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Fortschritte in der Phagen-Therapie: Forscher weisen breite Wirksamkeit gegen MRSA-Bakterien nach

Bakteriophagen sind spezielle Viren, die ausschließlich Bakterien angreifen und deshalb eine Alternative zu Antibiotika darstellen können. Ein Team aus österreichischen, deutschen und schweizerischen Forschern konnte nun erstmals zeigen, dass gezielt herangezüchtete Phagen deutlich besser gegen multiresistente Keime wirken, als bekannte Wildtypen. Die Ergebnisse der gemeinsamen Forschungsarbeit wurden jetzt im Fachjournal „Pharmaceuticals“ publiziert.

„ε² – Evolution squared“, zu Deutsch etwa ‚Evolution im Quadrat‘, so nennt das österreichische Unternehmen PhagoMed Biopharma ihre Züchtung von „bakterienfressenden“ Viren zur Bekämpfung von Methicillin-resistenten Staphylokokken (MRSA). Eine Therapie mit den sogenannten Bakteriophagen gilt schon seit einiger Zeit als aussichtsreiche Option zur Therapie von schwer zu behandelnden Infektionen mit multiresistenten Bakterien. Sie wirken viel gezielter auf die krankheitsverursachende Bakterienspezies und können typische Resistenzmechanismen von Bakterien umgehen. Besonders auf Biofilmen – eine Art schützender Schleim, den Bakterien um sich bilden – bleiben Phagen oft deutlich besser wirksam als Antibiotika.

Doch die hohe Spezifität der Phagen war bislang auch ihr größter Nachteil: „Bakteriophagen sind derart exakt an ihr Wirtsbakterium angepasst, dass selbst eng verwandte Stämme der gleichen Bakterienart nicht mehr von ihnen angegriffen werden. Bislang versuchte man das durch eine geschickte Mischung natürlich vorkommender Phagen zu umgehen. Selbst in günstigen Fällen wirkt diese Phagen-Mixtur oft nur bei der Hälfte aller Zielbakterien und im schlimmsten Fall wirkt er nur auf einen einzigen Stamm von hunderten“, erläutert der InfectoGnostics-Forscher Prof. Ralf Ehricht, der mit seinem Team vom Leibniz-Institut für Photonische Technologien Jena und der Friedrich-Schiller Universität Jena an der Studie beteiligt war.

Gezüchteter Bakteriophagen-Cocktail wirkt gegen mehr als 100 Bakterienstämme
Um optimal für den therapeutischen Einsatz geeignete Viren heranzuzüchten, nutzten die Entwickler von PhagoMed die Mechanismen der Evolution: Sie kreuzten verschiedene Phagen und selektierten diejenigen, die ein möglichst breites Spektrum an Bakterienstämmen angreifen konnten. Gemeinsam mit den Jenaer Campusforschern und weiteren Partnern testeten sie eine Mischung der so gezüchteten Phagen an 110 Staphylokokken-Stämmen. Diese Bakterienstämme hatten die Forscher vorab ausgewählt und umfassend analysiert – 43 Prozent von ihnen waren bereits multiresistente MRSA-Varianten. Das Resultat nach der Behandlung mit den gezüchteten Phagen: Bei 101 der 110 Bakterienstämme wurde das Wachstum erfolgreich unterbunden. „Das ist ein großer Fortschritt für die Phagentherapie, wodurch sie bei manchen Krankheitsbildern als ernsthafte Alternative zur antibiotischen Behandlung von MRSA-Infektionen in den Fokus rückt“, bewertet Ralf Ehricht die Ergebnisse der Studie.

Weitere Partner des InfectoGnostics Forschungscampus Jena arbeiten darüber hinaus bereits an der Gen-Analyse von Bakteriophagen: So hat das junge Startup-Unternehmen Nanozoo bereits gemeinsam mit akademischen Campuspartnern des Universitätsklinikums Jena und der Friedrich-Schiller-Universität Jena ein neues Bioinformatik-Tool namens „What the Phage“ entwickelt, das erstmals eine nutzerfreundliche Analyse von Gensequenzen von Phagen ermöglicht. Mit dem kostenlosen Open-Source-Programm lassen sich Phagen in Sequenzdatensätzen identifizieren, die sich auch für eine therapeutische Anwendung gegen passende Wirtsbakterien eignen könnten.

Quelle: InfectoGnostics – Forschungscampus Jena e.V.

Dr. Kirsten Traynor ist neue Leiterin des Instituts für Bienenkunde – ausgeprägtes Fachwissen und internationales Netzwerk

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Ihre Leidenschaft für die Wissenschaft der Bienen entdeckte sie im LAVES Bieneninstitut – damals war die gebürtige Amerikanerin Stipendiatin. Jetzt kehrt sie hierher zurück – als neue Leiterin des Instituts für Bienenkunde Celle des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES): Dr. Kirsten Traynor (39). In den 15 Jahren dazwischen liegen ein Biologiestudium und eine Promotion in den USA, Forschungsarbeiten in Maryland (USA), Avignon (Frankreich) und Berlin sowie Stationen in einem amerikanischen Bienen-Fachmagazin und als Buchautorin.

„Wir freuen uns, dass wir Dr. Kirsten Traynor für diese herausfordernde, wichtige Aufgabe gewinnen konnten. Und sind uns sicher, dass sie dieses gut aufgestellte LAVES Institut mit ihrem ausgeprägten Fachwissen, ihrem hohen Engagement und ihrem internationalen Netzwerk bereichern und weiterentwickeln wird“, sagte Barbara Woltmann, Vizepräsidentin des LAVES, über die neue Institutsleiterin, die gut vernetzt in Wissenschaft und Imkerei ist.

Lebensweg: Angefangen hat alles mit einem Kurs in den USA, bei dem sie einen Bienenstock gewann und ihre Begeisterung für die Imkerei entdeckte. Ein „Bundeskanzler-Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung für Führungskräfte von morgen“ führte sie vor 15 Jahren erstmals nach Celle in das LAVES Bieneninstitut. Dort arbeitete sie 15 Monate, beschäftigte sich unter anderem mit der Bekämpfung der Varroa-Milbe, publizierte darüber und knüpfte fachliche Kontakte in Westeuropa.

Nach ihrer Rückkehr in die USA studierte und promovierte die Amerikanerin an der Arizona State University im Fach Biologie bei Robert Eugene Page, renommierter, mehrfach ausgezeichneter Bienenforscher und Mitglied der Leopoldina. Noch während ihrer Doktorarbeit erhielt sie ein Stipendium, um bei Yves Le Conte in Frankreich (Avignon) forschen zu können. Er ist Forschungsdirektor für „Bienen und Umwelt“ am Nationalen Forschungszentrum für Agrarwissenschaften Paris und gilt als einer der bedeutendsten Bienenkenner.

Traynor arbeitete danach als Wissenschaftlerin an der University of Maryland und untersuchte den Einfluss von Viren und Pestiziden auf die Bienengesundheit. Gleichzeitig veröffentlichte die Biologin zahlreiche Artikel über die europäische Imkerei und wechselte anschließend als Redakteurin zum American Bee Journal.

2018 kehrte Kirsten Traynor, die in New York geboren und in Deutschland und den USA aufgewachsen ist, nach Europa zurück. Diesmal als Stipendiatin am Wissenschaftskolleg zu Berlin, ihre Studien über die Bienenkrankheit Varroa führten sie zudem an die Freie Universität Berlin. Dort nutzte sie ein Trackingsystem, womit Lebensbahnen von bis zu 4.000 Bienen in einem Beobachtungsstock verfolgt werden können. Sie verglich das Verhalten und die Langlebigkeit zwischen Bienenschwestern, die mit und ohne Varroa-Erkrankung geschlüpft sind. Die Varroamilbe ist ein Parasit, der sich in der Brut im Bienenstock entwickelt und vermehrt. Und gilt als bedeutsamster Bienenschädling weltweit.

Ziele: „Krankheitsdiagnostik ist auch ein wichtiger Aspekt im Bieneninstitut Celle. Mit einer Virendiagnostik an den Bienen und Pestizid-Analyse in Pollen und Wachs könnten wir das Spektrum der Ursachenforschung von Bienenkrankheiten noch weiter ausbauen. Auch könnten die Fortschritte im Bereich des Smart Tracking bei der Untersuchung von Bienenvergiftungen durch Pflanzenschutzmittel stärker genutzt werden. So ließen sich traditionelle Laborarbeit und Feldarbeit sinnvoll ergänzen“, beschreibt Kirsten Traynor eine ihrer Vorstellungen zur Weiterentwicklung des Instituts. Zur Klärung der Frage, wie sich Pestizide und Bienenkrankheiten langfristig auf die Bienenvölker auswirken, ist noch eine intensive Forschung erforderlich. „Ich halte es für sinnvoll, verstärkt die Auswirkung von multiplen Stressoren auf die Bienengesundheit zu untersuchen“, so die Biologin. Das Institut in Celle sei mit seinen Stärken in Krankheits-, Pollen- und Honig-Diagnostik sehr gut dafür aufgestellt.

„Mein Ziel ist es, alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Institut so zu unterstützen, dass sie ihre Arbeit mit Freude weiterentwickeln und ihre Ziele erreichen können, um das Institut noch weiter voranzubringen. Nur gemeinsam können wir erfolgreich in unserer Untersuchungs-, Forschungs- und Bildungsarbeit sowie in der Wahrnehmung durch die Öffentlichkeit sein“, unterstreicht die Institutsleiterin. Auch die Kooperationen mit anderen Institutionen im In- und Ausland sowie mit imkerlichen Verbänden sollten ausgeweitet werden. Bundesweit ist das LAVES-Institut die einzige Berufsschule für die Ausbildung als Berufsimker/in. Auch hier möchte sie Akzente setzen und Lehrlingen Praktika im Ausland möglich machen.

Das Institut in Celle wurde 1927 als Landesinstitut für Bienenforschung gegründet, seit 2004 gehört es zum LAVES und wurde in Institut für Bienenkunde Celle umbenannt.

Das LAVES ist eine zentrale Behörde des gesundheitlichen Verbraucherschutzes in Niedersachsen. Es ist landesweit zuständig für die Untersuchung und Beurteilung von amtlichen Proben aus allen Prozess- und Produktionsstufen der Lebensmittelkette. Sechs Institute gehören zum LAVES: die Lebensmittel- und Veterinärinstitute Oldenburg und Braunschweig/Hannover, das Institut für Fische und Fischereierzeugnisse Cuxhaven, das Institut für Bedarfsgegenstände Lüneburg, das Futtermittelinstitut Stade und das Institut für Bienenkunde Celle. Darüber hinaus erfüllt das LAVES mit seinen vier Fachabteilungen unmittelbare Vollzugsaufgaben in den Bereichen Futtermittel- und Tierarzneimittelkontrolle, Ökologischer Landbau sowie Marktüberwachung und berät die kommunalen Behörden in Fragen der Lebensmittelüberwachung, im grenzüberschreitenden Handel, der Tiergesundheit, der Schädlingsbekämpfung und des Tierschutzes.

Quelle: Nds. Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit

Kälbermast: Es geht mit weniger Antibiotika

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Mit einigen einfachen Maßnahmen können Landwirte den Antibiotikaeinsatz drastisch reduzieren und das Tierwohl verbessern, ohne dass ihnen deswegen Wettbewerbsnachteile entstehen. Das zeigen Berner Forschende in einem für die Schweiz bisher einmaligen Praxistest ihrer eigens entwickelten „Freiluftkalb“-Methode.

Die Schweizer Kälbermast braucht große Mengen Antibiotika – auch wenn die Branche deren Einsatz in den vergangenen Jahren bereits reduzieren konnte. Viele Betriebe halten sich allerdings mit weitergehenden Maßnahmen zurück, weil oft unklar ist, wie sie sich auf ihre wirtschaftliche Effizienz auswirken werden. Forschende der Universität Bern haben nun ein Mastkonzept entwickelt, das mit weniger Antibiotika auskommt – und dieses auch umfassend in der Praxis getestet. Das Ergebnis des vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms „Antimikrobielle Resistenz“ (NFP 72) sowie von IP-SUISSE, Migros-Genossenschaftsbund und dem Bundesamt für Landwirtschaft geförderten Projekts ist deutlich: Im Vergleich zum etablierten Standard des Labels IP-SUISSE ließ sich der Antibiotikaeinsatz auf Versuchsbetrieben massiv reduzieren, das Tierwohl dabei verbessern, und die Wirtschaftlichkeit auf vergleichbarem Niveau halten.

Die ersten Wochen sind entscheidend
Für das sogenannte „Freiluftkalb“-Konzept hat ein Team um Studienleiterin Mireille Meylan von der Vetsuisse-Fakultät der Universität Bern zunächst analysiert, weshalb Mastkälber Krankheitsbilder entwickeln, die den Einsatz von Antibiotika nötig machen. Im Fokus standen dabei Lungenentzündungen. Diese sind in der Mast häufig und der Hauptgrund für Antibiotikabehandlungen. „Besonders in den ersten Lebenswochen sind viele Tiere hohen Infektionsrisiken ausgesetzt“, so Meylan. „Weil sie im Transport vom Geburtshof zum Mastbetrieb mit anderen Kälbern gemischt werden und bei der Ankunft in noch größere Gruppen kommen, verbreiten sich Krankheitserreger oft sehr schnell“.

Genau hier setzt das neue Konzept an: Mäster sollen neue Kälber nur von Höfen zukaufen, die in ihrer Nähe liegen, so dass während den kurzen Transporten keine Tiere aus verschiedenen Betrieben gemischt werden müssen. Die ersten Wochen nach der Ankunft halten sich die Tiere dann in Einzeliglus im Freien auf und werden gegen Lungenentzündungen geimpft. Erst nach dieser Quarantäne kommen sie in kleinen Gruppen von maximal zehn Kälbern zusammen. In diesen verbringen sie die restliche Zeit ihrer durchschnittlich viermonatigen Mastdauer. Dabei bleiben sie immer im Außenbereich, wo sie über ein Gruppeniglu und einen überdachten, reichlich eingestreuten Auslauf verfügen.

Gesündere Tiere
Ob das in der Realität tatsächlich zu gesünderen Tieren und weniger Antibiotikaeinsatz führt, wurde auf 19 Kälbermastbetrieben in den Kantonen Bern, Freiburg, Luzern, Aargau und Solothurn während je 12 Monaten getestet. Dabei besuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Uni Bern jeden Betrieb mindestens einmal pro Monat. Sie erhoben jeweils den Gesundheitszustand und das Wohlergehen der Kälber. Dasselbe taten sie auch auf 19 Vergleichsbetrieben in derselben Region, die nach den Vorgaben von IP-SUISSE produzierten, einem Label mit ebenfalls hohen Anforderungen an das Tierwohl. „So erhielten wir einen direkten Vergleich zwischen den Methoden“, sagt Tierarzt Jens Becker, der die meisten Gesundheitschecks durchführte. Es zeigte sich, dass bei den nach dem „Freiluftkalb“-Konzept gehaltenen Kälbern nicht nur weniger Atemwegs- und Verdauungskrankheiten auftraten, sondern auch frühzeitige Todesfälle seltener waren. „Das ist nicht zuletzt bemerkenswert, weil auch die Vergleichshöfe in Bezug auf die Gesundheit der Tiere durchaus vorbildlich abschnitten“, so Becker.

Fünfmal weniger Antibiotika
Mit Hilfe der Landwirte protokollierte Becker auch den Antibiotikaeinsatz akribisch, ist doch dessen Reduktion das Hauptziel des Konzepts. „Was wir sahen hat unsere Erwartungen deutlich übertroffen“, sagt er. Während auf den Vergleichsbetrieben jedes zweite Kalb im Verlauf seines Lebens Antibiotika benötigte, war es bei den „Freiluftkälbern“ nur jedes sechste. Und bei der gesamten Behandlungsdauer war der Unterschied noch größer: In Betrieben mit dem neuen Konzept wurden fünfmal weniger Behandlungstage als auf den Vergleichsbetrieben verzeichnet.

Wirtschaftlich kaum Unterschiede
Schließlich analysierten Mireille Meylan und ihr Team auch die wirtschaftlichen Aspekte des „Freiluftkalbs“. Denn diese sind für die praktische Umsetzung entscheidend. Sie berechneten hierzu den spezifischen Aufwand, den ein Mäster pro Kalb hat – vom Ankaufspreis über die benötigte Arbeit bis zum Futter. Dies taten sie in einer Variante auf Basis der realen Zahlen aus dem Versuch sowie in einer zweiten Variante mit Durchschnittszahlen für einzelne Kostenpunkte gemäß dem jährlich erscheinenden „Deckungsbeitragskatalog der landwirtschaftlichen Produktionszweige“. Trotz kleinerer Unterschiede ergaben beide Varianten, dass die Mast nach „Freiluftkalb“ jener nach IP-SUISSE Label wirtschaftlich weitgehend ebenbürtig ist.

„Das überrascht nicht“, sagt Ueli Straub von AGRIDEA, der landwirtschaftlichen Beratungszentrale der kantonalen Fachstellen, der für diesen Teil an der Studie mitgearbeitet hat. „Neunzig Prozent der Direktkosten für ein Mastkalb machen Futter und der Ankaufpreis des Tieres aus“. Die restlichen Faktoren fielen deshalb nicht sehr stark ins Gewicht. Zudem neutralisierten sich die jeweiligen Vor- und Nachteile jedes Systems weitgehend: Der leicht höhere Arbeitsaufwand für „Freiluftkälber“ wurde unter anderem durch die tiefere Sterblichkeit und eine gute Tagesmastleistung kompensiert.

Ein pragmatischer Weg in die Zukunft
Mireille Meylan zieht ein äußerst positives Fazit aus dem Projekt: „Wir haben gezeigt, dass man den Antibiotikaeinsatz mindestens auf bäuerlichen Kälbermastbetrieben drastisch reduzieren könnte. Und zwar auf sehr pragmatische Weise, die auch wirtschaftlich sinnvoll ist“. Allerdings sei man in den Wirtschaftlichkeitsberechnungen davon ausgegangen, dass Landwirte, die nach „Freiluftkalb“ vorgehen, genau wie die IP-SUISSE-Betriebe RAUS-Direktzahlungen dafür erhalten, dass die Tiere nach einem festgelegten Standard genügend frische Luft erhalten. Doch das ist wegen des Daches über dem eingestreuten Auslauf im Moment noch nicht der Fall. Damit das Konzept wirklich breit umgesetzt werden kann, bräuchte es deshalb nun die Anerkennung durch Labels, Bundesämter und Großverteiler. Das sei erfahrungsgemäß ein langer Weg, so Meylan. Doch sollten kaum mehr Zweifel darüber bestehen, dass er gangbar ist – und sich im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen lohnen würde.

Quelle: Schweizerischer Nationalfonds SNF

Wildbienenvielfalt erfassen: Auf die Technik kommt es an

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Wildbienen sind eine wichtige Indikatorgruppe für intakte Ökosysteme. Ein Team aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Julius Kühn-Instituts (JKI), des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum Mosel (DLR Mosel) und des Senckenberg Deutschen Entomologischen Instituts in Müncheberg hat die vier gängigen Probenahme-Methoden für Wildbienen verglichen. Sie zeigen in ihrer kürzlich im Fachjournal „Ecological Indicators“ erschienenen Studie, dass sich nur zwei der vier Methoden für eine zuverlässige Überwachung der Bienenvielfalt eignen.

Mehr als 50 Prozent der deutschen Wildbienenarten stehen auf der Roten Liste gefährdeter Arten, 26 sind als „extrem selten“ eingestuft und sieben Prozent sind inzwischen verschollen und wahrscheinlich dauerhaft ausgestorben. „Durch die zunehmende Industrialisierung und Versiegelung von Flächen finden Wildbienen heute immer weniger Nahrungspflanzen und geeignete Nistplätze und fehlen dort als wichtige Bestäuber“, erklärt Prof. Dr. Thomas Schmitt vom Senckenberg Deutschen Entomologischen Institut in Müncheberg und fährt fort: „Umso wichtiger ist es, ihre Vielfalt und ihre Bestände im Blick zu behalten und regelmäßig zu überwachen!“

Doch genau hier beginnt das Problem: Die verschiedenen, derzeit am häufigsten angewandten Nachweisverfahren sind schwer vergleichbar und liefern unterschiedliche Ergebnisse. Schmitt hat daher mit Forschenden des JKI an den Standorten Braunschweig und Siebeldingen sowie des DLR Mosel die gängigsten Probenahme-Methoden – das Fangen mit einem Handkescher, Farbschalen und Nistfallen – miteinander verglichen und qualitativ bewertet. In ihrem Untersuchungsgebiet, einer Weinbaulandschaft im rheinland-pfälzischen Moseltal hat das Team hierfür insgesamt 10.330 Tiere aus 134 Arten für ihren Vergleich gefangen und analysiert. Weitere 2.225 Individuen aus 99 Wildbienenarten wurden ergänzend für eine Gegenüberstellung zu den sogenannten „Malaise-Fallen“ – zeltartige Gebilde zum Fang von fliegenden Insekten – in die Auswertung einbezogen.

„Unsere Ergebnisse zeigen deutlich, dass sich nur zwei der vier Fangmethoden für Wildbienen eignen: Farbschalen und das Fangen mit dem Handnetz“, erläutert der Erstautor der Studie Dr. André Krahner vom JKI die Analyse und ergänzt: „Bei den Farbschalen haben sich insbesondere gelbe Fallen als besonders effektiv für eine vollständige Erfassung erwiesen.“

Das Fangen mit dem Kescher ist dagegen auch vom Geschick der sammelnden Person abhängig. „Zudem ist das Gelände ausschlaggebend – wer schon einmal an einem windigen und steilen Weinberg versucht hat mit dem Handnetz eine fliegende Biene einzufangen, weiß wovon ich spreche“, sagt Schmitt lachend. Diese Methode empfehlen die Beteiligten daher besonders für einen Einsatz bei größeren Arten wie Hummeln und gefährdeten Spezies. Die beiden weiteren Methoden erwiesen sich im umfassenden Wildbienen-Monitoring als wenig geeignet und dienen daher nur spezielleren Fragestellungen.

„Unsere Ergebnisse können zur Standardisierung von Erfassungsmethoden führen und bei diversen Monitoring-Programmen helfen. Sie sind daher ein wichtiger Beitrag für den Schutz der Wildbienen“, so das Resümee von Dr. Krahner, der am JKI-Institut für Bienenschutz in Braunschweig forscht.

Quelle: Judith Jördens (Pressestelle der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung) & Julius Kühn-Institut, Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen

Das richtige Arzneimittel zur richtigen Zeit am richtigen Ort

Die Tiergesundheitsindustrie muss auch in Krisenzeiten die stabile Versorgung mit Tierarzneimitteln gewährleisten.

Nicht nur Humanmediziner, sondern auch Tierärzte sind es gewohnt, aus einem breiten Portfolio von Arzneimitteln und Impfstoffen schöpfen zu können. Durch die Corona-Situation wurde vielen bewusst, wie wichtig dies ist. Lieferengpässe können verschiedene Ursachen haben und nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden.

Lieferengpässe können beispielsweise durch Probleme bei der Beschaffung von Wirkstoffen, im Herstellungsprozess, im Rahmen der Qualitätssicherung, aber auch durch eine unerwartet gesteigerte Nachfrage begründet sein. Die regulativen Vorgaben sind hoch und die Herstellung von Tierarzneimitteln oder die Freigabe der Chargen können selbst im Falle von Engpässen nur schwer beschleunigt werden. Das macht es den Herstellern schwer, auf unerwartete Ereignisse kurzfristig zu reagieren.

Die Anforderungen sind in internationalen, europäischen und nationalen Verordnungen und Leitlinien definiert. Entsprechend diesen Standards legen die Unternehmen detaillierte Prozessabläufe zur Qualitätssicherung und -kontrolle fest. Diese werden in offiziellen Inspektionen überprüft. Schon kleine Fehler, z. B. auf Etiketten oder Packmitteln, können zur Bemängelung einer Charge führen. Der Vertrieb eines Produkts wird aufgehalten und eine Lieferstörung ist die Folge.

Schwierigkeiten bei der Produktion wiederum können durch Störungen in den einzelnen Produktionsschritten entstehen. Kommt es etwa bei einer Produktionsverlagerung zu Abweichungen, kann dies ebenfalls zu Verzögerungen führen.

Noch komplexer ist die Situation bei der Herstellung von Impfstoffen, da die Hersteller hier mit biologischen Systemen arbeiten. Diese erfordern einen längeren zeitlichen Vorlauf und können sehr empfindlich auf nur geringfügige Störungen reagieren. Aufgrund begrenzter Haltbarkeiten sind große Produktionen im Voraus schwierig. Tritt also ein unerwarteter Bedarf auf, kann dieser häufig erst mit einiger Verzögerung bedient werden.

Seit 2016 befasst sich eine von der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA und den Leitern der Arzneimittel-Agenturen (HMA) eingesetzte Task-Force mit Verfügbarkeitsproblemen, einschließlich zugelassener, aber nicht vermarkteter Arzneimittel, und Störungen der Lieferkette. Ihr Ziel ist es, die Kontinuität der Versorgung mit Human- wie Tierarzneimitteln in ganz Europa zu verbessern.

Die pharmazeutische Industrie setzt sich dafür ein, eine gute Versorgungslage mit wichtigen Arzneimitteln sicherzustellen und neue und innovative Produkte für bisher nicht behandelbare Krankheiten zu entwickeln. Insbesondere durch den Abbau unnötiger administrativer Lasten können frei werdende Ressourcen in die Forschung und (Weiter-) Entwicklung von Tierarzneimitteln fließen. Um auch die Bedürfnisse kleiner Marktsegmente abdecken zu können, ist darüber hinaus die Ausgestaltung der regulatorischen Rahmenbedingungen für die sogenannten Minor Species oder Minor Indications sehr wichtig.

Quelle: Bundesverband für Tiergesundheit e.V. (BfT)

Weidebasierte Milchproduktion kann hohe Milchleistung mit sehr niedrigen Methanemissionen verbinden

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Ist die Milch von weidenden Kühen besser für das Klima als Milch von Kühen in Stallhaltung? Dieser Frage haben sich Forschende der Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) gewidmet. Die Resultate der Forschungsarbeit haben sie in der internationalen Fachzeitschrift Agriculture publiziert.

Weidende Kühe – für viele Menschen ist dieser Anblick nicht nur schön, sondern auch ein Kulturgut. Gleichzeitig nimmt der Anteil der Kühe, die auf der Weide stehen in Deutschland kontinuierlich ab. Und dies, obwohl Weide international als die kostengünstigste Art gilt, Futter bereit zu stellen, welches zudem in keiner Konkurrenz zur Humanernährung steht. Grünlandflächen sind zudem einer der wichtigsten Kohlenstoffspeicher weltweit und damit ein wichtiger Faktor im Kampf gegen den Klimawandel. Gleichzeitig emittieren Kühe aber auch als Nebenprodukt der Verdauung Methan. Dies hat zwar mit zehn Jahren eine vergleichsweise kurze Verweildauer in der Atmosphäre, bevor es wieder in CO2 zerfällt, in dieser kurzen Zeit trägt es aber erheblich zum Klimawandel bei. Ausgerechnet der Weidehaltung wurde dies bisher oft angelastet, da sie häufig niedrigere Milchleistungen – und somit auch höhere Methanemissionen pro Liter Milch – erzielt als eine Stallhaltung mit hohem Kraftfutter- oder Maisanteil in der Ration. Ob das tatsächlich so ist, ist Gegenstand vieler aktueller Forschungen. Deswegen haben Forschende der Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultät der CAU auf dem Versuchsgut Lindhof im Rahmen des EU-Projektes „SusCatt“ über ein Jahr hinweg die Milchleistungen von weidenden Jersey-Kühen erfasst und es wurden in mehreren Kampagnen die Methanemissionen der weidenden Kühe von der Doktorandin Cecilia Loza (Abteilung Grünland und Futterbau/Ökologischer Landbau – Professor Friedhelm Taube) gemessen. Die Kühe weideten hierbei in zwei Gruppen jeweils auf einer einfachen Grünlandmischung aus Weißklee und Weidelgras, oder auf einer diversen Mischung mit acht Arten inklusive Wiesenkräutern und weiteren Leguminosen. Zudem erhielten sie täglich im Stall eine geringe ergänzende Kraftfuttergabe von zwei Kilogramm – dies entsprach ungefähr 12 bis 15 Prozent der gesamten Trockenmasseaufnahme. Gerade artenreiche Grünlandbestände haben den Vorteil, dass sie weitere Ökosystemdienstleistungen erbringen: Zum Beispiel liefern sie Nektar für blütenbesuchende Insekten.

Das überraschende Resultat der Forschungsarbeit, die unlängst in der internationalen Fachzeitschrift publiziert wurde: Die Milchleistungen der Kühe waren nicht nur generell sehr hoch und vergleichbar mit Jersey-Kühen aus einer anderen Studie, die bei gleichem Körpergewicht 61 Prozent Kraftfutter in der Ration aufgenommen haben – die Milchleistung konnte sogar noch zusätzlich auf den artenreichen Beständen signifikant gesteigert werden und lag in der frühen Laktationskurve im Mittel bei bis zu 30 Kilogramm Standardmilch (ECM) pro Kuh und Tag. Da Jersey-Kühe mit etwa 430 Kilogramm Körpergewicht wesentlich leichter sind als solche der Rasse Holstein-Friesian, sind das extrem hohe Leistungen bezogen auf das Körpergewicht. Diese Milch ist zudem von exzellenter Qualität mit Fettgehalten von durchschnittlich fünf bis sechs Prozent. Die Methanbildung war zwar auch mit ca. zehn Prozent leicht gesteigert, doch blieben die Methanemissionen insgesamt mit ca. acht bis zehn Gramm Methan pro Kilogramm Standardmilch auf einem im Vergleich zur internationalen Literatur sehr niedrigen Niveau. Dies ist vor allem das direkte Resultat der exzellenten Futterqualitäten und hohen Futteraufnahmen auf der Weide, die mit dem sehr jungen Weidefutter angeboten worden war – um das zu erreichen, rotierten die Kühe auf etwa 15 Teilflächen bis zu zehnmal im Jahr. „Wir kombinieren hier den Zuchtfortschritt der Futterpflanzenzüchtung der letzten 20 Jahre mit optimiertem Weidemanagement“, so Dr. Carsten Malisch, wissenschaftlicher Koordinator der Studie. „Mit dieser Arbeit können wir zeigen, dass eine weidebasierte Milchproduktion sehr hohe Milchleistungen mit sehr niedrigen Methanemissionen verbinden und somit zum Klimaschutz beitragen kann – und gleichzeitig werden damit Zusatzleistungen für die Artenvielfalt bereitgestellt – ohne Importfuttermittel, denn das notwendige Protein im Futter liefert der Klee.“

Quelle: Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Haltung und Einsatz von arbeitenden Herdenschutzhunden

Die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (TVT) bietet auf Ihrer Homepage ein Merkblatt zum Herdenschutzhund an. Aus tierärztlicher Sicht werden darin alle wichtigen Aspekte behandelt, angefangen bei Zucht und Sozialisation, bis zum speziellen Verhalten der Herdenschutzhunde.

Es geht um Sozialisation an Menschen und andere Hunde, Habituation an die belebte und unbelebte Umwelt sowie Arbeitsweise und Training. Ebenso um den Umgang mit unerwünschtem Verhalten, wie unerwünschtes Aggressionsverhalten gegen Personen, aggressives Verhalten gegen andere Hunde und/oder Herdentiere und Verhaltensweisen, die zu eingeschränkter Arbeitsleistung der Hunde führen.

Natürlich dürfen Gesundheitsprophylaxe, Hygiene, Pflege und Krankheiten genauso wenig fehlen, wie tierschutzrechtliche Aspekte. Informationen zu Sachkunde, selbstständigem Arbeiten und zu den Gefahrhundegesetzen runden den Inhalt ab.

Das TVT-Merkblatt 186 steht hier zum kostenfreien Download bereit.

Anforderungen an die tierschutzkonforme Haltung von Mastputen

Bisher sind auf EU-Ebene keine Mindeststandards für die Haltung von Puten vorgeschrieben. Wie eine tierschutzkonforme Haltung von Mastputen aussähe, beschreibt eine aktuelle Studie der Vetmeduni Vienna und der Universität Leipzig:

Besatzdichte
Begründet auf der verfügbaren wissenschaftlichen Literatur und wirtschaftlichen Gesichtspunkten ergibt sich eine maximale Endmast-Besatzdichte für Puten von 36-40 kg Lebendgewicht pro m2 nutzbarer Stallfläche.

Stallstruktur
Um einigen Verhaltensbedürfnissen der Puten entgegenzukommen, ist eine Strukturierung des Stalles erforderlich:
• Aufbaummöglichkeiten / erhöhte Ebenen
• Strukturierungselemente, die von den Tieren auch bepickt werden können (z.B. Strohballen, Pickblöcke)
• Außenklimabereich im Ausmaß von mind. 20% der nutzbaren Stallbodenfläche

Einstreu
Die Einstreu muss es den Tieren über die gesamte Haltungsperiode ermöglichen, zu scharren und zu picken. Sie muss jederzeit deutlich locker, trocken (< 30% Feuchtigkeit) und ausreichend sauber (Einstreuanteile > Kotanteile) sein.

Licht
Das Licht im Putenstall muss folgenden Anforderungen genügen:
• ausreichend gleichmäßiges Licht, damit die Tiere ein normales Aktivitätsniveau zeigen können
• acht Stunden Dunkelphase (Notbeleuchtung mit 0,5 Lux möglich)
• UV-A im Spektrum enthalten
• flimmerfreie Beleuchtung (Leuchtmittelfrequenz höher als die Flimmerfusionsfrequenz der Puten)

Raumklima
Ein gutes Stallklima ist wichtig für das Tierwohl. Lüftung, Staub, Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Gaskonzentrationen sind auf Leveln zu halten, die den Tieren keinen Schaden zufügen:
• gute Luftzirkulation im gesamten Stall (Luftaustauschrate 4-7 m³/kg/Stunde), keine Zugluft
• Schadstoff-Höchstwerte: einatembarer Staub 3,4 mg/m³, lungengängiger Staub 1,7 mg/m³ liegen, NH3 10 ppm, CO2 3000 ppm und H2S 5 ppm
• Luftfeuchtigkeit im Stall sollte zwischen 50 und 70% liegen
• altersadäquate Temperatur

Pflege
• mehrmals tägliche Kontrolle der gehaltenen Tiere
• schwache, kranke oder verletzte Tiere unverzüglich in ein abgesondertes Krankenabteil bringen und behandeln
• Halter und Personal müssen nachweisbare Kenntnis und Fähigkeit im artgerechten Umgang mit den gehaltenen Tieren besitzen

Download der vollständigen Studie hier.

Schaufenster Bioökonomie: Wie Legehennen Phosphor optimal nutzen können

Forschende der Uni Hohenheim untersuchen, wie Legehennen Phosphor aus Pflanzen optimal verwerten können. Das schont knappe Ressourcen und fördert die Tiergesundheit.

Phosphor ist ein unersetzlicher Mineralstoff für alle Lebewesen, aber auch eine sehr begrenzte Ressource. Mit dem Ziel Phosphor aus mineralischen Quellen einsparen zu können, haben sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus sechs Fachgebieten der Universität Hohenheim in Stuttgart zur DFG-Forschungsgruppe „P-FOWL“ (FOR 2601) zusammengeschlossen und noch zwei weitere Arbeitsgruppen vom Leibniz-Institut für Nutztierbiologie (FBN) in Dummerstorf eingebunden. Sie wollen die Frage klären, wie Legehennen Phosphor aus pflanzlichen Quellen optimal verwerten können. Erste Ergebnisse zeigen, dass diese Fähigkeit unter anderem genetisch bedingt ist – ein Ansatzpunkt, um künftig Tiere mit einer besseren Phosphorverwertung zu züchten. Zudem bilden sich bei der Freisetzung von Phosphor aus pflanzlichen Inhaltsstoffen im Verdauungstrakt Substanzen, die zusätzliche und bislang kaum erforschte Vorteile für die Tiergesundheit haben können. Die erste Phase des Projektes ist nun abgeschlossen und wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit zwei Millionen Euro gefördert. Das macht FOR 2601 zu einem Schwergewicht der Forschung an der Universität Hohenheim.

Phosphor ist an vielen Stoffwechselvorgängen im Körper beteiligt. So spielt der Mineralstoff unter anderem eine Rolle im Hormonhaushalt und Energiestoffwechsel. Neben Kalzium ist Phosphor einer der wichtigsten Nährstoffe für das Knochenwachstum. Mit beidem müssen Legehennen daher gut versorgt sein. Ein Phosphormangel kann zu schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen führen.

Da die Tiere aus pflanzlichem Körnerfutter allein ihren Bedarf nicht decken können, setzen Landwirte dem Futter meist Phosphor bzw. Phosphat aus mineralischen Quellen zu – Ressourcen, die schon in gut 100 Jahren aufgebraucht sein könnten. Wird dem Futter zudem mehr Phosphat als nötig zugesetzt, wird es von den Tieren ungenutzt ausgeschieden. Die Folge ist eine höhere Umweltbelastung.

Interdisziplinäre Forschungsgruppe schafft Synergien
Die Forschungsgruppe P-FOWL nimmt darum in einem mehrjährigen Projekt genau unter die Lupe, wie die Phosphorverwertung im Verdauungssystem von Hühnern und Wachteln abläuft. „Unsere Forschung soll dazu beitragen, dass Tiere den im pflanzlichen Futter enthaltenen Phosphor möglichst effizient nutzen können, damit weniger aus mineralischen Vorkommen eingesetzt werden muss“, erklärt Prof. Dr. Markus Rodehutscord, Sprecher des Projektes P- FOWL.

Dazu muss das Forschungsteam aber zuerst einmal verstehen, wie genau die Phosphor-Freisetzung im Verdauungstrakt der Tiere funktioniert. Deswegen untersuchen die Forschenden der Universität Hohenheim in sechs Teilprojekten alle Aspekte der Phosphorverwertung im Verdauungstrakt und Metabolismus von Geflügel, speziell von Legehennen und Wachteln. Unterstützt werden sie dabei vom Leibniz-Institut für Nutztierbiologie (FBN) in Dummerstorf, das mit zwei Teilprojekten an der Forschungsgruppe beteiligt ist.

Die interdisziplinäre Zusammensetzung der Forschungsgruppe schafft eine einzigartige Möglichkeit, verschiedene Untersuchungen zu kombinieren und möglichst viele Informationen von denselben Tieren zu gewinnen, ihren genetischen Hintergrund genau zu erfassen, und alle Daten in eine Gesamtauswertung einfließen zu lassen. „Das macht die Ergebnisse deutlich aussagefähiger und vergleichbarer“, ist Prof. Dr. Rodehutscord überzeugt.

Komplexe Struktur des pflanzlichen Phosphorspeichers muss geknackt werden
Zwar enthalten viele Pflanzensamen wie Hülsenfrüchte, Getreide und Ölsaaten, größere Mengen an Phosphor. Allerdings ist dieser Phosphor für viele Tiere nicht gut verwertbar. Ein Grund dafür ist der komplizierte Aufbau des pflanzlichen Phosphorspeichers.

„In Pflanzen sind die Phosphor-Bausteine fest an eine ringförmige Struktur gebunden, das Phytin. Diese Verbindungen müssen im Verdauungstrakt mit Hilfe von Enzymen geknackt werden. Viele Nutztiere wie Geflügel können das, ebenso wie wir Menschen, nur sehr schlecht“, erklärt Prof. Dr. Rodehutscord. „Sie sind nicht in der Lage, ausreichende Mengen dieser Enzyme zu bilden.“

Gesundheitsfördernder Nebeneffekt?
Welche Wirkung der Abbau des pflanzlichen Phosphorspeichers im Verdauungstrakt der Tiere außerdem noch auf ihren Stoffwechsel hat, ist eine weitere Frage, mit der sich die Hohenheimer Forschungsgruppe beschäftigt. Denn bei der Abspaltung von Phosphor aus den pflanzlichen Substanzen entstehen neue Verbindungen, deren Einfluss auf die Bakterien im Darm und die Gesundheit der Tiere bislang noch kaum untersucht wurde.

Eine von ihnen, das so genannte myo-Inositol, scheint über einen bislang unbekannten Mechanismus Einfluss auf den Energiestoffwechsel in den Zellen zu haben. Im Nervensystem beeinflusst myo-Inositol das Wachstum von Gehirn- und Nervenzellen und ist zudem an der Übermittlung von Nervenimpulsen beteiligt. Darüber hinaus ist es noch in eine Vielzahl von Stoffwechselprozessen eingebunden und kann so die Tiergesundheit positiv beeinflussen.

Verwertung von pflanzlichem Phosphor bei Hennen optimieren
„Im Verdauungstrakt regelt ein kompliziertes Zusammenspiel des Tieres mit verschiedenen Mikroorganismen, dem Mikrobiom, die Verwertung von Nährstoffen aus dem Futter“, erklärt Prof. Dr. Rodehutscord. „Es ist bekannt, dass die Zusammensetzung dieses Mikrobioms im Darm von Säugetieren und Vögeln sowohl durch das Futter als auch durch das Erbgut der Tiere geformt und beeinflusst wird.“

So können Kalzium- und Phosphor-Zufütterungen die Fähigkeit der Tiere deutlich reduzieren, pflanzliche Phosphorquellen zu verwerten. Umgekehrt stützt diese Erkenntnis auch frühere Untersuchungen, wonach die in Legehennen-Futtermitteln verwendeten Phosphat-Konzentrationen zu hoch sind.

Zudem will die Forschungsgruppe mit High-Tech-Methoden auch herausfinden, welche Bakterien im Verdauungstrakt von Legehennen am Aufbrechen des Phosphorspeichers beteiligt sind und welche Aufgabe genau sie dabei übernehmen. Der Experte hofft: „Wenn wir die Rolle der beteiligten Mikroorganismen geklärt haben, könnten wir langfristig ihre Zusammensetzung so beeinflussen, dass sie den organisch gebundenen Phosphor für die Tiere besser nutzbar machen.“

Effiziente Phosphor-Verwertung – auch eine Frage der Gene
Um genauer zu untersuchen, welche Rolle die Genetik bei der effizienten Phosphorverwertung von Geflügel spielt, griffen die Forscher zunächst auf Proben aus Versuchen mit Wachteln zurück, die in einem Vorgängerprojekt gewonnen wurden. „Die Phosphorverwertung variiert stark von Tier zu Tier und dies ist auch durch die Genetik der Tiere zu begründen“, fasst der Experte die Ergebnisse zusammen.

Deswegen wählten die Forschenden bei den Legehennen zwei Abstammungslinien aus, bei denen sich die Linien genetisch stark voneinander unterscheiden, die Tiere sich aber innerhalb der Linie möglichst ähnlich sind. Auch hier fanden sie Hinweise darauf, dass die Fähigkeit zur Verwertung von Phosphor genetisch angelegt ist. Dabei sind die Unterschiede zwischen den Abstammungslinien und auch zwischen einzelnen Tieren innerhalb derselben Linie deutlich zu erkennen.

„Dies ist ein erster Schritt, um einzelne Tiere zu identifizieren, die besser als andere in der Lage sind, pflanzlichen Phosphor effektiv zu nutzen. Über kurz oder lang wäre es wahrscheinlich möglich, diese Fähigkeit durch Züchtung zu stärken“, betont Prof. Dr. Rodehutscord die Bedeutung dieser Erkenntnis. „Noch gibt es allerdings viel Forschungsbedarf. Langfristig könnten unsere Ergebnisse sicherlich dazu beitragen, den Mineralstoffgehalt in der Legehennen-Fütterung weiter zu reduzieren.“

HINTERGRUND: DFG-Forschungsgruppe „Inositolphosphate und Myo-Inositol beim Geflügel: Untersuchungen an den Schnittstellen von Genetik, Physiologie, Mikrobiom und Ernährung“ (FOR 2601)

Die DFG-Forschungsgruppe „P-FOWL“ (FOR 2601) erforscht seit 2018 am Beispiel von Geflügel, welche Auswirkungen Phosphor aus pflanzlichen Reserven auf das Tier hat, wie genau Nutztiere den wertvollen Nährstoff im Verdauungstrakt verwerten und wie diese Vorgänge noch effizienter gemacht werden können.

An der Universität Hohenheim sind sechs Fachgebiete beteiligt. Externer Partner ist das Leibniz-Institut für Nutztierbiologie (FBN) in Dummerstorf.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG fördert das Projekt mit rund 2 Mio. Euro. Damit gehört es zu den Schwergewichten der Forschung in Hohenheim.

Weitere Informationen auf der Homepage des Projektes

HINTERGRUND: Einsatz von Tieren im Projekt
Für das Projekt führte die Forschungsgruppe zwei Versuche mit Hennen von braunen und weißen Leghorn-Hybriden durch. Für Untersuchungen zu den Verhältnissen bei Wachteln wurde auf eingefrorene Proben aus einem Vorgängerprojekt zurückgegriffen.

Im ersten Versuch erhielten 80 Hennen im Bereich der höchsten Legeleistung im Alter von etwa 30 Wochen Futtermischungen mit unterschiedlichen Gehalten an Kalzium und Phosphor. Von allen Tieren wurden Exkremente gesammelt und analysiert. Hierfür wurden die Tiere in Einzelhaltung gehalten, jedoch mit Sichtkontakt zueinander. Schließlich wurde den Tieren der Verdauungstrakt entnommen, um die dort vorhandenen Abbauprodukte und Darmfunktionen zu analysieren.

Im zweiten Versuch wurde zusätzlich zur Herkunft der Hennen auch das Alter der Tiere als Faktor berücksichtigt: Dazu wurden jeweils zehn Tiere pro Abstammungslinie im Alter von 10, 16, 24, 30 und 60 Wochen wie im vorigen Versuch beprobt und analysiert.

Hühner waren laut der Versuchstiermeldung von 2019 mit 3.365 Tieren das häufigste Versuchstier an der Universität Hohenheim, gefolgt von Hausmäusen (782 Tiere) und Schweinen (548 Tiere).

Quelle: Universität Hohenheim

Öko-Landbau und Bienengesundheit

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Vielfältige Landschaften, Blühstreifen und ökologischer Landbau können sich positiv auf Bienen und andere Bestäuber in der Agrarlandschaft auswirken. Ein neues Forschungsprojekt der Universitäten Göttingen und Halle untersucht nun, welche Auswirkungen verschiedene Kombinationen dieser Maßnahmen auf die Diversität, Populationsentwicklung und Gesundheit von Bienen haben können. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft fördert das Projekt „Combee“ drei Jahre lang mit insgesamt rund 700.000 Euro.

Im Zentrum des Verbundprojekts stehen Untersuchungen zu biologischen Interaktionen über mehrere Ebenen der Nahrungsnetze und wie sich diese Interaktionen in verschiedenen Szenarien der Landnutzung verändern. „Wir wollen beispielsweise herausfinden, wie sich die Verfügbarkeit von Blüten in den verschiedenen Landnutzungstypen auf die Interaktionen zwischen Pflanze und Bestäuber auswirken“, sagt Prof. Dr. Catrin Westphal, Leiterin der Abteilung Funktionelle Agrobiodiversität der Universität Göttingen, „und wie sich diese mit der Verfügbarkeit von Blühressourcen und Nistplätzen in ökologisch bewirtschafteten Flächen, naturnahen Lebensräumen und Blühstreifen verändern.“

In Bezug zu aktuellen politischen Zielen des Green Deals der Europäischen Union und der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie werden die Untersuchungen in 32 Landschaften stattfinden, in denen die Flächenanteile von Ökolandbau zwischen 0 und 20 Prozent liegen. „In diesen Landschaften untersuchen wir neben der Diversität der Wildbienen auch die Populationsentwicklung von Honigbienen, Hummeln und solitären Wildbienen“, ergänzt Dr. Annika Hass, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Abteilung Funktionelle Agrobiodiversität maßgeblich an der Entwicklung des Forschungsprojekts beteiligt war.

Ein weiterer wichtiger Faktor, der die Vitalität von Bienengemeinschaften beeinflusst, sind die Übertragungswege und Verbreitung von Pathogenen in Wild- und Honigbienen. „Deshalb werden wir außerdem den Einfluss von Honigbienen auf die Übertragung von Pathogenen zwischen verschiedenen Bienenarten analysieren“, erklärt Prof. Dr. Robert Paxton, Leiter der Abteilung Allgemeine Zoologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Dazu werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im zweiten Projektjahr die Dichte von Honigbienen in der Hälfte der Untersuchungslandschaften experimentell stark erhöhen.

Quelle: Georg-August-Universität Göttingen