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Prof. Axel Wehrend: Geburt und Geburtshilfe beim Rind #EuroTier2021

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Prof. Dr. Axel Wehrend, JLU Gießen

Zu Beginn seines Vortrags anlässlich der EuroTier 2021, nannte Prof. Dr. Axel Wehrend (Leiter der Klinik für Geburtshilfe an der JLU Gießen) die Geburt einen „kritischen Kontrollpunkt“. Denn die Geburt strahle weit aus: auf spätere Fruchtbarkeit, Milchleistung, Kuh- und Kälbergesundheit.

Zwar ließe sich mittlerweile auf dem Milchviehbetrieb vieles automatisieren, wichtige Entscheidungen rund um die Geburt aber eben nicht: ab wann soll Geburtshilfe geleistet, ab wann ein Tierarzt hinzugezogen werden?

Treten im Geburtszeitraum Probleme auf, drohen der Kuh Verletzungen, Infektionen und direkte Folgeerkrankungen wie Mastitis oder Ketose, aber auch andere Erkrankungen wie z. B. Labmagenverlagerungen haben eine schlechtere Prognose. Und am Ende sinken auch Milchmenge, Milchfett- und Milcheiweißwerte.

Hat eine Kuh bei der Geburt Schmerzen, sinkt die Futteraufnahme mit anschließenden Energiemangel-Erkrankungen und daraus resultierender Störung der Gebärmutterrückbildung. Kommt es zu Verletzungen des Geburtsweges droht eine bakterielle Infektion, d. h. die körpereigenen Abwehrzellen konzentrieren sich dort und stehen für Infektionen an anderen Körperstellen nicht mehr sofort zur Verfügung.

© Thomas Züchner

Folgen der Schwergeburt für Kuh und Kalb
Schwergeburten und falsche Geburtshilfe sind Risikofaktoren auch für Kälber. Nach Auszug werden sie deutlich öfter krank, als nach Spontangeburten und auch die Zahl der Todesfälle steigt. Nach Schwergeburten ist beim Kalb häufig eine Ödematisierung des Gesichts, oft auch nur der Zunge, zu beobachten, die zu mangelhafter Kolostrumaufnahme führt, aus der dann wiederum eine erhöhte Infektionsanfälligkeit resultiert. Durchfall, Lungen- und Nabelentzündung sind häufig die Folge und, statistisch bewiesen, höhere Anfälligkeit und schlechtere Fruchtbarkeit im späteren Leben.

In größeren (und auch bereits mittleren) Betrieben gebe es, so Wehrend, haltungsbedingte Probleme bei der individuellen Überwachung. Nicht nur das Temperament des einzelnen Tieres, auch die Intensität der Beobachtung (etwa außerhalb der Kernarbeitszeiten) oder die Gruppengröße erschwerten häufiger die Überwachung einzelner Kühe. Bei Befragung von Betriebsleitern im Osten Deutschlands wurden von den Betriebsleitern auch ökonomische Zwänge rund um die Geburt angesprochen: Überwachung außerhalb der Arbeitszeiten, Tierarztkosten (auch z. B. für Kaiserschnitte).

In diesem Zusammenhang stellte der Gießener Professor die Ergebnisse zweier Doktorarbeiten vor: in der ersten „K. Essmeyer 2006: Aufklärung der Ursachen einer erhöhten Häufigkeit von Totgeburten in einem Milchviehbetrieb“ wurde in einem Milchviehbetrieb eine signifikant höhere Kälbersterblichkeit festgestellt, wenn die Geburten zum Schichtwechsel stattfanden. Wechselten die Geburtshelfer während der Geburt, stiegen die Totgeburten von 8,10% auf 16,18%!

Die zweite Dissertation „Leister 2009: Untersuchungen zur Vitalität neugeborener Kälber in einer Milchviehanlage in Brandenburg bei optimiertem Geburtsmanagement“ zeigte, dass sich die Totgeburtenrate durch optimale Überwachung um mehr als die Hälfte (von 10% auf 4,2%) senken ließ!

© Roswitha Hermeling

Geburtsüberwachung
Zunächst zählte der Gießener Wissenschaftler Anzeichen auf, die häufig als gute Indikatoren einer bevorstehenden Geburt genannt werden: Veränderungen an den äußeren Genitalorganen, wie Ödematisierung (Größenzunahme), Schleimabgang und Farbe der Scheidenschleimhaut, Lockerung der breiten Beckenbänder, Biegbarkeit der Schwanzspitze, Schwanzhaltung, Aufeutern und einige mehr.

Auf einem Praxisbetrieb wurden deswegen Geburten beobachtet und dann zurückgerechnet, welche dieser Anzeichen wie zuverlässig eine Geburt innerhalb von acht Stunden erwarten lassen. 90,5% der Tiere zeigten acht Stunden vor der Geburt eine hochgradige Ödematisierung, aber 48,3% der Kühe zeigten dieses Merkmal bereits sieben Tage vor der Geburt! Bei einzelnen Tieren wurde der Schleimabgang bereits 10 Tage vor der Geburt beobachtet, 35% zeigten acht Stunden vor der Geburt aber keinen Schleimabgang.

Als sicherstes Zeichen erwies sich die Lockerung der breiten Beckenbänder, hier aber sei eine Wiederholungsuntersuchung nötig, weil bei 40% der Kühe bereits sieben Tage vor der Geburt eine mittelgradige Lockerung festgestellt wurde. Den Grad der Lockerung beim Einzeltier richtig zu bestimmen ist aber ein Problem. Und auch Veränderungen am Euter erwiesen sich als nicht aussagekräftig, weil bei 60% der Kühe die Euteranbildung schon 14 Tage vor der Geburt einsetzt und ein Euterödem bei 46% bereits sieben Tage zuvor auftritt.

Es gebe kein sicheres äußeres Anzeigen, das auf acht Stunden genau eine Geburt vorhersagt, führte Wehrend aus. Optimal sei eine Geburtsüberwachung alle Stunde oder wenigstens alle zwei Stunden und hierbei sei immer der Mansch gefordert. Ob vor Ort oder als Beobachter mittels Kamera, ist er bislang als Sensor nicht zu übertreffen.

© Verena Hußmann

Geburtsvorbereitung
In die Abkalbebox wird die Kuh idealerweise fünf Tage vor dem errechneten Geburtstermin umgestallt. Die Box sollte täglich frisch eingestreut werden, mit 8-12 kg Stroh pro Tier. Eine Einzelbox – mit Sichtkontakt zu anderen Tieren – wäre hier die beste Lösung, denn eigentlich sondert sich eine Kuh zur Geburt gerne ab und will auch nicht von anderen Gruppenmitgliedern verfolgt werden. Allerdings wird eine solche Einzelbox erst unmittelbar zur Geburt bezogen, was stall-technisch kaum zu realisieren sein dürfte. In jedem Fall sollte aber eine Kontrollmöglichkeit ohne Störung möglich und Platz zur Geburtshilfe vorhanden sein. Fixationsmöglichkeiten und Wasserversorgung gehören ebenso dazu.

Besonders wichtig sei es, die Anreicherung von Keimen zu vermeiden! Abkalbebox und Krankenstall sollten deshalb auch räumlich getrennt sein. Zum Zeitpunkt der Geburt sind Kuh und Kalb maximal infektionsempfindlich und die Kuh selbst scheidet bei der Geburt Keime aus, etwa Coxiellen (1), Salmonellen (2), Neospora (3).

© Anita Lucassen

Schwergeburten erkennen
Als statistisch signifikante Früh-Indikatoren einer Schwergeburt haben sich häufiges Scharren, häufiger Harnabsatz und häufiges Scheuern erwiesen. Aufstehen und Hinlegen, Schwanzschlagen oder Umschauen nach dem Bauch lassen keine Rückschlüsse zu auf den Geburtsverlauf zu. Allerdings helfen diese rein statistischen (und im Nachhinein erhobenen) Werte bei der Beobachtung des Einzeltiers nicht. Sichere Kriterien kann auch der Prof. Wehrend nicht benennen.

Kritisch werde es allerdings, wenn zwischen dem Platzen der Fruchtblase und dem Durchtritt des Kopfes über 1,5 Stunden nichts passiert, Teile der Nachgeburt sichtbar werden, bevor das Kalb geboren ist oder nur ein Bein zutage tritt.

Wird eine Kontrolluntersuchung durchgeführt, sollte nicht einfach mit Wasser, sondern besser mit Wasser und Seife gespült werden, weil bei jeder Untersuchung Keime in die Gebärmutter gelangen. Je höher der Keimgehalt in der Gebärmutter aber ist, desto anfälliger für Entzündungen wird sie.

Kraftentfaltung beim Einsatz von Geburtshelfern 1 © Prof. Axel Wehrend

Geburtshilfe
Eine natürliche Geburt erfolgt in drei Phasen: Öffnungs-, Austreibungs- und Nachgeburtsphase. Die maximale Kraftentfaltung der Kuh erfolgt im Liegen, ebenso wird im Liegen der maximale Durchmesser des knöchernen Geburtsweges erreicht. Deswegen sollte ein Auszug auch möglichst bei der liegenden Kuh durchgeführt werden!

In der Öffnungsphase empfiehlt Wehrend zunächst Geduld und keine vorschnellen Eingriffe. Die Austreibungsphase (die gewöhnlich 0,5 bis 2 Stunden dauert) beginnt mit dem Eintritt des Kopfes ins Becken, was Wehen und Bauchpresse verstärkt. Gleichzeitig dehnen sich immer noch die äußeren Geschlechtsorgane der Kuh.

Wird zum Auszug angesetzt, muss die Zugrichtung verändert werden, wenn der Brustkorb des Kalbes sichtbar wird. Das Kalb tritt zunächst gerade aus und kippt dann ab, damit sich die Hinterbeine strecken können! Negativ wirken sich in der Austreibungsphase aus: Stress, Kalzium-, Selen- und Energiemangel sowie Verfettungen (mangelhafte Dehnung!) im hinteren Abschnitt des Geburtsweges.

Grundregeln für den Auszug des Kalbes
• Das Kalb muss normal liegen
• Die Kuh soll liegen
• Wechselseitiger Zug, bis beide Schultern im Becken der Kuh sind, d. h. bis die Schnauze ausgetreten ist
• Dann an beiden Gliedmaßen gleichzeitig ziehen, wenn die Schultern im Becken sind
• Beim Austreten der Brust, den Zug in Richtung Euter ändern
• Maximal zwei Personen, beim Einsatz von mechanischen Geburtshelfern nur mit Kraftbegrenzung!

Kraftentfaltung beim Einsatz von Geburtshelfern 2 © Prof. Axel Wehrend

Mechanische Geburtshelfer
Eine Befragung hessischer Landwirte ergab, dass Geburtshelfer in der Regel zu früh eingesetzt werden, etwa bereits beim Erscheinen der Fruchtblase. Innere Verletzungen der Kuh sind die Folge, vor allem im Moment des Abwinkelns.

Mechanische Geburtshelfer sollten überhaupt nur eingesetzt werden, wenn keine Haltungs-, Stellungs- oder Lage-Anomalien vorliegen; der Muttermund vollständig geöffnet ist und das Kalb sollte nicht (absolut oder relativ) zu groß sein. Der Geburtshelfer müsse auf jeden Fall eine Kraftbegrenzung haben (s. a. DLG-Merkblatt 374) und während der Geburtshilfe sollte auf Dehnung und vor allem auch auf Dehnungspausen geachtet werden.

Lohnt sich ein Kaiserschnitt?
Die Frage, ob sich ein Kaiserschnitt lohnt, beantwortet der Wissenschaftler mit: ja. Wenn er rechtzeitig durchgeführte wird, das Kalb lebt und bevor Verletzungen bei der Kuh vorliegen. Nach einer Untersuchung von Gschwind et al. von 2003 wurden 68% der Kühe nach einem Kaiserschnitt wieder trächtig, wenn das Kalb überlebte (bei totem Kalb nur 46%).

(1) Salmonellose
(2) Q-Fieber
(3) Aborterreger beim Rind

Klöckner: Mehr Tierwohl im Stall und auf der Wiese gibt es nicht zum Nulltarif!

Ergebnisse der unabhängigen Machbarkeitsstudie zu Vorschlägen der ‚Borchert-Kommission` liegen vor, zeigen mehrere Finanzierungswege auf

Die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner, treibt den Umbau der Nutztierhaltung in Deutschland voran. Hin zu mehr Tierwohl während der gesamten Lebensspanne der Tiere, einer höheren gesellschaftlichen Akzeptanz sowie einer verlässlichen und langfristigen Finanzierung für die Landwirte.

Die Bundesministerin betont: „Unsere Gesellschaft will mehr Tierwohl. Unsere Landwirte wollen mehr Tierwohl. Mehr Tierwohl im Stall und auf der Wiese gibt es aber nicht zum Nulltarif! Und deshalb müssen wir das System der Tierhaltung in Deutschland umbauen – das bringe ich voran: Damit Landwirte die Erwartungen, die an sie gestellt werden, erfüllen und auch davon leben können. Wirtschaftlichkeit muss mit mehr Tierwohl zusammengehen bei uns im Land. Denn sonst exportieren wir diese Fragen ins Ausland und importieren mit den Produkten wiederum die alten Probleme.“

Bundesministerin Julia Klöckner hatte deshalb das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung, die so genannte ‚Borchert-Kommission‘, eingesetzt. Die Kommission hat ein Konzept zur Weiterentwicklung der Tierhaltung mit verschiedenen Möglichkeiten zur Finanzierung vorgelegt. Zur Bewertung der rechtlichen Konformität dieser Optionen hat das Bundesministerium bei der Rechtsanwaltskanzlei Redeker, Sellner, Dahs eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Auch der Deutschen Bundestag, die Agrarministerinnen und Agrarminister der Bundesländer sowie die Borchert-Kommission selbst haben diesen Auftrag in ihren Beschlüssen unterstützt. Die Ergebnisse dieser Studie liegen nun vor.

Finanzierungsoptionen 2

Zentrale Ergebnisse der Machbarkeitsstudie

• Die Studie zeigt, welche Handlungsoptionen bei der Finanzierung und bei der Förderung des Umbaus der Nutztierhaltung in Deutschland und Europa rechtlich möglich sind – und welche aus rechtlichen oder anderen Gründen ausscheiden.
• Die Studie bekräftigt, dass den Landwirten die Kosten für den tierwohlgerechten Umbau der Ställe und die höheren laufenden Kosten ausgeglichen werden müssen. Die zu erwartenden Gesamtkosten werden konkret beziffert:
• 2,9 Milliarden Euro im Jahr 2025,
• 4,3 Milliarden Euro im Jahr 2030,
• 4,0 Milliarden Euro im Jahr 2040.
• Die Studie zeigt, dass den unterschiedlichen Empfehlungen des Kompetenznetzwerkes keine grundsätzlichen Bedenken entgegenstehen.

Finanzierungsoptionen 3

Julia Klöckner: „Nur, wenn den Landwirten Mehrkosten ausgeglichen werden und die Finanzierung vertraglich abgesichert ist, bekommen wir einen Schub für mehr Tierwohl. Es liegen nun mehrere, rechtlich geprüfte Vorschläge auf dem Tisch, wie wir die Tierhaltung in Deutschland umbauen und finanzieren können. Es geht nicht um das ‚Ob‘ – es geht um das ‚Wie‘. Die politische Forderung nach mehr Tierwohl ist von vielen Seiten formuliert. Ich lade ein, zu konstruktiven Gesprächen über den besten Weg, um dieses Ziel zu erreichen.“

Unter folgendem Link finden Sie die Machbarkeitsstudie www.bmel.de/machbarkeitsstudie

Quelle: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)

e-Magazin 1/2021 steht zum Download bereit

Vogelgrippe breitet sich aus: Biosicherheit weiter ernst nehmen
Nach dem großen Seuchenzug 2016/2017 sind Niedersachsens Geflügelhalter und hunderttausende Tiere nun wieder stark betroffen von der Ausbreitung der Geflügelpest. „In diesem Winter ist das Virus nach allen bisherigen Erkenntnissen besonders aggressiv“, stellt Georg Meiners fest. Er ist der Vorsitzende im Tierseuchen-Ausschuss des Landvolks Niedersachsen.

Und nicht nur in Niedersachsen sind Geflügelbestände betroffen: Das Friedrich-Löffler-Institut (FLI) meldet in seiner Risikoeinschätzung vom 16.02.2021, dass in Deutschland seit dem 30.10.2020 über 600 HPAIV (Hochpathogenes Aviäres Influenza-Virus) H5-Fälle (Subtyp 5) bei Wildvögeln, 59 Ausbrüche bei Geflügel, davon drei bei gehaltenen Vögeln in Tierparks festgestellt worden sind. Außerdem meldeten 25 europäische Länder Wildvogelfälle bzw. Ausbrüche von HPAIV des Subtyps H5 bei gehaltenen Vögeln. Das Risiko der Ausbreitung in Wasservogelpopulationen und des Eintrags in Geflügelhaltungen und Vogelbeständen (z.B. zoologische Einrichtungen) wird als hoch eingestuft. In Gebieten mit einer hohen Dichte von Geflügelhaltungen ist von einem hohen Eintragsrisiko durch Verschleppung des Virus zwischen Geflügelhaltungen (Sekundärausbrüche) auszugehen. Überwachungsmaßnahmen hinsichtlich toter oder kranker Wildvögel sollten unverzüglich weiter intensiviert sowie die Biosicherheit in den Geflügelhaltungen überprüft und optimiert werden.

Lahmheiten im Kuhstall – ein Symptom, viele Gründe
Von Dr. Ingrid Lorenz, Tiergesundheitsdienst Bayern e.V.
Rinder sind von Natur aus Weichbodengänger. Das heißt, Kuhklauen sind optimal an stundenlanges Gehen beim Grasen auf der Weide angepasst. Das Stehen und Gehen auf harten Betonböden in der modernen Laufstallhaltung strapaziert hingegen die Klauen oft über ihre Belastungsgrenze hinaus. Die Folge sind Lahmheiten, die durch schmerzhafte Klauenerkrankungen hervorgerufen werden. Welche Maßnahmen beugen Lahmheiten vor?

Klauenerkrankungen sind mit Schmerzen und Leiden für die Kuh verbunden, haben aber auch gravierende ökonomische Folgen. Die Kosten für einen Fall von hochgradiger Lahmheit werden auf bis zu 850 € geschätzt. Hier kommen zu den offensichtlichen Kosten für die Behandlung vor allem auch Verluste durch geringere Milchleistung und Fruchtbarkeitsstörungen hinzu. Neben einer regelmäßigen professionellen Klauenpflege, die auf jeden Fall zwei bis dreimal im Jahr durchgeführt werden sollte, gibt es viele Faktoren, die die Klauengesundheit beeinflussen.

Aktualisierte Auflage: Tierschutzindikatoren: Leitfäden für die Praxis – Schwein – Rind – Geflügel
Der KTBL-Praktikerleitfaden „Tierschutzindikatoren – Schwein“ ist eine Arbeitsunterlage für Halter von Sauen-, Saugferkel-, Aufzuchtferkel- und Mastschweinen. Der KTBL-Praktikerleitfaden „Tierschutzindikatoren – Rind“ ist eine Arbeitsunterlage für Halter von Milchkühen, Aufzuchtkälbern oder Mastrindern. Der KTBL-Praktikerleitfaden „Tierschutzindikatoren – Geflügel“ ist eine Arbeitsunterlage für Halter von Jung- und Legehennen-, Masthühner- und Mastputen.

Frühinfektionen mit Mykoplasmen: Saugferkel sind seltener infiziert als angenommen
Von Ulrike Amler, Dipl. Ing. agr., freie Agrarjournalistin
Im Rahmen einer wissenschaftliche Arbeit an der Ludwig-Maximilian-Universität München (LMU) wurden in den untersuchten Beständen deutlich weniger der gefürchteten Frühinfektionen bei Saugferkeln vorgefunden, als nach geltendem Kenntnisstand zu erwarten waren. Für die Impfstrategie gegen Mycoplasma hyopneumoniae ergeben sich dadurch neue Ansätze.

Ferkelerzeuger und Mäster fürchten zu Recht die Enzootische Pneumonie (EP). Der verantwortliche Erreger, Mycoplasma hyopneumoniae (M. hyopneumoniae) ist in nahezu jedem Schweinebestand nachzuweisen. Durch die Zerstörung des Flimmerepithels nimmt die Selbstreinigungskraft der oberen Atemwege ab und führt zur Verstärkung des klinischen Bildes verschiedener Atemwegserkrankungen bei Zucht- und Masttieren. Die Tierärztin Dr. Pauline Deffner führte ihre Studie zu Infektionen mit dem Erreger der Enzootischen Pneumonie im Rahmen einer Dissertation an der Ludwig-Maximilian-Universität München (LMU) durch. Im Fokus stand das Vorkommen von Infektionen mit M.hyopneumoniae im Saugferkelalter und deren Weiterverbreitung in nachgelagerte Produktionsstufen. Der Erreger von M. hyopneumoniae wurde in den untersuchten Beständen lediglich bei 0,6 Prozent (%) der gesamten Ferkelpopulation und in 10 % der Bestände nachgewiesen. Bislang wurde aus vorangegangenen Untersuchungen von einer Infektionsrate von 14,1 % der Saugferkel ausgegangen. Aufgrund dieser Annahmen forderte der Handel in einigen Regionen von Ferkelerzeugern zwingend eine frühe 2-Shot-Impfung ab dem 7. Lebenstag. Ein weiterer Fokus der Studie an der veterinärmedizinischen Fakultät lag auf der Darstellung des Zusammenhangs zwischen infizierten Muttersauen und dem Grad der besiedelten Ferkel. Deffner fand unter den untersuchten Sauen auf Einzeltierebene eine Infektionsrate von 4 %.

Seltenen Mastitiserregern auf der Spur
Die klinische Mastitis des Rindes ist eine leider häufige Erkrankung und ist verbunden mit Schmerzen für die Kuh, aber auch mit wirtschaftlichen Einbußen für den Milchviehhalter. Neben den altbekannten Mastitiserregern gibt es immer wieder Berichte über seltene Erreger, deren Einfluss auf das Mastitisgeschehen nicht abschließend geklärt ist. Der Erreger Gordonia paraffinivorans ist solch ein seltener Erreger. Er ist ein stäbchenförmiges Bakterium und gehört zur Klasse Actinobacteria, Ordnung Corynebacteriales. Eine Studie*, die kürzlich im „Der Praktische Tierarzt“ erschienen ist, beschreibt das Vorkommen in Deutschland. Von 2015 bis 2019 wurden insgesamt 708.330 Milchproben von mastitiskranken Rindern in Sachsen mikrobiologisch untersucht. Einerseits handelte es sich um Viertelgemelksproben euterkranker Tiere, andererseits um Proben von Frisch- bzw. Altmelkern (Viertelgemelks- und Sammelmilchproben). G. paraffinivorans konnte dabei in Reinkultur aus 21 Viertelgemelksproben von 14 an Mastitis erkrankten Rindern aus 9 Betrieben isoliert werden.

Fußballengesundheit beim Geflügel: Problem erkannt, Gefahr gebannt?
Von Luisa Watzer, Abt. Veterinärwesen und Verbraucherschutz, Landkreis Grafschaft Bentheim
Das Thema der Fußballengesundheit ist ein Thema, das so alt ist wie die konventionelle Hähnchenmast selbst. Doch im Gegensatz zur allgemeinen Meinung handelt es sich dabei nicht um ein Problem der genetisch veränderten Tiere, die immer schneller wachsen und dadurch ein immer höheres Gewicht getragen werden muss, auch wenn dieser Umstand mit Sicherheit nicht förderlich für die Hähnchen und ihre Füße ist. Ein Umstand der dies relativ gut widerlegt ist das saisonale Auftreten von Fußballenveränderungen. Während die Sommermonate häufig unauffällig verlaufen, kommt es in der kalten Jahreszeit gehäuft zum Auftreten von Befunden. Und auch, wenn die Gewichte im Verlauf des Jahres ein wenig variieren mögen, sind ein paar Gramm mehr oder weniger pro Tier nicht ausschlaggebend für veränderte Fußballen. Aber welche Ursachen gibt es nun? Was können Landwirte verändern, um zu einer guten Fußballengesundheit beizutragen? Wie sieht der Gesetzgeber die Problematik? Und welche Probleme bestehen, die weniger bekannt sind?
Trockene Einstreu = gesunde Füße?

Genug Futter? Notfütterung im Frühjahr
Eigentlich sollten ImkerInnen ihre Bienen so gut mit Futter versorgt haben, dass ihre Schützlinge genug Nahrung über den Winter in ihrem Bienenstock haben. Doch manchmal kann es dennoch dazu kommen, dass das Futter knapp wird. Vor allem in milden Wintern oder einem zeitigen Start ins Frühjahr mit anschließendem Kälteeinbruch kann es sein, dass die Bienen fast gar nicht aufhören zu brüten oder sehr früh wieder in die Brut einsteigen. Das ist insofern ein Problem, weil sie brütend mehr Futter verbrauchen und in der Natur vor April nicht wirklich Nahrung finden. Müssen die Bienen hungern, ist das fatal: sie legen weniger Brut an, fressen sie unter Umständen sogar auf und sterben schließlich.

EuroTier Neuheiten aus dem Bereich Tiergesundheit
In diesem Jahr fand die EuroTier aufgrund der COVID-19-Pandemie in der 2. Februarwoche rein digital statt. Die DLG zog ein positives Fazit: Auf der Digital-Plattform der DLG wählten sich an den vier Veranstaltungstagen über 41.000 Teilnehmer ein. Sie informierten sich über das Angebot von rund 1.200 teilnehmenden Unternehmen, diskutierten in über 300 Fachveranstaltungen und vernetzten sich gezielt mit der Branche. Wir stellen Ihnen hier die prämierten Neuheiten vor, die sich explizit mit der Tiergesundheit beschäftigen:


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Pestiviren: Wie erobert ein Virus erfolgreich die Wirtszelle?

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TiHo-Forschende zeigen in zwei Studien Mechanismen, wie Pestiviren in Zellen ihrer Wirte eindringen.

Das effiziente Eindringen in einzelne Wirtszellen ist die Voraussetzung, dass sich ein Virus in bestimmten Geweben oder sogar im gesamten Organismus ausbreiten kann. Um innovative Präventions- und Interventionsstrategien zu entwickeln, ist es wichtig, die molekularen Mechanismen des Zelleintritts von Viren zu kennen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts für Virologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) veröffentlichten zu dieser Thematik zwei Studien in den Fachmagazinen Journal of Virology und Virulence.

In der ersten Studie wurden Zellkulturen tierischen Ursprungs gentechnisch gezielt verändert. Die Verfahrensweise beruht auf der CRISPR/Cas9-Technik, die auch als Genschere bekannt ist. Die Forschenden sind nun in der Lage, Gene für bestimmte Zellfaktoren auszuschalten und zu untersuchen, ob diese Faktoren für den Eintritt von Viren in die Zielzelle von Bedeutung sind. „Mit Hilfe dieser gentechnisch veränderten Zellen untersuchten wir Strukturen, die Pestiviren nutzen, um in Schweinezellen einzudringen. Wir haben uns auf zwei Pestivirus-Vertreter fokussiert: das Virus der Klassischen Schweinepest (KSPV) und das erst seit 2016 bekannte Atypische Porzine Pestivirus (APPV)“, so Projektleiter PD Dr. habil. Alexander Postel. Das Atypische Porzine Pestivirus löst bei neugeborenen Ferkeln die Zitterferkelkrankheit aus, bei der die Viren bestimmte Zellen im Gehirn infizieren und die Ferkel unkontrolliert zittern.

Ihre Untersuchungen zum Viruseintritt ergaben, dass Pestiviren, je nach Spezies, offenbar ganz unterschiedliche Zielstrukturen an der Zelloberfläche nutzen, um in die Wirtszelle einzudringen. Vor fast 20 Jahren wurde von Forschenden nachgewiesen, dass das mit dem APPV verwandte Pestivirus, der Tierseuchenerreger Bovines Virus Diarrhoe Virus (BVDV), über ein antennenartiges Protein namens CD46 in Rinderzellen eintreten kann. Das CD46-Protein ist nicht nur für das BVDV, sondern auch für andere Pathogene die Eintrittspforte, darunter unterschiedliche Bakterien und Viren, wie beispielsweise bestimmte Adeno- und Herpesviren des Menschen oder auch Impfstämme des Masernvirus. Die Arbeiten am Institut für Virologie zeigen nun, dass das CD46 auch für den Eintritt des neuartigen APPV in Schweinezellen wichtig ist. Anders als jahrelang vermutet, scheint CD46 für den Zelleintritt des KSP-Virus in Schweinezellen keine wesentliche Rolle zu spielen. „Wie das KSP-Virus in die Schweinezellen gelangt, bleibt vorerst ein Geheimnis, wir arbeiten jedoch mit viel Elan daran, es zu entschlüsseln“, erklärt Postel. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forschenden im Fachmagazin Journal of Virology.

In einer zweiten Studie konnte die Arbeitsgruppe der TiHo zeigen, dass der Mechanismus, mit dem Pestiviren in Zellen gelangen, viel komplexer ist, als Jahrzehnte lang angenommen. „Wir untersuchten, von welcher Seite BVD-Viren sogenannte polarisierte Epithelzellen der bovinen Atemwege infizieren und auf welcher Seite der Zelle die Virus-Nachkommen die Zelle anschließend wieder verlassen“, erläutert Institutsleiter Professor Dr. Paul Becher. Methodisch werden für diese Untersuchungen primäre Epithelzellen aus Lungen geschlachteter Rinder gewonnen und in Zellkultur dazu gebracht, in Zellverbänden zu wachsen, die denen im lebenden Tier in ihren Eigenschaften sehr ähnlich sind. „Es zeigte sich, dass die Viren offenbar besonders gut durch das ‚Hintertürchen‘ (basolateral) in die polarisierten Lungenepithelzellen eindringen können, obwohl hier, im Gegensatz zur apikalen Zellseite, kaum CD46 auf den Zielzellen zu finden ist. Auf welchem Weg das geschieht, wissen wir noch nicht. Neu entstandene Virus-Nachkommen werden hingegen sehr effizient durch die ‚Vordertür‘ (apikal) an die Umgebung abgegeben. Das ist optimal, um große Virusmengen über die Lunge auszuscheiden“, fasst Becher zusammen. Die Ergebnisse der zweiten Studie veröffentlichte das Team im Fachmagazin Virulence.

Originalpublikationen
Cagatay G, Antos A, Suckstorff O, Isken O, Tautz N, Becher P, Postel A (2021). Porcine complement regulatory protein CD46 is a major receptor for atypical porcine pestivirus but not for classical swine fever virus, Journal of Virology, DOI 10.1128/JVI.02186-20

Su A, Fu Y, Meens J, Yang W, Meng F, Herrler G, Becher P (2021). Infection of polarized bovine respiratory epithelial cells by bovine viral diarrhea virus (BVDV), Virulence, Vol 12, Issue 1, DOI 10.1080/21505594.2020.1854539

Quelle: Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

Die Verfütterung von „Sperrmilch“ an Kälber kann Antibiotikaresistenzen verstärken

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Die Verwendung antimikrobieller Medikamente mit der Folge der Entstehung antibiotikaresistenter Bakterien ist ein globales Gesundheitsproblem, das Menschen, Tiere und die Umwelt betrifft. Einen möglichen, diese Problematik beeinflussenden Faktor, nahm nun ein ExpertInnenteam der Vetmeduni Vienna genauer unter die Lupe, und zwar die sogenannte Sperrmilch – Milch, die nicht die rechtlichen Anforderung an ein Lebensmittel erfüllt (für den menschlichen Verzehr „gesperrt“ ist), und daher gerne an Kälber verfüttert wird. Laut den ForscherInnen sollten mögliche negative Folgen dieser Fütterungspraxis eine stärkere Beachtung finden und Alternativstrategien erforscht werden.

Wenn Milchkühe mit Arzneimitteln behandelt werden, gilt eine gesetzlich vorgeschriebene Wartezeit. Während dieser Zeit darf die Milch nicht für den menschlichen Verzehr angeboten werden – es entsteht sogenannte Sperrmilch. Teils wird diese als Abfall entsorgt oder auch an Kälber verfüttert. Denn diese Milch liefert hochwertige Bestandteile, die als Futter genutzt werden können. Aber aufgrund der enthaltenen antimikrobiellen Rückstände ist dies auch ein potenzieller Grund zur Besorgnis, denn diese Praxis kann zur Entwicklung und Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen beitragen. Zum Risiko der Entwicklung antibiotikaresistenter Bakterien bei Milchkälbern veröffentlichte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) im Jänner 2017 eine wissenschaftliche Stellungnahme. Die EFSA-ExpertInnen schätzen, dass ungefähr 1% der in der Europäischen Union produzierten Milch als nicht verkaufsfähig („Sperrmilch“) einzustufen ist und vermutlich an Kälber verfüttert wird.

Negative Auswirkung von Sperrmilch-Fütterung stärker berücksichtigen
In einem aktuellen Review für die renommierte Fachzeitschrift „Pathogens“ analysierte ein ForscherInnenteam um Clair Firth vom Institut für Lebensmittelsicherheit, Lebensmitteltechnologie und Öffentliches Gesundheitswesen der Vetmeduni Vienna deshalb die relevante wissenschaftliche Literatur zur Verfütterung von Sperrmilch an Kälber. Insgesamt 19 – im Zeitraum von 2016 bis 2020 – in internationalen Fachzeitschriften publizierte Forschungsarbeiten sowie die EFSA-Stellungnahme bilden die Basis für diesen wissenschaftlichen Überblick. Die überwiegende Mehrheit der Studien untersuchte aus dem Kot von Milchkälbern isolierte E. coli-Bakterien, insbesondere den Einfluss der Milchfütterung auf die Häufigkeit des Vorkommens von Resistenzen bei diesen Darmkeimen. Einerseits zeigen manche Forschungsergebnisse für die Fütterung von Sperrmilch im Vergleich zu Milchpulver eine positive Auswirkung für die tägliche Gewichtszunahme und andere Vorteile für die Gesundheit von Kälbern. Das große Aber: „Die Fütterung von Sperrmilch ist von negativen Auswirkungen begleitet. Insbesondere sind dies die Entstehung und Ausbreitung antibiotikaresistenter Bakterien, die Veränderung der Darmflora sowie die möglichen Folgen, die daraus für die globale öffentliche Gesundheit erwachsen könnten. Wir empfehlen deshalb, diese Faktoren bei der Fütterung von Kälbern mit Sperrmilch immer zu berücksichtigen“, so Firth. Laut den ExpertInnen wäre es wünschenswert, künftig Alternativstrategien für die Nutzung von Sperrmilch zu entwickeln, damit dieses hochwertige Futtermittel nicht entsorgt werden muss.

Komplexes Phänomen erfordert weitere Analysen
Im Detail brachten die von den WissenschafterInnen untersuchten Studien eine Vielzahl an unterschiedlichen Ergebnissen. Während die Fütterung von Milch, die antimikrobielle Rückstände enthält, die Ausscheidung antimikrobiell resistenter Bakterien bei Milchkälbern zu erhöhen scheint, ist ein solches Ausscheiden aber häufig nur von kurzer Dauer. Obwohl nach der Milchfütterung häufig über Veränderungen im Mikrobiom der Kälber berichtet wurde, kann aufgrund der vorliegenden Forschungsergebnisse derzeit nicht klar gesagt werden, wie sich dies auf die weitere Gesundheit der Kälber auswirkt. Zudem scheint die mögliche Übertragung von antimikrobiell resistenten Bakterien von solcher Milch auf Kälber zu dem äußerst komplexen Problem beizutragen. Außer Frage steht, dass erkrankte Kühe unbedingt adäquat behandelt werden müssen. Die Entstehung von Sperrmilch ist dabei unvermeidbar. „Um eine Vorgehensweise für den Umgang mit Sperrmilch empfehlen zu können, sind weitere Studien notwendig. So können wir ein umfassenderes Bild möglicher Zusammenhänge gewinnen und besser einschätzen, mit welchen Gefahren die Verfütterung von Sperrmilch an Kälber tatsächlich verbunden ist“, so Firth. Zudem soll erforscht werden, wie Sperrmilch „schonend“ behandelt werden kann, damit die wertvollen Inhaltsstoffe verwertet und gleichzeitig mögliche Risiken vermieden werden können.

Quelle: Veterinärmedizinische Universität Wien

Stiftung unterstützt Gründer

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Die Stiftung Westfälische Landschaft fördert im Rahmen einer Kooperation mit der Hochschule Osnabrück ein Forschungsprojekt zur Entwicklung und Evaluation einer Markteinführungsstrategie. Es geht dabei um eine agrartechnische Innovation, die von dem Studierenden Victor große Macke und Alexander Grunwald, Absolvent der Hochschule Osnabrück, entwickelt wurde. Wissenschaftlich begleitet wurde das Vorhaben durch Prof. Dr. Karin Schnitker von der Hochschule Osnabrück. Mit Hilfe des innovativen Projektes soll das sog. Schwanzbeißen (Kaudophagie) in der Schweinehaltung reduziert werden.

Johannes Röring, Vorsitzender der Direktion der Stiftung Westfälische Landschaft, und Susanne Schulze Bockeloh, stellvertretende Vorsitzende, nennen zwei Gründe für die Förderung. Zum einen hilft die Markteinführungsstrategie auch anderen Gründern, innovative Produkte in den landwirtschaftlichen Markt einzuführen. Das kommt der gesamten Landwirtschaft zugute. Zum anderen wird das Produkt bei Erfolg vielen schweinehaltenden Betrieben helfen und einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung des Tierwohls leisten.

Zweck der Stiftung Westfälische Landschaft ist es, dem Wohl und der Leistungsfähigkeit des ländlichen Raumes zu dienen. Sie fördert der Allgemeinheit zugutekommende Belange der Land- und Forstwirtschaft. Schwerpunkte sind dabei land- und forstwirtschaftliche Versuchs- und Forschungsvorhaben sowie die Förderung der Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur sowie des Umwelt-, Landschafts- und Denkmalschutzes.

Quelle: Westfälisch-Lippischer Landwirtschaftsverband (WLV e.V.)

Erstmalige Infektion von Menschen mit Geflügelpestvirus H5N8 in Russland

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Agrarminister Klöckner, Otte-Kinast und Backhaus initiieren Monitoring zur besseren Risikobewertung

Aus der russischen Föderation wurde am vergangenen Wochenende erstmals weltweit über eine Infektion von Menschen mit dem Geflügelpestvirus H5N8 berichtet. Die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner, hat sich deshalb mit ihren Amtskollegen aus Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern, Barbara Otte-Kinast und Till Backhaus, ausgetauscht. Die beiden Bundesländer sind von der Tierseuche aktuell am stärksten betroffen.

Bei ihrem Telefonat verständigten sich die drei Minister darauf, bei Ausbrüchen der Geflügelpest in Deutschland vorsorglich ein Monitoring der Personen zu initiieren, die in Kontakt mit den infizierten Tieren kommen.

Konkret soll das dem Bundesministerium zugehörige Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), Bundesinstitut für Tierseuchen, gemeinsam mit dem Robert-Koch-Institut sowie der Universität Rostock eine entsprechende Studie konzipieren, um die Infektionsrisiken für den Menschen beurteilen zu können. Ergänzend dazu werden die bereits bestehenden Vorsorgekonzepte aktualisiert und an das derzeitige Geschehen angepasst. Die aktuell noch ausstehenden Bewertungen der Weltgesundheitsorganisation sowie des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten zum Fall in Russland werden in diese Risikobewertung und in einen Maßnahmenplan einfließen. Parallel dazu wird das FLI die Feintypisierung der H5-Viren mit den russischen H5N8 Varianten abgleichen. Für eine Weitergabe des Geflügelpestvirus zwischen Menschen gibt es keine wissenschaftlichen Hinweise.

Klöckner, Otte-Kinast und Backhaus betonen: „Die aktuelle Situation verfolgen wir aufmerksam. Klar ist: In Deutschland ist bisher keine Übertragung von H5N8 auf den Menschen nachgewiesen worden. Dennoch ist wichtig, dass wir eine belastbare Datengrundlage zur Risikobewertung haben. Das Monitoring ist hier ein wesentlicher Beitrag.“

Hintergrund:
Russische Behörden teilten am vergangenen Wochenende mit, dass bei sieben Mitarbeitern eines Geflügelmastbetriebes weltweit erstmals Infektionen mit hochpathogenem aviären Influenzavirus / Geflügelpestvirus des Subtyps H5N8 festgestellt wurden. Die Infektionen fanden bereits im Dezember statt, den Betroffenen geht es laut Behördenangaben gut. Eine Weiterverbreitung von Mensch zu Mensch wurde nicht beobachtet. Der Virussubtyp H5N8 tritt neben weiteren H5-Subtypen seit Herbst 2020 in Europa verstärkt bei Wildvögeln auf und führte in der Folge zu zahlreichen Ausbrüchen bei Geflügel insbesondere in Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern.

Trotz des umfangreichen und nach wie vor aktiven Geschehens bei Geflügel und Wildvögeln liegen bisher keine Hinweise auf humane Infektionen oder natürliche Infektionen bei Säugetieren in Deutschland oder anderen europäischen Ländern außerhalb Russlands vor. Humaninfektionen ändern die Risikoeinschätzung des FLI zum Auftreten von HPAIV H5 in Deutschland bei Geflügel und Wildvögeln nicht, dieses bleibt unverändert hoch.

Personen, die in Kontakt mit infiziertem Geflügel kommen, sollten für mindestens zehn Tage auf das Auftreten von respiratorischen Symptomen bzw. Bindehautentzündungen achten. Falls Symptome auftreten, sollte unverzüglich ärztliche Hilfe in Anspruch genommen und eine Testung auf Influenzaviren durchgeführt werden. Darüber hinaus gelten allgemeine Hygieneregeln. So sollten tote Vögel nicht mit bloßen Händen angefasst werden und man sollte sich auf jeden Fall gründlich mit Wasser und Seife die Hände waschen, falls es doch zu einem Kontakt gekommen ist. Auf die einschlägigen Empfehlungen des Robert Koch-Instituts wird hingewiesen.

Bei Geflügelpestviren besteht immer die Möglichkeit einer Änderung der Eigenschaften, u.a. auch der Übertragbarkeit. Zudem können bei einer hohen Viruslast, wie sie in betroffenen Geflügelhaltungen zu erwarten ist, sporadische Übertragungen auf Menschen nicht ausgeschlossen werden.

In Deutschland wurden bisher 625 Fälle bei Wildvögeln und 65 Fälle beim Hausgeflügel amtlich bestätigt (Stand 21.02.2021, 9.30 Uhr). Bisher gibt es keine Hinweise darauf, dass die jetzigen in Deutschland vorhandenen H5N8-Viren auf den Menschen übertragen werden können. Das FLI ist hier in engem Kontakt mit dem Robert-Koch-Institut.

Weitere Informationen zur Aviären Influenza finden Sie auf der Homepage des Bundesministeriums unter www.bmel.de oder auf der Internetseite des FLI unter www.fli.de

Quelle: Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Geflügelpest: Ausnahme für Freiland-Gänsehaltung im Sperrgebiet? #EuroTier2021

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Auf der EuroTier digital schilderte Iris Tapphorn, Tapphorn Gänsehof in Lohne, Landkreis Vechta, ihre Erfahrungen mit der Gänsehaltung unter Geflügelpestbedingungen. Ihr Gänsehof umfasst eine Brüterei und Aufzucht der Küken, Mast und Schlachtung sowie die Federverarbeitung in Form von Kissen und Bettzeug (www.gaensehof-tapphorn.de). Sie hält die Mastgänse im Freiland, und das ist im Falle von Geflügelpest natürlich ein Problem. Denn als vorsorgliche Maßnahme erlässt der Landkreis eine Aufstallungspflicht für sämtliches Geflügel. Gänse gelten als gute Überträger des Virus, auch wenn sie nicht so schwer erkranken im Vergleich zu Hühnern und Puten.

Seuchenschutz ist immer auch eine Abwägung von Tierschutz und Tierwohl. Frühere Geflügelpestzüge haben laut Iris Tapphorn zu massiven Tierschutzproblemen geführt, denn Freilandgänse sind eine Aufstallung nicht gewohnt. Außerdem ist eine Aufstallung für die Tierhalter nicht einfach umzusetzen, denn niemand hat einfach so einen bis dato ungenutzten Stall, der sich für die Aufstallung von Gänsen nutzen lässt.

Um für eine derartige Situation gerüstet zu sein, bereitet sich Iris Tapphorn deshalb schon frühzeitig vor. Mastgänse stellen weniger ein Problem dar, weil diese ja bis Weihnachten geschlachtet werden. Aber die Elterntiere bleiben über den Winter. Ihr Betrieb hat den Besatz der Elterntiere aufgrund der Gefahr von Geflügelpest deutlich reduziert. Im Falle einer Stallpflicht wäre so genügend Platz für die Elterntiere im Stall vorhanden. Tapphorns haben ihre Auslaufflächen mit Gräben versehen, um das Oberflächenwasser abzuführen, welches sonst Zugvogel zur Rast anlocken würde. Weiterhin gibt es keine Futterstellen und auch keine Tränkestellen mehr im Auslauf, um Wildvögeln keinen Grund zum Bleiben zu geben. Außerdem haben sie ihr Monitoring auf die Tiergesundheit verstärkt und eine noch striktere Biosicherheit eingeführt. So minimiert der Betrieb Tapphorn das Risiko für den Eintrag des Virus.

Es bleibt aber das Problem, wohin mit den Mastgänsen bei Stallpflicht im Herbst? Denn für die deutschen Freiland-Gänsehalter gibt es derzeit nahezu keine Planungssicherheit, ob die Mast für die Saison komplett im Freiland durchgeführt werden kann. Iris Tapphorn kritisiert, dass durch das föderalistische System jeder Landkreis für sich entscheidet, wie er mit der Geflügelpest und einzelnen Tierhaltern, die eine Ausnahmegenehmigung beantragen, umgeht. Sie sagt, dass sie einerseits gelobt werden, weil sie die Tiere draußen halten, und der Kunde möchte gerne deutsche Freilandgänse, andererseits aber bestehe eben keine Planungssicherheit bei Mastbeginn im Frühjahr, das die Gänse auch wirklich bis Weihnachten auf der Weide bleiben dürfen. Das müsste klar geregelt werden, z.B. mit einer Ausnahme von der Stallpflicht für die Gänsefreilandhaltung. Da müsse Rechtssicherheit her, und zwar auf nationaler Ebene. Denkbar wäre zur Absicherung neben größter Biosicherheit ein engmaschiges Monitoring auf das Virus, z.B. wöchentlich oder alle zwei Wochen ein Screening im Bestand, um frühzeitig bei Virusverdacht reagieren zu können. Wenn man deutsche Gänse aus Freilandhaltung möchte, müsse man den Gänse haltenden Betrieben auch eine Perspektive bieten, ist ihre Forderung.

Quelle: Dr. Heike Engels, Der Hoftierarzt

Erhöhte Ebenen in der Hähnchenmast – #EuroTier2021

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Zum praktischen Einsatz erhöhter Ebenen in der Hähnchenmast zeigte Stefan Teepker, Geschäftsführer bei SprunGTische.de, anlässlich der EuroTier 2021 Bilder aus seinen Mastställen, in denen auch Vergleichsversuche des FLI durchgeführt werden.

Dr. Julia Malchow, FLI

Dr. Julia Malchow (Institut für Tierschutz und Tierhaltung des Friedrich-Loeffler-Instituts) stellte anschließend vorläufige Ergebnisse des Projekts „Healthy Livestock“ vor (Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes bei Masthühnern und Mastschweinen, durch Verbesserung von Tiergesundheit und Wohlbefinden, ohne Produktivitätseinbußen). Das FLI untersucht im Rahmen des Projekts das Verhalten von Masthühnern beim Einsatz von erhöhten Ebenen im Stall. Grundsätzlich kommen Sprungtische dem natürlichen Verhalten der Tere entgegen, strukturieren die Haltungsumgebung und bieten den Hühnern Möglichkeiten zum Aufbäumen wie auch zum Ruhen unter den Sitzebenen. Vorherige Studien hatten bereits gezeigt, dass sich Sitzstangen nicht für schnellwachsende Rassen eignen und Plattformen stärker genutzt werden. Erhöhte Ebenen verbessern die Abtrocknung der Einstreu, damit die Fußballengesundheit und Lauffähigkeit.

Eine automatische Früherkennung von Gesundheitsparametern kann mithilfe von Videokameras über Parameter wie Gewicht oder Aktivität erreicht werden, wobei allerdings einzelne Individuen kaum zu erkennen sind. Das FLI will ist dabei ein geeignetes System zu entwickeln.

Dazu werden in unterschiedlichen Haltungsbedingungen verschiedene Oberflächen erhöhter Ebenen untersucht: Aluplatten, perforierte Gitterroste und Gussroste (aus der Schweinehaltung). Für die Studie wurden die Nutzung der erhöhten Ebenen, Futterverzehr, Gefiederverschmutzung, Fußgesundheit und Verhalten (Ängstlichkeit) erfasst. Die Ebenen wurden für den Versuch mit Wägezellen ausgestattet.

Vorläufige Ergebnisse
Im Celler Versuchsstall bevorzugten die Hühner Gitterroste gegenüber Aluplatten, wobei die Nutzung generell in der 2. und 3. zunimmt und ab der 4. LW wieder abnimmt. Im Praxisstall wurden Alu, Plastikgitter und Gussmetallroste getestet, wobei keine klare Präferenz über die gesamte Mastdauer festgestellt werden konnte. Nicht-perforierte Oberflächen wurden allerdings in einigen LW etwas stärker genutzt.

Beim Vergleich erreichten die Hühner beim Gitterrost ein höheres Gewicht (2.500 zu 2.400 g), hatten aber gleichzeitig stärker verschmutztes Gefieder (18,3% zu 9,7%) und schnitten beim Fußballen-Score seltener mit „0“ ab (73,1% zu 91,4%). Bei Veränderungen des Fersenhöckers (74,2% zu 67,7%) und der Mortalität (2,9% zu 3,5%) waren keine signifikanten Unterschiede feststellbar. Im weiteren Verlauf des Projekts sollen nun Resilienz (Widerstandsfähigkeit) und Möglichkeiten zur Früherkennung gesundheitlicher Probleme untersucht werden.

PS: Durchgehende Gitterroste (aus Kunststoff) sind derzeit nach TierSchNutztV nicht anrechenbar.

Sinkende Antibiotikazahlen im QS-System Antibiotikamonitoring 2020

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+ Schweine haltende Betriebe mit den meisten Einsparungen
+ Pilotprojekt nimmt Mastelterntiere von Hähnchen und Puten ins Antibiotikamonitoring mit auf
+ Reserveantibiotika bleiben die Ausnahme

Die verabreichte Menge Antibiotika aller tierhaltenden Betrieben im QS-System sank 2020 im Vergleich zum Vorjahr weiter. Die Schweine haltenden Betriebe konnten dabei die größten Einsparungen vornehmen: Im Vergleich zum Vorjahr um 9,3 Tonnen und im Vergleich zum Jahr 2014, als erstmals die gesamte Schweineproduktion im QS-Antibiotikamonitoring erfasst wurde, sogar um über 43 Prozent.

Das Antibiotikamonitoring hat in einem Pilotprojekt 2020 auch die Mastelterntiere bei Hähnchen und Puten miterfasst. In diesem Bereich verabreichten die Geflügelhalter 4,13 Tonnen Antibiotika in insgesamt 230 Betrieben mit einer Bestandsgröße von durchschnittlich knapp 30.000 Tieren. Über alle Tiergruppen hinweg bleibt es auch im Jahr 2020 bei einer rückläufigen Tendenz der Antibiotikamengen. Insgesamt konnten die Tierhalter im QS-System 2,9 Tonnen Antibiotika im Vergleich zum Vorjahr einsparen.

Reserveantibiotika bleiben die Ausnahme im QS-System
„Die aktuellen Zahlen aus dem Antibiotikamonitoring zeigen erneut, dass die Tierärzte im QS-System nur im äußersten Notfall, wenn alle Alternativen bei der Behandlung kranker Tiere ausgeschöpft sind, kritische Antibiotika verschreiben. Eine konstant niedrige Sockelmenge von 3,78 Tonnen für alle QS-tierhaltenden Betriebe lässt sich mit Blick auf den Tierschutz und die zwingende Notwendigkeit, kranke Tier zu behandeln, derzeit nur schwer reduzieren“, erläutert Katrin Spemann, bei QS verantwortlich für das Antibiotikamonitoring, die aktuellen Entwicklungen. Reserveantibiotika machten 2020 einen Anteil von 0,83 Prozent an der Gesamtmenge verabreichter Antibiotika im QS-System aus.

QS-Therapieindex stellt sichere Datenbasis
Die Qualität und Plausibilität der Daten im QS-Antibiotikamonitoring wird über den Therapieindex der einzelnen tierhaltenden Betriebe verifiziert. Zum Stichtag 1. Februar 2021 lagen QS über 90 Prozent aller Therapieindices aus den Betrieben vor. Damit kann QS regelmäßig auch die Plausibilität der Daten prüfen.

Der Therapieindex kennzeichnet im QS-System die durchschnittliche Anzahl der Behandlungseinheiten je Tierplatz. Das heißt er wird für jeden Betrieb berechnet und drückt aus, an wie vielen Tagen jedes Tier im Durchschnitt mit einem Wirkstoff behandelt wurde. Der Therapieindex basiert auf den Zahlen der letzten zwei Quartale.

Quelle: QS Qualität und Sicherheit GmbH