Start Blog Seite 46

Mehr Fokus auf die Eisenversorgung

0

Von Andreas Rienhoff und Prof. Dr. Marc Boelhauve, FH Südwestfalen, Fachbereich Agrarwirtschaft

Die Versorgung in den ersten Lebenstagen entscheidet beim Kalb darüber, wie gut sich die Aufzucht und die Gesundheitsentwicklung gestalten. Neben Kolostrumaufnahme und guten Haltungsbedingungen ist aber auch eine ausreichende Eisenversorgung wichtig. Doch Untersuchungen zeigen, dass es damit bei Kälbern nicht gut bestellt ist.

Die Empfehlungen zur Erstversorgung neugeborener Kälber haben sich in den Jahren verändert. So wird heute als erste Mahlzeit Kolostrum ad libitum oder zumindest die Gabe von mindestens drei Litern empfohlen. Dies sollte auch in den ersten 60 Minuten nach der Geburt erfolgen. Das Kolostrum sollte einwandfrei sein und somit von Tieren stammen, die ohne Symptome einer Euterentzündung in die Abkalbung gekommen sind. Dazu sollte der IgG-Gehalt hoch sein und die Gerätschaften mit Kolostrumkontakt gründlich gereinigt sein.

Auch wenn diese Empfehlungen vollständig umgesetzt werden, so kann das Kalb trotz guter Versorgung mit Immunglobulinen erkranken. Dies ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass im Kolostrum kaum Eisen enthalten ist. Zudem kommt das Kalb ohne relevante Eisenreserven zur Welt.

Funktion des Eisens
Eisen ist ein zentrales Element in der Immunabwehr höherer Säugetiere und nicht nur für die Hämoglobinbildung und somit der Sauerstoffversorgung zuständig. In der Schweinehaltung ist die zusätzliche Eisengabe als Standard etabliert, in der Kälberaufzucht hingegen (noch) nicht. Negative Folgen eines Eisenmangels sind u.a.:

  • Gestörte Blutbildung mit Beeinträchtigung der Immunabwehr
  • Eisen ist aktiv an der Antikörperproduktion und damit an der Abwehr von Infekten beteiligt.
  • Dadurch erhöhte Krankheitsanfälligkeit
  • Und damit korreliert geringere Tageszunahmen (Bostedt 2002).

Als untere Grenze wird für neugeborene Kälber am zweiten Lebenstag ein Eisengehalt im Blut von 20 µmol/l in der Literatur angegeben. In eigenen Untersuchungen an Kälbern, die in sieben Betrieben mit den Hoftierärzten zusammen durchgeführt wurden, zeigte sich, dass im Durchschnitt alle Kälber unter dieser Schwelle lagen. Teilweise hatten diese nur 1/6 des minimal empfohlenen Eisengehaltes im Blut. Ca. ein Drittel der Kälber war ausreichend mit Eisen versorgt, die anderen hatten einen leichten bzw. schweren Eisenmangel. Diese Daten decken sich mit anderen Untersuchungen (Bostedt 2002 und Hofgut Neumühle 2011). Dies bedeutet aber auch, dass das Wissen um eine bessere Kälberentwicklung und somit den Aufbau einer besseren Milchkuhpopulation bereits seit vielen Jahren bekannt ist und noch nicht Einzug in die Praxis gehalten hat. Warum dies so ist, kann nur vermutet werden. Aussagen von Milchviehhaltern diesbezüglich sind vor allem, dass die Mangelversorgung mit Eisen den Kälbern nicht angesehen wird und normalerweise keine Blutuntersuchungen in den Betrieben durchgeführt werden, um diesen Mangel aufzuzeigen. Die weiteren Auswirkungen (z.B. Infektanfälligkeit, geringere Tageszunahmen) werden nicht einer mangelnden Eisenversorgung zugerechnet. Diese Daten belegen, dass Kälber meist mit einer Blutarmut, in diesem Fall einer Anämie (Mangel an Erythrozyten und somit Hämoglobin), auf die Welt kommen. Unterversorgt mit Kolostrum war in der Untersuchung an der FH Südwestfalen keines dieser Kälber, d.h. alle Tiere wurden relativ zügig nach der Geburt versorgt – die meisten sogar ad libitum. Dies bedeutet ferner, dass die Kälber zu wenig Eisen durch das Kolostrum erhalten.

Untersuchungen zeigen, dass das Kolostrum und die nachfolgende Vollmilch einen zu geringen Eisengehalt (0,5 mg/l) haben, um das Kalb entsprechend zu versorgen. Der Tagesbedarf liegt anfangs bei ca. 100 mg pro Kalb. Über das Kolostrum bzw. die anschließende Vollmilch können bei einer Aufnahme von ca. 6 Liter pro Tag ca. 3 mg Eisen zugeführt werden, also viel zu wenig.

Eisen fördert Zellwachstum
In Milchaustauschern sind mindestens 30 mg/kg Eisen pro Liter supplementiert enthalten (wenn richtig angemischt) – dies ist die vorgeschriebene untere Grenze der Eisenbeimischung. Optimal ist ein Eisengehalt von mindestens 100 mg/kg im MAT. Pflanzenbestandteile sind ebenfalls gute Eisenquellen, wenn auch mit starken Gehaltsschwankungen, dies kann in den ersten 14 Tagen den Kälbern nicht helfen, sondern erst im fortgeschrittenen Alter.

Die zusätzliche Eisengabe über MAT ist aber nur dafür gedacht, den täglichen Bedarf, durch z.B. Neubildung von roten Blutkörperchen (Erythrozyten), auszugleichen. Der Milchaustauscher füllt nicht das Defizit der ersten mit Eisen unterversorgten Tage auf. Das Kalb ist also weiterhin nur unzureichend geschützt, da die Immunabwehr (noch) nicht solide ausgestattet werden kann. Zudem ist das Wachstum der Tiere weiterhin eingeschränkt.

In obiger Untersuchung zeigten sich bei der Betrachtung der 14-Tage-Leistung aller beobachteten Kälber, dass in der Gruppe der Kälber, die mit dem Kolostrum eine zusätzliche Eisengabe erhalten haben, folgende Effekte auftraten:


Zum Weiterlesen, melden Sie sich hier einfach für den kostenfreien Empfang des zweimonatlichen Hoftierarzt E-Magazin an. Sie erhalten den Download Link zum E-Magazin mit diesem Artikel direkt nach Ihrer Anmeldung:

 

Antibiotika in der Nutztierhaltung – Forschungsprojekt VetCAb abgeschlossen

Wie das „Deutsche Tierärzteblatt“ in seiner August-Ausgabe berichtet, wurde nach insgesamt acht Jahren Forschung die dritte und letzte Phase von „VetCAb-Sentinel“ abgeschlossen. Insgesamt wurden 292.874 AuA-Belege (Arzneimittel-Anwendungs- und -Abgabedokumentation) aus Rinder-, Schweine- und Geflügelhaltungen ausgewertet.

Geflügel
Beim Geflügel wurden nur Belege für Broiler, nicht Legehennen oder Puten, analysiert. Der Median der Therapiehäufigkeit sank demnach von 20,4 im 1. Halbjahr 2013 auf 12,6 im 2. Halbjahr 2020; insgesamt ein Minus von 38,2%. Auch bei den Wirkstoffgruppen zeigten sich deutliche Veränderungen. Zuwächsen bei Aminoglykosiden (+18%), Lincosaminen (+23,9%) stehen Einsparungen bei Polypeptiden (-13%), Fluorchinolonen (-11,4%), Makroliden (-7,4%) gegenüber; unter den Polypeptiden kommt Colistin immer noch am häufigsten zum Einsatz.

Bei den einzelnen Mastdurchgängen zeigten sich in der 1., 3. und 4. Mastwoche deutliche Höhepunkte beim Antibiotikaeinsatz: die Hälfte aller Behandlungen erfolgte innerhalb der ersten 7 Tage.

Schweine
In den verschiedenen Schweinehaltungen zeigten sich in allen Stufen deutliche Reduktionen beim Antibiotikaeinsatz. Der Median der Therapiehäufigkeit sank bei Ferkeln um -80% (von 4 auf 0,8), bei Sauen um -40% (von 1 auf 0,6), bei Läufern um -95% (von 7,4 auf 0,3) und bei Mastschweinen um -96% (von 2,5 auf 0,1). In all diesen Nutzungsrichtungen stieg die Therapiehäufigkeit mit zunehmender Betriebsgröße an und auch der behandelnde Tierarzt hatte signifikanten Einfluss auf die Anzahl der Anwendungen.

Bei den Ferkeln kommen vor allem Beta-Laktame und Makrolide zum Einsatz., wobei letztere bis zum 2. Hj. 2020 mit einem Anteil von 34,3% deutlich zunahmen. Bei den Sauen haben Beta-Laktame und Tetrazykline die stärkste Bedeutung, bei den Läufern Beta-Laktame, Polypeptide und Tetrazykline und in der Mast Beta-Laktame, Tetrazykline und Makrolide.

Rinder
Bei den Milchkühen pendelte der Wert für die Therapiehäufigkeit über die Jahre um 2,0 und lag im 2. Hj. 2020 bei 1,7. Fluorchinolone und Cephalosporine kommen heute wesentlich seltener zum Einsatz, als zu Beginn der Erhebung. Beta-Laktame und Aminoglykoside erreichen heute einen Anteil von 74,6%. In der Rindermast kommen Antibiotika nur sporadisch und beim Einzeltier zum Einsatz; der Median liegt hier bei null.

In der Kälberaufzucht liegt der Medianwert über den gesamten Beobachtungszeitraum unter 1, im 2. Hj. 2020 bei 0,1. Für die Kälbermast wurden, abhängig vom Halbjahr, Medianwerte von 9,7 und 16,4 ermittelt.

Im Folgeprojekt VetAMUR (Veterinary Antimicrobial Usage and Resistance) sollen nun Zahlen zum Antibiotikaeinsatz mit Resistenzdaten verknüpft werden.

Quelle: Deutsches Tierärzteblatt

Warum langweilig gut ist: Kälberaufzucht planen und standardisieren

0

Von Tierärztin Anna Lena Lindau, Q-mmunity Tierarztpraxis

Kälber sind wertvoll: Sie sind die produktive Zukunft jeden Milchviehbetriebes, haben das höchste genetische Potential aller Tiere auf dem Betrieb und entscheiden zukünftig als Milchkuh mit ihren Leistungen über die Wirtschaftlichkeit des Betriebes. Eine gesunde, erfolgreiche Aufzucht sollte also das oberste Ziel sein. Doch warum sieht die Realität leider allzu oft ganz anders aus?

Zahlen zu Kälberverlusten aus der HI-Tier Datenbank zeigen eine konstant hohe Verlustrate von 7-8 % und das ohne die Totgeburten. Die Tierverluste sind dabei nur die Spitze des Eisberges. Auch ausgeheilte Erkrankungen in den ersten Lebenswochen kosten den Betrieb richtig Geld. Sichtbar sind dabei meist nur die unmittelbaren Kosten auf der Rechnung des Tierarztes. Das ist jedoch im Vergleich zu den Gesamtkosten fast zu vernachlässigen. Den weitaus größeren Teil machen entgangene Einnahmen wegen geringerer Aufzuchtleistungen, niedrigerer Laktationsleistungen und einem früheren Abgang aus. Muss ein Rind wegen geringerer Tageszunamen infolge einer Lungenerkrankungen nur zwei Zyklen später besamt werden sind das rund 150 € höhere Aufzuchtkosten. Eine leichte Durchfallerkrankung mit einer einmaligen medikamentösen Behandlung hat durchschnittlich eine Leistungsminderung von mehr als 300 kg Milch in der ersten Laktation zur Folge. In der Kälberaufzucht kann man also eine Menge Geld liegen lassen. Die gute Nachricht ist: Mit relativ einfachen und günstigen Maßnahmen lässt sich auch vieles verbessern.

Gleiches Recht für alle
Gerade die Kälberaufzucht ist ein Betriebszweig, in dem häufig wechselndes Personal eher die Regel als die Ausnahme ist: Unter der Woche ist der Lehrling für die Kälberfütterung zuständig, am Wochenende der Senior und die Betriebsleiterin hat sowieso immer ein wachsames Auge auf die Kleinsten. Geburtsbeobachtung macht der, der gerade am Abkalbestall vorbeikommt und die Erstversorgung des frisch geborenen Kalbes kann ja zumindest noch bis nach dem Melken warten. Das mag jetzt etwas übertrieben dargestellt sein, aber hinterfragen Sie doch einmal ganz ehrlich, wer diese Arbeiten wie auf Ihrem Betrieb erledigt. Es ist unvermeidbar, dass jede dieser Personen die Aufgaben etwas anders erledigt, wenn einheitliche Pläne zur Arbeitserledigung fehlen. Mit Hilfe sogenannter standard operating procedures (SOPs) lassen sich solche Arbeiten zuverlässig vereinheitlichen. Jede Aufgabe lässt sich durch die Erstellung von Arbeitsanweisungen und Checklisten auf einzelne kleine Schritte herunterbrechen, so dass die Durchführung standardisiert wird. Im außer-landwirtschaftlichen Bereich ist dieses Vorgehen bereits weit verbreitet: Piloten starten und landen Flugzeuge mit Hilfe von Checklisten und in der Lebensmittelindustrie geht nichts mehr ohne ein HACCP-Konzept zur Identifizierung kritischer Kontrollpunkte.

Kritische Bereiche definieren
In der Kälberaufzucht ist die Verwendung von SOPs insbesondere in den Lebensabschnitten sinnvoll, in denen die Tiere besonders anfällig für Erkrankungen sind:
• Geburt und postnatale Erstversorgung
• Kolostrumversorgung
• Haltungsmanagement einzeln und in der Gruppe
• Fütterung und Gesundheitsüberwachung bis zum Absetzen

Diese Auflistung stellt die größeren Arbeitsbereiche der Kälberaufzucht dar und lässt sich in zahlreiche Unterpunkte aufgliedern. Nehmen wir als Beispiel die Fütterung, speziell die Temperatur des Wassers beim Anrühren der Milchaustauschertränke. Ohne eine Messung der Temperatur wird jeder, der für die Fütterung der Kälber verantwortlich ist, die Tränke mit einer anderen und eventuell nicht immer ausreichend hohen Temperatur anrühren. Und ob die Milch nach dem Transport quer über den Hof zu den Kälberiglus vor allem im Winter mit den nötigen 39°C beim Kalb ankommt steht in den Sternen. Hier bietet sich also eine Arbeitsanweisung an, in der schrittweise genau beschrieben ist, wie und mit welcher Temperatur der Milchaustauscher (MAT) anzurühren ist. Dabei ist die Anrührtemperatur des MAT nur einer von vielen kleinen, aber wichtigen Faktoren, die für eine erfolgreiche Kälberaufzucht entscheidend sind. Wird jedoch nur ein Arbeitsschritt dieser Aufgabe nicht korrekt erledigt, wirkt sich das negativ auf die gesamte Aufzuchtleistung aus und kann zu den eingangs beschriebenen negativen wirtschaftlichen Folgen führen. Wenn Sie sich nicht sicher sind, in welchen Bereichen SOPs Ihre Kälberaufzucht unterstützen könnten, ziehen Sie einen unabhängigen Berater und/oder Tierarzt hinzu, der Erfahrung in der Bestandsbetreuung und der Erstellung von SOPs hat.

Was ist eine gute SOP?


Zum Weiterlesen, melden Sie sich hier einfach für den kostenfreien Empfang des zweimonatlichen Hoftierarzt E-Magazin an. Sie erhalten den Download Link zum E-Magazin mit diesem Artikel direkt nach Ihrer Anmeldung:

 

Ehrendoktortitel für Christian Drosten, Gerd Sutter und Lothar H. Wieler

TiHo würdigt Engagement und Verdienste um den One-Health-Ansatz.

„Professor Dr. Christian Drosten, Professor Dr. Gerd Sutter und Professor Dr. Lothar H. Wieler haben sich in ihrem bisherigen Wirken und ganz besonders während der Corona-Pandemie um die ganzheitliche wissenschaftliche Betrachtung der Gesundheit von Menschen und Tieren verdient gemacht“, sagt Dr. Gerhard Greif, Präsident der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) anlässlich der vom Senat beschlossenen Ehrungen. Ihre außerordentlichen Verdienste und ihr großes Engagement würdigt die TiHo mit der Verleihung der Ehrendoktortitel.

One Health steht für die enge Verbindung der Gesundheit von Menschen, Tieren sowie der Umwelt. Zwei Aspekte, die der One-Health-Gedanke umfasst, sind Antibiotikaresistenzen und Infektionskrankheiten, die zwischen Menschen und Tieren übertragen werden können. Mit den Ehrungen unterstreicht die TiHo die Bedeutung des One-Health-Ansatzes, der einen Schwerpunkt der Forschungsarbeiten der TiHo bildet.

Professor Dr. Christian Drosten
Professor Dr. Christian Drosten erhält die Ehrendoktorwürde der TiHo für seine herausragende Forschung auf dem Gebiet der RNA- und Corona-Viren, seinen großen Beitrag zur One-Health-Thematik sowie für seine wichtige und wertvolle Aufklärungsleistung während der Pandemie. Drosten arbeitet eng mit Forschenden anderer Disziplinen zusammen. Während der Pandemie öffnete er zudem den Blick in die Wissenschaft. Mit seinen allgemeinverständlichen Erläuterungen virologischer und epidemiologischer Sachverhalte in unterschiedlichen Medien zeigte er, was die Wissenschaft weiß, wie sie funktioniert und mit welchen Methoden die Wissenschaft arbeitet. „Die direkte Vermittlung der aktuellen Faktenlage und ihre Einordnung war und ist für viele Menschen während der Pandemie eine große Hilfe, die trotz aller Widrigkeiten Sicherheit vermittelt“, sagt Greif.

Drosten leitet das Institut für Virologie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin sowie das Nationale Konsiliarlaboratorium für Coronaviren. Er studierte Humanmedizin an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, wo er auch promovierte. Drosten ist Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie. Bevor er dem Ruf an die Charité nach Berlin folgte, war er an verschiedenen Positionen am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg tätig und leitete für zehn Jahre das Institut für Virologie am Universitätsklinikum Bonn. Drosten ist Träger des Bundesverdienstkreuzes erster Klasse.

Professor Dr. Gerd Sutter
Professor Dr. Gerd Sutter erhält die Ehrendoktorwürde für seine herausragende Forschung auf dem Gebiet neu auftretender Zoonoseerreger und Infektionskrankheiten sowie für sein Engagement für den One-Health-Gedanken. Sutter ist Tierarzt und widmet sich besonders der angewandten Infektionsforschung. Er sucht nach neuartigen Virusimpfstoffen für Prophylaxe und Therapie und konnte bereits mehrere Impfstoffkandidaten soweit entwickeln, dass sie für klinische Studien zugelassen wurden. Dabei nutzt er das Modifizierte Vacciniavirus Ankara (MVA), ein harmloses Pockenvirus, das bereits seit Jahrzehnten zu Impfzwecken verwendet wird und als Vektor mit der Information verschiedener Erreger bestückt werden kann, um als Impfstoff zu fungieren. Auf diese Weise entwickelte er beispielsweise einen Impfstoff gegen das Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus (MERS-CoV), das von Kamelen übertragen wird, und einen Impfstoff gegen SARS-CoV-2, der sich derzeit in der klinischen Prüfung befindet. Aber auch andere zoonotische Infektionskrankheiten wie Aviäre Influenza oder West-Nil-Fieber stehen in seinem Fokus.

Sutter studierte und promovierte an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). Während seiner Postdoc-Zeit arbeitete er im Laboratory of Viral Diseases an den National Institutes of Health in den USA. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland übernahm er die Leitung einer Forschungsgruppe im Institut für Virologie am Helmholtz Zentrum München. Er ist Fachtierarzt für Mikrobiologie und Virologie und habilitierte sich im Fach Virologie in München. Bevor er seine jetzige Professur für Virologie am Institut für Infektionsmedizin und Zoonosen an der LMU antrat, leitete er die Abteilung Virologie am Paul-Ehrlich-Institut.

Professor Dr. Dr. h. c. Lothar H. Wieler
Professor Dr. Dr. h. c. Lothar H. Wieler erhält die Ehrendoktorwürde für seinen herausragenden wissenschaftlichen Beitrag in der Zoonosenforschung und für die One-Health-Thematik sowie für seine Rolle in der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie. Wieler ist Tierarzt und Präsident des Robert Koch-Instituts in Berlin. In dieser Funktion berät er die Bundesregierung und informiert regelmäßig über den Sachstand der Pandemie in Deutschland. Die TiHo würdigt mit der Verleihung des Ehrendoktortitels ganz besonders seine Rolle während der Pandemie. „Ruhig, souverän, wissenschaftlich und faktenbasiert informiert Professor Wieler die Öffentlichkeit über das Coronavirus. Er klärt auf, warnt und ordnet ein. Er ist einer der Säulen in der Pandemiebekämpfung in Deutschland“, sagt Greif.

Wieler studierte Veterinärmedizin an der Freien Universität Berlin und an der Ludwig-Maximilians-Universität München, wo er am Institut für Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre promoviert wurde. Seine Habilitation legte er an der Justus-Liebig-Universität Gießen im Fach Infektionskrankheiten und Hygiene der Tiere ab. Lothar H. Wieler ist Fachtierarzt für Mikrobiologie und war Professor für Mikrobiologie und Tierseuchenlehre an der Freien Universität Berlin. In seiner Forschung konzentriert sich Wieler auf Fragestellungen, die gleichermaßen die Gesundheit von Menschen und Tieren betreffen und legt einen Schwerpunkt auf zoonotische bakterielle Erkrankungen sowie Antibiotikaresistenzen.

Quelle: TiHo

Fliegenbekämpfung im Rinderstall: So früh wie möglich beginnen

0

Von Tanja Edbauer, Fachberatung für Naturland, Erzeugerring für naturgemäßen Landbau e.V.

Jedes Jahr überfallen uns im Sommer Heerscharen von Fliegen und übernehmen die Herrschaft über unsere Ställe. Dies führt während des Melkens zu schlagenden, unruhigen Tieren und blank liegenden Nerven beim Melker. Darunter leidet sowohl die Leistung als auch die Gesundheit von Mensch und Tier. Die Fliegen verschmutzen das Futter und reduzieren die Futteraufnahme, die Fliegen können zahlreiche Krankheiten übertragen; genügend Gründe, um den Fliegen den Kampf anzusagen.

Bevor wir mit der Bekämpfung beginnen können, müssen wir erst einmal wissen, wer unser Feind ist und wo seine Schwächen liegen. Die meisten Fliegen sind von Mai bis Oktober/November tagsüber aktiv. Je nach Fliegenart sind die Mundwerkzeuge zum Stechen, Saugen und/oder Lecken ausgelegt.

Die wichtigsten Vertreter im Stall:
– Große Stubenfliege (Musca domestica)
– Wadensteher (Stomoxys calcitrans)

und auf der Weide:
– Bremsen (Familie Tabanidae)
– Augen- oder Gesichtsfliege (Musca Autumnalis)
– Kopf- und Euterfliegen (Hydrotaea pp.)
– kleine Weidestechfliege (Haematobia irritans),
– Große Wendestechfliege (Haematobia stimulans)

Die adulten Fliegen legen die Eier hauptsächlich in feuchtes, warmes, organisches Material, z.B. Mist, Schwimmschicht der Gülle, Futterreste etc. ab. Je höher die Temperaturen, desto schneller entwickeln sich die Larven vom Ei über die Larve/Made, Puppe zur adulten Fliege. Erschreckenderweise sind nur 15 % der gesamten Fliegenpopulation als erwachsene Fliege für den Menschen sichtbar, d.h. der Rest der Population befindet sich irgendwo im Stall und entwickelt sich gerade zur erwachsenen Fliege! Aufgrund des kurzen Entwicklungszyklus explodiert die Population in den Sommermonaten (Juli-August).

Vorbeugen/Hygiene
Leider gibt es zur Fliegenbekämpfung kein Mittel, mit dem das Problem sofort von Tisch ist, stattdessen müssen viele Maßnahmen konsequent genutzt werden, um die Population so gering wie möglich zu halten. Die erste und wichtigste Maßnahme ist auf die Hygiene im Stall zu achten. Am besten im Frühjahr mit einem Frühjahrsputz im Stall beginnen und dabei mögliche Brutplätze aufspüren und beseitigen.

Übersicht der Brutplätze von Fliegen


Zum Weiterlesen, melden Sie sich hier einfach für den kostenfreien Empfang des zweimonatlichen Hoftierarzt E-Magazin an. Sie erhalten den Download Link zum E-Magazin mit diesem Artikel direkt nach Ihrer Anmeldung:

 

Interview: Das Mikrobiom beim Schwein: Schlüssel zu mehr Gesundheit?

Der Darm ist ein Wunderwerk der Natur. Er ist nicht nur neben dem Magen das wichtigste Verdauungsorgan, auch 80 % aller Immunzellen des Gesamtorganismus sind im Darm lokalisiert. Die Darmoberfläche wird von vielen Bakterien besiedelt, dem Mikrobiom, das aus 500 bis 1.000 verschiedenen Spezies und Subspezies besteht. Erst in jüngster Zeit erkannten Forscher die wichtige Bedeutung des Mikrobioms auf die Gesundheit. Prof. Dr. Jürgen Zentek vom Institut für Tierernährung an der Freien Universität Berlin berichtet im Interview über die aktuellen Erkenntnisse hierzu beim Schwein.

Die intestinale Mikrobiota beeinflusst vor allem Entwicklung und Reifung des Immunsystems und dadurch die Leistung. Was ist eigentlich ihr Optimalzustand?
Das Immunsystem muss lernen, mit den Darmbakterien umzugehen, was z. B. auch Moleküle aus dem Futter einschließt, die über den Darm mit dem Immunsystem in Kontakt kommen, genauso wie pathogene Bakterien. Letztendlich entscheidend ist aber, dass sich eine Besiedlung ausbildet, die zum Alter des Tieres passt und mit dem Immunsystem positiv interagiert. Soweit wir es überblicken, ist der Optimalzustand noch nicht definierbar. Wir gehen davon aus, dass sich hier Effekte von Ernährung, Genetik, Haltung ganz stark auswirken. Wenn ich mal die Extreme Wildschwein und Hausschwein vergleiche, haben diese beiden eben auch völlig unterschiedliche Grundvoraussetzungen. Ansatzweise könnte man den Optimalzustand vielleicht als relativ hohe bakterielle Vielfalt definieren, die auch zur Ernährung passt. Denn die Mikrobiota füttern wir ja quasi mit und sie entwickelt sich auch in Abhängigkeit von der Ernährung. Da spielt der Fasergehalt eine Rolle, der Eiweißgehalt, die Kohlenhydrate – es ist relativ komplex. Geringe Durchsetzungsfähigkeit von Pathogenen und bakteriellen Toxinen wie Enterotoxinen gehört dazu und andererseits natürlich die Bildung günstiger Metaboliten wie kurzkettiger Fettsäuren.

Fangen wir bei Ferkel an: deren Mikrobiom verändert sich nach der Geburt täglich, ja fast schon stündlich. Was passiert da im Einzelnen?
Ferkel kommen eben mit einem nicht oder wenig besiedelten Verdauungstrakt zur Welt. Die erste Besiedelung kommt ja normalerweise durch die Infektion mit der Vaginalflora im Geburtskanal zustande. Nach der Geburt geht es dann sehr schnell und dynamisch. Das hängt ab von der Milchaufnahme und der Sau, vor allem über deren Kot und den Hautkontakt von Ferkel und Sau.

Wir haben uns gewundert, dass man etwa die Laktobazillen am Anfang so gut wie gar nicht findet, während andere wie z. B. Enterobakterien und Clostridien zu hohen Anteilen auftreten und sich dann aber auch wieder reduzieren. Wir haben in den ersten 14 Tagen eine sehr starke Dynamik, dann tritt eine gewisse Stabilisierung nach etwa fünf Wochen ein und darauf folgt eine kontinuierliche Entwicklung bis zur Schlachtung. Es kommt nicht zum Stillstand, nur die Veränderungen werden diskreter.

Läuft die Entwicklung bei allen Ferkeln immer gleich ab oder ist das stallspezifisch?
Wir finden gewisse Grundmuster, die Ähnlichkeiten aufweisen. Aktuell vergleichen wir Sauen und Ferkel verschiedener Betriebe und sehen dabei betriebsspezifische Unterschiede. Ob der Betrieb, die Genetik oder die Fütterung dahintersteckt, muss natürlich auch noch mal hinterfragt werden. Ein Grundmuster ist bei allen Unterschieden schon zu erkennen und die spannende Frage ist, wie das mit der Tiergesundheit verknüpft ist. Hierzu werten wir aktuell große Datenmengen aus und eine definitive Aussage wäre mir derzeit noch zu spekulativ.

Die Mikrobiota haben auf jeden Fall aber auch etwas mit Leistung zu tun. Es gibt französische Studien, die für spezielle mikrobielle Typen beim Schwein höhere Futtereffizienz und höhere Wachstumsrate zeigen. Woran das genau liegt, ist aber noch nicht bis ins Letzte untersucht.

Wann könnten dazu belastbare Ergebnisse vorliegen?
Mit den heutigen Sequenzierungsmethoden geht das relativ schnell, so dass wir innerhalb der nächsten fünf Jahre signifikante Fortschritte sehen werden.

Es gibt nicht nur Bakterien, sondern auch (ganz früh schon) Viren im Darm?


Zum Weiterlesen, melden Sie sich hier einfach für den kostenfreien Empfang des zweimonatlichen Hoftierarzt E-Magazin an. Sie erhalten den Download Link zum E-Magazin mit diesem Artikel direkt nach Ihrer Anmeldung:

 

Gesund durch Prophylaxe: Infektionsketten durchbrechen bei Legehennen

Von Cordula Möbius, Dipl. Ing agr

Mit Hilfe von Schutzimpfungen, Biosicherheitsmaßnahmen und einer strikten Rein-Raus-Haltung können Infektionsketten in Legehennenbeständen durchbrochen werden.

Wer Legehennen hält, möchte gesunde und leistungsfähige Tiere in seinem Stall haben. Dazu genügt es nicht nur, optimale Haltungsbedingungen für die Legehennen zu schaffen und die Tiere bedarfsgerecht zu ernähren. Auch der Gesundheitszustand der Hennen muss stets im Auge behalten werden. Landwirte, die ihre Tiere regelmäßig und genau kontrollieren, können frühzeitig Maßnahmen einleiten, wenn Probleme auftreten. Doch um Infektionskrankheiten vorzubeugen, müssen sie potenzielle Infektionsketten von vorn herein unterbinden. Das gelingt vor allem mit vorbeugenden Maßnahmen wie der Schutzimpfung, Maßnahmen der Biosicherheit und dem Praktizieren einer strikten Rein-Raus-Haltung.

Schutzimpfungen schützen im Tier
Schutzimpfungen sind für die Prophylaxe und für Bekämpfung von Infektionserregern und Tierseuchen in Legehennenbeständen unverzichtbar. Mit Hilfe gezielter Impfstrategien, die immer mit dem betreuenden Tierarzt zu besprechen sind, lassen sich Viruskrankheiten und Zoonosen vorbeugen (Zoonose = von Tier zu Mensch übertragbare Krankheit). In Deutschland verpflichtend ist die Impfung gegen das Newcastle Disease Virus (ND) und gegen Salmonellen. Einen hohen Stellenwert haben bestandsspezifische Impfstoffe, die verhältnismäßig schnell an die speziellen Probleme des jeweiligen Betriebes angepasst werden können.

Es ist empfehlenswert, alle in der Aufzucht geplanten Standardimpfungen bis Ende der 14. Lebenswoche abzuschließen, damit die Tiere geschützt zum Umstallungstermin in den Legehennenstall (circa in der 17. Lebenswoche) umziehen können. Der Umstallungsprozess löst bei den Hennen großen Stress aus und belastet die Tiere recht stark. Grundsätzlich ist zu bedenken, dass der in der Aufzucht erworbene Impfschutz nur für zwölf Monate anhält. Wann Impfungen aufgefrischt werden müssen, sollten Landwirte mit ihrem Bestandstierarzt besprechen. Bei älteren Hennen ist darüber hinaus die regelmäßige Kontrolle auf Salmonellen unabdingbar.

Lebend- und Totimpfstoffe
Bei den Impfungen gibt es den Unterschied zwischen aktiven „Lebend-“ und inaktiven „Totimpfstoffen“. Lebendimpfstoffe enthalten abgeschwächte, aber vermehrungsfähige Erregervarianten, die dem Huhn über Augentropfen, Trinkwasser oder Spray verabreicht werden können. Die Impfstoffe wirken über die Schleimhäute und sorgen so für eine gute lokale Immunität an der Eintrittspforte der Erreger. Trinkwasserimpfungen sind mit der entsprechenden Technik vor Ort leicht durchzuführen. Für Sprayimpfungen sind Sprühgeräte auf dem Markt. Lebendimpfstoffe rufen eine starke lokale Immunität hervor, nachteilig ist jedoch, dass die geimpften Tiere Impfviren über den Kot ausscheiden können. Bei den Totimpfstoffen werden die abgetöteten Erreger über eine Spritze jedem Tier einzeln unter die Haut oder in die Muskulatur verabreicht. Oftmals besteht ein Impfprogramm aus Lebend- und Totimpfstoffen, um den Schutz der Tiere zu verbessern. Man nennt dieses Vorgehen Priming (mit Lebendimpfstoff) und Boostern (mit Totimpfstoff). Der Vollständigkeit halber sei auch noch die In-Ovo-Impfung erwähnt: Hier werden die Küken bzw. Embryonen sehr früh noch während der Inkubationszeit im Ei geimpft. Dieser Vorgang ist automatisiert: Eine Nadel stößt durch die Spitze des stumpfen Pols der Eierschale und injiziert Impfstoff zum Embryo. Bei Legehennen ist dieses Verfahren allerdings noch nicht so häufig im Einsatz, bei Broilern allerdings schon.

Maßnahmen zur Biosicherheit
Wenn Krankheiten in einer Herde ausbrechen, ist dies immer auch ein Hinweis auf unzureichende Biosicherheitsmaßnahmen im Legebetrieb. Dabei können Erreger auf verschiedene Weise eingetragen werden. Mögliche Quellen sind Wildvögel, Katzen, Hunde und Schadnager, Futter, Wasser und Stalleinrichtungsgegenstände. Auch die Luft, der Auslauf oder Besucher des Betriebes können Überträger von Krankheiten sein.


Zum Weiterlesen, melden Sie sich hier einfach für den kostenfreien Empfang des zweimonatlichen Hoftierarzt E-Magazin an. Sie erhalten den Download Link zum E-Magazin mit diesem Artikel direkt nach Ihrer Anmeldung:

 

Ist der Erreger der Paratuberkulose des Rindes an der Entstehung von Morbus Crohn des Menschen beteiligt?

0

Mycobacterium avium subsp. paratuberculosis ist als Erreger der sogenannten Johneschen Krankheit oder Paratuberkulose des Rindes mit einer chronisch entzündlichen Veränderung des Dünndarms bekannt.

Morbus Crohn gehört zu den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen des Menschen und ist neben der Colitis ulcerosa die bedeutsamste dieser Erkrankungen. Die Ursache der Erkrankung ist nach wie vor unklar. Die Veränderungen im Verdauungskanal bei Morbus Crohn ähneln denen, die auch bei der Paratuberkulose des Rindes beobachtet werden. Diese sogenannte pathognomonische Ähnlichkeit war ein Grund für die Vermutung, dass der Erreger der Paratuberkulose des Rindes möglicherweise ursächlich im Zusammenhang mit der Entstehung von Morbus Crohn beim Menschen steht.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und das Max Rubner-Institut (MRI) führten eine umfangreiche Literaturauswertung durch und kommen zu dem Ergebnis, dass weiterhin keine validen wissenschaftlichen Ergebnisse vorliegen, die einen solchen Zusammenhang belegen.

Mycobacterium avium subsp. paratuberculosis (MAP) ist ein Vertreter der Gattung Mycobacterium und wird dort dem sog. Mycobacterium avium-Komplex zugeordnet. MAP ist als Erreger der sogenannten Johneschen Krankheit oder Paratuberkulose des Rindes bekannt. Diese Infektionskrankheit kommt bei einer großen Zahl von Tierarten vor. Besondere und vor allem wirtschaftliche Bedeutung hat die Erkrankung bei als Nutztier gehaltenen Wiederkäuern wie Rindern, Ziegen und Schafen. Die Paratuberkulose ist gekennzeichnet durch nicht behandelbare Durchfälle, die damit verbundene Abmagerung und endet immer tödlich. Pathologisch zeigt sich bei der Paratuberkulose eine chronisch entzündliche Veränderung des Dünndarms mit einer typischen „hirnwindungsähnlichen“ Auffaltung. Ähnliche Veränderungen sind teilweise beim Morbus Crohn (MC) des Menschen zu beobachten, was zum Verdacht auf eine ähnliche Ätiologie geführt hat.

MC gehört zu den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) des Menschen und ist neben der Colitis ulcerosa die bedeutsamste dieser Erkrankungen. Der akute oder chronische, schubweise und rezidivierende Verlauf der Erkrankung kann für die Patienten eine starke Beeinträchtigung der Lebensqualität bedeuten. Die Ätiologie der Erkrankung ist nach wie vor unklar, wobei eine Autoimmunerkrankung, eine genetische Disposition und eine infektiöse Ursache sowie eine Kombination dieser Faktoren diskutiert werden.

Das BfR hat sich wiederholt mit der Thematik MAP und möglicher Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit beschäftigt, hierzu verschiedene Stellungnahmen veröffentlicht und Sachverständigengespräche durchgeführt. Eine im Dezember 2003 von BfR und Robert Koch-Institut veröffentlichte, detaillierte Literaturstudie zum Thema „Morbus Crohn und Mycobacterium avium subsp. paratuberculosis (MAP)“ kam zu dem Ergebnis, dass es keine validen wissenschaftlichen Ergebnisse gibt, die einen kausalen Zusammenhang zwischen der Exposition mit MAP und einem erhöhten Risiko für eine MC-Erkrankung belegen. Spätere Stellungnahmen stellten fest, dass eine Risikobewertung hinsichtlich der Bedeutung von MAP und einer Aufnahme durch den Verzehr von Lebensmitteln oder Wasser aufgrund unzureichender Daten nicht durchgeführt werden kann.

BfR und MRI führten eine umfangreiche Literaturauswertung zum Kenntnisstand eines potentiellen Zusammenhangs zwischen dem Erreger der Paratuberkulose des Rindes und der Morbus Crohn-Erkrankung des Menschen im Hinblick auf die Bedeutung von Lebensmitteln durch.

Die seit 2003 durchgeführten Humanstudien zur Bedeutung von MAP an der Entstehung von MC und einem möglichen kausalen Zusammenhang liefern aufgrund ihrer Heterogenität bei der Auswahl der Methoden und des Studiendesigns keine vergleichbaren Ergebnisse. Insbesondere aufgrund der heterogenen Untersuchungsergebnisse hinsichtlich eines positiven MAP-Nachweises bei MC-Patienten sehen viele Autorinnen und Autoren die Evidenz für einen kausalen Zusammenhang als nicht ausreichend an. Es bleibt zweifelhaft, ob der in einigen Studien beschriebene und im Vergleich zu Kontrollgruppen häufige MAP-Nachweis bei MC-Patienten auf eine kausale Rolle des Erregers bei MC hindeutet oder nicht vielmehr Folge der Störung der Darmschleimhaut-Barriere bei MC-Patienten ist. Für letztere Interpretation gibt es eine Reihe von Gründen. Eine Rolle von MAP als Kofaktor kann bei der Entstehung des MC ein möglicher Effekt sein, wobei dieser im Vergleich zu anderen Faktoren als gering eingeschätzt wird. Darüber hinaus ist eine Infektionsdosis für den Menschen bisher nicht bekannt. Angaben zur Eintrittswahrscheinlichkeit sowie zu Art, Dauer, Reversibilität und Schwere der möglichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen beim Menschen sind nicht möglich. Die Rolle von MAP als einem ursächlichen Agens für MC wird jedoch weiterhin diskutiert.

Über das Vorkommen von MAP in Lebensmitteln gibt es weiterhin keine systematischen Erhebungen. Es existieren nach wie vor keine international anerkannten Standardmethoden zum Nachweis von MAP in Lebensmitteln. Die zur Untersuchung von Lebensmitteln angewendeten Verfahren sind zum Teil aus dem Bereich der Tierseuchendiagnostik übernommen und adaptiert worden oder es handelt sich um nicht validierte, laboreigene Methoden. Aus den genannten Gründen ist die Datenlage zum Vorkommen von MAP in Lebensmitteln ungenügend und mit großen Unsicherheiten behaftet und es lassen sich keine validen Angaben zur Prävalenz und Konzentration von MAP in Lebensmitteln vornehmen.

Aus den genannten Gründen liegen die größten Unsicherheiten bei der Risikobewertung im Bereich der Expositionsschätzung. Es ist unklar, ob eine kausale Evidenz zwischen der Aufnahme von MAP und dem Auftreten von MC besteht. Obwohl eine ursächliche Beteiligung von MAP an der Entstehung von MC nicht sicher belegt ist, wird häufig empfohlen, die Exposition von Verbraucherinnen und Verbrauchern gegenüber MAP in Lebensmitteln so weit wie möglich zu minimieren. Dies bedeutet, den Eintrag in die Lebensmittelkette und in verzehrfertige Lebensmittel so weit wie möglich zu reduzieren oder zu verhindern. Im Bereich der Milchkette bedeutet dies beispielsweise eine konsequente Bekämpfung der Johneschen Krankheit, Verbesserungen bei der Melkhygiene und der Einsatz geeigneter Prozesstechnologien zur Keimreduktion. Zudem empfiehlt das BfR generell, und insbesondere immungeschwächten Personen, auch wegen anderer Krankheitserreger auf den Verzehr von Rohmilch und anderen rohen tierischen Produkten zu verzichten.

Weitere Informationen auf der BfR-Website zum Thema Morbus Crohn und Mycobacterium avium ssp. Paratuberculosis Literaturstudie „Morbus Crohn und Mycobacterium avium ssp. Paratuberculosis“

Sachverständigengespräch zur mikrobiologischen Risikoabschätzung einer Verbindung zwischen Mycobacterium paratuberculosis und Morbus Crohn

Quelle: BfR

Die nächste Generation an Marek-Impfungen: Nun auch in Deutschland verfügbar

• Die beiden neuen Möglichkeiten, vor der Marekschen Erkrankung zu schützen, sind das Ergebnis eines neuen Designs in der Entwicklung der Marek-Impfung.

• Beide sind zur aktiven Immunisierung von Eintagsküken zugelassen. Die frühe, schon ab einem Alter von fünf Tagen eintretende Immunität gegen Marek bietet Legehennen- und Elterntieren sowie Broilern Schutz auch gegen sehr virulente Stämme der Marekschen Erkrankung.

• Eine der beiden Impfungen bietet zusätzlich Schutz gegenüber der Gumboro-Krankheit.

• Dafür ist die andere Impfung vollständig kompatibel mit einer seit vielen Jahren zugelassenen Marek-Prophylaxe (mit einem anderen Serotypen), die ebenfalls gegen Gumboro schützt und kann mit dieser gemischt werden.

• Bei den aktiven Wirkstoffen handelt es sich um lebende, rekombinante Viren, die als Konzentrat zur Verdünnung im Lösungsmittel vorliegen.

Boehringer Ingelheim gibt die Einführung der neuen Produktpalette, die nächste Generation der Impfung gegen die Mareksche Erkrankung, in Deutschland und weiteren Ländern der europäischen Union bekannt.

Damit bietet Boehringer Ingelheim eine Innovation (1) innerhalb der Marek-Kategorie: Die Impfungen bieten Geflügelproduzenten moderne Technologie zum Schutz gegen die Mareksche Erkrankung. Die Produktreihe besteht aus einem innovativen Serotyp-1-Konstrukt mit einer ausgewogenen Balance aus Verträglichkeit und Wirksamkeit auch gegen sehr virulente Stämme der Marek-Krankheit.

Die neue Kombinationsimpfung beinhaltet die lebenden, rekombinanten Viren zum Schutz vor Marek und Gumboro als Konzentrat in einer Ampulle zur Verdünnung im Lösungsmittel. Diese 3-in-1-Lösung wurde speziell entwickelt, um in Geflügelsegmenten mit hoher Lebensdauer Schutz zu bieten. Die Impfungen sind in Deutschland in Ampullen zu 1.000 und 4.000 Dosen, in flüssigem Stickstoff gefroren, erhältlich und sind zur Immunisierung von Eintagsküken zugelassen.

Jerôme Baudon, Leiter des Bereichs Geflügel bei Boehringer Ingelheim, erklärt: „Unsere Palette an Impfungen schafft Werte durch Innovation für Geflügelzüchter, für die die Mareksche Erkrankung relevant ist. Weltweit durchgeführte Feld- und Laborstudien haben die Verträglichkeit und Wirksamkeit auch gegen sehr virulente Marek-Viren nachgewiesen (2)

Der deutsche und europaweite Launch vervollständigt die Verfügbarkeit der Produktpalette weltweit. Um mehr über Marek-Impfungen zu erfahren, setzen Sie sich bitte mit Ihrem Tierarzt in Verbindung.

Referenzen:
(1) Lemiere S. et al., Proceedings of the American Association of Avian Pathologists (AAAP) meeting, 2020
(2) Bublot M. et al., llth Symposium on Marek’s Disease and Avian Herpesviruses, 2016

Quelle: Boehringer Ingelheim

e-Magazin 3/2021 mit Kälber-Schwerpunkt – jetzt kostenfrei downloaden!

Jetzt gleich anmelden und alle zwei Monate die aktuelle Ausgabe kostenfrei erhalten!

Ausgabe 3/2021
+ Hitzestress effektiv vorbeugen
+ Metabolische Programmierung: Fütterung des Kalbes in den ersten Lebenswochen möglichst üppig
+ Immunologie des neugeborenen Kalbes: Stress wirkt negativ
+ Durchfall bei Saugkälbern: Mit einfachen Maßnahmen Situation verbessern
+ Interview: Kühe länger melken: Was bedeutet das für die Kälberaufzucht?
+ Interview: Kuhgebundene Kälberaufzucht: Gewinn für Kuh, Kalb und Landwirt?
+ Mehr Fokus auf die Eisenversorgung
+ Warum langweilig gut ist: Kälberaufzucht planen und standardisieren
+ Fliegenbekämpfung im Rinderstall: So früh wie möglich beginnen

+ Virale Zoonosen beim Wirtschaftsgeflügel: Gefahr für den Menschen?
+ Interview: Das Mikrobiom beim Schweine: Schlüssel zu mehr Gesundheit?
+ Gesund durch Prophylaxe: Infektionsketten durchbrechen bei Legehennen
+ DBU-Projekt Bee-Check: Frühwarnsystem zum Schutz der Honigbiene