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Durchfall bei Saugkälbern: Mit einfachen Maßnahmen Situation verbessern

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Von Anna-Maria Ertel, Dr. Ilka Steinhöfel, Mariana Bartschies, Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG)

Bei dem Wort „Kälberdurchfall“ läuten bei nahezu allen Milcherzeugern mit eigener Jungviehaufzucht die Alarmglocken. Nicht umsonst wird diese Erkrankung auch als die wirtschaftlich bedeutendste Erkrankung in der Rinderaufzucht bezeichnet. Ein krankes Kalb verursacht dem Halter hohe Kosten. Das Problem ist hinreichend bekannt, das Wissen um die Erkrankung und ihre Ursachen eigentlich auch, und doch ändert sich kaum etwas an dieser Situation. Eine sächsische Studie geht der Problematik auf den Grund.
Jede Erkrankung im Kälberalter schmälert die Chance, dass aus dem Kalb einmal eine leistungsstarke, gesunde und langlebige Milchkuh wird. In den ersten Lebenstagen der Kälber gehören Durchfallerkrankungen zu den häufigsten Störungen. Das belegte auch eine 2016 durchgeführte Monitoring-Untersuchung des LfULG. 60 sächsische Betriebe nahmen nach einem Aufruf freiwillig an dieser Untersuchung teil. Dazu wurden die Betriebe mittels eines Fragebogens zur Versorgung ihrer Kälber befragt und in jedem Betrieb 10 Kälber ausgewählt, welche in der ersten Lebenswoche und an zwei weiteren Terminen jeweils im Abstand von einer Woche untersucht wurden. Zu diesen Untersuchungen wurde auch von jedem der 10 Kälber Kotproben genommen, welche von der LUA in Leipzig und dem Institut für Parasitologie auf potenzielle Durchfallerreger untersucht wurden.

Ergebnis alarmierend
Das Ergebnis war sehr ernüchternd. Nur in vier Betrieben hatte keines der 10 untersuchten Kälber an den drei Untersuchungstagen Durchfall. In 41 Betrieben (67,2 %) lag die Durchfallquote bei den untersuchten Kälbern bei 50 % und darüber. Insgesamt wiesen von den 554 untersuchten Kälbern, 313 (55,7 %) zu mindestens an einem der Termine eine suppige oder wässrige Kotkonsistenz auf. Den höchsten Anteil von Durchfallsymptomen zeigten Kälber, deren Untersuchungstermin auf den 7., 8. oder 9. Lebenstag fiel, und zwar 40 %, 47 % bzw. 51 % (siehe Abbildung). Aber auch ca. ein Viertel der im Alter von 1-2 Tagen untersuchten Kälber zeigten diese Symptome.


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Antibiotika-Verbot versus Tierschutz: TVT fordert sinnvollere Maßnahmen, um Resistenzen und Tierhaltungsmängel zu beseitigen

Aktuell wird ein Antrag diskutiert, die von der Europäischen Arzneimittel Agentur (EMA) und anderen wissenschaftlichen Institutionen vorgesehene Verordnung für Tierarzneimittel wesentlich zu verschärfen und die meisten der jetzt für Tiere zugelassenen Antibiotika für deren Behandlung zu verbieten. Die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. (TVT) unterstützt die Zielrichtung des Antrags, nämlich Antibiotika-Resistenzen zu vermeiden und tierschutzwidrige Praktiken in der Nutztierhaltung zu unterbinden. Allerdings sei die Einschränkung der Behandlungsmöglichkeiten für Nutz-, Haus- und Heimtiere dafür keineswegs zielführend. „Tieren eine notwendige antibiotische Behandlung zu verweigern ist tierschutzwidrig! Ein Verbot dieser Behandlungen trägt kaum dazu bei, Antibiotikaresistenzen zu vermeiden oder das Tierwohl bei Nutztieren zu verbessern. Hier sind in den jeweiligen Themenbereichen eigene Strategien zu verfolgen.“, so Dr. Andreas Franzky, Vorsitzender der TVT. Deshalb unterstützt die TVT, ebenso wie der Deutsche Tierschutzbund, die Initiativen der Bundestierärztekammer (BTK) und des Bundesverbandes praktizierender Tierärzte (bpt), die sich gegen das Verbot aussprechen.

Am 28. Januar 2022 tritt die Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel in Kraft. Im Zusammenhang mit dieser Verordnung muss eine Reihe weiterer, sog. delegierter Verordnungen erlassen werden. Eine dieser Verordnungen regelt, welche Antibiotika zukünftig der Behandlung von Menschen vorbehalten bleiben. Die von der Europäischen Arzneimittel Agentur (EMA) und anderen wissenschaftlichen Institutionen vorgesehene Verordnung sieht auch weiterhin die Möglichkeit vor, Tiere verantwortungsvoll und wirksam zu behandeln.

Nun hat Martin Häusling, Abgeordneter im Europaparlament und Mitglied im EU-Agrarausschuss einen Antrag in das Europaparlament eingebracht, diese Verordnung wesentlich zu verschärfen und die überwiegende Mehrheit der jetzt für Tiere zugelassenen Antibiotika zu verbieten. Dieses hätte weitreichende Folgen für die antibiotisch Behandlung erkrankter Tiere. Durch das Verbot sollen laut Häusling die Entstehung von Antibiotikaresistenzen beim Menschen eingedämmt und tierschutzwidrige Praktiken in der Nutztierhaltung, beendet werden können. Die TVT unterstützt diese Ziele, diese sind allerdings über ein Behandlungsverbot absolut nicht zu erreichen.

Die Argumentation, dass die Anwendung von Antibiotika in der Tierhaltung die Resistenzen bei den Menschen fördert, ist nur bedingt richtig. Nur ein sehr geringer Prozentsatz der beim Tier auftretenden Resistenzen geht auf den Menschen über und betrifft in erster Linie Landwirte und Tierärzte. Der allergrößte Teil der beim Menschen auftretenden Resistenzen – wie zum Beispiel multiresistente Krankenhauskeime – werden von diesen selbst produziert. Gleichwohl ist es wichtig, im Sinne des One-Health-Ansatzes sowohl in der Tiermedizin als auch in der Humanmedizin für einen verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika und eine Verringerung des Einsatzes von Antibiotika zu sorgen.

In der Tiermedizin wird dieses schon seit 2011 durch verschiedene Maßnahmen umgesetzt, so dass sich der Verbrauch an antibiotischen Wirkstoffen seitdem um mehr als 50 % verringert hat. So lag im Jahr 2020 der Antibiotikaverbrauch in der Tiermedizin erstmalig unter dem in der Humanmedizin.

Für eine weitere Senkung des Antibiotikaeinsatzes ist es notwendig, das Tierwohl bei der Tierhaltung und der Tierzucht, insbesondere beim Geflügel, deutlich zu verbessern. Gut gehaltene Tiere, bei deren Zucht keine extremen Leistungen, sondern eine stabile Gesundheit in Vordergrund stehen, werden weit seltener antibiotisch behandelt als Tiere, deren natürlichen Anpassungsfähigkeiten durch extreme Zuchtziele und eine defizitäre Haltung überfordert werden. Dem muss durch strengere gesetzliche Regelungen in der Tierhaltung und der Tierzucht entgegengewirkt werden.

Bereits jetzt gibt es gesetzliche nationale Regelungen, die den Einsatz von Reserveantibiotika im Tierbereich weitgehend einschränken. Dieses betrifft die Cephalosporine der 3. und 4. Generation und die Fluorchinolone. Die oft angeführten Carbapeneme finden in der Tiermedizin gar keine Anwendung.

Die TVT fordert eine sachliche Diskussion fern von gegenseitigen polemischen Vorwürfen. So muss im Sinne des One-Health-Gedankens ein verantwortungsvoller Umgang mit Antibiotika gefördert werden und der Einsatz sowohl im Tier- als auch im Humanbereich weiter verringert werden.

Bei der Nutztierhaltung sind die rechtlich Anforderungen an die Zucht und Haltung deutlich zu verbessern, damit Gesundheit und Wohlbefinden den Einsatz von Antibiotika überflüssig machen.
Die Resolution des Herrn Häusling ist nicht geeignet, diese Ziele zu verfolgen.

Quelle: TVT

Drohendes EU-Antibiotikaverbot für Tiere: Tierärzteverband bittet Baerbock, Habeck, Laschet und Söder um Klarstellung

Das Europaparlament entscheidet im September, ob vier für die Human- und Tiermedizin gleichermaßen wichtige antibiotische Wirkstoffklassen für die Behandlung von Tieren verboten werden sollen. Aus Tierarztsicht drohen gravierende Folgen für die Gesundheitsversorgung von Klein-, Heim- und Nutztieren sowie Pferden: Bestimmte Krankheiten können dann nicht mehr behandelt werden. Deutsche Europaabgeordnete spielen in der Vorbereitung und Unterstützung des Verbotsantrags eine wichtige Rolle. Sie positionieren sich dabei gegen einen wissenschaftsbasierten Regulierungsvorschlag der EU-Kommission – und auch gegen Positionen ihrer eigenen Parteien.

Der Bundesverband Praktizierender Tierärzte (bpt) bittet deshalb die Bundesvorsitzenden von CDU, Armin Laschet, und CSU, Dr. Markus Söder, sowie von Bündnis 90/Die Grünen, Annalena Baerbock und Robert Habeck, um eine Klarstellung der Position ihrer Parteien im Vorfeld der finalen Abstimmung im Europäischen Parlament. „Unterstützen Sie den von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) erarbeiteten, wissenschaftsbasierten Kriterienkatalog der EU-Kommission, der die im internationalen Vergleich weitreichendste rechtliche Regulierung des Antibiotikaeinsatzes in der Tiermedizin darstellt? Oder unterstützen Sie den Gegenantrag, der vorsieht, dass vier – für die Human- und Tiermedizin gleichermaßen wichtige – antibiotische Wirkstoffklassen für die Tiermedizin verboten werden sollen?“, fragt bpt-Präsident Dr. Siegfried Moder die Parteivorsitzenden.

Die Sorge der Tierärzte: „Wenn der Verbotsantrag angenommen wird, könnte das dazu führen, dass wir kranke Klein-, Heim- und Nutztiere sowie Pferde nicht mehr behandeln können. Tiere müssten im Zweifelsfall sogar euthanasiert werden, weil bei bestimmten Indikationen die erforderlichen Tierarzneimittel nicht mehr zur Verfügung stehen“, sagt Moder und schreibt an die Parteivorsitzenden: „Sie können sich vorstellen, dass uns dieses Szenario mit großer Sorge erfüllt, v. a. weil es unserem Selbstverständnis als Tierärzte/innen, kranken Tieren helfen zu wollen und auch zu müssen, zuwiderläuft.“

Eine Klarstellung der Parteivorsitzenden ist aus bpt-Sicht notwendig, weil sich deutsche EU-Abgeordnete bei diesem Thema gegen Parteipositionen stellen. So hatte Bündnis 90/die Grünen auf bpt-Anfrage zum Thema EU-Antibiotikaregulierung Mitte August geantwortet (Zitat):

„Um Antibiotika gezielt einzusetzen und Resistenzen zu vermeiden, sollen vorrangig kranke Einzeltiere behandelt werden. Reserveantibiotika sollen der Humanmedizin vorbehalten werden, wobei kranken Tieren natürlich gezielt geholfen werden muss. Das deckt sich mit Empfehlungen der EMA (Hervorhebung bpt), bestimmte Kategorien bei Tieren nur dann zum Einsatz kommen zu lassen, wenn die öffentliche Gesundheit sonst gefährdet ist.“

Der Verbotsantrag im Europaparlament wurde aber federführend vom Grünen EU-Abgeordneten Martin Häusling aus Hessen initiiert. Dieser Antrag weist die EMA-Empfehlungen als „unzureichend“ zurück.

Auch bei der CDU/CSU gibt es abweichende Positionen. Die offizielle Parteiantwort auf eine bpt-Anfrage lautete (Zitat):

„CDU und CSU unterstützen diesen Ansatz (Anmerkung bpt: die Kriterien der EMA). Reserveantibiotika sind Arzneimittel der letzten Wahl und werden verabreicht, wenn sonst nichts mehr wirkt. Die Reserveliste muss aber wissenschaftlich fundiert sein. Es darf nicht zu einem Therapie-Notstand in der Tiermedizin kommen, denn auch kranke Tiere müssen behandelt werden können.“

Der Verbotsantrag konnte im ENVI-Ausschuss des EU-Parlaments aber nur eine Mehrheit erreichen, weil sich die Abgeordneten der EVP-Fraktion, zu der CDU/CSU gehören, mehrheitlich enthielten.

Auch der CDU-Politiker Dr. Peter Liese, gesundheitspolitischer Sprecher der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, hat sich enthalten. Er bestätigt die Sorge der Tierärzte vor gravierenden Folgen bis hin zur Euthanasie. Der Humanmediziner wird in der Westfalenpost vom 21. August 2021 wie folgt zitiert (Passage aus dem Artikel):

„Die Frage ist doch: Muss man vielleicht bei einem Tier auf die bestmögliche Behandlung verzichten – oder will man riskieren, dass auch Menschen sterben, weil auch diese Antibiotika irgendwann ihre Wirkung verlieren?“ Liese hat diese Frage für sich beantwortet: Ja, Reserveantibiotika sollen dem Menschen vorbehalten werden – bei der Behandlung von Tieren müsse dann versucht werden, mit normalen Antibiotika zurecht zu kommen: „Im aller schlimmsten Fall muss es eingeschläfert werden. Das ist natürlich hart.“

Angesicht der zunehmend kontroverseren öffentlichen Diskussion über das drohende Antibiotikaverbot fordert der bpt eine klare Positionierung der Parteien vor der finalen Entscheidung im EU-Parlament Mitte September. „Wir Tierärzte unterstützen ausdrücklich den restriktiven Antibiotikaeinsatz in Veterinär- und Humanmedizin. Wir haben den Antibiotikaeinsatz europaweit um 34 und in Deutschland sogar um 60 Prozent reduziert“, betont bpt-Präsident Moder. „Ein pauschales Verbot ganzer Wirkstoffklassen schränkt die Behandlungsmöglichkeiten für Tiere aber unverantwortlich ein und wird deshalb von uns abgelehnt.“

Mehr zum europarechtlichen Hintergrund und Tierärzteprotest hier.

Quelle: bpt

Justus-Liebig-Universität Gießen und Friedrich-Loeffler-Institut kooperieren

Welche Gefahr Zoonosen bedeuten – also Infektionen, die vom Tier auf den Menschen übergehen können –, führt uns seit eineinhalb Jahren die Corona-Pandemie nachdrücklich vor Augen. Um die Forschungen in diesem Bereich deutlich zu verstärken, haben die Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) und das Friedrich-Loeffler-Institut (Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, FLI) jetzt eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. Im Rahmen der Zusammenarbeit planen der Fachbereich Veterinärmedizin der JLU und das FLI auch die gemeinsame Berufung einer Professur für Internationale Tiergesundheit/One Health.

Die Infektionsmedizin spielt an der JLU (unter anderem in Zusammenarbeit mit der Philips-Universität Marburg, der Technischen Hochschule Mittelhessen, dem Paul-Ehrlich-Institut in Langen und der Goethe Universität Frankfurt) eine große Rolle, etwa im LOEWE-Schwerpunkt DRUID, der sich der Erforschung von vernachlässigten Tropenkrankheiten widmet. Bei diesen und weiteren armutsassoziierten sowie vernachlässigten Infektionskrankheiten fehlen Impfstoffe, und Therapiemöglichkeiten sind entweder nicht vorhanden oder so limitiert, dass eine Resistenzentwicklung gegen die wenigen verfügbaren Medikamente nach Ansicht von Expertinnen und Experten nur eine Frage der Zeit ist.

„Die Auswirkungen der plötzlichen Ausbreitung von Infektionskrankheiten, auf die wir nicht vorbereitet sind, können fatal sein“, erklärt Prof. Dr. Dr. h.c. Martin Kramer, der Dekan des Fachbereichs Veterinärmedizin. In diesem Bereich bestehe nach wie vor großer Nachholbedarf, so dass sich für den Fachbereich Veterinärmedizin und die Zusammenarbeit mit dem FLI zahlreiche Anknüpfungspunkte ergeben. „Dies gilt besonders für den One Health Ansatz, d.h. der ganzheitlichen Betrachtung der Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt“, ergänzt Prof. Dr. Dr. h.c. Thomas C. Mettenleiter, der Präsident des FLI. Die gemeinsamen Forschungen sollen dazu dienen, die Ursprünge von zoonotischen Infektionen besser zu verstehen und wirksame Präventionsmaßnahmen zu entwickeln.

Die 1607 gegründete Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) ist eine traditionsreiche Forschungsuniversität, die rund 28.000 Studierende anzieht. Neben einem breiten Lehrangebot – von den klassischen Naturwissenschaften über Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, Gesellschafts- und Erziehungswissenschaften bis hin zu Sprach- und Kulturwissen-schaften – bietet sie ein lebenswissenschaftliches Fächerspektrum, das nicht nur in Hessen einmalig ist: Human- und Veterinärmedizin, Agrar-, Umwelt- und Ernährungswissenschaften sowie Lebensmittelchemie. Unter den großen Persönlichkeiten, die an der JLU geforscht und gelehrt haben, befindet sich eine Reihe von Nobelpreisträgern, unter anderem Wilhelm Conrad Röntgen (Nobelpreis für Physik 1901) und Wangari Maathai (Friedensnobelpreis 2004). Seit dem Jahr 2006 wird die Forschung an der JLU kontinuierlich in der Exzellenzinitiative bzw. der Exzellenzstrategie von Bund und Ländern gefördert.

Als Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit widmet sich das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) der Gesundheit lebensmittelliefernder Tiere. Zentrale Aufgaben sind die Prävention, Diagnose und Bekämpfung von Tierseuchen, die Verbesserung der Tierhaltung und -ernährung sowie die Erhaltung und Nutzung tiergenetischer Ressourcen.

Quelle: FLI

Kostendruck setzt Eierwirtschaft massiv zu: BVei-Appell an den LEH für faire Preisverhandlungen

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Vor dem Hintergrund einer sich zuspitzenden Belastungssituation der deutschen Eierwirtschaft hat sich Henner Schönecke, Vorsitzender des Bundesverbands Ei e. V. (BVEi) und ZDG-Vizepräsident, heute mit einem eindringlichen Appell für faire Preise an den Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland gewandt. Schönecke macht dabei deutlich, dass die Eierwirtschaft aufgrund stark gestiegener Kosten aktuell unter einem katastrophalen finanziellen Druck steht. Das komplette Schreiben des BVEi-Vorsitzenden lautet:

„Sicher beobachten Sie als Entscheider mit Verantwortung aufmerksam die jüngsten Entwicklungen auf dem Agrar- und Ernährungs-Sektor. Hier zeichnet sich bereits seit Monaten eine dramatische Situation ab. Die Preise für Futtermittel haben sich deutlich verteuert – teilweise mit Steigerungsraten von bis zu 40 Prozent!

Doch damit nicht genug: Neben den stark anwachsenden Futtermittelpreisen belasten steigende Fracht- und Verpackungskosten wie auch deutlich gestiegene Kosten für Kartonagen und Eier-Kleinverpackungen die Rentabilität unserer Unternehmen erheblich. Legehennenhalter, Packstellen und Eiervermarkter stehen unter einem katastrophalen Kostendruck. Eine Entspannung in 2022 ist nicht zu erwarten, zumal auch die konsequente Verwendung von Non-GMO-Soja aus entwaldungsfreien Lieferketten in der Eiererzeugung eine große logistische und finanzielle Herausforderung darstellt.

Als Eierwirtschaft versorgen wir zusammen mit Ihnen als Partner im Lebensmitteleinzelhandel die Menschen in Deutschland mit qualitativ hervorragenden Lebensmitteln. Um diesem Anspruch auch weiter gerecht zu werden, braucht es faire Preise in der gesamten Erzeugungs- und Vermarktungskette von Eiern in allen Haltungsformen. Mit betrachtet werden müssen dann auch geänderte rechtliche Vorgaben und deren Auswirkungen auf die Kosten, wie es beim Ausstieg aus dem Kükentöten der Fall ist. Die Futtermittelpreise zeigen auch hier Wirkung und verteuern die Aufzucht der Bruderhähne bei einem Futterbedarf von rund 6 kg pro Tier ganz erheblich in einer Größenordnung von etwa 20 %.

Wenn unsere Mitgliedsbetriebe aufgrund der dramatischen Rahmenbedingungen am Markt ohne auskömmliche Erlöse nur noch um ihr wirtschaftliches Überleben kämpfen, verlieren wir den Standort Deutschland – und Sie als Lebensmitteleinzelhandel die sichere Versorgung mit Eiern, erzeugt und vermarktet nach handelsseitig gewünscht hohen und kontrollierten Standards. Es braucht auch ein klares Bekenntnis des Lebensmitteleinzelhandels, den hohen Erzeugungsstandard bei Schaleneiern auch konsequent bei in Lebensmitteln verarbeiteten Eiern einzufordern.

Sie haben die Chance, das in den Gesprächen mit Ihren Eierlieferanten zu ändern! Die Verbraucherinnen und Verbraucher bei Ihnen im Lebensmitteleinzelhandel somit darauf vertrauen dürfen, dass Sie verantwortlich handeln und dabei fair mit den Erzeugern umgehen.

Bitte verstehen Sie unseren Appell als partnerschaftliche Handreichung, um gemeinsam ein Höfesterben im Bereich der Geflügelwirtschaft zu verhindern und langfristig für Versorgungssicherheit bei Eiern aus und in Deutschland zu sorgen.

Gesprochen werden muss auch über ein neues Modell an Einkaufsvereinbarungen, wie derart dynamische Marktentwicklungen – in die eine, wie in die andere Richtung – künftig noch besser und marktgerechter abgebildet werden können.

Nehmen Sie mein heutiges Schreiben gerne zum Anlass, bei einem persönlichen Gespräch ergebnisoffen und vertrauensvoll in den vertieften Austausch zu gehen. Wir freuen uns auf Ihren Gesprächsvorschlag!“

Quelle: ZDG

Virale Zoonosen beim Wirtschaftsgeflügel: Gefahr für den Menschen?

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Einige der in Deutschland und Europa vorkommenden viralen Erkrankungen des Wirtschaftsgeflügels haben zoonotisches Potential. Bei der Übertragung dieser Erreger über Speziesgrenzen hinweg besteht die Gefahr einer Adaptation an den menschlichen Organismus mit erheblichen Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit im Fall einer fortgesetzten Mensch-zu-Mensch-Übertragung. Neben den Folgen, die hochkontagiöse, pathogene Erreger für die Tierbestände, Tierhalter und die Wirtschaft haben, ist dies ein weiterer Grund, Bekämpfungsmaßnahmen für bestimmte Tierseuchen rechtlich festzulegen. Hierzu referierte Dr. Christine Ahlers, Fachtierärztin für Geflügel an der Tierseuchenkasse Thüringen kürzlich bei einer Online-Fortbildung dwer Firma MSD.

Unter den viralen Zoonosen des Wirtschaftsgeflügels hat die hochpathogene Aviäre Influenza (HPAI) in Deutschland aktuell die größte Bedeutung. Ebenso wie die Newcastle Krankheit (ND) und die niedrigpathogene Aviäre Influenza (NPAI, LPAI) ist sie anzeigepflichtig, und Schutzmaßnahmen sind rechtlich vorgeschrieben. Wegen der großen Variation in Virulenz und klinischer Symptomatik bei aviären Influenzaviren und aviärem Paramyxovirus Typ 1, dem Erreger der ND, enthalten die Rechtsakte exakte Falldefinitionen. Eine Anzeigepflicht besteht auch für Infektionen mit dem West-Nil-Virus, das erstmals 2018 bei Vögeln in Deutschland nachgewiesen wurde und über Stechmücken übertragen wird. Die als Wirtschaftsgeflügel gehaltenen Spezies gelten jedoch als wenig empfänglich, eine Infektion ist in Deutschland bislang nicht aufgetreten. Theoretisch möglich ist auch die Übertragung von Rhabdoviren auf Geflügel durch Bisse tollwütiger Füchse.

Zur Früherkennung muss bei Verlusten von mehr als 2 %, Legeleistungseinbruch oder Abnahme der durchschnittlichen Gewichtszunahme um mehr als 5 % innerhalb von 24 Stunden das Vorliegen einer HPAIV-oder LPAIV-Infektion diagnostisch abgeklärt werden. In reinen Wassergeflügelbeständen ist eine Untersuchung auf HPAI und LPAI vorgeschrieben, wenn über mehr als 4 Tage die üblichen Verluste um mehr als das Dreifache ansteigen oder die übliche Gewichtszunahme oder Legeleistung um mehr als 5 % abfallen. (§ 4 Geflügelpest-Verordnung i.d.F. vom 15.10.2018)

In Deutschland ist die Impfung jedes Hühner- und Putenbestandes gegen ND vorgeschrieben (§ 7 Abs. 1 Geflügelpest-Verordnung i.d.F. vom 20.12.2005); Schutzimpfungen gegen HPAI und NPAI sind jedoch verboten (§ 8 Geflügelpest-Verordnung i.d.F. vom 15.10.2008).

Den größten Beitrag zur Vermeidung viraler Zoonosen beim Wirtschaftsgeflügel können betriebsindividuelle Biosicherheitskonzepte leisten. Ihre konsequente Umsetzung hat maßgeblichen Einfluss auf Eintrag und Verschleppung von Krankheitserregern und sollte regelmäßig kontrolliert werden.

Tipps zur Vorbeugung:
• Die 2017 in Niedersachsen entwickelte Al-Biosicherheitsampel ermöglicht eine Bewertung des betrieblichen Biosicherheitsstatus.

• Zur Durchführung der Desinfektion bei Tierseuchen hat das Friedrich-Loeffler-Institut detaillierte Empfehlungen über Mittel und Verfahren erarbeitet

• Insbesondere im Hinblick auf Erkrankungen mit zoonotischem Potential sind technische, organisatorische und hygienische Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten wichtig. Entsprechende Vorgaben sind in der Biostoffverordnung enthalten. Zum Schutz vor H PAIV hat der Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe (ABAS) spezielle Maßnahmen in einer Empfehlung zusammengestellt.

Quelle: „Expertise 2021 – Konferenz von MSD Tiergesundheit“, Abstract Book

EU-Antibiotikadebatte: Auch Bundesparteien unterstützen wissenschaftlichen EMA-Vorschlag

Traditionell zur Bundestagswahl befragt der Bundesverband Praktizierender Tierärzte (bpt) die im Bundestag vertretenen Parteien zu aktuellen berufspolitischen tierärztlichen Themen, dieses Jahr unter anderem, ob sie eine Kategorisierung von Antibiotika, wie sie von der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) für Menschen und Tiere vorgeschlagen wird, befürworten. Erfreulich ist, dass bis auf die SPD, die bislang nicht geantwortet hat, alle angefragten Parteien den von der EU-Kommission vorgelegten wissenschaftlich fundierten Vorschlag der EMA für die Kategorisierung der Antibiotika unterstützen, der in Abstimmung mit der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), dem Europäischen Zentrum für Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC), der Welttiergesundheitsorganisation (OIE) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erarbeitet wurde.

„Die klaren Aussagen der Bundesparteien zu dem in der Diskussion stehenden Nachfolgerechtsakt zur EU-Tierarzneimittelverordnung 2019/6 sind ein deutlicher Fingerzeig und bestärken uns in unserer Forderung gegenüber dem EU-Parlament, den rechtssystematisch abgeklärten EMA-Vorschlag in der Sitzung Mitte September anzunehmen“, erklärt bpt-Präsident Dr. Siegfried Moder.

Mitte Juli stimmte der zuständige Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) des EU-Parlaments gegen den von der EU-Kommission vorgeschlagenen delegierten Rechtsakt über „Kriterien für die Einstufung antimikrobieller Mittel, die für die Behandlung bestimmter Infektionen beim Menschen vorbehalten sind“. Mehrheitlich im Ausschuss angenommen wurde dagegen ein vom zuständigen ENVI-Berichterstatter, Martin Häusling (MEP, Bündnis90/Die Grünen), eingebrachter Entschließungsantrag mit dem Ziel, die Kriterien noch strenger zu gestalten und so ein weitreichendes Verbot des Antibiotikaeinsatzes bei Tieren durchzusetzen. „Selbstverständlich sind auch wir für einen restriktiven Antibiotikaeinsatz in Veterinär- und Humanmedizin, doch hier geht es darum sicherzustellen, dass jedes Tier auch weiterhin behandelt werden kann, wenn es krank ist“, stellt Moder fest. „Die Abgeordneten haben offensichtlich verkannt, dass Antibiotikaklassen, die auf die Reserveliste gesetzt werden, nicht nur für lebensmittelerzeugende Tiere verboten werden, sondern für alle Tierarten, sofern nicht gleichzeitig die bereits vor zwei Jahren in Kraft getretene EU-Tierarzneimittelverordnung noch kurzfristig vor dem Start am 28. Januar 2022 geändert wird.

Die Direktorin der Generaldirektion Gesundheit (DG SANTE) in der EU-Kommission, Dr. Sabine Jülicher, hatte darauf bereits bei der Anhörung im Europaparlament am 28. Juni hingewiesen: „Wenn dieser Wirkstoff auf der Liste der Reserveantibiotika für Menschen ist, dann ist er den Menschen vorbehalten und darf dann in keiner Tierart verwendet werden. Es ist also ein entweder oder.“ Auch das Bundeslandwirtschaftsministerium und viele seit Jahren mit der Gesetzgebung vertraute Verbände teilen diese Einschätzung. „Nehmen die EU-Parlamentarier in ihrer Sitzung Mitte September also den ENVI-Antrag ohne die notwendigen umfangreichen Änderungen in der EU-VO 2019/6 an, geschieht genau das, was wir befürchten“, erläutert Moder. „Wesentliche Wirkstoffe gehen dann für die Veterinärmedizin verloren und die direkten Folgen – insbesondere für die Behandlung von vielen Tierarten, wie Meerschweinchen, Exoten, Zootieren, Pferden u.v.a. – wären dramatisch. Es entstünde sogar die abstruse Situation, dass Nutztiere noch über Jahre bis zum Entzug der Marktzulassungen der betreffenden Wirkstoffe wie bisher behandelt werden könnten, die anderen Tierarten jedoch schon ab dem nächsten Jahr dem dann schon greifendenden Umwidmungsverbot unterlägen und nicht mehr behandelt werden könnten. Grund dafür: Das Umwidmungsverbot greift sofort, wenn entsprechende Wirkstoffe nach dem jetzt diskutierten delegierten Rechtsakt für die Humanmedizin reserviert werden“, so Moder. „Vor allem drängt sich jedem, der die EU-VO 2019/6 im Detail kennt und die Diskussion in den letzten 10 Jahren begleitet hat, die Frage auf, wie alles Notwendige in nur vier Monaten bewerkstelligt werden soll, damit es nicht zum Therapienotstand in der Veterinärmedizin kommt.“

Die Antworten der Bundesparteien im Wortlaut können hier nachgelesen werden.

Quelle: bpt

Der Intelligenz von Ziegen erfolgreich auf der Spur

Erstmals gewinnt Wissenschaftler aus Deutschland begehrten New Investigator Award der International Society of Applied Ethology

Dr. Christian Nawroth hat als erster deutscher Nachwuchswissenschaftler den renommierten New Investigator Award der International Society of Applied Ethology gewonnen. Der Preis wird jährlich an junge Forschende verliehen, die zu Beginn ihrer Karriere außergewöhnliche wissenschaftliche Leistungen in der angewandten Ethologie erbracht haben.

Die Ethologie oder auch einfach Verhaltensbiologie ist eine Teildisziplin der Biologie, die die Grundlagen tierischen und menschlichen Verhaltens untersucht. Am Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN) wird seit über 30 Jahren auf diesem Gebiet exzellente Forschung bei Nutztieren betrieben.

Der Biologe Dr. Christian Nawroth gehört seit 2017 zum Institut für Verhaltensphysiologie am FBN. Seit vielen Jahren hat sich der 38jährige der Tierverhaltensforschung verschrieben und gilt als einer der aktivsten Nachwuchswissenschaftler auf diesem Gebiet. Vor allem geht es ihm darum, mit dem Wissen um das Verhalten der Tiere deren Haltungsumwelt und die Mensch-Tier-Interaktionen zu verbessern. Das internationale Preiskomitee würdigte nun seine bisherigen Leistungen und Publikationen in der Verhaltensforschung sowie sein Engagement für eine moderne Wissenschaftskommunikation.

International vernetzt und im regen Austausch
Insbesondere war Dr. Christian Nawroth einer der ersten, der nachweisen konnte, dass Schweine vom Menschen gegebene Hinweise verwenden können, um Nahrung zu lokalisieren, und dass Ziegen menschgerichtetes Verhalten zeigen, wenn sie mit einer Aufgabe konfrontiert werden, welche für sie nicht lösbar ist. Vor allem in der Verhaltungsforschung von Ziegen konnte der Dummerstorfer Wissenschaftler beachtliche Fähigkeiten der Tiere aufdecken. International sorgten die Ergebnisse immer wieder für eine vielbeachtete Resonanz. Die Forschung verfolgt das Anliegen, anhand der Lernfähigkeiten der Ziegen das Tierwohl in der Nutztierhaltung zu verbessern.

Der gebürtige Brandenburger und zweifache Vater, der an den Universitäten in Gießen und Würzburg Biologie studiert und zwei Jahre an der Queen Mary Universität in London geforscht hat, ist des Weiteren für seine proaktive Wissenschaftskommunikation gewürdigt worden. Auf dem von Wissenschaftlern bevorzugten Social-Media-Kanal Twitter hat er über 4.500 Follower (@GoatsThatStare). Als Gründer der Slackgruppe „Animal Welfare“ mit mittlerweile mehr als 800 Wissenschaftlern moderiert Dr. Christian Nawroth alle zwei Wochen Webinare zu Tierwohl und Tierverhalten. Außerdem bloggt er auf seiner Homepage (christiannawroth.wordpress.com) und veröffentlicht seine wissenschaftlichen Arbeiten mit Open Access Lizenzen.

Hintergrund International Society for Applied Ethology (ISAE)
Die Internationale Gesellschaft für angewandte Ethologie wurde am 4. Juni 1966 in Edinburgh (Schottland) als Society for Veterinary Ethology (SVE) gegründet. Sie wurde erweitert, um alle angewandten Aspekte der Ethologie und anderer Verhaltenswissenschaften abzudecken, die für Mensch-Tier-Interaktionen relevant sind, wie Landwirtschaft, Wildtiermanagement sowie die Haltung von Begleit- und Labortieren. Zum 25-jährigen Jubiläum im Jahr 1991 wurde die Gesellschaft in International Society for Applied Ethology (ISAE) umbenannt. Seit 2013 wird jährlich der New Investigator Award an erfolgreiche Nachwuchswissenschaftler vergeben.

www.applied-ethology.org
www.applied-ethology.org/New_Investigator_Award.html

Quelle: Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN)

Immunologie des neugeborenen Kalbes: Stress wirkt negativ #Expertise2021

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Die trächtige Kuh programmiert das Kälberimmunsystem schon, wenn das Kalb noch im Uterus ist. Das Immunsystem reagiert allerdings sehr empfindlich auf Stress. Ist die Haltung der Kühe suboptimal, ist der Umgang mit ihnen ruppig, haben sie Verletzungen oder gehen sie lahm, verursacht all das Stress bei der Kuh, was wiederum negativ auf das Immunsystem wirkt. Stress schwächt somit das Immunsystem und in der Folge beeinflusst er auch das Kälberimmunsystem, denn Kuhstressoren ändern die Vorprogrammierung des Kälberimmunsystems und damit die Darmentwicklung des Kalbes. Hierzu referierte Prof. Dr. Hans-Joachim-Schuberth von der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover kürzlich bei einer Online-Fortbildung.

Ein Beispiel für die negative Wirkung von Stress auf Kuh und Kalb ist Hitzestress. Die Zellen bilden sogenannte Hitze-Schock-Proteine. Diese verändern die Funktion der Immunzellen, in der Folge führt Hitze durch Veränderungen des Blutflusses zu einem durchlässigen Darm, „leaky gut“ genannt. Durch die Durchlässigkeit gelangen Endotoxine aus dem Darm ins Blut und führen im Körper zu entzündlichen Reaktionen, welche wiederum das Immunsystem dauerhaft belasten. Nicht von ungefähr steigen im Sommer die Mastitisfälle an. Die Folgen von Stress können sich über Monate bis Jahre im Körper halten, selbst das ungeborene Kalb kann schon Folgen vom Stress seiner Mutter erleiden.

Des Weiteren beeinflussen maternale Stressoren die Entstehung des Kolostrums, stören eine adäquate Darmentwicklung und hemmen die Aufnahme von Nährstoffen und bioaktiven Molekülen. Kälber werden mit einem nur teilweise programmierten Immunsystem geboren. Ihr Darmimmunsystem ist kaum ausgebildet, es kann sich erst durch den Schutz der maternalen Antikörper im Kolostrum ausbilden. Wichtig dabei ist, dass der Darm ca. 80 % aller Immunzellen beinhaltet, er ist damit das größte Immunsystem im Körper. Demnach hat auch die Ernährung großen Einfluss auf das Immunsystem. In den letzten Jahren ist das Mikrobiom im Darm, also die Gesamtvielfalt der Darmkeime, verstärkt in den wissenschaftlichen Fokus geraten. Die Darm-Gehirn-Achse wirkt über ungünstige Keime im Darm auf das Gehirn und die Gehirn-Darm-Achse wirkt über Stress auf den Darm. Eine vielfältige Keimzusammensetzung ist gut für das Immunsystem, eine Verschiebung der Keime in eine bestimmte Richtung schwächt das Immunsystem. Die Darm-Gehirn-Achse soll sich rasch entwickeln. Gutes Kolostrum hilft dabei.

Metaboliten des Darmmikrobioms steuern das Immunsystem in der Peripherie und letztlich auch die Impferfolge. Eine Schwächung des Immunsystems könnte ein Grund dafür sein, warum Impfungen manchmal nicht richtig wirken. Nur ein gesundes Immunsystem kann eine Impfantwort produzieren. Hat es bereits mit anderen Infektionen zu tun, kann es auf die Impfung nicht so reagieren wie erwünscht. Impfungen trainieren das angeborene Immunsystem von Neugeborenen. Aber auch die Muttertiervakzination kann zur immunologischen Programmierung der Kälber beitragen.

Quelle: „Expertise 2021 – Konferenz von MSD Tiergesundheit“, Abstract Book

Metabolische Programmierung: Fütterung des Kalbes in den ersten Lebenswochen möglichst üppig #Expertise2021

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Einerseits verkörpern Kälber das Leistungspotential der Milchkuhherden von morgen, andererseits ist die gesamte Kälber- und Jungrinderaufzucht mit sehr großen Kosten – im Durchschnitt der Betriebe mehr als 2000 €/Tier – verbunden. Diese beiden Aspekte verdeutlichen, dass die Haltung, Fütterung und Pflege der Kälber zum großen Teil darüber entscheidet, ob mit gesunden, leistungsbereiten Tieren zukünftig das Einkommen erzielt werden kann. Die Kälberaufzucht legt einen ganz essentiellen Grundstock hierfür. Hierzu referierte kürzlich auf einer Online-Fortbildung Frau Prof Dr. Katrin Mahlkow-Nerge von der FH Kiel.

Aus der Kinderheil- und Ernährungskunde ist bekannt, dass Erbinformationen durch Umweltbedingungen nachhaltig beeinflusst werden. So können in frühen, sensiblen, prägenden Wachstumsphasen „positive“ Merkmale durch Managementmaßnahmen beeinflusst werden, die sich im Phänotyp (z.B. spätere Milchleistung) manifestieren können. In diesem Zusammenhang kommt der Biestmilchversorgung der Kälber eine nicht hoch genug einzuschätzende Bedeutung zu (Stichwort „metabolische Programmierung“). Erste Hinweise dafür lieferten Untersuchungen von Faber et al. (2005). Diejenigen Kühe, die als neugeborene Kälber mit 4 I Biestmilch versorgt wurden, gaben im Vergleich zu denen, die als Kalb nur 2 I Biestmilch erhielten, aber ansonsten identisch gehalten und gefüttert wurden, im Durchschnitt der ersten 2 Laktationen täglich 0,9 kg mehr Milch.

Eine ausreichende Immunglobulinversorgung neugeborener Kälber mit möglichst viel qualitativ hoch-wertigem Kolostrum, dieses innerhalb der ersten 4 Lebensstunden durch den Menschen verabreicht, ist die beste „Lebensversicherung“ für ein Kalb.

Der weitere Tränkeplan sollte vorsehen, den Kälbern zumindest in den ersten 3 bis 4 Lebenswochen höchstmögliche Milchmengen anzubieten (am besten ad libitum) und darüber hinaus (ggf. bis zu 8 Wochen) dann täglich ebenfalls noch bis zu 10 (12) I/Kalb. Dabei ist nicht primär wichtig, ob die Tränke mit Vollmilch oder Milchaustauscher erfolgt. Bei der Vollmilchtränke sind vor allem die Hygiene und der entsprechende Zusatz sogenannter Vollmilchaufwerter zu beachten. Bei einer Milchaustauschertränke ist neben der Konzentration des Milchaustauschers in der Tränke besonders die Qualität des Milchaustauschers zu berücksichtigen. In den ersten 4 Lebenswochen muss unbedingt ein Milchaustauscher mit höchstmöglichem Magermilchanteil verwendet werden, da kleine Kälber milchfremde Bestandteile noch nicht ausreichend verdauen können.

Auch wenn die notwendige Nährstoff- und Energieversorgung, zumindest der Kälber in den ersten 4 Wochen, nahezu ausnahmslos über die Milch erfolgen kann, ist auch ein uneingeschränkter Zugang der Tiere zum Festfutter [am besten hygienisch einwandfreies Heu und Kraftfutter; nach Fischer et al. (2007) kann ab 6 – 8 Lebenswochen auch TMR hochleistender Milchkühe sehr gut verdaut werden]. Die Kälber sollten am Ende der Tränkephase mindestens 2 kg TM Festfutter/Tier und Tag aufnehmen. Nicht zuletzt sei die große Bedeutung von Wasser erwähnt. Der Flüssigkeitsbedarf der Kälber ist i.d.R. deutlich höher als die aufgenommene Milchmenge. Das gilt umso mehr, je restriktiver Kälber mit Milch versorgt werden. Wasser – in einer Schale oder einem Eimer angeboten, nicht im Nuckeleimer – muss also stets zur Verfügung stehen, ist dieses doch das notwendigste und wichtigste „Futtermittel“.

Quelle: „Expertise 2021 – Konferenz von MSD Tiergesundheit“, Abstract Book