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TVT fordert Reduktion des Antibiotikaeinsatzes durch bessere Haltungsbedingungen und Tierzucht

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Dier TVT begrüßt die Entscheidung des Europäischen Parlamentes die Behandlung von Tieren mit Antibiotika nicht unverhältnismäßig zu erschweren. Doch das Ziel der Initiative von Herrn Häussling, den Einsatz von Antibiotika und insbesondere Reserveantibiotika zu verringern, bleibt aktuell. Den besten Weg, dies zu erreichen, sieht die TVT in der Verbesserung von Tierhaltung und Tierzucht. „Gesunde Tiere, deren physiologischen Fähigkeiten weder durch eine einseitige übersteigerte Leistungszucht noch durch nicht tiergerechte Haltungssysteme überfordert werden, werden seltener krank und benötigen kaum Antibiotika. Wir fordern ein Umdenken in der Landwirtschaft und beim Verbraucher und wirksame gesetzliche Regeln für mehr Tierwohl in den Ställen,“ erläutert Dr. Andreas Franzky, Vorsitzender der TVT.

Das Europäische Parlament hatte die vom Europaabgeordneten Martin Häusling und dem EU-Umweltausschuss eingebrachte Verschärfung der Vorlage der Kommission zur Deklaration von Reserveantibiotika abgelehnt. Die TVT sieht die Ziele des Antrags von Herrn Häusling allerdings positiv, nicht aber den Weg. Weniger Antibiotikaeinsatz in allen Bereichen der Human- und Tiermedizin trägt dazu bei, die Ausbildung und Verbreitung von resistenten Erregern zu vermeiden. Die vorgeschlagene Lösung war aus Sicht der TVT aber falsch. Der Antrag sah vor, dass zuerst der Einsatz von wichtigen Antibiotika in der Tiermedizin verboten werden sollte. Dann hätte nachfolgend die EU das gerade erst nach langen jahrelangen Vorbereitungen und Beratungen verabschiedete EU-Tierarzneimittelverordnung wieder reformieren müssen, um Regeln für den limitierten Einsatz dieser Antibiotika zu formulieren. „Dies hätte wahrscheinlich einige Jahre gedauert in denen kein Tier, weder Haus-, Wild- noch Nutztier mit einem dieser Antibiotika hätte behandelt werden können. Tiere können nichts dafür, in welchem Haltungssystem sie leben. Wenn Tiere erkranken müssen Tierärzte sie behandeln können, alles andere wäre tierschutzwidrig,“ erklärt Dr. Andreas Franzky.

Doch mit der Ablehnung des Antrags ist noch kein entscheidender Schritt hin zu mehr Tierwohl in der Nutztierhaltung getan. Wohl können Krankheiten weiterhin behandelt werden, doch die TVT sieht die Herausforderung darin, die Haltungsbedingungen so zu verbessern, dass die Tiere weniger krank werden. Gut gehaltene Tiere mit einem intakten Immunsystem werden weniger krank und brauchen kaum Antibiotika. Nicht tiergerechte Haltungsbedingungen wie Anbindehaltung von Kühen, Kastenstände bei Sauen und überbelegte Mastanlagen sowie eine einseitig auf Leistung ausgelegte Zucht wie bei Hochleistungskühen, Masthähnchen und Puten müssen gesetzlich verhindert werden, damit gesunde Tiere die Basis der Lebensmittel tierischer Herkunft bieten.

Das Kompetenznetzwerk Nutzierhaltung – die sogenannte Borchert-Kommission – hat wichtige Vorschläge zu einem Umbau der Produktion von Lebensmitteln tierischer Herkunft erarbeitet. Die Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen muss endlich auf den Weg gebracht und die Maßnahmen mit erhöhtem Tempo umgesetzt werden, wodurch die Notwendigkeit, Antibiotika einsetzen zu müssen, deutlich gesenkt würde.

Die TVT ist ein Zusammenschluss aus deutschlandweit mehr als 1.400 Tierärztinnen und Tierärzten, die sich ehrenamtlich für den Schutz und die Sicherung der Gesundheit und des Wohlbefindens von Tieren einsetzen. Sie erarbeiten Merkblätter, Stellungnahmen, Gutachten und Leitlinien zu aktuellen Tierschutzthemen und arbeiten in verschiedenen Kommissionen und Beiräten mit. Die TVT kümmert sich um die aktuell drängenden Probleme z. B. in der Zucht (Defekt- und Extremzüchtungen), Haltung und Betreuung von Heim- und Nutztieren, bei Tiertransporten und Schlachtung sowie bei Tierversuchen, bei Tieren im Sport, in Zoos und Zirkussen oder im sozialen Einsatz. www.tierschutz-tvt.de

Geflügelpest-Virus bei Seehunden im Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer nachgewiesen

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Hochpathogenes aviäres Influenzavirus A H5N8 bei mehreren Seehunden entdeckt.

Das Institut für Virologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) hat in Proben von zwei Seehunden (Phoca vitulina) Infektionen mit dem hochpathogenen aviären Influenzavirus (HPAIV) des Subtyps H5 nachgewiesen. Professor Dr. Paul Becher, Leiter des Instituts für Virologie sagte: „Den Nachweis haben wir umgehend an die Veterinärbehörden der Kreise Nordfriesland und Dithmarschen gemeldet.“ Das Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (ITAW) in Büsum der TiHo untersucht regelmäßig Seehunde, die an der schleswig-holsteinischen Küste tot aufgefunden werden. Sie reichten die entsprechenden Proben an das Institut für Virologie weiter. Im August 2021 wurde eine leicht erhörte Sterblichkeit bei Seehunden beobachtet.

Anschließende Untersuchungen ergaben bei beiden Tieren den Nachweis des Subtyps H5N8. Die höchsten Virusgenomlasten fanden sie im Gehirn der Seehunde. „In anderen Geweben, einschließlich der Lunge, konnten wir keine oder nur sehr geringe Viruslasten von H5N8 nachweisen“, berichtet Becher. „Zudem konnten wir in ersten Untersuchungen zeigen, dass die genetischen Sequenzen der bei den Seehunden nachgewiesenen Influenzaviren große Ähnlichkeiten haben mit Geflügelpestviren, die in diesem Jahr bei Wildvögeln in Europa gefunden wurden.“ Die Erreger der Seehundstaupe, die in der Vergangenheit zu Massensterben bei Seehunden geführt hatten, wurden bei diesen beiden Tieren sowie auch bei weiteren in diesem Jahr aufgefundenen Seehunden nicht nachgewiesen.

Inzwischen haben Untersuchungen im Nationalen Referenzlabor für aviäre Influenzaviren am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) die Ergebnisse bestätigt und in Zusammenarbeit mit dem Veterinäruntersuchungsamt des Landes Schleswig-Holstein das Virus HPAI, Subtyp H5N8 bei einem dritten Seehund nachgewiesen. Sie fanden im Gehirn des Tieres ebenfalls hohe Viruslasten. An der TiHo und am FLI laufen jetzt weitere Arbeiten, um die Viren und die Infektionen zu charakterisieren.

Quelle: Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

Tiergesundheit durch Genomik

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Warum sind manche Tiere anfälliger für Krankheiten als andere? Dies haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM) genauer untersucht. Sie fanden bei Nutztierarten genetische Unterschiede, die dafür verantwortlich sind, dass einzelne Tiere weniger anfällig sind für bestimmte Krankheiten. In einer großen Studie haben die Forschenden die Machbarkeit und Effizienz von CRISPR-Cas9-Editierungen belegt.

Die Möglichkeiten der Genom-Editierung in der Nutztierzucht sind noch nicht systematisch erforscht worden. Der von der Bayerischen Forschungsstiftung geförderte Forschungsverbund FORTiGe wollte nun klären, inwiefern mit den molekularbiologischen Methoden der Genomanalyse und der Genom-Editierung die Tiergesundheit verbessert werden kann. Dafür haben die Forscherinnen und Forscher genomweite Untersuchungen und die Genschere CRISPR-Cas9 eingesetzt. Mithilfe des CRISPR-Cas9 Verfahrens können gezielt DNA-Bausteine im Erbgut umgeschrieben werden.

Dabei haben die Forschenden ausschließlich genetische Veränderungen anvisiert, die so auch in der Natur vorkommen könnten. Solche Veränderungen könnten auch im Rahmen klassischer Tierzüchtung erreicht werden, doch das kann viele Generationen und Jahrzehnte dauern, während die Genom-Editierung in wenigen Generationen zum Ziel führt.

Genomische Methoden zur Sicherstellung der Jungtiergesundheit
Beim Rind identifizierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Gene, die den Geburtsverlauf, die Jungtiergesundheit und die Widerstandsfähigkeit des Stoffwechsels von Kühen maßgeblich beeinflussen. „Einige der identifizierten Genomstellen können künftig zur Verbesserung der Tiergesundheit genutzt werden“, erklärt Ruedi Fries, Professor für Tierzucht an der TUM und Sprecher des Verbunds.

Die Arbeitsgruppe von Angelika Schnieke, Professorin für Biotechnologie der Nutztiere an der TUM, fand eine Möglichkeit, per Genom-Editierung Schweine zu erzeugen, die gegenüber der Ödemkrankheit resistent sind. Diese Infektionskrankheit betrifft vor allem frisch abgesetzte, also von der Muttermilch entwöhnte Ferkel, deren Darmmilieu durch die Futterumstellung aus dem Gleichgewicht geraten ist. Bei anfälligen Tieren können sich pathogene Escherichia Coli-Keime stark vermehren und durch Toxine zum Tod der Ferkel führen – ein Grund, warum hier bislang häufig Antibiotika zum Einsatz kommen.

Viruserkrankungen bei Geflügel vermeiden
Darüber hinaus konnten genomeditierte Hühner gezüchtet werden, die gegen das aviäre Leukosevirus resistent sind. Die Tiere wurden durch die Gruppe von Benjamin Schusser, Professor für Biotechnologie der Reproduktion, erzeugt. Die Resistenz wurde durch ausführliche immunologische Untersuchungen und Infektionsversuche sowohl in Zellkulturen als auch bei lebenden Tieren bestätigt.

„Das aviäre Leukosevirus kann zu schweren Erkrankungen und starker Wachstums- sowie Legedepression im Geflügel führen“, erklärt Prof. Schusser. „Durch die Forschungen könnten nun Herden von Tieren aufgebaut werden, die nicht krank werden, weil sie gegen diese Viren resistent sind.“

Genetisch veränderte Tiere als Perspektive für die Landwirtschaft
„In allen Untersuchungen verwendeten wir genetische Veränderungen, wie sie auch auf natürliche Weise vorkommen könnten“, betont Prof. Fries. So findet sich die Genvariante, die zur Resistenz gegen die Ödemkrankheit führt, zwar in bestimmten Schweinerassen, bei den bayerischen Zuchttieren kommt sie aber nur selten vor. Die Variante eines bestimmten Proteins, die zur Resistenz gegen das aviäre Leukosevirus führt, kommt beim Huhn nicht vor, findet sich aber zum Beispiel bei Wachteln.

„Die Forschungsresultate eröffnen realistische Perspektiven zur Unterstützung der Landwirte und Landwirtinnen in ihren Bestrebungen, die Tiergesundheit und das Tierwohl zu verbessern“, resümiert Prof. Fries.

Quelle: Technische Universität München

Woher kommt die Milch? – Jetzt gibt es Unterricht im Stall

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Rechtzeitig zum Weltkindertag am 20. September startet das Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN) in Dummerstorf mit neuen Angeboten für Kitakinder und Schulklassen. Ab sofort können sich Träger von Kindertagesstätten und -gruppen oder Schulen auf der Homepage der Forschungseinrichtung über den Unterricht im Schweine- oder Rinderstall informieren und sich bei Interesse anmelden.

„Als neuer außerschulischer Lernort in Mecklenburg-Vorpommern möchten wir über die Tierhaltung und die Herkunft unserer Lebensmittel aufklären“, informierte FBN-Vorstand Professor Dr. Klaus Wimmers. „Im Rahmen des Projektes ‚Stadt-Land-Stall‘ werden wir Kindern reale Einblicke ermöglichen, wie Schweine und Kühe leben und welche Rolle dabei das Tierwohl sowie der Umwelt- und Klimaschutz spielen. Zugleich wollen wir zeigen, wie unsere Forschenden arbeiten.“

Wertschätzung für Tiere und Landwirtschaft
Wo kommt die Milch her? Was frisst ein Schwein? Wie viele Ferkel kann eine Sau bekommen? Sind Ziegen dumm? Auf diese und viele weitere spannende Fragen können Kinder bei einem Besuch des Forschungsinstituts für Nutztierbiologie (FBN) in Dummerstorf eine Antwort von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erhalten. „Heute haben die Kinder kaum noch einen Bezug zur Landwirtschaft und kennen den Ursprung der Lebensmittel nur aus den Medien“, sagte Projektkoordinatorin Marianne Zenk. „Darum sollen die Schülerinnen und Schüler und Kindergartenkinder ihre gewohnte Lernumgebung verlassen und einen echten Stall besuchen. Hier vor Ort können wir am besten erklären, wie die Tierhaltung funktioniert und auf alle Fragen der Jüngsten eingehen“, so die Agraringenieurin. „Dabei geht es auch um die Wertschätzung der Tiere und der Arbeit in der Landwirtschaft sowie um Aspekte der Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes.“

Neben den vielen Nutztierarten wie Rinder, Schweine, Ziegen, Fisch, Geflügel und Insekten gibt es in den Ställen und Anlagen Orte für Begegnungen. So kann man vom Besuchergang im Schweinestall die Tiere beobachten und im Kuhstall die Rinderhaltung mit allen Sinnen erfahren. In der Projektgruppe „Stadt-Land-Stall“ am FBN wurden dazu begleitende und altersgerechte Informations- und Lernmaterialien für die Stallbesuche erarbeitet. Diese können die jungen Besucherinnen und Besucher mit nach Hause nehmen. „Unser Projekt werden wir schrittweise ausbauen, um künftig auch Jugendlichen der höheren Klassenstufen, Studierenden, Lehrerinnen und Lehrern sowie Erzieherinnen und Erziehern Informationen und Aktionen im Forschungsinstitut anbieten zu können“, kündigte die Projektleiterin an.

Weitere Informationen und Anmeldungen unter www.fbn-dummerstorf.de/stadt-land-stall/

Unterricht der anderen Art – Außerschulische Lernorte
Außerschulische Lernorte (kurz ALO) als bundesweit verbreitete Zentren praxisnahen Forschens, Erlebens und Ausprobierens ermöglichen eine moderne Form des Lehrens und Lernens und stellen ein mittlerweile wichtiges und bundesweit anerkanntes Element im schulischen Bildungsprozess und in der Gestaltung des Übergangs Schule und Studium oder Ausbildung dar. Des Weiteren spielen diese Lernorte seit geraumer Zeit in der Weiterbildung eine immer größere Rolle.

Quelle: Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN)

Bangen um die Gesundheit unserer Tiere BTK erfreut über Entscheidung des Europäischen Parlaments

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Nachdem die vergangenen Wochen geprägt waren vom Kampf der Tierärzteschaft gegen die Ablehnung eines Verordnungsentwurfs zum Thema „Antibiotikavorbehalt für die Humanmedizin, wie es ein vom Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) vorgelegter Antrag forderte, fiel nun in Straßburg die Entscheidung. Sehr zur Erleichterung der Bundestierärztekammer (BTK) stimmten die Mitglieder des Europäischen Parlaments für den Entwurf der delegierten Verordnung der Kommission (DEA 2021/2718) über „Kriterien zur Identifizierung von antimikrobiellen Arzneimitteln, die für die Behandlung von Menschen vorbehalten sind“ und verhinderten somit den Wegfall weiterer essenzieller Antibiotikaklassen für die Behandlung von Tieren.

Auf der Grundlage der abgestimmten Verordnung, welche auf wissenschaftlichen Erkenntnissen aus Human- und Veterinärmedizin basiert, kann nun unter Berücksichtigung des One-Health-Ansatzes eine Liste mit für den Menschen reservierten Antibiotikaklassen erstellt werden. „Insbesondere die Tierärzteschaft hat bereits in den vergangenen Jahren zu einer deutlichen Reduktion des Antibiotikaeinsatzes beigetragen. Ich appelliere an alle Kolleginnen und Kollegen, auch weiterhin Umsicht und Vernunft bei der Anwendung dieser wichtigen Substanzen walten zu lassen“, betont BTK-Präsident Dr. Uwe Tiedemann. Nur so kann gewährleistet werden, dass auch zukünftig, im Sinne des Tierschutzes sowie einer erfolgreichen Zoonose-Prävention, Menschen und Tieren eine zielgerichtete Therapie mit Aussicht auf Erfolg erhalten können.

Ziel des durch den ENVI-Ausschuss vorgelegten Antrags war eine deutliche Reduzierung des Einsatzes von Antibiotika bei Tieren mit der Begründung, damit eine Minimierung der mitunter lebensbedrohlichen Antibiotikaresistenzen zu erreichen. Ein Ziel, das von der BTK ausdrücklich unterstützt wird und auch vom existierenden Entwurf der delegierten Verordnung ganz klar verfolgt wurde. Während dieser jedoch auf wissenschaftlichen Erkenntnissen aus Human- und Tiermedizin basiert, forderte der vorgelegte Antrag ganz klar die Orientierung an den Kriterien und Empfehlungen der WHO, welche ausschließlich die menschliche Gesundheit berücksichtigen.

Quelle: BTK

Hitzestress effektiv vorbeugen

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Hitzestress führt zu Leistungsdepressionen und Unwohlsein, im weiteren Verlauf zum Hitzeschlag durch Kreislaufversagen bei Körpertemperaturen über 42°C. Tiere auf der Weide können schattige Plätze aufsuchen oder durch Wind Kühlung bekommen. Voraussetzung dafür ist, dass es Bäume oder einen schattenspendenden Unterstand auf der Weide gibt. Bei den Tieren im Stall ist der Landwirt dafür verantwortlich, ein angenehmes Klima zu schaffen. Schweine, vor allem Sauen haben ihr Temperaturoptimum in einem sehr engen Bereich und sie können nicht schwitzen. Kühe mögen es auch lieber kühl, 10°C sind ihnen am liebsten. Bereits ab etwa 22 bis 25 °C ist die Thermoregulation der Tiere deutlich eingeschränkt, obwohl sie anders als Schweine tatsächlich schwitzen können. Viele Hitzestresssymptome resultieren daraus, dass die Kuh nicht mehr genügend Grundfutter und damit Energie aufnimmt. Stoffwechselprobleme, hohe Zellzahlen und veränderte Milchinhaltstoffe sind dann oft die Folge. Abhilfe schafft ein verbesserter Luftaustausch. Eine verstärkte Lüftung oder Ventilatoren sorgen für Luftbewegung. Eine Rasenfläche im Vorbereich des Stalles ist besser als Stein, weil Steine sich extrem aufheizen. Bäume können den Stall beschatten und Jalousien an den Fenstern verringern die Sonneneinstrahlung. Eine Sprühkühlung sorgt für feinen Wassernebel in der Luft, der einen kühlenden Effekt hat. Die Fütterung sollte früh morgens oder abends sein, weil die Tiere gerne fressen, wenn es kühler ist. Bei Kühen sind erhöhte Mineralstoffmengen sowie die zusätzliche Gabe von Viehsalz nötig. Es ist immer ausreichend frisches, kaltes und keimfreies Wasser bereitzustellen, sowohl im Stall als auch auf der Weide. Da die Tiere durch die Hitze sowieso schon gestresst sind, sind weitere stressverursachende Maßnahmen wie Impfen, Umstallen oder Treiben auf die kühlen Morgenstunden zu verlegen.

Quelle: Dr. Heike Engels, Der Hoftierarzt

Offener Brief an MEP Martin Häusling zu seiner Pressemitteilung vom 10. September

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Sehr geehrter Herr Abgeordneter Häusling,

mit Erstaunen haben wir Ihre Pressemitteilung vom 10.09.2021 zur Kenntnis genommen. Sie beziehen sich darin auf ein Factsheet der EU-Kommission zum in der Diskussion stehenden Delegierten Rechtsakt (DR), der antimikrobielle Mittel für die Humanmedizin reservieren soll, und suggerieren der Öffentlichkeit, die aufgeführten Fakten seien ein Novum, obgleich Sie es als verantwortlicher Berichterstatter des EU-Parlaments besser wissen sollten.

Denn das Factsheet fasst doch lediglich die Inhalte des ursprünglich von der Kommission vorgelegten, wissenschaftlich fundierten Entwurfs der Europäischen Arzneimittelbehörde für die Kategorisierung der Antibiotika zusammen, der in der Sitzung des EU-Umweltausschusses am 13. Juli auf Ihre maßgebliche Initiative hin abgelehnt wurde, weil er Ihnen nicht weit genug geht. Im Gegensatz zur Kommission haben Sie ein komplettes Anwendungsverbot von Fluorchinolonen, Cephalosporinen der 3.und 4. Generation, Polymyxinen und Makroliden in der Tiermedizin gefordert, von dem alle Tierarten mit dramatischen Auswirkungen für ihre Therapie betroffen sind, sofern die Einzeltierbehandlung nicht in das zugrundeliegende Gesetz, die EU-Tierarzneimittelverordnung 2019/6, aufgenommen wird. Sie selbst weisen in Ihrer Pressemitteilung sogar darauf hin, dass die Kommission dieses Gesetz explizit nicht ändern will, abgesehen davon, dass dafür auch keine Mehrheit bei den Mitgliedsstaaten und wohl auch nicht im EU-Parlament vorhanden ist.

Die o. g. Antibiotika-Wirkstoffklassen sind jedoch essenziell für die Tiermedizin, sodass ein Verbot eben genau nicht dem dritten Kriterium im DR der Kommission entspricht (essenziell für Human- und Tiergesundheit). Sie unterstellen uns Fake-News zu verbreiten und rufen uns allen Ernstes auf, wir sollten Schadensbegrenzung betreiben, weil wir sonst endgültig bewiesen hätten, dass uns die Belange der Kleintierpraxen unterm Strich weniger wichtig sind als die Interessen einiger weniger Praxen, die ihr Geld vor allem in der Geflügelindustrie und Schweinehaltung verdienen? Das ist mehr als grotesk und erinnert an die erfolglose Schlammschlacht ihres Spitzenkandidaten Jürgen Trittin im Wahlkampf 2013, der uns Tierärzte/innen pauschal als ‚Drogendealer‘ diskreditiert hat.

Nochmal zur Erinnerung: Wohlwissend um die u. U. strengeren Regelungen hat sich der bpt von Anfang an für den wissenschaftlich ausgewogenen One-Health-Ansatz der EU-Kommission ausgesprochen, weil wir uns der Verantwortung für die Gesundheit von Mensch und Tier bewusst sind. Und, sehr geehrter Herr Häusling, wie oft sollen wir es noch sagen: Wir Tierärzte/innen sind nicht für die Haltungsformen in der Nutztierhaltung verantwortlich. Sie als Politiker schon. Als Politiker können sie das ändern, wir Tierärzte/innen sind Kraft unserer Berufsordnung hingegen primär dazu verpflichtet, Krankheiten bei Tieren zu verhindern oder zu heilen. Das ist unser Auftrag, für den wir uns einsetzen. Darin unterstützen uns auch mehr als 600.000 Tierhalter/innen mit Ihren Unterschriften. Das ist ein großer Vertrauensbeweis in unsere medizinische Kompetenz.

Sie dagegen versuchen seit Wochen mit der Verbreitung nebulöser Informationen und der Verquickungen unterschiedlicher Themen unseren Verband zu diskreditieren. Das alles hätte leicht verhindert werden können, wenn Sie in den letzten Wochen das Gespräch zu uns gesucht oder Ihre Parteivorsitzenden Frau Baerbock und Herr Habeck unser Dialogangebot vom 25. August angenommen hätten. Das war aber ganz offensichtlich nicht gewollt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Siegfried Moder
bpt-Präsident

Tierschutzrelevanz von Klauenerkrankungen beim Rind #TiHo-Tierschutz-Tagung 2021 – Teil 3

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Dr. Andrea Fiedler von der Praxisgemeinschaft für Klauengesundheit, München wies in ihrem Vortrag eindrücklich auf die Tierschutzaspekte von Klauenerkrankungen beim Rind hin. Lahmheit deutet immer auf Schmerz und ist allein deswegen schon tierschutzrelevant. Schmerzen führen aber auch zur Bewegungsreduktion, mit darauffolgend verminderter Futteraufnahme, Ketose, Azidose, Immunsuppression, Entzündungen …

Um Anzeigen für Klauenprobleme möglichst frühzeitig zu erkennen, sollte jeder Rinderhalter die Grundlagen des „locomotion scoring“ beherrschen und seine Herde am besten täglich, mindestens aber wöchentlich kontrollieren. Bei der Klauenpflege ist dies ohnehin unabdingbar. Werkzeuge zur Betriebsanalyse wie „Cows and more“ können hierbei helfen.

Wer frühzeitig Lahmheiten erkennen will, kann entsprechende Fähigkeiten z. B. über E-Learning erwerben oder auch den „Diagnoseschlüssel zu Klauenerkrankungen“ der VetMedUni Wien nutzen, der als PDF mit zahlreichen Bildern zur Verfügung steht.

Ziel des „locomotion scoring“ sei, so führte die Tierärztin aus, dass 85% der Herde den Noten 1 oder 2 entsprechen, weniger als 15% mit 3 oder 4 bewertet werden und keine einzige Kuh die Note 5 bekommt. Mit einem geschulten Blick lassen sich viele Tiere sehr schnell schon am Futtertisch beurteilen: ist die Rückenlinie völlig gerade? Zeigt eine Kuh vielleicht mit einem „Ausfallschritt“ Schmerzvermeidung?

Ihre Lösungsansätze fasste die Klauenspezialistin aus München so zusammen:

Klauenpflege der Herde
Auswertung der entsprechenden Dokumentation
Ursachenbeseitigung durch
– Klauenpflege alle 3-4 Monate
– Nachbehandlungen!
– Bewegungsbeurteilung durch einen zertifizierten Scorer
– Haltungsbedingungen überprüfen mittels z. B. Cows and More
– Zusammenarbeit Tierarzt- Landwirt – Klauenpfleger beim Maßnahmenplan

Foto oben: Buchseite aus „Rinder gesund halten“ von Prof. Barbara Benz, Dr. Agnes Richter und Prof. Thomas Richter. Rezension hier

E-Magazin „Der Hoftierarzt“ Ausgabe 4/2021 steht zum Abruf bereit

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Der Hoftierarzt“ Ausgabe 4 / 2021 steht für Sie zum Abruf bereit und bietet folgende Themen:

• Mastitis: Selektives Trockenstellen nach Plan
• Kurz notiert: Erfolgreichere Aufzucht mit der „Kälberschule“
• Kurz notiert: Infografik – Wie werden Rinder in Deutschland gehalten?
• Achtung Streptokokken: Allzu oft am Krankheitsgeschehen beteiligt!
• Aktuelles Interview: Streptokokken-Infektion: Lieber Sauen impfen statt Ferkel behandeln?
• Kurz notiert: PRRS: Blutprobe weiterhin Goldstandard in der Frühdiagnostik
• Aktueller Buchtipp: Milchziegenhaltung – Produktionsverfahren planen und kalkulieren
• Infektiöse Bronchitis: Coronavirus schädigt Legeapparat
• Imkertipp: Spätsommer heißt Varroakontrolle und -behandlung

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Haltung und Schlachtung von Bruderhähnen #TiHo-Tierschutz-Tagung 2021 – Teil 2

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Dr. Eva Moors, die Geflügelspezialistin des niedersächsischen LAVES, zeigte in Ihrem Vortrag Probleme bei der Bruderhahnmast und der anschließenden Schlachtung auf. Eine spezielle gesetzliche Regelung für solche Tiere gibt es (noch) nicht, es gelten also das Tierschutzgesetz allgemein und, weil die Hähne zum Zweck der Fleischerzeugung gehalten werden, im Prinzip die Vorschriften der TierSchNutztV für Masthühner.

Im Verhalten aber gleichen Bruderhähne eher Junghennen, nicht Masthühnern. Sie sind deutlich agiler und neigen, mit zunehmendem Alter, zu Auseinandersetzungen mit Artgenossen und deswegen seine die Haltungsanforderungen auch vergleichbar mit denen der Junghennenaufzucht, sagt Eva Moors.

Nach 85 Tagen Mast erreichen Bruderhähne ihr Schlachtgewicht von 1,5 kg. Überträgt man nun die zulässige Besatzdichte für Masthühner (mit 1,5 kg), kommt man zu 23,2 Hähnen pro Quadratmeter Stallfläche (entspricht 35 kg/m2). Weil jedoch jeder Bruderhahn etwa 400 cm2 Fläche abdeckt, blieben nur 7% freie nutzbare Fläche pro Tier. Das LAVES empfiehlt besser 18 Tiere je m2 einzustallen, damit die Unterbringung als verhaltensgerecht betrachtet werden kann.

Weitere Voraussetzung für die verhaltensgerechte Unterbringung seien, außer Einstreu, das frühzeitige und kontinuierliche Angebot geeigneter Beschäftigungsmöglichkeiten und eine Strukturierung des Stalls. Also Pickblöcke und Stroh-/Luzerneheuballen sowie Bretter und Blenden (Versteckmöglichkeiten). Außerdem erhöhte Ebenen oder Sitzstangen (ab 21. Lebenstag min. 10 cm, ab 1,5 kg Körpergewicht min. 14 cm je Tier).

Ein Problem könne auftreten, wenn die Hähne Futter- und Tränkelinien zum Aufbaumen nutzen. Deren Statik sei eher nicht für solche Belastungen ausgelegt und auch eine physiologische Ruhestellung für die Tiere kaum möglich.

Besondere Bedeutung habe, so Frau Dr. Moors, die spezielle Sachkunde des Betreuungspersonals im Umgang mit den Bruderhähnen. Frühzeitiges Erkennen und Vorbeugen von Verhaltensstörungen wie Federpicken und Kannibalismus sein essentiell1

Für die Schlachtung schließlich kämen nur spezielle Betriebe infrage (wie z. B. solche für Legehennen), weil die Schlachtkörper ganz andere Maße aufweisen, wie die von Masthühnern. Rentabel für einen Schlachtbetrieb sei die Schlachtung von Bruderhähnen aber nur, wenn entsprechende Kapazitäten frei seien und große Partien der männlichen Legehybriden angeliefert würden.

Weil der Brustfleischanteil beim Bruderhahn geringer und das Fleisch insgesamt fester sei, landete das Fleisch am Ende überwiegend in Verarbeitungsware wie z. B. Frikassee. Dieses Marktsegment wird allerdings schon durch die Schlachtung von Althennen bedient, weswegen heute schon ein Großteil der Bruderhähne am Ende im Tierfutter landet. Weil aber die Tötung von Tieren zu Fütterungszwecken nach §1 des Tierschutzgesetzes keinen vernünftigen Grund darstellt, handelte es sich eigentlich um einen Straftatbestand. Außerdem würde das „tierschutzfachliche Problem“ ja auch nur verlagert: statt Eintagsküken zu Futterzwecken zu töten, mäste man die Hähne, um sie dann ebenso zu verfüttern.

Eva Moors vermutet zwar, dass die Bruderhahnmast nur eine Übergangslösung sein wird, bis die Geschlechtsbestimmung im Ei flächendeckend etabliert ist, trotzdem aber sei eine bundeseinheitliche Regelung für die Haltung männlicher Legehybriden dringend erforderlich. Die formalrechtlich zulässige Haltung analog der Masthühner sei einfach nicht mit §2 TierSchG vereinbar.

Niedersachsen habe, auf Basis der Mindesthaltungsanforderungen an die Junghennenaufzucht, einen entsprechenden Vorschlag erarbeitet und bereits dem BMEL zugeleitet. Die Tatsache, dass in diesem Jahr allein in Niedersachsen 5,8 Mio. Bruderhähne aufgezogen werden, unterstreicht die Dringlichkeit der Forderung nach einer gesetzlichen Regelung.