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Die Immunokastration von Mastschweinen als Methode der Wahl für den Tierschutz auch im ökologischen Landbau ermöglichen

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Die Tierschutzbeauftragten der Bundesländer und die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. zur Immunokastration in der Ökobranche:

Die EU-Kommission vertritt die Auffassung, dass die Immunokastration mit den Prinzipien der ökologischen Erzeugung nicht vereinbar wäre. Leider folgt dieser Fehleinschätzung der EU-Kommission auch die Länderarbeitsgemeinschaft ökologischer Landbau (LÖK). Damit würde ökologisch arbeitenden Schweinebetrieben als Alternative zur Ebermast nur eine chirurgische Kastration zur Verfügung stehen.

Die Tierschutzbeauftragten der Bundesländer und die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. fordern auf, gerade ökologisch erzeugenden Betrieben nicht die tierschonendste Methode zur Verhinderung des Geschlechtsgeruchs des Fleisches von männlichen Schweinen zu verwehren.

Die EU-Kommission gibt an, dass die Immunokastration nicht mit den Regeln zur ökologischen Erzeugung vereinbar sei, eine weiterführende Erläuterung bleibt sie schuldig. An diesem Standpunkt hält sie auch fest, nachdem der Sachverhalt bei der Implementierung der neuen EU-Ökoverordnung VO (EU) 2018/848 umfangreich debattiert worden ist. Ein möglicher Ablehnungsgrund könnte sein, dass bei ökologischer Erzeugung der Einsatz von externen Produktionsmitteln auf natürliche oder naturgemäß gewonnene Stoffe zu beschränken ist. Dass bei ökologischer Erzeugung eine chirurgische Kastration mit Schmerz- und/oder Betäubungsmitteln zulässig ist, entkräftet diese Argumentation, da auch Schmerzmittel wie Meloxicam oder Betäubungsmittel wie Isofluran keinesfalls natürlich oder naturgemäß gewonnen werden. Als weiterer Ablehnungsgrund steht im Raum, dass bei der ökologischen Erzeugung immunologische Arzneimittel nur im Rahmen der Krankheitsvorsorge und einer tierärztlichen Behandlung zulässig sind. Dem ist das Gebot der Leidensminimierung, welches auch bei der ökologischen Erzeugung rechtlich verankert ist, entgegenzusetzen. Dieses gebietet, stets die tierschonendste Methode zu verwenden – dies ist nach übereinstimmender Auffassung aber die Immunokastration, da hier der chirurgische Eingriff am Tier ausbleibt.

Die Tierschutzbeauftragten der Bundesländer und die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. appellieren deshalb – auch im Hinblick auf das in Deutschland im Grundgesetz verankerte Staatsziel Tierschutz –, die Abwägung zu Gunsten des Tierschutzes zu treffen und die Anwendung der Immunokastration auch für ökologisch arbeitende Betriebe zu ermöglichen. Denn sie sind sich einig: „Es kann nicht sein, dass ausgerechnet der Biobranche die Immunokastration als Alternative zur chirurgischen Kastration verwehrt wird. Denn damit würde man ökologisch erzeugende Betriebe dazu zwingen, Methoden einzusetzen, die aufgrund des Tierschutzes aber auch des Umweltschutzes weniger geeignet sind, wie die Isoflurannarkose.“

So fordern die Tierschutzbeauftragten der Bundesländer und die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V. die Bundesländer dazu auf, von ihren Möglichkeiten zur Auslegung Gebrauch zu machen, um die Immunokastration in der Biobranche zu ermöglichen und sich also nicht der Auffassung der EU-Kommission anzuschließen, da diese auch nicht rechtlich bindend ist.

Quelle: Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz e.V.,

Hühner auf der Stange: Holzbau als Beitrag zum Tierwohl

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Es gibt Studien die belegen, dass Räume mit hohem Holzanteil einen positiven Einfluss auf das Wohlbefinden des Menschen haben. Die Frage ist, ob dies bei Hühnern genauso ist? Ein Forschungsteam an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) untersucht erstmals, ob es einen Zusammenhang zwischen dem in Ställen verbauten Material und der Tiergesundheit und dem Tierwohl gibt.

Holz wird in Hühnerställen vor allem zum Bau von Sitzstangen eingesetzt. Der überwiegende Teil der Haltungseinrichtungen besteht mittlerweile aus Kunststoff und Metall. Die Frage ist, warum ist das so? „Oft wird angeführt, dass Holz schlechter zu reinigen ist, schneller verschleißt und daher öfter ausgetauscht werden muss. Zusätzlich sind Kunststoffe und Metalle mittlerweile günstiger in der Fertigung und im Einkauf“, beobachtet Anja Kampe, akademische Mitarbeiterin an der HNEE. Bislang fehlen jedoch Daten, sodass ein Vergleich der verschiedenen Materialien nicht möglich ist. „Wir wollen daher verschiedene native Holzarten und Holz-Modifikationen miteinander auf ihre Beständigkeit in diesem Zusammenhang überprüfen. Dabei soll unter anderem geschaut werden, ob eine Holzart eventuell gegen Parasiten zum Beispiel der Roten Vogelmilbe hilft, ähnlich wie Zirbenholz gegen Motten“, sagt Gerriet Trei, akademischer Mitarbeiter am Fachbereich Landschaftsnutzung und Naturschutz der HNEE. Ziel des Projekts sei eine Verbesserung des Tierwohls von Hühnern und anderem Geflügel durch gezielte Substitution von erdölbasierten Materialien (Kunststoffen) durch biobasierte-nachwachsende Rohstoffe.

Das Forschungsteam untersucht unterschiedliche Holzarten, Material- und Modifikationskombinationen, neue Konstruktionen und ökologische Beschichtungen. Auch der Einsatz von alternativen biobasierten Rohstoffen in festen und mobilen Hühnerställen an exemplarischen Stallkomponenten wird hierbei erforscht. „Bei den Beschichtungen wollen wir schauen, ob sich beispielsweise die Reinigungsmöglichkeit von Holz verbessern lässt“, ergänzt Anja Kampe.

Inwieweit sich durch den Einsatz von Holz langfristig auch Kosten für den Stallbau reduzieren lassen, ist noch nicht abschätzbar und eher schwierig zu kalkulieren. „Häufig werden Berechnungen nur für gesamte Ställe, also inklusive Außenhülle durchgeführt. In unserem Projekt konzentrieren wir uns jedoch auf die Einrichtung, vor allem der Aspekt der Haltbarkeit der Materialien spielt eine große Rolle“, meint Gerriet Trei.

Das HNEE-Team erhofft sich, dass neben der Verbesserung des Tierwohls, auch ein Beitrag für das Klima geleistet werden kann, wenn wieder mehr Stalleinrichtungen aus Holz gebaut werden.

Quelle: Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde

Aerosol-Impfung in der Hähnchenmast

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Wenn viele Tiere auf einmal geimpft werden sollen, sind Injektionen mit der Spritze wenig praktikabel. Beim Geflügel setzen Tierärzte deswegen auf eine Sprüh-Impfung. Wie das im Stall funktioniert, erklärt Dr. Andreas Wilms-Schulze Kump im Video.

Corona beflügelt regionale Eier-Erzeugung

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Deutschlandweit knapp 2,5 Millionen Legehennen in mobilen Ställen

Wie der Bundesverband mobile Geflügelhaltung e. V. – BVMG (Modautal/Hessen) mitteilt, leben in Deutschland nach aktuellen Markterhebungen* mittlerweile knapp 2,5 Millionen Legehennen in über 2000 Betrieben in mobilen Geflügelställen.

Die Nachfrage nach regional erzeugten Lebensmitteln und Tierwohl hat sich in der Corona-Pandemie weiter verstärkt. „Die Verbraucher möchten vermehrt gute Lebensmittel aus der eigenen Region, wo sie sehen, dass es den Tieren gut geht“ sagt der Vorsitzende Dennis Hartmann. „Auch das Vertrauen zum landwirtschaftlichen Erzeugerbetrieb, den man persönlich kennt, spielt eine Rolle. Aus einem anfänglichen Trend wurde mittlerweile eine nachhaltige Entwicklung“ so Hartmann weiter.

Um wirtschaftlich arbeiten zu können, war in der Geflügelbranche in den letzten Jahrzehnten die Marschrichtung Zentralisierung und der Bau immer größerer Stallanlagen. Mit der verstärkten Nachfrage von regionalen Lebensmitteln stärken die Verbraucher die regionale Erzeugung vor Ort. Wo früher die Tierhaltung nach und nach verschwunden ist oder in Großbetrieben zentralisiert wurde, kehrt diese heute in Form von mobilen, kleinbäuerlichen Stallanlagen wieder zurück.

Was ist ein mobiler Geflügelstall?
In den letzten Jahren hat sich gerade im Bereich der regionalen, bäuerlichen Eiererzeugung eine neue Mobilstall-Szene entwickelt. Die Tierhaltung findet dort transparent, regional und zumeist in kleinbäuerlichen Strukturen statt. Die Hühner leben in – für die heutige Zeit relativ kleinen Tiergruppen – in mobilen Ställen, die regelmäßig auf frische Wiese umziehen. Der Verbraucher hat oft einen direkten Bezug zu „seinem Bauern“ und sieht, dass es den Tieren dort gut geht.

PLZ-Suche für Verbraucher unter www.mein-mobil-ei.de

Der BVMG hat auf seiner Internetseite eine PLZ-Suche eingerichtet, wo die Menschen in Deutschland einfach und unkompliziert den nächsten Mitgliedsbetrieb mit mobiler Haltung finden können.

Quelle: Bundesverband Mobile Geflügelhaltung e. V.

Macht das Stadtleben Hummeln größer?

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Treiben Städte die Evolution von Hummeln voran? Einen ersten Hinweis dafür liefern Befunde einer neuen Studie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig: Demnach sind die Insekten in Städten größer und dadurch sogar produktiver als Vertreterinnen derselben Art auf dem Land. Die Unterschiede in der Körpergröße könnten eine Folge der zunehmend zerstückelten Lebensräume in Städten sein, wie das Forschungsteam in der Fachzeitschrift „Evolutionary Applications“ schreibt.

In den letzten 200 Jahren hat sich der Lebensraum von Hummeln und anderen Insekten stark verändert: Sie leben seltener in ländlichen Regionen und auf Wiesen, sondern häufig umringt von Straßen und Betonwänden. „Städte haben für Hummeln Vor- und Nachteile: Einerseits gibt es durch private und botanische Gärten, Stadtparks und mit Blumen bestückte Balkone ein reichhaltiges Nahrungsangebot. Andererseits ist es in Städten deutlich wärmer als im Umland. Zudem entstehen durch Straßen und große Gebäude deutlich kleinere, voneinander mehr oder weniger stark getrennte Lebensräume“, sagt Dr. Panagiotis Theodorou vom Institut für Biologie der MLU, der die Studie als Wissenschaftler an der MLU und bei iDiv geleitet hat.

Das Team von Biologinnen und Biologen der MLU wollte herausfinden, ob die Verstädterung Folgen für die Evolution von Hummeln haben könnte und ob sich diese möglicherweise daran anpassen können. Dafür sammelten sie mehr als 1.800 Hummeln in neun Großstädten und deren ländlicher Umgebung. Die Arbeit konzentrierte sich auf drei in Deutschland häufig vorkommende Arten: die Steinhummel (Bombus lapidarius), die Ackerhummel (Bombus pascuorum) und die Dunkle Erdhummel (Bombus terrestris). Jede gefangene Hummel wurde vermessen. Außerdem beobachteten die Forscherinnen und Forscher an jedem der insgesamt 18 Standorte, wie oft Hummeln eigens gezüchtete und vor Ort ausgesetzte Rotkleepflanzen besuchten. Daraus wurde im Anschluss die Bestäubungsleistung berechnet. Dabei zeigte sich: „Tatsächlich waren die Hummeln aus urbanen, stärker fragmentierten Gebieten im Durchschnitt deutlich größer als ihre Artgenossinnen auf dem Land, um etwa vier Prozent“, sagt die Biologin Dr. Antonella Soro von der MLU. Die Ergebnisse waren für alle drei Hummelarten gleich.

Die Körpergröße steht im Zusammenhang mit dem Stoffwechsel eines Organismus und ist auch ein Indikator für Lebensdauer und Leistungsfähigkeit von Lebewesen. „Größere Hummeln können besser sehen, besser lernen und haben ein größeres Erinnerungsvermögen. Sie werden auch seltener von Fressfeinden attackiert und können weitere Distanzen zurücklegen. Das bedeutet, dass sie pro Flug mehr Blumen anfliegen können, mehr Pollen transportieren und so bessere Bestäuber sind“, sagt Soro. Das haben auch die weiteren Analysen der Forscherinnen und Forscher bestätigt. Die Studie gebe einen ersten Hinweis darauf, dass vor allem der Grad der Fragmentierung des Lebensraums einen Einfluss auf die Körpergröße und damit auch indirekt auf die Bestäubungsleistung von Hummeln haben könnte. Generell wisse man aber noch zu wenig über die Auswirkungen von Umweltveränderungen in Städten auf individuelle Hummel- und Bienenarten und ihre Bestäubungsleistung, so die Wissenschaftlerin. Das Team plädiert deshalb dafür, die evolutionären Anpassungen von Tieren an ihr städtisches Umfeld noch besser zu erforschen. Das könne auch eine bessere Stadtplanung ermöglichen, die die Natur stärker berücksichtigt.

Die Arbeit wurde über iDiv von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.

Quelle: Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Rotaviren aus Geflügelbeständen können Gene mit Rotaviren aus Säugetieren austauschen –

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Infektionsrisiko für den Menschen gering Zusammenfassender Forschungsbericht zum BfR-Forschungsprojekt „Charakterisierung des zoonotischen Potenzials von Rotaviren des Geflügels“ des BfR vom 17. August 2020

Rotaviren der Vögel sind in Geflügelbeständen für die Lebensmittelgewinnung weit verbreitet. Sie sind jedoch nur entfernt mit den Rotaviren verwandt, die bei Säugetieren und dem Menschen vorkommen und dort zu Erkrankungen führen. Im von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten BfR Forschungsprojekt „Charakterisierung des zoonotischen Potenzials von Rotaviren des Geflügels“ zeigten Professor Dr. Reimar Johne und seine Forschungsgruppe, dass Rotaviren der Vögel mit Rotaviren der Säuger genetisches Material austauschen können, was zur Entstehung neuartiger Rotaviren führen kann. Das Risiko der Bildung derartiger, Ressortanten* genannter Virustypen in der Natur wird von den Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen allerdings als gering eingeschätzt. Denn vermehrungsfähige neuartige Viren traten unter Laborbedingungen nur in wenigen Fällen auf. Sie konnten sich auch nur schlecht weiter vermehren. Das Infektionsrisiko für den Menschen wird daher als relativ gering eingeschätzt. Dennoch sollten Untersuchungen zur Rotavirus-Vielfalt beim Menschen zukünftig auch weniger verwandte Rotaviren wie die der Vögel einschließen, um das Auftreten neuartiger Typen früh feststellen zu können.

Im Gegensatz zu den Rotaviren der Säugetiere waren die Rotaviren der Vögel bisher nur wenig untersucht worden. Ziel des BfR war es, die genetische Vielfalt der Rotaviren vor allem bei Vögeln zu analysieren und deren Potential zur Übertragung auf und Anpassung an Säugetiere und den Menschen zu ermitteln. Eine wichtige Frage war dabei, ob die Rotaviren der Vögel mit denen der Säugetiere genetisches Material austauschen, wobei eventuell neuartige Rotaviren entstehen könnten. Im Projekt wurde eine breite Vielfalt verschiedener bekannter sowie bisher unbekannter Rotavirus-Arten und -Typen sowohl in Vögeln als auch in Säugetieren identifiziert. Das Erbgut dieser Viren wurde mit neu entwickelten Methoden meistens vollständig sequenziert, wodurch eine genaue Charakterisierung ihrer Eigenschaften und ihrer Verwandtschaft mit bekannten Rotaviren möglich wurde. Insgesamt weisen die Analysen darauf hin, dass mit einem breiten Repertoire divergenter Rotavirus-Stämme im Tierreich gerechnet werden muss, die eventuell direkt auf den Menschen übertragen werden können oder durch den Austausch von Genomsegmenten zur Ausbildung neuer Rotaviren führen könnten. Für die Rotaviren der Vögel scheint dies allerdings nur sehr selten vorzukommen.

Rotaviren gehören zu den häufigsten Erregern von Magen-Darm-Erkrankungen beim Menschen und bei zahlreichen Tierarten. Es existieren viele unterschiedliche Rotavirus-Typen, die sich durch Mutationen und den Austausch von Genomsegmenten ständig weiterentwickeln. Erkrankungen beim Menschen werden vor allem durch humane Rotaviren hervorgerufen. Bekannt ist aber auch, dass bestimmte Rotaviren von Tieren auf den Menschen übertragen werden können und umgekehrt. Seit 2006 gibt es Impfstoffe gegen humane Rotavirus-Erkrankungen, die generell gut wirksam sind. Wenn sich jedoch neue Rotaviren ausbilden, die genetisches Material von Tieren enthalten, könnte die durch die Impfung erworbene Immunität gegenüber einer solchen Infektion unwirksam werden.

Der ausführliche Bericht ist hier zu finden

* Reassortanten sind neue Virustypen, die durch Austausch von Genomsegmenten verschiedener Ausgangsviren der gleichen Spezies entstehen.

Quelle: Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)

Der Anfang entscheidet: Erfolgreiche Kitz- und Jungtieraufzucht

Von Andreas Kern, Bioland e.V., Fachberatung Schaf- und Ziegenhaltung

Das Einkommen eines Ziegenhalter-Betriebs wird zum großen Teil von der Milch- und Lebensleistung seiner Tiere beeinflusst. Dementsprechend wird ihnen besonders viel Aufmerksamkeit gewidmet. Die Lämmeraufzucht läuft teilweise eher nebenher. Diese Einstellung ist aber zu kurzfristig gedacht, denn was man anfangs bei der neuen Generation versäumt, kann später nur schwer nachgeholt werden. Die Ziegenlämmeraufzucht ist für den langfristigen Betriebserfolg entscheidend.

Gleich nach der Geburt und in den ersten Lebenswochen wird die Grundlage für die Zellausstattung der Organe gelegt. Die Entwicklung der Kitze in dieser Zeit ist entscheidend für die spätere Leistungsveranlagung und Wachstumskapazität. Eine unzureichende Fütterung oder Krankheiten in den ersten Lebenswochen haben einen lebenslangen negativen Effekt auf die Leistung der Tiere. Die Tiere können zwar eine unzureichende körperliche Entwicklung im Laufe der Zeit ausgleichen. Aber dieses ausgleichende Wachstum erhöht die Veranlagung zur Speicherung von Körperfett und daraus folgend zu Stoffwechselproblemen. Darum sollte man in diesem Zeitraum alles daran legen, das volle Wachstumspotential des Lamms auszuschöpfen.

Immunschutz durch Biestmilch
Für den besten Start ins Ziegenleben ist die Versorgung mit Biestmilch ausschlaggebend. Die Schlagworte sind dabei „schnell“, „viel“ und „gut“, im Englischen auch als 3Q-Regel bekannt: „Quality, Quantity, Quickly“.

Allgemein bekannt ist, dass die Biestmilch schnell verabreicht werden muss, um eine größtmögliche Aufnahme von Immunglobuli zu gewährleisten. Neben einer schnellen Versorgung hat hierfür Qualität und Quantität der Biestmilch eine wichtige Bedeutung: Je mehr aufgenommen wird, und je besser die Qualität ist, desto länger hält der passive Schutz vor und umso geringer fällt die Lücke bis zum Aufbau des aktiven Immunschutzes aus. Qualität und Quantität der Biestmilch werden vor allem durch die Fütterung der Milchziegen vom Decken bis zum Ablammen beeinflusst.
Lämmer kommen ohne Immunsystem zur Welt. Deswegen ist die maternale Immunität so wichtig, die relativ schnell über die Biestmilch aufgebaut wird. Das Lamm beginnt zwar sofort sich aktiv mit seiner Umwelt auseinanderzusetzen und ein eigenes, aktives Immunsystem aufzubauen, aber dieser Prozess braucht seine Zeit. Wenn die maternale Immunität nachlässt und der aktive Immunschutz noch nicht völlig aufgebaut ist, kann eventuell einige Wochen nach der Ablammung eine Lücke im Immunschutz entstehen. Fällt diese Lücke auf den gleichen Zeitpunkt wie das Absetzen der Kitze von der Milch, bzw. der Mütter, bedeutet dies zusätzlichen Stress für die Milchziegenlämmer, vor allem dann, wenn die Nährstoffversorgung der Kitze nach dem Absetzen nicht gesichert und altersgerecht gestaltet ist. Dies kann zu Problemen wie z.B. Kokzidien führen.

Aus diesem Grund ist die Qualität und Quantität der Biestmilchversorgung so wichtig: Je besser diese ist, desto länger hält der passive Schutz vor und umso geringer fällt die Lücke aus. Wer in seinem Stall mit Kokzidien und Lungenerkrankungen bei den Lämmern zu kämpfen hat, sollte daher nicht nur die Symptome mit Medikamenten behandeln, sondern auch überprüfen, wo die Ursachen liegen, z.B. ob die Tiere ausreichend mit Biestmilch versorgt wurden.

Bedarfsgerecht füttern
Die Lämmeraufzucht beginnt bereits beim Decken der Muttertiere. Diese müssen in der optimalen Kondition zum Decken sein: Nicht zu mager und nicht zu fett, mit wenig Kraftfutter in der Ration. In dieser Zeit sollten die Tiere trainiert werden, ihren Bedarf hauptsächlich aus dem Grundfutter zu decken. Die Milchleistung ist zu diesem Zeitpunkt schon zurückgegangen. Um eine Verfettung vor der Deckzeit zu vermeiden, ist es sinnvoll, nur sehr verhalten Kraftfutter zu füttern, um eine energetische Überversorgung zu vermeiden und die Nährstoffe aus dem Grundfutter bestmöglich zu nutzen.

In der Niederträchtigkeit ist der Energiebedarf noch nicht besonders erhöht. Deswegen sollte zu diesem Zeitpunkt hauptsächlich Grundfutter zum Einsatz kommen. Eine ausreichende Eiweißversorgung ist sicherzustellen, damit die Milchleistung nicht negativ beeinflusst wird.

Die Trockenstehperiode beginnt im Optimalfall am Ende des dritten, zu Beginn des vierten Trächtigkeitsmonat. Die Trockenstehzeit sollte mindestens sechs bis acht Wochen andauern. Eine ausreichende Trockenstehdauer beeinflusst auch die Biestmilchqualität, ebenso wie eine ausreichende Nährstoffversorgung in der Hochträchtigkeit.


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Impfung gegen Ebergeruch muss auch in ökologischer Landwirtschaft möglich sein!

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Bundestierärztekammer schließt sich den FVE-Forderungen vollumfänglich an

Ausgerechnet in der Biobranche soll es ein Aus für die tierschonendste Alternative zur betäubungslosen Ferkelkastration geben: Die Länderarbeitsgemeinschaft ökologischer Landbau (LÖK) hat beschlossen, die Impfung gegen Ebergeruch (Immunokastration) nicht mehr zu akzeptieren. Sie folgt damit einer (Fehl-)Einschätzung der EU-Kommission.

Ein fatales Signal an Handel, Verarbeiter, Verbraucher und die konventionelle Schweinehaltung: „Die Impfung ist die tierschutzfachlich beste Methode zur Vermeidung von Ebergeruch“, betont Dr. Uwe Tiedemann, was der BTK-Präsident auch in einem Schreiben an die Agrarminister der Länder und die LÖK deutlich gemacht hat.

Die Unvereinbarkeit der Immunokastration mit dem biologischen Landbau wird insbesondere damit begründet, dass diese Methode den Hormonhaushalt eines Tieres verändere.

Dabei bleibt aus fachlicher Sicht jedoch unbeachtet, dass die im ökologischen Landbau erlaubte chirurgische Entfernung der Hoden in ähnlicher Weise die Produktion der Fortpflanzungshormone des Schweins beeinträchtigt, um dem Ebergeruch vorzubeugen.

Inzwischen hat auch der europäische Tierärzteverband (Federation of Veterinarians of Europe – FVE), der etwa 300.000 Tierärztinnen und Tierärzte in 40 europäischen Ländern vertritt, ein Statement abgegeben und die EU-Kommission aufgefordert, ihre Meinung zu überdenken: „Die FVE ist der festen Überzeugung, dass die Immunokastration von Ferkeln zu den Bedingungen der ökologischen Landwirtschaft und ihren Zielen passt“, führt der Verband aus.

Die FVE fordert den Ständigen Ausschuss für biologischen Landbau der EU-Kommission auf, seine Meinung zu überdenken und anzuerkennen, dass die Impfung mit den Prinzipien der ökologischen Schweinehaltung übereinstimmt. Die biologische Landwirtschaft werde von vielen Verbrauchern als die nachhaltigste und tierfreundlichste Produktionsmethode angesehen. Um diesem Ruf gerecht zu werden, müsse innerhalb der ökologischen Produktion die Impfung als Alternative zur chirurgischen Kastration zugelassen werden.

Die BTK schließt sich den Forderungen der FVE vollumfänglich an. Es darf nicht sein, dass aufgrund einer fachlich falschen Meinung aus der EU-Kommission ausgerechnet der Biobranche die Impfung als Alternative zur blutigen Kastration verwehrt wird. Die BTK fordert die Entscheidungsträger auf, ökologisch wirtschaftende Betriebe nicht dazu zu zwingen, zur Vermeidung von Ebergeruch Methoden einzusetzen, die aus Tierschutz- und Umweltschutzgründen weniger geeignet sind, wie die Isoflurannarkose.

Quelle: Bundestierärztekammer e. V.

Eine Chance für das alte deutsche Sattelschwein – Ökologische Nutztierhaltung stärker im Fokus

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Am 10. August wurde am Leibniz-Institut für Nutztierbiologie Dummerstorf (FBN) der Öko-Erweiterungsanbau an der Experimentalanlage Schwein feierlich eröffnet. Der Anbau wurde nach den Richtlinien des ökologischen Landbaus konzipiert und sowohl vom Landwirtschaftsministerium MV als auch vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Rahmen der Programmbewirtschaftung in Höhe von insgesamt 1,8 Millionen Euro gefördert.

In dem Erweiterungsbau sollen im Interesse einer tier-, umwelt- und klimafreundlichen Nutztierhaltung insbesondere ökologische Aspekte der Tierproduktion stärker in den Forschungsfokus des FBN rücken. Weitere Schwerpunkte liegen in der Erforschung alter und vom Aussterben bedrohter Nutztierrassen sowie in der Entwicklung smarter Lösungen für eine nachhaltige Landwirtschaft.

„Gerade der Blick auf die gesellschaftliche Debatte zur Nutztierhaltung, zu mehr Tierwohl, zu Klimaschutz und klimafreundlicher Tierhaltung, aber auch die globale Herausforderung der Sicherung der Welternährung und Änderung der Humanernährung machen die Notwendigkeit der Forschung in diesen Themenbereichen absolut deutlich“, sagte der Minister für Landwirtschaft und Umwelt MV, Dr. Till Backhaus. „Das FBN adressiert genau diese gesellschaftlich relevanten Aspekte einer nachhaltigen Nutztierhaltung. Diese ist ein elementarer Bestandteil der Landwirtschaft und einer (Nährstoff-)Kreislaufwirtschaft, viele Flächen, z.B. Dauergrünland und Savannen, können nur über die Nutztierhaltung einen Beitrag zur Nahrungsmittelproduktion leisten. Gewisse Formen der Nutztierhaltung sind Landschaftspflege und Grundlage für den Erhalt von Biodiversität.“

Mehr Platz und freier Auslauf
Der neue Versuchsstall mit einer Gesamtnutzungsfläche von rund 780 Quadratmetern ist für 24 Sauen und deren Nachzucht konzipiert. Er enthält jeweils acht Besamungsstände und Abferkelbuchten. Insgesamt ist Platz für 284 Tiere. Darüber hinaus verfügt der Anbau über einen Testraum für Verhaltensbeobachtungen sowie Ausläufe in allen Teilbereichen vom Saugferkel bis zum Mastschwein. In der bereits 1998 eröffneten Experimentalanlage Schwein stehen den Tieren rund 1.140 Quadratmetern zur Verfügung.

Marianne Zenk (li.) und Dr. Corinna Gladbach vom FBN mit Ferkeln aus der gefährdeten Rasse der deutschen Sattelschweine. – Leibnitz-Institut für Nutztierbiologie Dummerstorf (FBN)
Foto: Thomas Häntzschel / nordlicht
www.fotoagenturnordlicht.de

Größte Unterschiede beim Bau nach ökologischen Standards sind der höhere Platzbedarf und die freien Ausläufe für alle Tiere. In eingestreuten Buchten lassen sich die natürlichen Instinkte der Tiere wie Nestbauverhalten und Wühlen besser ausleben. Durch das größere Platzangebot haben die Schweine bessere Möglichkeiten, die Buchten in Fress- und Aktivitätsbereiche sowie Ruhezonen und „Toiletten“ zu strukturieren. Die Tiere bleiben im Familienverbund, die Schwänze werden nicht gekürzt und die männlichen Tiere nicht kastriert.

Haltungsbedingungen im Vergleich
„Unsere Wissenschaftler sind jetzt in der Lage, an einem Standort unter authentischen Bedingungen konventionelle und ökologische Haltungsbedingungen zu vergleichen“, betonte FBN-Vorstand Prof. Dr. Klaus Wimmers. „Dabei steht die Gegenüberstellung der Haltungsformen im Interesse des Tierwohls im Vordergrund.“ Des Weiteren sollen alte Nutztierrassen charakterisiert werden. „Wir planen am Institut ein langfristiges Projekt über mehr als zehn Jahre, in dem wir alte Rassen mit der modernen Deutschen Landrasse in beiden Haltungsumwelten vergleichen“, erläuterte Wimmers.

„Wir wollen wissen, ob die Rassen in unterschiedlicher Weise von den besseren Haltungsbedingungen profitieren. Diese Zusammenhänge zwischen Rassen und Umwelt, sogenannte Genotyp-Umwelt-Interaktionen, sind biologisch interessante Phänomen, die wir erforschen und nutzen wollen, um einen bestmöglichen Einklang zwischen den Bedürfnissen der Tiere und ihrer Umwelt herzustellen. Gestartet werden soll das Programm mit dem deutschen Sattelschwein. Seinen Namen verdankt das Tier mit schwarzer Grundfarbe dem hellen Streifen auf „Sattelhöhe“. Engagierte Züchter haben dafür gesorgt, dass die robuste und sehr fruchtbare Rasse nicht schon ausgestorben ist. Forscher am FBN konnten in der Vergangenheit schon Erfolge beim Erhalt der ungarischen Mangalitza-Schweinerasse erzielen.

„Großes Augenmerk legen wir auch in den Aufbau einer Gewebe- und Zell-BioBank für Schweine“, so der Vorstand weiter. „Mit den langfristig angelegten Untersuchungen wollen wir den Startpunkt dafür setzten, eine BioBank von Geweben und Zellen mit Referenzdaten als wichtige Ressource für die Forschung zu etablieren.“ Als vierten Forschungsschwerpunkt im neuen Öko-Anbau nannte Prof. Dr. Klaus Wimmers das sogenannte „Smart Livestock Farming“, also innovative Lösungen für mehr Tierwohl sowie Umwelt- und Klimaschutz in der Nutztierhaltung. „Dazu wollen wir intelligente digitale Systeme zum Monitoring von Verhalten, Gesundheit und physiologischen Zuständen sowie automatisierte Lernapparaturen für eine individuelle Versorgung der Tiere nutzen und entwickeln.“

Digitalisierung spielt große Rolle
„Die Digitalisierung mit individueller Aufzeichnung von Futteraufnahme(verhalten) sowie Videosysteme zur Analyse des Sozialverhaltens ermöglichen uns eine effiziente Datenerfassung und -analyse im Vergleich konventioneller und ökologischer Haltung mit Tieren verschiedener Herkünfte“, hob der Leiter der Tierexperimentellen Anlagen, Klaus-Dieter Witt, hervor. „So können wir unter anderem direkt den Einfluss der Haltungsbedingungen auf wichtige Indikatoren für das Tierwohl und die Tiergesundheit messen.“

Am Leibniz-Institut laufen aktuell eine Vielzahl von Forschungsprojekten zur Schweinehaltung. Dabei geht es beispielsweise um das Sozialverhalten von Ferkeln und der individuellen Bewertung ihrer Umwelt sowie die Identifizierung von Biomarkern für Tierwohl oder die Optimierung der Versorgung für erhöhte Ressourceneffizienz und bessere Fleischqualität. Ferner erforschen die Wissenschaftler, wie sich alte, robuste Rassen wie das Sattelschwein von modernen Rassen wie der Deutschen Landrasse im Stoffwechsel sowie bei der Fortpflanzung und im Verhalten unterscheiden.

Neben der Experimentalanlage Schwein befinden sich auf dem Gelände der Forschungseinrichtung in Dummerstorf auch Tierexperimentelle Anlagen für Rinder, Geflügel, Zwergziegen, Mäuse, Soldatenfliegen und Aquakulturfische.

Die Leibniz-Gemeinschaft
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 93 selbständige Forschungseinrichtungen. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen – u.a. in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 19.100 Personen, darunter 9.900 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,9 Milliarden Euro.
www.leibniz-gemeinschaft.de

Quelle: Leibniz-Institut für Nutztierbiologie (FBN)

Verfolgung neuer Vogelgrippeviren wird durch moderne Analysen der Genomdaten möglich

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Zweite Studie des Globalen H5N8-Konsortiums veröffentlicht

Im Rahmen eines internationalen Konsortiums gelang durch mathematische Analysen die Nachverfolgung der Entstehung und Verbreitung neuer Varianten der Vogelgrippe. Diese groß angelegte internationale Studie wurde nun in der Fachzeitschrift PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America) veröffentlicht. Die Arbeit führte das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI), gemeinsam mit dem Erasmus University Medical Center und der Universität Edinburgh im „Global Consortium for H5N8 and Related Influenza Viruses“ durch.

Das Team interpretierte eine große Zahl Genomsequenzen aus Virusproben, die während des bisher größten Ausbruchs der hochpathogenen Vogelgrippe in den Jahren 2016/2017 in der ganzen Welt gesammelt wurden. Dabei konnten die Wissenschaftler zahlreiche neue Virusvarianten beschreiben, die durch den Austausch einzelner Abschnitte des Virusgenoms entstanden sind. Sie benutzten dabei mathematische Methoden, mit denen sie abschätzen konnten, wann und wo das Virus bei Wild- oder Hausvögeln genetisches Material mit anderen Viren ausgetauscht hatte. So konnten die Forscher Aussagen darüber treffen, in welcher Vogelgruppe die neuen Varianten entstanden sind und anhand der Genomsequenzen verfolgen, wie sich die Virusstämme von infiziertem Hausgeflügel in Asien über wilde Zugvögel bis nach Europa ausbreiteten.

Untersuchung der kompletten Genomsequenz von zunehmender Bedeutung
Die Studie stützt sich dabei auf vollständige Genomsequenzen, die Mitglieder des Konsortiums in öffentlichen Datenbanken geteilt haben. „Die Aufklärung der Genomsequenzen von Viren ist in den letzten Jahren immer wichtiger geworden.“ so Prof. Martin Beer, Leiter des Instituts für Virusdiagnostik am FLI, das maßgeblich an der Studie beteiligt war. „Durch modernste Sequenziermethoden und neue Auswerteverfahren können wir nicht nur die Entstehung neuer Virusstämme verfolgen, sondern auch Verbreitungswege nachvollziehen und erste Aussagen zur Gefährlichkeit machen.“ Der Ausbruch der hochpathogenen Vogelgrippe 2016/2017 war der bisher größte jemals beschriebene und führte zu hohen Verlusten in der Wildvogelpopulation und großen wirtschaftlichen Schäden bei Hausgeflügel. Die Studie lieferte nun wichtige Erkenntnisse zur Verbesserung der Überwachung möglicher Eintragswege für neue Viren und dient damit dem Schutz von Haus- und Wildvögeln.

Internationale Zusammenarbeit gestärkt
Die Studie unterstreicht die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit bei Virusausbrüchen. Es ist bereits die zweite Studie dieser Art (1. Studie „Role for migratory wild birds in the global spread of avian influenza H5N8“) die das Konsortium vorlegt, in dem über 30 Wissenschaftler aus allen Ländern und Regionen zusammenarbeiten. Sie wurde durch Mittel der Europäischen Kommission im Rahmen des EU Horizon 2020 Program (COMPARE, grant number 643476; DELTA-FLU, grant number 727922) unterstützt.

Studie
„Genesis and spread of multiple reassortants during the 2016/2017 H5 avian influenza epidemic in Eurasia“ Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS): DOI: 10.1073/pnas.2001813117

Kontakt
Prof. Dr. Martin Beer
Leiter des Instituts für Virusdiagnostik des FLI
Telefon: 038351 7-1894
Mail: presse@fli.de

Quelle: Friedrich-Loeffler-Institut Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit