ferkeldurchfälle durch E. coli und Clostridien: Besser vorbeugen statt behandeln

von Dr. Heike Engels

Ferkeldurchfall ist nach wie vor eine sehr häufige Erkrankung in Schweineställen, häufig müssen Antibiotika eingesetzt werden. Nicht immer ist der Erreger sofort bekannt, in vielen Fällen ist eine umfassende Diagnostik nötig, um den krankmachenden Erreger zu ermitteln. Doch es gibt gut wirksame Impfstoffe, die den Antibiotikaeinsatz reduzieren helfen.

Die Infektionen mit den Bakterien Escherichia coli und Clostridium perfringens kommen häufig und weltweit in der kommerziellen Schweinehaltung vor. Vielfach bereiten diese beiden Erreger im Bestand gleichzeitig Probleme. Escherichia Coli besiedelt sehr früh den Ferkeldarm. Die Giftstoffe, die von den krankmachenden Colikeimen ausgeschieden werden, führen zu massivem Durchfallgeschehen, bekannt als „Ferkelruhr“. Bei den E. coli-Keimen gibt es verschiedene Stämme, die sich an ihrer Oberfläche unterscheiden. Sie werden nach ihren Anhängseln, auch Fimbrien, genannt, unterschieden. Fimbrien sind elektronenmikroskopisch sichtbare Zellanhänge von Bakterien, die der Anheftung der Erreger an Zelloberflächen dienen. Direkt nach der Geburt findet man sehr häufig Coli-Stämme mit den Fimbrientypen F4, F5, F6, F41. Ferkel, die sich während der Säugezeit immer wieder mit E. coli-Keimen auseinandersetzen müssen, haben in der Regel einen schlechten Start ins Leben und bleiben zumeist kümmernde Ferkel.

Je nach Alter andere E. coli-Stämme
Je nachdem in welchem Alter die Infektion stattfindet, finden sich entsprechende Symptome und Bakterienstämme. Der besonders aggressive F18-Typ befällt Saugferkel ab Ende der zweiten Säugewoche bis in die Ferkelaufzuchtphase. Er verursacht neben schweren Durchfällen auch die Ödemkrankheit. F4 und F18 sind bei der Diarrhoe von Absatzferkeln am häufigsten nachgewiesenen Fimbrientypen. Sie tragen häufig die für den Durchfall verantwortlichen Gene des hitzelabilen Toxins (LT) oder des hitzestabilen Toxins (ST). Das für die Ödemkrankheit verantwortliche Shigatoxin Stx2e wird ebenfalls von F18-E. coli- Stämmen gebildet …

 


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Blauzungenvirus: Serotyp 4 und 8 in Frankreich neu aufgetreten

Imke Brammert-Schröder

Der Feind kommt in der Nacht: kleine Mücken übertragen das Blauzungenvirus auf Rinder, Ziegen und Schafe. Diese so genannten Gnitzen fallen die Tiere vor allem zwischen Abend- und Morgendämmerung an und infizieren sie mit dem Virus. Die Folge sind erhebliche gesundheitliche und wirtschaftliche Schäden in Ziegen-, Schaf- und Rinderherden. Eine Impfung bietet Schutz vor Erkrankungen und wird von einigen Bundesländern bezuschusst.

Das Blauzungenvirus (BTV, Abkürzung aus dem Englischen von Blue Tongue Virus) wurde erstmals im Sommer 2006 in Deutschland nachgewiesen. Vorher war das Virus bereits im Länderdreieck Niederlande, Belgien und Deutschland aufgetreten. Zunächst erkrankten Schafe, dann aber auch mehr und mehr Rinder. In den Jahren 2007 und 2008 kam es zu einer nahezu flächendeckenden Ausbreitung des Virus in ganz Deutschland und Mitteleuropa. Aktuell gilt Deutschland als BTV-frei. Allerdings breitet sich das Virus vom Serotyp 4 seit 2014 über Griechenland und den Balkan immer weiter Richtung Norden aus. Ende 2017 wurde es in Frankreich nachgewiesen, bis Februar 2018 wurden dort nach Angaben des Friedrich-Löffler-Instituts (FLI) bereits mehr als 80 Fälle gemeldet. In Frankreich richtet auch der Serotyp 8 hohe Schäden an: in 2017 wurden dort über 1.700 Fälle gemeldet, in diesem Jahr bereits mehr als 400. Experten rechnen damit, dass das Virus die deutsche Grenze überwindet und es hier ebenfalls zu Ausbrüchen kommen wird….

 


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Strategiekonferenz „Zukunft agrar Nordwest“

Auftaktveranstaltung des Verbunds „Transformationswissenschaft agrarische Intensivregion im Nordwesten Niedersachsens“ in Vechta – Landwirtschaftsministerin Otte-Kinast nimmt teil

Die niedersächsische Agrar- und Ernährungswirtschaft hat in der Vergangenheit eine einzigartige Erfolgsgeschichte geschrieben. Sie hat die ländliche Region im Nordwesten stark gemacht und prägt sie immer
noch maßgeblich. Damit das Erfolgsmodell auch noch in Zukunft tragfähig ist, richtet der Verbund für Transformationswissenschaft, an dem niedersächsische Hochschulen und Wirtschaftseinrichtungen beteiligt sind, eine Strategiekonferenz aus am 24. Mai 2018 in der Aula der Universität Vechta. Eingeladen sind alle, die sich für die Zukunft der Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion interessieren und mit namhaften Fachleuten aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Verbänden über die Entwicklung des für den ländlichen Raum Niedersachsens wichtigsten Wirtschaftszweigs zu diskutieren. Ihre Teilnahme bereits zugesagt haben die niedersächsische Ministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Barbara Otte-Kinast, sowie Hubertus Paetow, Präsident der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft e. V.).

Verbundsgeschäftsführerin Dr.in Barbara Grabkowsky ist sich sicher: „Wandel, Veränderung, und Transformation: Das sind zentrale Themenfelder, mit denen sich die Branche verstärkt beschäftigen muss, um der Zukunft gewachsen zu sein“. Der Transformationsprozess könne das Gesicht der Landwirtschaft von heute stark verändern, erläutert die Geschäftsführerin weiter. Fragen zur Zukunft der Nutztierhaltung, der Rolle der Digitalisierung und nach einem nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen seien dabei von zentraler Bedeutung. Fleisch aus dem Reagenzglas, grüne Gentechnik oder vertikaler Pflanzenbau sind Beispiele, die die bestehenden Strukturen auf den Kopf stellen könnten, aber auch Chancen für neue Geschäftsmodelle böten.

Der Verbund „Transformationswissenschaft für die agrarische Intensivregion im Nordwesten Niedersachsens“ hat sich zum Ziel gesetzt, für die Herausforderungen der Agrar- und Ernährungswirtschaft pro-aktiv nach Lösungen zu suchen. Die Strategiekonferenz „Zukunft agrar Nordwest“ ist zugleich Auftaktveranstaltung des Verbunds und der Startschuss, gemeinsam in Richtung Zukunft aufzubrechen.

Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenlos. Um Anmeldung wird gebeten

Quelle: Universität Vechta

Professor Guus Rimmelzwaan erhält Alexander von Humboldt-Professur

Am heutigen Dienstag verleiht die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Anja Karliczek, gemeinsam mit dem Präsidenten der Alexander von Humboldt-Stiftung, Hans-Christian Pape, in Berlin die höchstdotierten Forschungspreise Deutschlands: die Alexander von Humboldt-Professuren. Zehn Preisträgerinnen und Preisträger aus dem Ausland erhalten von der Stiftung jeweils bis zu fünf Millionen Euro, um fünf Jahre lang zu ihrem Fachgebiet an deutschen Universitäten zu forschen. Die Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) nominierte Professor Guus Rimmelzwaan für eine Alexander von Humboldt-Professur – und war erfolgreich. Seit Januar forscht der Spitzen-Virologe am Research Center for Emerging Infections and Zoonoses (RIZ), dem interdisziplinären Forschungszentrum der TiHo.

Seit fast 25 Jahren forscht Rimmelzwaan bereits zu Influenzaviren, den Auslösern der Grippe. Trotzdem möchte er noch mehr über diese Viren und die Immunantwort ihrer Wirte erfahren. „Influenzaviren sind extrem interessant. Eine so hohe Fördersumme und die Infrastruktur des RIZ ermöglichen es mir, zahlreiche verschiedene Projekte zu Influenzaviren zu planen und umzusetzen. So eine Chance bekommt man nur einmal im Leben und ich habe noch so viele Ideen – insbesondere was die Immunität gegen die Viren und ihre Bedeutung betrifft“, sagt Rimmelzwaan.

Warum sind Influenzaviren so interessant?
Influenzaviren kommen bei Menschen und Tieren vor und verändern sich ständig. Mittlerweile sind vier Gattungen und zahlreiche verschiedene Subtypen bekannt. Sie lösen verschiedene Krankheitsbilder aus – wie beispielsweise die saisonale Grippe, an der schätzungsweise 290.000 bis 650.000 Menschen jährlich sterben. Es sind sogar Fälle bekannt, in denen Influenzaviren zunächst nur Tiere infizierten und sich dann so veränderten, dass sie plötzlich auch bei Menschen zu Erkrankungen führten. So können sie sogenannte Pandemien auslösen, bei denen sich die Krankheit seuchenhaft über Länder- und Kontinentalgrenzen ausbreitet. „Die Eigenschaft, die mich persönlich jedoch am meisten fasziniert, ist, dass Influenzaviren durch ihre Variabilität dem Immunsystem entkommen können“, berichtet Rimmelzwaan. „Die Viren verändern sich so schnell, dass beispielsweise neue Grippeimpfstoffe häufig bereits nach einem Jahr unbrauchbar sind.“

Auf der Suche nach neuen Abwehrstrategien
Rimmelzwaans Forschungsprojekte zielen darauf ab, die Immunität gegen Influenzaviren zu verstehen. Das ist die Grundlage, um eine Universal-Impfung zu entwickeln, die möglichst gegen alle Influenzaviren schützt. „Die Kenntnisse, die wir über diese Viren gewinnen, können wir zudem auf andere wichtige Virusinfektionen anwenden“, betont er. Derzeit stellt Rimmelzwaan sein neues Team zusammen und plant erste Projekte.

Über Professor Guus Rimmelzwaan
Nach seinem Biologiestudium an der Freien Universität Amsterdam arbeitete der gebürtige Niederländer das erste Mal an einem veterinärmedizinischen Thema: An der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Utrecht und dem National Institute of Public Health and the Environment in Bilthoven promovierte er über die Parvovirusinfektion beim Hund. Nach seiner Promotion forschte er an einem weiteren Tiervirus, dem Felinen Immundefizienz-Virus (FIV), mit dem Ziel, einen Impfstoff dagegen zu entwickeln. Das Katzenvirus gilt als Modell für das Humane Immundefizienz-Virus (HIV), daher wurde ihm schon kurze Zeit später aufgrund seiner Expertise auf dem Gebiet eine Stelle an der Medizinischen Fakultät der Universität Amsterdam angeboten. Diese Anstellung war an einen Auslandsaufenthalt in den USA geknüpft: In der Abteilung für Virusbiologie des National Cancer Institute in Frederick etablierte er die Methoden, die er in der FIV-Forschung entwickelt hatte, für HI-Viren. Im Jahr 1994 wurde er Arbeitsgruppenleiter im Erasmus Medical Center in Rotterdam. Dort leitete er seit 2002 die Forschungsabteilung der Viruswissenschaften und hatte seit 2009 den Vorsitz für Immunovirologie inne. Im Januar verließ er Rotterdam, um an der TiHo zu forschen.

Foto: Levien Willemse

Quelle: Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

Schweinefachtagung 2018 von Boehringer Ingelheim: Mit Strategie zu gesunden Schweinen

Vor kurzem fanden wieder die alljährlichen Schweinefachtage von Boehringer Ingelheim statt. Diese Fortbildungsveranstaltung richtete sich an Tierärzte in den verschiedenen Regionen Deutschlands und bot aktuelle Informationen zu altbekannten Erregern wie Mykoplasmen, PRRS-Virus und auch neue Erkenntnisse zu Mykotoxinen.

Prof. Mathias Ritzmann, LMU München, erinnerte daran, dass die durch Mykoplasmen verursachte Klinik unspezifisch ist, deshalb ist neben einer klinischen Untersuchung, gegebenenfalls mit Erfassung des Hustenindex, eine gründliche Diagnostik notwendig. Die Klinik hängt ab von dem Zeitpunkt der Infektion sowie der Erregermenge. Bei der Diagnostik ist darauf zu achten, eine große Stichprobenmenge zu verwenden, weil die Standardabweichung innerhalb der Ergebnisse recht hoch ist. Welche Art der Probennahme im jeweiligen Betrieb angewendet wird, ist je nach Fall zu entscheiden. Gute Nachweisergebnisse erzielt man mit einem Tracheobronchialabstrich (TBS), aber auch die Lungenspülung, wie sie in den USA häufiger angewendet wird, ist aussagekräftig. Der Nasentupfer ist bei Mykoplasmen überhaupt nicht empfehlenswert, hier liegt die Nachweisrate nur bei 10 %. Außerdem sind Mehrfachinfektionen zu berücksichtigen, da Mykoplasmen häufig gemeinsam mit weiteren Erregern wie PRRS oder PCV2 auftreten. Die Impfung der Ferkel schützt vor der Infektion, sie hat sich weltweit bewährt. Sollten trotzdem Mykoplasmenprobleme diagnostiziert werden, bieten die Jungsauen- und Sauenimpfung eine Chance die Mykoplasmenkontrolle zu optimieren.

Impferfolg bei PRRS – die Bedeutung der Virusmengen
Dr. Rolf Steens, Tierarzt bei Boehringer Ingelheim, stellte die Ergebnisse verschiedener Studien zu PRRS vor…
 


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Innovatives Verfahren zur umweltschonenden Gülleaufbereitung kommt auf den Markt

Das am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB entwickelte BioEcoSIM-Verfahren zur Aufbereitung von Gülle wird von SUEZ Deutschland GmbH als Betreiber großtechnischer Anlagen in den Markt eingeführt. Für Agrarbetriebe wird so eine Möglichkeit geschaffen, überschüssige Gülle abzugeben. Produkte der Gülleaufbereitung sind Phosphordünger, Ammoniumdünger und organische Bodenverbesserer. Anlässlich der IFAT vom 14. bis 18. Mai in München geben die Partner ihre Zusammenarbeit zur Markteinführung bekannt.

Etwa 200 Millionen Kubikmeter Gülle aus der Viehzucht landen jährlich in Deutschland auf Feldern und Wiesen. Das »schwarze Gold« besteht zu über 90 Prozent aus Wasser und enthält beachtliche Mengen der wichtigen Pflanzennährstoffe Stickstoff und Phosphor. Wenn jedoch mehr Gülle auf die Felder ausgebracht wird, als die Böden binden und Pflanzen aufnehmen können, wandeln Mikroorganismen den Ammoniumstickstoff im Boden zu Nitrat um, das ins Grundwasser sickert. Das Problem: Dort, wo die Gülle in großen Mengen anfällt, fehlen häufig Ackerflächen, die gedüngt werden müssen. Über sogenannte Güllebörsen ordern Mastbetriebe daher Tanklaster an, um ihre Gülle in Gebiete mit Nährstoffbedarf transportieren zu lassen – oft mehrere hundert Kilometer entfernt.

Eine umweltschonende Lösung hat das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB mit seinem BioEcoSIM-Verfahren entwickelt. »Wir haben verschiedene Aufbereitungsstufen zu einem Gesamtprozess kombiniert und in einer modular aufgebauten Anlage integriert«, erläutert der Nährstoff-Experte Dr. Iosif Mariakakis vom Fraunhofer IGB. Damit können die wertvollen Nährstoffe als leicht transportierbare und exakt dosierbare Phosphor- und Ammoniumdüngesalze zurückgewonnen werden. Auch die festen organischen Bestandteile werden verwertet und mit einem energieeffizienten Verfahren getrocknet und konditioniert. Sie stehen dann als humusbildende Bodenverbesserer zur Verfügung. Gülle wird so nahezu vollständig verwertet und die recycelten Bestandteile dem Boden wieder zugeführt.

Großtechnische Umsetzung und Betreibermodell

Mit der SUEZ Deutschland GmbH hat das Fraunhofer IGB nun einen Lizenznehmer für die patentierte Technologie gewonnen. Das global agierende Entsorgungs- und Verwertungsunternehmen wird als Betreiber in Aufbereitungsanlagen investieren. »Nach und nach sollen flächendeckend großtechnische Anlagen entstehen, die Landwirten, Zucht- und Mastbetrieben überschüssige Gülle abnehmen. Bei der Auswahl der Anlagenstandorte werden vor allem die logistischen Aspekte der Anlieferung berücksichtigt«, beschreibt Kai Bastuck, Leiter Geschäftsfeldentwicklung Recycling und Recovery der SUEZ Deutschland GmbH, das Geschäftsmodell. »Durch die Rückgewinnung des endlichen Rohstoffs Phosphor wird die Abhängigkeit Deutschlands von Phosphorimporten abgebaut. Das schont die endlichen Phosphorressourcen und verringert Schadstoffeinträge in Böden. So tragen wir zu einer nachhaltigen Zukunft bei und machen Nährstoff zum Wertstoff«, so Bastuck. Das Fraunhofer IGB unterstützt SUEZ Deutschland bei der Weiterentwicklung des Verfahrens.

Eine erste Aufbereitungsanlage mit einem Durchsatz von einem Kubikmeter pro Stunde wird aktuell als »Lebendes Technikum« am SUEZ-Standort Zorbau in Sachsen-Anhalt errichtet. Die flexibel ausgelegte Anlage soll Rinder- und Schweinegülle, aber auch Gärreste aus Biogasanlagen, verarbeiten und damit als Blaupause für weitere großtechnische Anlagen dienen.

»Eine durchschnittliche großtechnische Anlage produziert dann stündlich aus zehn Kubikmetern Rohgülle etwa 100 Kilogramm Phosphatdünger, 100 Kilogramm Stickstoffdünger und 900 Kilogramm organische, nährstoffarme Feststoffe«, führt Siegfried Egner, Abteilungsleiter am Fraunhofer IGB, aus. Das Einsparpotenzial an synthetischen Düngern ist enorm: Mit der Kapazität von einer Million Kubikmetern Gülle pro Jahr können 10 000 Tonnen Ammoniumdünger und 10 000 Tonnen Phosphordünger hergestellt werden.

Das BioEcoSIM-Verfahren

Um Gülle vollständig aufzubereiten, sind verschiedene Verfahrensschritte notwendig. In einem ersten Schritt wird die wässrige Gülle vorbehandelt, damit der Phosphor vollständig in Lösung geht. Über eine zweistufige Filtration wird sie in eine feste und eine flüssige Phase getrennt.

Die entwässerte feste Phase wird mit einem ebenfalls am Fraunhofer IGB entwickelten energieeffizienten Verfahren getrocknet, das mit überhitztem Wasserdampf in einem geschlossenen System und daher besonders energieeffizient arbeitet. Die getrockneten organischen Bestandteile können optional weiter bei 450 °C über einen Pyrolyse-Schritt – wie im Trocknungsschritt in einer Atmosphäre aus überhitztem Wasserdampf – zu organischer Biokohle umgesetzt werden.

Die flüssige Güllefraktion enthält die gelösten anorganischen Nährstoffe. In einem Fällungsreaktor wird zunächst Phosphor zurückgewonnen und als Calciumphosphat, Magnesiumphosphat oder Magnesiumammoniumphosphat gefällt und abfiltriert. Stickstoff wird in einem zweiten Schritt zurückgewonnen. Hierzu wird die wässrige Fraktion über eine Membranadsorption als Ammoniumsulfat abgetrennt und kristallisiert. Übrig bleibt ein Wasser, das nur noch Spuren von Phosphor und Stickstoff enthält, aber reich an Kalium ist – und optimal zur Bewässerung eingesetzt werden kann.

In umfangreichen Untersuchungen und Feldstudien haben die Fraunhofer-Forscher gezeigt, dass die aus Gülle aufbereiteten mineralischen Düngemittel und organischen Bodenverbesserer direkt als gut verfügbare Dünger und humusbildende Substrate in der Landwirtschaft eingesetzt werden können.

Das BioEcoSIM-Aufarbeitungsverfahren wurde im Rahmen des Projekts BioEcoSIM entwickelt, das von Oktober 2012 bis Dezember 2016 im 7. Forschungsrahmenprogramm der EU gefördert wurde.

Präsentation auf der IFAT

Auf der IFAT vom 14. – 18. Mai 2018 in München steht das Fraunhofer IGB am Fraunhofer-Gemeinschaftsstand in Halle B2, Stand 215/314, SUEZ Deutschland GmbH in Halle A6, Stand 239 für weitere Informationen und Gespräche zur Verfügung.

Quelle und Bild: Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB
Aktualisiert am 22.5.2018

„Stressfresser“ aus dem Kuhstall – Landbewohner mit Nutzierkontakt können Stress besser bewältigen

Was macht das Landleben eigentlich so gesund? Die dörfliche Ruhe, die frische Luft oder die intakte Nachbarschaft? Wissenschaftler der Universität Ulm haben darauf eine ganz andere Antwort: Landbewohner mit engem Kontakt zu Nutztieren können Stresssituationen immunologisch viel besser bewältigen als Großstädter, die ohne Haustiere aufgewachsen sind. Hilfe bekommen sie dabei von den „old friends“ unter den Mikroben. „Damit gemeint sind Umweltbakterien, mit denen der Mensch seit Jahrtausenden recht friedlich zusammen- lebt, und die es in der Großstadt heute schwer haben“, erklärt Professor Stefan Reber, Leiter der Sektion für Molekulare Psychosomatik an der Ulmer Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie.

Der Ulmer Wissenschaftler hat gemeinsam mit Kollegen aus dem Universitätsklinikum Ulm und Forschern aus Erlangen, London und Boulder (Colorado) herausgefunden, dass Männer, die die ersten 15 Lebensjahre auf einem Bauernhof mit Nutztierhaltung aufgewachsen sind, psychosozialen Stress besser verarbeiten können als Männer, die die ersten 15 Lebensjahre in einer Großstadt mit über 100 000 Einwohnern und ohne Haustiere verbracht haben. Für ihre Studie, die kürzlich im renommierten Fachmagazin PNAS veröffentlicht wurde, haben die Forscher insgesamt 40 gesunde männliche Probanden einem Stresstest unterzogen und begleitend dazu Stresshormone und immunologische Parameter erhoben. „Gestresst“ wurden die Probanden in einem standardisierten Labor- experiment mit dem sogenannten „Trier-Social-Stress-Test“ (TSST). Dabei werden die Versuchsteilnehmer einer fingierten Bewerbungssituation ausgesetzt und mehr und mehr unter Druck gesetzt. Sie müssen zwischendurch Kopfrechenaufgaben lösen und bei Fehlern erneut von vorne beginnen. Vor und nach dem Test haben die Wissenschaftler Blut- und Speichelproben entnommen, um bestimmte Immunzellen wie mononukleäre Zellen des peripheren Blutes (PBMC) zu gewinnen oder Stressparameter wie Cortisol zu erfassen.

Dabei kam heraus, dass die „Landbewohner“ im Test zwar einerseits höhere Stresswerte zeigten als die „Großstädter“; dabei waren sowohl die basalen Stresshormonlevel höher als auch das im Fragebogen abgefragte subjektive Stressempfinden. Andererseits ließ sich das Immunsystem der „Landbewohner“ nicht so stark zu einer Reaktion provozieren wie das der „Großstädter“, die in ihrer Kindheit keinen Kontakt zu Tieren hatten. So war bei den Probanden, die in der Großstadt ohne Tiere aufgewachsen sind, nicht nur der stress- induzierte PBMC-Anstieg größer, sondern auch die Werte für den Entzündungsmarker Interleukin 6 blieben länger erhöht als bei der Vergleichsgruppe.

Und ein weiteres klares Indiz, dass das Immunsystem der „Landbewohner“ Stress besser verkraftet, fanden die Wissenschaftler. Dafür wurden die isolierten mononukleären Zellen des peripheren Blutes auf die Ausschüttung des Entzündungshemmers Interleukin 10 untersucht. Das Ergebnis: nach dem Stresstest war bei den tierlosen Städtern die Abgabe dieser antientzündlich wirkenden Substanz deutlich verringert, nicht jedoch bei den nutztiernahen Ländlern.

Für die Gesundheit sind überschießende Immunantworten ein Problem, weil diese häufig zu chronischen Entzündungsreaktionen führen. „Solche Prozesse spielen beispielsweise bei der Entstehung von Asthma und allergischen Erkrankungen eine Rolle, vergrößern aber auch das Risiko für psychische Erkrankungen wie beispielsweise Depressionen und Post- traumatische Belastungsstörungen, erläutert der Ulmer Psychoneuroimmunologe Stefan Reber.

Schon länger ist bekannt, dass die Anfälligkeit für Asthma und Allergien sowie für psychische Erkrankungen bei Menschen, die in der Großstadt leben, überdurchschnittlich hoch ist. Mit dem globalen Trend zur Verstädterung – immer mehr Menschen zieht es vom Land in die Metropolen – gewinnt dieser Befund noch an Brisanz. Dass dabei der fehlende Kontakt zu bestimmten Bakterien eine Schlüsselrolle spielt, wie die sogenannte „missing microbes“-Hypothese besagt, wird in der Forschung seit ein paar Jahren vermutet. In einem früheren Experiment mit Mäusen konnte ein Forscherteam um Professor Reber bereits zeigen, dass sich die Stressresilienz der Tiere durch die „Impfung“ mit solchen altbekannten Umweltbakterien verbessern lässt. Schön wäre es natürlich, wenn sich die Ergebnisse von der Maus auf den Menschen übertragen ließen. Möglicherweise könnte eine solche Impfung in Zukunft auch bei menschlichen Risikogruppen funktionieren. Ob es in der Stadt vielleicht auch der frühe Kontakt mit Haustieren tut, wollen die Wissenschaftler in einer Folgestudie herausfinden.

Quelle: Universität Ulm

Auch Frankreich bewertet das Bienensterben

Bereits 2016 zählte die französische Direction Générale de l’Alimentation (DGAL), eine Abteilung des Landwirtschaftsministeriums, die wichtigsten Faktoren für das Bienensterben auf: 1. Krankheiten 2. mangelhafte Imkerei-Praktiken 3. Nahrungsmangel und 4. Pflanzenschutzmittel.

An vorderster Stelle steht für die DGAL die Varoamilbe und ihre vielerorts unzulängliche Bekämpfung, bis hin zum völligen Fehlen einer sinnvollen Bekämpfung (speziell den Einsatz von „Omas Hausmitteln“ beklagen die Fachleute).

Schlechten Vorbereitungen für die Überwinterung, zu niedrige Temperaturen für die Brut, Nahrungsmittelknappheit und Entvölkerung beim Ausschwärmen im Winter seien die häufigsten Fehler auf Seiten der Imker.

Die DGAL fordert außerdem, den Anbau von angepassten Nahrungsmittelressourcen zu fördern, d. h. während der gesamten Saison eine Vielfalt von Pflanzenarten hoher Ernährungsqualität und in ausreichender Menge anzubieten. Neben Brachland bräuchten Bienen Hecken, Wald- und Feldränder sowie Grasstreifen entlang von Flüssen.

Natürlich gäbe es auch Vergiftungen durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Die DGAL beziffert aber deren Anteil an der Gesamtmortalität auf nur 4 %. Sie seien in der allgemeinen Wahrnehmung „der Baum, der den Wald verbirgt“. Allerdings weisen die Franzosen insbesondere auf Spinosad hin. Ein Insektizid, dass vor allem im ökologischen Landbau verwendet wird *.

Untersuchungen zeigten auch, dass Wachse die Hauptquelle von Langzeitkontamination sind, da Rückstände nur sehr langsam abgebaut würden. So brauche es fünf Jahre, damit ein Wachs 50% Fluvalinat-Rückstände verliert. Eine Lösung, die zur Varoa-Bekämpfung direkt in Bienenstöcke gegeben, aber in der Landwirtschaft auch als Insektizid zur Bekämpfung der Raps-Motten eingesetzt wird.

* Spinosad ist in Kategorie B1 „bienengefährlich“ eingestuft. B2 bedeutet „bienengefährlich, außer bei Anwendung nach dem Ende des täglichen Bienenfluges“. B3 „bei sachgerechter Anwendung für Bienen nicht gefährlich (z. B. Beizen)“ und B4 „nicht bienengefährlich“.

Quelle: médiaterre

Frühjahrsauktion Jährlings-Schafböcke in Haus Düsse

Der nordrhein-westfälische Schafzuchtverband führt in diesem Jahr erneut die Frühjahrsauktion für Jährlingsböcke durch. Die Versteigerung findet statt am Donnerstag, 3. Mai, im Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft Haus Düsse der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen im Kreis Soest. Angeboten werden Jährlingsböcke der Rassen Schwarzkopf und Suffolk.

Die Tiere werden zwischen 8.00 und 9.00 Uhr aufgetrieben. Die Körung und anschließende Prämierung dauert von 9.30 bis 13.00 Uhr, bevor um 14.00 Uhr die Auktion beginnt.

Versteigerungskataloge für die Jährlingsauktion können kostenlos unter www.schafzucht-nrw.de heruntergeladen werden.

Quelle: Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen

54 Mio. Euro: Wissenschaftsrat befürwortet Zentrum für Tierwissenschaften

Uni Hohenheim soll wissenschaftliches Zentrum überregionaler Bedeutung nach Art 91b GG erhalten

Tierwohl und Tiergesundheit, reduzierter Antibiotikaeinsatz, bessere Ressourcennutzung und geringere Umweltauswirkungen: Eine wichtige Stellschraube für Eigenschaften von Nutztieren sind die Wechselwirkungen zwischen dem Tier und den Abermilliarden Mikroorganismen, die insbesondere den Verdauungstrakt besiedeln. Bislang sind diese Vorgänge noch weitgehend unverstanden. Mit dem neuen „Hohenheim Center for Livestock Microbiome Research (HoLMiR)“ soll die Universität Hohenheim in Stuttgart daran arbeiten, diese Wissenslücken zu schließen. Diese Entscheidung fällte der Wissenschaftsrat der Bundesrepublik Deutschland in seiner heutigen Frühjahrssitzung in Trier. Über die endgültige Aufnahme von Forschungsbauten in die Förderung wird die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern (GWK) am 29. Juni 2018 auf der Grundlage der Empfehlungen des Wissenschaftsrates entscheiden. Das Universitätsbauamt schätzt die Baukosten auf rund 47 Mio. Euro zzgl. 7 Mio. Euro für Erstausstattung und Großgeräte.

In der Humanmedizin hat das Wissen über die Bedeutung der Mikroorganismen im Darm kontinuierlich zugenommen. Zusammensetzung und Verhalten dieser komplexen Gemeinschaft beeinflussen selbst Psyche und Verhalten. Fehlfunktionen scheinen mitverantwortlich für chronische Erkrankungen oder Stoffwechselstörungen wie Adipositas und Diabetes.

Noch komplexer und weit weniger erforscht sind die wechselseitigen Beziehungen zwischen Nutztieren und den Abermillionen Mikroorganismen in ihrem Verdauungstrakt. Bei letzteren handelt es sich um eine so umfassende Lebensgemeinschaft, dass in einem Rind täglich Mikrobenmasse im Kilogrammbereich heranwächst.

Ergebnisse liefern Schlüssel für Vielzahl von Problemen in der Tierhaltung
„Wir wissen, dass diese Mikroorganismen einen bedeutenden Einfluss darauf haben, wie sich Tiere verhalten, wie krankheitsanfällig sie sind, ob sie knappe Futterressourcen gut verwerten können und wie weit sie umweltkritische Stoffe ausscheiden. Dazu gehören zum Beispiel klimarelevante Gase, wie das von Rindern produzierte Methan“, erklärt Prof. Dr. Markus Rodehutscord, Sprecher der 10 federführenden Forscherinnen und Forscher am künftigen Hohenheim Center for Livestock Microbiome Research (HoLMiR).

Intensive Grundlagenforschung über Art, Wirkungsweise, Genetik und mögliche Beeinflussung der Lebensgemeinschaft von Tier und Mikroorganismen soll auch Schlüssel zur Lösung angewandter Probleme liefern. „Langfristig erhoffen wir uns auch neue Präventions- und Therapieansätze, um den Medikamenten-Verbrauch zu senken, Zuchtprogramme für angepasste Rassen, die mit weniger Futter auskommen oder qualitativ hochwertige Lebensmittelproduktion mit geringeren Umweltauswirkungen“, so Prof. Dr. Rodehutscord.

Sein Fazit: „Der Forschungsbau wird es der Universität Hohenheim ermöglichen, ein spannendes interdisziplinäres Forschungsprogramm zu verfolgen, in dem wir eine hohe gesellschaftliche Relevanz sehen.“

Wissenschaftsministerin Theresia Bauer lobt großen Erfolg für das Land
„Die Förderung des ‚Hohenheim Center for Livestock Microbiome Research‘ ist ein großer Erfolg für die Universität Hohenheim und das Land Baden-Württemberg. Die Entscheidung bestätigt die führende Position der Universität in der Nutztierforschung. Mit einem innovativen Forschungskonzept und der Bündelung der Expertise aus unterschiedlichen Fachbereichen konnte sich der Antrag der Universität gegen zahlreiche Anträge aus dem gesamten Bundesgebiet durchsetzen“, so Wissenschaftsministerin Theresia Bauer.

Rektor Prof. Dr. Stephan Dabbert von der Universität Hohenheim dankt für die Unterstützung des Landes Baden-Württemberg, das das Projekt gemeinsam mit der Universität vorangetrieben hat. „Dank der Projektfinanzierung durch das Wissenschaftsministerium konnten wir wichtige wissenschaftliche Vorarbeiten durchführen. Für die politische Unterstützung und intensive Begleitung möchte ich auch Wissenschaftsministerin Theresia Bauer ganz persönlich danken.“

Einen weiteren Dank richtet Prof. Dr. Dabbert an das Kernteam aus Tierwissenschaftlern, Mikrobiologen und Biostatistikern, die das HoLMiR-Konzept über mehrere Jahre vorbereitet und ausgearbeitet haben: „Der heutige Erfolg zeigt, dass die Universität Hohenheim immer dann besonders erfolgreich ist, wenn sie auf ureigene Stärken und ihr ganz spezielles Profil baut, das sie in Deutschland einmalig macht.“

Möglicher Baubeginn bereits 2020
Die veranschlagten Kosten für das Hohenheim Center for Livestock Microbiome Research (HoLMiR) belaufen sich auf rund 47 Mio. Baukosten. Dazu kommen 3 Mio. Euro für Erstausstattung und 4 Mio. Euro für Großgeräte.

Das Modul I des Forschungsbaus wird vor allem Speziallabore mit in vitro- und Gewebetechniken sowie modernste Großgeräte umfassen. Der geplante Standort ist südlich des Biologie-Gebäudes, um Synergien mit vorhandenen Speziallaboren zu nutzen.

Das Modul II des Forschungsbaus wird die Tierexperimentaleinheit. Dort werden einmal bis zu 250 Rinder, Schafe, Schweine und Hühner gehalten und für Versuche am Tier genutzt werden können. Spezielle Haltungsanlagen werden z.B. eine keimfreie Haltung von Geflügel erlauben. Andere werden es ermöglichen, die Zusammensetzung von Atemluft und der von den Tieren gebildeten Stoffwechselgase zu messen. Der Standort ist auf dem Gelände des Meiereihofes, um Synergien mit den dort vorhandenen Einrichtungen zu nutzen.

Die Neubauten werden eine Gesamtfläche von rund 3.500 qm besitzen. Sie sollen als Plattform für die Arbeit von 10 Arbeitsgruppen und 3 Nachwuchsforschergruppen mit insgesamt 40 wissenschaftlichen und 20 nicht-wissenschaftlichen Mitarbeitern dienen.

Mit den ersten Erschließungsarbeiten wird Anfang 2019 begonnen. Voraussichtlicher Baubeginn ist 2020. Die geplante Bauzeit beträgt 2 Jahre. Möglich werden die Bauarbeiten durch den Masterplan 2030, mit dem sich Universität, Land und die Stadt Stuttgart auf Richtlinien zur Bebauung auf dem historischen Campus geeinigt haben.

AUSFÜHRLICHER HINTERGRUND
Hohenheim Livestock Microbiotic Research (HoLMiR)

Hohenheim Center for Livestock Microbiome Research verfolgt einmalig umfassenden Forschungsansatz

Die geplanten Forschungsneubauten des „Hohenheim Center for Livestock Microbiome Research“ (HoLMiR) fungieren als wissenschaftliche Plattform für neue Forschungsansätze in den Tierwissenschaften, die in dieser Form bundesweit bislang noch nicht möglich sind. Im Zentrum stehen die Wechselwirkungen zwischen Nutztieren und ihrem Mikrobiom, den Abermilliarden Mikroorganismen, die insbesondere den Verdauungstrakt besiedeln.

Die Untersuchungen reichen von Vorgängen innerhalb von Zellen, Genetik und molekularen Prozessen über Untersuchungen von Organ- und Gewebeverbünden bis zur Betrachtung des ganzen Tieres. Entsprechend führt HoLMiR die Forschungsansätze vieler Fachdisziplinen zur Kooperation zusammen. Zum Team gehören deshalb z.B. Fachleute aus Tierernährung, Mikrobiologie, Genetik, Tierzucht, Verhaltens- und Tierphysiologie.

Vielfältig sind auch die Untersuchungsmethoden. Nach Fertigstellung werden die Neubauten des Hohenheim Center for Livestock Microbiome Research zwei Module umfassen:
Modul I: Die bioanalytische Einheit wird die Voraussetzungen für Arbeiten bieten, die von Genanalysen von Zellproben über die Simulation von Körpervorgängen in künstlichen und echten Organen reichen und die benötigten Großgeräte beherbergen.
Modul II: Die tierexperimentelle Einheit wird Unterbringung und Infrastruktur für bis zu 250 Rinder, Schafe, Schweine und Geflügel schaffen, die Untersuchungen am kompletten Organismus erlauben.

Eine wichtige Rolle in der Forschung werden außerdem die beteiligten Fachleute für Biostatistik und Bioinformatik spielen. Sie gewährleisten nicht nur, dass die gigantische Menge an Messdaten optimal ausgewertet werden kann. Teil ihrer Aufgabe wird auch sein, die Zahl der Versuchstiere auf das Minimum zu beschränken, das für wissenschaftlich haltbare Aussagen nötig ist. Innerhalb der Universität Hohenheim wird das HoLMiR mit den Speziallaboren der Core Facility und dem geplanten Computational Science Lab kooperieren.

Mit dieser Ausgangslage wird sich das HoLMiR vor allem auf drei Forschungsschwerpunkte konzentrieren, die miteinander verzahnt sind:
Ernährung: Wechselwirkungen zwischen Ernährung und Mikrobiom
Gesundheit: Wechselwirkungen zwischen Tiergesundheit und Mikrobiom
Genom: Wechselwirkungen im Erbgut von Nutztier und Mikrobiom
Ein besonderes Anliegen des HoLMiR ist die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und die Methodeninnovation. Fester Bestandteil des Konzepts und eingebunden in die Forschungsschwerpunkte sind deshalb auch drei Nachwuchsforschergruppen.

Grundlagenforschung mit hoher gesellschaftlicher Bedeutung
Trotz aller Grundlagenforschung wird die Arbeit des HoLMiR von hoher gesellschaftlicher Bedeutung sein. Beispiele dazu nennt HoLMiR-Sprecher Prof. Dr. Markus Rodehutscord: „Die Gesellschaft wünscht sich ein hohes Maß an Wohlergehen für unsere Nutztiere. Gleichzeitig soll die Tierhaltung nicht zu Lasten der Umwelt gehen. Angesichts knapper Anbauflächen sollen Tiere das Futter optimal verwerten, um begrenzte Ressourcen möglichst zu schonen. Diese Ziele stehen miteinander teilweise im Konflikt.“

Daher müsse dazu kontinuierlich geforscht werden – u.a. auch deshalb, weil sich die landwirtschaftliche Nutztierhaltung ständig weiterentwickle, betont Prof. Dr. Rodehutscord. Ein Beispiel sei, dass sich Nutztiere durch die Zucht und neue Nutzungsarten kontinuierlich ändern – was auch deren Mikrobiom und die Wechselwirkungen einschließe. Auch das Tierfutter ändere sich ständig, weil neue Pflanzensorten oder Nebenprodukte aus der Lebensmittelproduktion eingesetzt würden – was direkte Auswirkungen auf Mikroorganismen und Nutztiere selbst habe.

„Die Vorgänge im Verdauungstrakt und die Mikroorganismen beeinflussen, welche Nähr- und Geschmacksstoffe Fleisch, Milch und Eier enthalten. Sie müssen mit gewährleisten, dass unsere Lebensmittel möglichst frei von Krankheitserreger sind. Und sie sind essentiell für Gesundheit und Wohlergehen der Tiere bis hin zum tiergerechten Verhalten“, so HoLMiR-Sprecher Prof. Dr. Rodehutscord.

Forschungsschwerpunkt 1:
Wechselwirkungen zwischen Ernährung und Mikrobiom

Forschungsschwerpunkt 1 des tierwissenschaftlichen Zentrums untersucht, wie sich das Mikrobiom im Verdauungstrakt mit der Tierernährung verändert. Besondere Schwerpunkte sind der Stoffwechsel von Proteinen, von Phosphor-Verbindungen, Energieumsatz oder Gasbildung.

Eine konkrete Anwendung erläutert Prof. Dr. Rodehutscord am Beispiel von Methan. Dieses Gas entsteht als Nebenprodukt im Rindermagen und trägt als Treibhausgas zum Klimawandel bei.

„Dank HoLMiR werden wir verschiedene Versuchstiere mit unterschiedlichem Futter füttern und in Respirationskammern messen, wie viel Methan sie abgeben. Gleichzeitig können wir analysieren, wie sich das Mikrobiom bei den Versuchstieren unterscheidet und welche genetischen Eigenschaften die Tiere haben. Die Bioinformatik lässt uns dann Muster erkennen und Rückschlüsse ziehen: Ist ein Futterinhaltsstoff besonders entscheidend? Oder richtet sich der Methan-Ausstoß nach der Rasse? Sind bestimmte Mikroorganismen dabei besonders wichtig und beeinflussbar?“

Je nachdem ließen sich der Methanausstoß dann vornehmlich durch Fütterung, durch Zucht oder andere Maßnahmen, beziehungsweise Maßnahmen-Kombinationen senken.

Forschungsschwerpunkt 2:
Wechselwirkungen zwischen Tiergesundheit und Mikrobiom

Der zweite Forschungsschwerpunkt des HoLMiR wird um verschiedene Aspekte der Tiergesundheit kreisen. Im Zentrum der Untersuchungen steht dabei die Darmschleimhaut.

Als Schnittstelle zwischen Tier und Mikrobiom steuert die Darmschleimhaut auch die Interaktion zwischen den Mikroorganismen und dem Wirtstier. Diese beeinflusst eine Vielzahl von Körperfunktionen vom Immunsystem bis zu neuronalen Vorgängen und dem Tierverhalten. Außerdem ist sie entscheidend für die Nährstoffaufnahme und damit auch dafür, welche Stoffe als Umweltbelastung ausgeschieden werden.

Gleichzeitig bilden Darmschleimhaut und Mikrobiom die entscheidende Barriere gegen Krankheitserreger und sie steuern die Aktivität der Immunzellen. „Da auch die beste Stallhygiene eine Infektion nicht sicher verhindern kann, sind Erkenntnisse über diesen Komplex mit entscheidend für Strategien, wie sich Tiergesundheit erhöhen und der Verbrauch von Antibiotika senken lassen“, erläutert Prof. Dr. Rodehutscord ein Beispiel.

Zusätzliche Komplexität erhält das Thema dadurch, dass auch Krankheitserreger ihr schädigendes Potenzial für die Umgebung verändern können. „Das heißt die Verfügbarkeit von Nährstoffen und Stoffwechselprodukten im Darm sowie die erwünschten Mikroben entscheiden mit, ob ein Krankheitserreger überhaupt eine Gefahr darstellt. Erkenntnisse zu diesem Thema könnten deshalb zu neuen Strategien für Prävention und Therapie von Infektionskrankheiten führen.“

Forschungsschwerpunkt 3:
Wechselwirkungen im Erbgut von Nutztier und Mikrobiom

Der dritte Forschungsschwerpunkt des HoLMiR zielt auf die Genetik von Nutztieren und ihres Mikrobioms. Basis ist die Erkenntnis, dass die Zusammensetzung der Mikroorganismen im Darm von Nutztieren auch erblich beeinflusst wird. Ziel sind innovative Züchtungskonzepte für Nutztierrassen, die das Potential des Mikrobioms besser ausnutzen.

Als Beispiel nennt Prof. Dr. Rodehutscord Arbeiten, die das Erbgut alter, genügsamer Rassen mit dem Erbgut moderner Milchrassen vergleichen: „Gerade unter den alten Rassen gibt es solche, die sehr gut an extreme Klimabedingungen mit wenig, aber faserreichen Futtermittel angepasst sind. Dies liegt auch an der spezialisierten Gemeinschaft von Mikroorganismen im Verdauungstrakt, die wiederum durch die Genetik der Nutztiere bestimmt sind.“

Der Forschungsschwerpunkt „Genom“ charakterisiert deshalb das Erbgut von Mikrobiom und Wirtstieren, um dann innovative Tierzüchtungssysteme zu entwickeln, welche sowohl auf der Ebene des Genoms als auch auf der des Mikrobioms der Tiere agieren. Ferner werden die komplexen Wechselbeziehungen zwischen dem Erbgut von Wirtstier und Mikrobiom untersucht. Denn Teile des Erbgutes sind epigenetischer Natur und durchaus veränderlich und können durch die Ernährung beeinflusst werden.

Bundesweit einmalige Ausstattung
Um völlig neue Forschungsansätze zu verfolgen, setzt das HoLMiR auf Ausstattung und Methoden, wie sie bislang deutschlandweit in dieser Abstimmung nicht verfügbar sind. Das Spektrum reicht von Laborarbeit, in der Proben untersucht und Körpervorgänge simuliert werden bis zur Forschung am lebenden Tier.

Auf diese Weise ermöglichen die geplanten Untersuchungen auch Erkenntnisse, die notwendig sind, um Ersatzmethoden zum aufwändigen Tierversuch zu entwickeln und zu testen.

Modul I wird modernste Bioanalytik bieten
Für Genanalysen und Untersuchungen von Proteinen und Stoffwechselprodukten wird das HoLMiR über Extraktionsroboter und Massenspektrometer für Proteomik und Metabolomik verfügen. Die Analysen werden an Proben von lebenden oder geschlachteten Tieren erfolgen oder an Proben, die mit Zellkulturen oder in vitro-Techniken gewonnen wurden.

Zu den Besonderheiten des Laborgebäudes zählen auch die sog. Ussing-Kammern: Darin können Darmabschnitte eines getöteten Versuchstieres auf Körpertemperatur gehalten und mit Sauerstoff begast werden, so dass sie über mehrere Stunden funktionsfähig bleiben. Auf diese Weise sind wichtige Untersuchungen zur Darmschleimhaut möglich, bei denen es vor allem auf die Original-Gewebestrukturen ankommt, die z.B. bei Zellkulturen so nicht mehr vorhanden wären.

Für die eigentliche Zellanalyse wird ein Laser-Scanning-Mikroskop für dreidimensionale Struktur-Analysen zur Verfügung stehen, für weitere Zellanalysen außerdem ein Durchflusszytometer. Mit dieser High-Throughput-Technik können bis zu 10.000 Zellen pro Sekunde typisiert werden.

Auch die geplanten Untersuchungen zum schädigenden Potenzial von Krankheitserregern werden sich im Labor durch Simulationsversuche zumindest vorbereiten lassen. Gleiches gilt für die geplante Forschung zur Tierernährung und zum Mikrobiom: Ein Teil der Untersuchungen werden sich im Labor mit Hilfe von künstlichen Modellen des Verdauungstraktes simulieren lassen.

Beispiele für solche „in vitro“-Modelle sind künstliche Rinder-Pansen oder der künstliche Darm des Schweines. Eine dieser Methoden – der Hohenheimer Futterwerttest – wurde auch an der Universität Hohenheim entwickelt und wird heute weltweit eingesetzt.

Modul II wird einmalige Haltung und Infrastruktur für Tierversuche stellen
Doch auch die sog. „in vitro“-Tests haben nur eine begrenzte Aussagekraft, so dass die Forschung am lebenden Tier unerlässlich ist. Zudem benötigen einige „in vitro“-Tests auch Proben aus dem lebenden Tier oder aus Schlachtkörpern.

Dafür werden besondere Tierhaltungsbedingungen notwendig sein. Hier wird die tierexperimentelle Einheit von HoLMiR bundesweit Maßstäbe setzen. Insgesamt wird das Gebäude tierschutzgemäße Spezialanlagen für die Haltung von bis zu 250 Rindern, Schafen, Schweinen und Geflügel stellen. Dazu kommt eine ganz besondere Infrastruktur.

Um auch die Gase untersuchen zu können, können Tiere tageweise in sogenannten Respirationskammern gehalten werden, in denen sich Zu- und Abluft messen lassen wird. Da nur wenige Forschungseinrichtungen große Respirationskammern z.B. für Rinder besitzen, werden die geplanten vier Respirationskammern des HoLMiR von besonderer Bedeutung sein und ein Optimum an Genauigkeit bei der Messung des Gaswechsels bieten.

Fünf bis zehn Tiere werden auch mit einem dauerhaften Zugang – sogenannte „Fisteln“ – versehen. So können ihnen, ohne Zufügen erkennbarer Schmerzen, über Jahre hinweg Proben aus dem Verdauungstrakt entnommen werden, ohne dass jedes Mal ein operativen Eingriff vorzunehmen oder ein Tier zu schlachten wäre.

Eine weitere Besonderheit ist die künftige Haltung von sogenanntem gnotobiotischen Geflügel. Dabei handelt es sich um Hühner, die in keimfreier Umgebung leben und ohne Mikroben im Verdauungstrakt aufgezogen werden. An ihnen wird sich erforschen lassen, welchen Anteil der Verdauungsprozesse das Tier auch ohne Mikrobiom durchführen kann. Ähnlich wie in der Humanmedizin werden sich auch Stuhltransplantationen durchführen lassen, die den Versuchstieren eine definierte Mikrobenmischung einpflanzen.

Im Rahmen der Gesundheitsforschung wird die tierexperimentelle Einheit die Möglichkeit geben, Versuchstiere mit Krankheitserregern zu impfen. So wird sich künftig erforschen lassen, wie sich Veränderungen bei Krankheitserregern bei Wirtstieren bemerkbar machen.

Biostatistik, Bioinformatik und Hochleistungsrechner für Abermillionen von Daten
Essentiell für alle Arbeitsgruppen wird die Unterstützung durch die Fachgebiete für Biostatistik und Bioinformatik sein. Die Zusammenarbeit wird bereits bei der Konzeption von Versuchen beginnen. Eines der Ziele dabei wird sein, die Zahl der Tierversuche auf das Minimum zu reduzieren, mit dem wissenschaftlich haltbare Aussagen getroffen werden können.

Besondere Bedeutung erhalten Biostatistik und -informatik bei der Auswertung der Abermillionen von Messergebnissen, die durch den Einsatz der Hochdurchsatz-Methoden erzeugt werden. Wichtige Synergien erreicht das HoLMiR deshalb durch die Zusammenarbeit mit der Core Facility und dem Computational Science Lab der Universität Hohenheim.

Homepage HoLMiR

Quelle: Universität Hohenheim