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Erfolgreicher bpt-Kongress im Jubiläumsjahr 2019 in München

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„Praxis neu denken“ hieß es beim bpt-Kongress vom 17. bis 19. Oktober in München. Gastland war diesmal Österreich, das sich in vielfältiger Weise in das wissenschaftliche und berufspolitische Programm eingebracht hat. Darüber hinaus profitierte das breit gefächerte, praxisnahe Fortbildungsangebot wieder von der Zusammenarbeit mit der Tierärztlichen Fakultät der LMU. „Mit 2035 tierärztlichen Teilnehmern aus dem gesamten Bundesgebiet und dem europäischen Ausland sowie über 160 Ausstellerfirmen war unser Münchner Kongress wieder ein voller Erfolg“, freut sich der alte und neue bpt-Präsident Dr. Siegfried Moder, der in der Delegiertenversammlung am 17. Oktober für weitere fünf Jahre in seinem Amt bestätigt worden ist.

Die fachlichen Themen reichten von Orthopädie beim Pferd über Prävention in der Rinderhaltung, Tierschutzaspekten bei Schlachtung und Transport von Rinder und Schweinen bis hin zur parasitären Schwarzkopfkrankheit beim Geflügel. Im Mittelpunkt des Kleintierprogramms standen Aktuelles zu Impfungen in der Kleintierpraxis, der beliebte Themenkreis „Wie behandle ich?“ und die bewährte „Next Level“-Veranstaltung für Spezialisten u. a. mit den Themen Anästhesie und Teleradiologie. Nach der guten Resonanz in den Vorjahren standen auch wieder Veranstaltungen zur Betreuung von Zoo- und Wildtieren sowie Bienen auf dem Programm. Getreu seinem diesjährigen Motto wartete der Kongress mit einer ganzen Palette digitaler Themen quer durch alle Vortragsreihen auf, um die Kongressteilnehmer mit der zunehmenden Digitalisierung vertraut zu machen. Abgerundet wurde das umfangreiche Angebot durch eine Vielzahl von Sonderveranstaltungen der Ausstellerfirmen.

Neben weiteren speziellen Veranstaltungen für Existenzgründer, Studierende und Tierärztliche Fachangestellte widmete sich die hochkarätig besetzte berufspolitische Diskussionsstunde der Frage, wie sich Tierarztpraxen angesichts der vielfältigen gesellschaftlichen Herausforderungen in den nächsten Jahren verändern müssen, um erfolgreich für die Zukunft aufgestellt zu sein. Wo der Schuh im Verhältnis von Inhabern und angestellten Tierärzten drückt und was gegen den Landtierärztemangel getan werden kann, waren Themen, mit denen sich die Kongressteilnehmer in Round-Table-Diskussionen befassen konnten. Wie das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) auf den Landtierarztmangel reagiert, stellte der Parlamentarische Staatssekretär im BMEL Hans-Joachim Fuchtel im Round Table dar: „Unser Ziel ist natürlich, einem Mangel an Tierärzten in Nutztierpraxen entgegen zu wirken. Dafür ist vor allem vorgesehen, die finanzielle Situation der Tierarztpraxen zu verbessern. Kurzfristig wird zum Beispiel der tierärztliche Notdienst durch eine neue Gebührenstruktur unterstützt. Außerdem ist eine generelle Revision der Tierärztegebührenordnung geplant, der ein Forschungsprojekt vorgeschaltet wird, das die Angemessenheit der Einkünfte der Tierarztpraxen überprüfen soll.“

Entspannung vom Kongresstrubel und viel Spaß kamen trotz der vielen ernsten Themen dennoch nicht zu kurz: Dafür sorgte das diesjährige Get Together anlässlich des 100-jährigen Verbandsjubiläums am Freitagabend in einer der angesagtesten Locations der Stadt, dem „Paulaner am Nockherberg“.

Ob Landtierarzt- und TFA-Mangel, Notdienstproblematik, Corporates oder die digitale Veränderung der Gesellschaft, für bpt-Präsident Moder steht fest: „Neue Entwicklungen und Erkenntnisse stellen lang gelebte Routinen auf den Kopf. Das zeigt wie wichtig unser Verband nicht nur für die Tiergesundheit ist, sondern auch um die aktuellen Veränderungen für unseren Berufsstand aktiv mitzugestalten, damit letztendlich alle von ihnen profitieren können. In diesem Sinn freuen wir uns schon jetzt auf viele Teilnehmer beim bpt-Kongress 2020, der vom 19. bis 21. November wieder teilparallel zur EuroTier in Hannover stattfinden wird.“

Quelle: bpt

Dr. Siegfried Moder als bpt-Präsident wiedergewählt

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Im Rahmen des vom 17. bis 19. Oktober in München stattfindenden bpt-Jahreskongresses wurde in der gestrigen Delegiertenversammlung Dr. Siegfried Moder als Präsident für weitere fünf Jahre im Amt bestätigt. Ebenfalls wiedergewählt wurden die beiden Vizepräsidenten Dr. Petra Sindern (1. Vizepräsidentin) und Dr. Karl-Heinz Schulte (2. Vizepräsident). Komplettiert wird das Führungsteam durch die in ihrem Amt bestätigten Präsidiumsbeisitzer Dres. Maren Hellige, Uta Seiwald und Andreas Palzer. Neu als Beisitzer hinzugekommen sind Dres. Christina Bertram und Bodo Kröll. Als Schatzmeister wurde der langjährige Vorsitzende des Finanz- und Haushaltsausschusses des Bundes-bpt, Dr. Franz Gassner, gewählt. Tierärztin Anna Lam, die acht Jahre Schatzmeisterin des Verbandes war, stand für eine weitere Amtsperiode nicht mehr zur Verfügung. In seiner Zusammensetzung trägt das Präsidium dem zunehmenden Angestellten- und Frauenanteil im Berufsstand Rechnung und vertritt die Belange von Kleintier-, Pferde- und Nutztierpraxis in ausgewogenem Maß.

„Zunehmender Wettbewerb und sich durch Globalisierung und Digitalisierung rasant verändernde Rahmenbedingungen stellen den tierärztlichen Beruf vor große Herausforderungen. Diese Entwicklungen muss der bpt mitgestalten, um den Tierarztberuf für die Zukunft fit zu machen“, betont der wiedergewählte Präsident. Mit seiner Arbeit will er dazu beitragen, dass der Beruf auch für kommende Generationen attraktiv bleibt und junge Frauen und Männer auch in Zukunft mit Spaß in diesem Beruf arbeiten möchten.

Ab dem 21. Oktober wird das frisch gewählte Präsidium seine Amtsgeschäfte offiziell aufnehmen. Es kann dabei auf die bewährte Unterstützung des bpt-Geschäftsführers, Dipl. Kfm. Heiko Färber, sowie der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Geschäftsstelle in Frankfurt am Main zurückgreifen.

Foto © Rathke/bpt

Einen besonderen Abschluss fand die Delegiertenversammlung im Jahr des 100-jährigen Verbandsjubiläums mit der Verleihung der Felix-Train-Medaille an bpt-Ehrenpräsident Dr. Hans-Joachim Götz. Mit der höchsten Auszeichnung des Verbandes würdigte Dr. Siegfried Moder die herausragenden berufspolitischen Verdienste seines Amtsvorgängers während dessen Präsidentschaft von 2003 bis 2015.

Quelle: bpt

MTool Managementhilfe für Legehennenaufzucht und -haltung

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Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung bietet auf ihrer Website eine umfangreiche Managementhilfe für die Legehennenaufzucht zum kostenfreien Download an und schreibt dazu

„Aufzüchter und Legehennenhalter haben auf den Zustand der Herde und damit auf das Wohlbefinden jedes einzelnen Tieres einen wesentlichen Einfluss. Dies gilt besonders für die Verhinderung oder Minimierung von Gefiederschäden, Verletzungen und Verlusten durch Federpicken und Kannibalismus.

Küken, Junghennen und Legehennen zeigen durch ihr Verhalten und ihren körperlichen Zustand an, ob die Haltung, die Fütterung und das Management in Ordnung sind und keine Infektionen vorliegen.

Veränderungen schnell zu bemerken, die Ursachen zu erkennen und entsprechende Maßnahmen möglichst schnell einzuleiten, sind für das Tierwohl und den betriebswirtschaftlichen Erfolg die wichtigsten Voraussetzungen.

Das Managementtool „MTool“ für die Aufzucht und Haltung von Legehennen soll Betrieben und Beratern eine Hilfestellung geben, Veränderungen bei den Tieren schnell zu erfassen und zu protokollieren. Hierfür stehen Beurteilungskarten, Erfassungslisten und Auswertungshilfen sowie eine Tablet-App zur Verfügung. Eine anschließende Risikoanalyse mit Hilfe eines umfangreichen Fragenkatalogs kann ergänzend eingesetzt werden, um Schwachstellen im Betrieb zu erkennen.

Das „Basiswissen MTool“ liefert hierfür Hintergrundwissen und macht Vorschläge für Maßnahmen.“

Quelle: BLE

Nestbaumaterial beeinflusst Verhalten von Sauen bei freiem Abferkeln und verringert Totgeburten

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Bei einem Versuch mit Norsvin Landrasse × Schwedisch Yorkshire Sauen waren die Tiere ab zwei Tagen vor der erwarteten Abferkelung bis zur Abferkelung in Buchten mit Holzspäne-Einstreu untergebracht. Zwei Gruppen erhielten zusätzlich Torf (n = 18) oder langstieliges Stroh (n = 17) eine Kontrollgruppe erhielt kein zusätzliches Nestbaumaterial.Per Video wurde das Verhalten jeder Sau in den letzten 12 Stunden vor Beginn der Abferkelung bis zur Geburt des letzten Ferkels aufgezeichnet.

Die Sauen mit Stroh wiesen die höchsten nestbaulichen Aktivitäten auf und auch die Torf-Gruppe war aktiver als die Kontrolle; in der Stroh-Gruppe wurden auch weniger Stereotypien beobachtet. Sauen denen Stroh zur Verfügung stand, hatten auch die kürzeste Abferkelzeit dicht gefolgt von Sauen mit Torf, während die Kontrollsauen am längsten waren (Stroh: 295,8 ± 41,1, Torf: 322,7 ± 46,7, Kontrolle: 438,1 ± 82,6 min). Der Anteil totgeborener Ferkel war unter den Sauen der Strohgruppe am niedrigsten im Vergleich zu den beiden anderen (Stroh: 2,8 ± 1,0, Torf: 6,0 ± 1,8, Kontrolle: 8,1 ± 1,9% der Gesamtgeburt).

Die Forscher werten ihre Ergebnisse als Beweis, dass die Bereitstellung von Stroh oder Torf im Vergleich zur Kontrolle Nestbauverhalten stärker stimuliert und den Geburtsvorgang erleichtert, was zu einer kürzeren Abferkelzeit führt.

Stroh stellt für die Wissenschaftlerinnen das am besten geeignete Nestbau dar Material, weil es ein breiteres Spektrum von Nestbauverhalten hervorrief, die Sauen ruhiger waren, weniger Stereotypien in den letzten 12 Stunden vor der Geburt zeigten und den niedrigsten Prozentsatz totgeborener Ferkel hatten.

Ellen Marie Rosvold1,2, Ruth C. Newberry1 and Inger Lise Andersen1 1Norwegian University of Life Sciences, Faculty of Biosciences, Department of Animal and Aquacultural Sciences, P.O. Box 5003, 1432 Ås, Norway, 2Nord University, Faculty of Biosciences and Aquaculture, P.O. Box 2501, 7729 Steinkjer, Norway; ellen.m.rosvold@nord.no

Gegen Torf spricht auch die mögliche Einschleppung von Mykobakterien.

Welches Wühlmaterial macht Absetzferkel glücklich?

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Über fünf Wochen bot ein norwegisches Forscherteam 10 Würfen Absetzferkel (TN70-Sauen × Duroc-Eber) verschiedene Wühlmaterialien an. Silage, Stroh oder Torf oder eine Kombination (plus Kontrollgruppe). Untersucht wurden Erkundungsverhalten, Spiel, Schwanzringeln und -wedeln sowie Aggression, Ohr- oder Schwanzbeißen und hängende Schwänze.

Torf- und Kombinationsbedingungen führten zu höherer Erkundung, Spiel, Schwanzringeln und -wedeln und geringerer Aggression gegenüber der Kontrollgruppe; die Werte für Gruppen mit Silage und Stroh lagen dazwischen. Geschlecht, Wurfgröße und Körpergewicht waren dabei weder positiv noch negativ assoziiert

Die Ergebnisse legen nahe, dass Torf oder Torf in Kombination mit Stroh und Silage die größten Effekte auf affektive Zustände von Schweinen haben.

Marko Ocepek, Ruth C. Newberry and Inger Lise Andersen
Norwegian University of Life Sciences, Faculty of Biosciences,
P.O. Box 5003, 1432 Ås, Norway; marko.ocepek@nmbu.no

Allerdings gibt es Untersuchungen, nach denen häufig Mykobakterien in Torf nachgewiesen wurden und eine Dekontamination von Torf in großem Maßstab nicht erfolgreich war.

Preis der Tiergesundheit 2019 verliehen: Erster Preis geht nach Sachsen

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• Gewinner investieren in weitere Tiergesundheitsmaßnahmen
• Dr. Bianca Lind (BRS) würdigt Engagement für Tierwohl
• Dr. Siegfried Moder (bpt) will Gesellschaft und Landwirtschaft wieder zusammenbringen
• Tierwohl und Wirtschaftlichkeit schließen sich nicht aus, so Dr. Daniel Sicher

Riesenfreude bei Jan Köhler und ‚Luchbergmilch‘ aus Glashütte-Luchau. Der Betrieb aus Sachsen gewinnt den ersten „Preis der Tiergesundheit“. Der Betriebsleiter und Vorstand der Agrargenossenschaft e.G. Cunnersdorf hat entscheidend zur Modernisierung des historisch gewachsenen Betriebs beigetragen. Sein Erfolg gibt ihm Recht. Verbesserte Tiergesundheit und damit einhergehend bessere Tageszunahmen belegen seine Maßnahmen. Jan Köhler: „Kälbergesundheit ist uns wichtig! Es macht nicht nur mehr Spaß mit gesunden Tieren zu arbeiten, nur aus gesunden Kälbern erwachsen auch gesunde Milchkühe.“.

Dr. Karsten Donat, Geschäftsführer der Thüringer Tierseuchenkasse und Mitglied der Jury begründet die Entscheidung für Luchbergmilch : „Ein an sich schon perfektes System der Erstkolostrumversorgung mit einem Kunstgriff so an die betrieblichen Gegebenheiten anzupassen, dass es nicht besser geht: Bereits in der ersten halben Stunde ihres Lebens erhalten Kälber ein Maximum an Erstkolostrum. Eine bessere Versicherung für gute Gesundheit gibt es für Kälber nicht. Die anschließende ad libidum-Tränke und beste Haltungsbedingungen sichern traumhafte Zunahmen. Eine Meisterleistung.“ Für das zweckgebundene Preisgeld in Höhe von 30.000 € hat Jan Köhler schon eine Verwendung. Der Gewinn soll in ein neues Milchtaxi mit Pasteurisierung fließen.

Der zweite Platz geht nach Schleswig-Holstein. Konstanze Rohwer und ihr Mann Marcus bieten in ihrem Betrieb in Westerrönfeld ihren Kälbern, nach eigenen Angaben, einen „5-Sterne-Plus-Service“ an. Ihre Kälber wachsen in einer eigenen Frühchenstation auf. Das Ehepaar sieht in der Auszeichnung nicht nur die Anerkennung jahrelanger Arbeit, sondern freut sich vor allem über den zukünftigen Austausch mit den anderen Landwirten. „Frau Rohwer war z.B. eine der Pionierinnen bei der Einführung der ad libidum-Tränke und nutzt seitdem jede Gelegenheit, bei Berufskollegen, Beratern, Studenten hierfür vehement zu kämpfen. Neben einer extrem guten Hygiene sowie einer genial einfachen Dokumentation des Tränkeverhaltens lässt sie nichts unversucht, was ihren Kälbern ein angenehmes Leben bereitet, angefangen mit einer ganz intensiven Tränke bis hin zum Spielzeug. Für Frau Rohwer sind ihre Kälber letztlich wie kleine Kinder und genauso kümmert sie sich um diese.“, erklärt Frau Prof. Dr. Katrin Mahlkow-Nerge, Professorin für Tierernährung an der Fachhochschule Kiel und Mitglied der Jury. Das zweckgebundene Preisgeld in Höhe von 20.000 € wird in einen neuen Kälberstall investiert. Kleingruppen für die Tränkekälber und ein Rein-Raus-System sind das Ziel.

Und auch Christine Löb aus Reupelsdorf wird ausgezeichnet und hat bereits neue Pläne für Mensch und Tier. Die Landwirtin vom „Betrieb Hugo Löb“ aus Bayern sieht ihre Arbeit als Berufung und kann deshalb nicht aufhören, über Verbesserungen nachzudenken: „Mach es richtig oder lass es gleich bleiben.“ Halbe Sachen kommen für die ehemalige bayerische Milchkönigin nicht in Frage. „Ich will gesunde Tiere haben. Ich will nicht die Feuerwehr spielen. Daher ist es wichtig, vorausschauend zu planen.“

Das ist auch der Jury nicht entgangen: „Auf diesem Betrieb steht das Zusammenspiel von Tier, Mensch und Natur eindeutig im Mittelpunkt. Die Aufzucht von gesunden und leistungsbereiten, langlebigen Kühen setzt die Betriebsleiterin Christine Löb durch ihre langjährige Erfahrung und außergewöhnliche Begeisterung für das ‚Rind‘ sehr engagiert und kreativ mit einem klar strukturierten Konzept erfolgreich um. Tier und Mensch fühlen sich hier rundum wohl.“, so die Begründung von Jury-Mitglied Dr. Caroline van Ackeren, Landwirtschaftliches Zentrum Baden-Württemberg.

Dr. Bianca Lind, Geschäftsführerin des Bundesverband Rind und Schwein e. V. (BRS), stellt auf der Preisverleihung die Eigeninitiative aller Bewerber heraus: „Am besten hat mir das Engagement der Betriebe gefallen, weil sie mit unglaublich viel Leidenschaft an ihre Arbeit herangehen. Sie suchen Konzepte, damit es ihren Tieren besser geht und die Wirtschaftlichkeit und Tierwohl miteinander kombinieren.“

„Viele Leute haben keine Vorstellung mehr, wie Landwirtschaft wirklich ausschaut. Das muss sich dringend wieder ändern. Was da auseinanderläuft, Gesellschaft und Landwirtschaft ist der falsche Weg. Wir müssen alles dafür tun, die Leute wieder mitzunehmen. Wenn sie erst sehen, was auf den Betrieben geleistet wird, wird auch die Wertschätzung wieder kommen.“ zeigt sich der Präsident der Bundesverbands Praktizierender Tierärzte, Dr. Siegfried Moder, überzeugt.

Tiergesundheit und wirtschaftlicher Erfolg gehören zusammen
Der Preis der Tiergesundheit wurde 2019 von MSD Tiergesundheit ins Leben gerufen, um Erfolgsgeschichten zur Verbesserung des Tierwohls ins Rampenlicht zu rücken und zu teilen. Die Preisverleihung am 21. September im MSD hub berlin zeigte einmal mehr, wie wichtig der direkte Austausch zwischen Landwirten und Landwirtinnen ist. Der Erfahrungsaustausch über neue Ideen, Gesundheitsmaßnahmen oder Impfkonzepte steigert langfristig die Tiergesundheit und wirkt sich auch wirtschaftlich positiv auf die Betriebe aus.

„Es spielt keine Rolle, ob ein Betrieb 100 oder 1.200 Kühe hat, ob in Nord, Süd, Ost oder Westdeutschland gelegen oder ob Alt oder Jung, Frau oder Mann den Betrieb leitet und auch nicht ob Bio oder Konventionelle Landwirtschaft. Worauf es ankommt, ist die Haltung, der Einsatz, die Veränderungsbereitschaft und der Wille des Teams. Die Top 5 des Preis der Tiergesundheit sind ein Querschnitt, der eindrucksvoll belegt, dass Wirtschaftlichkeit und Tierwohl in der Landwirtschaft Hand in Hand gehen können.“, erklärt Dr. Daniel Sicher, Geschäftsführer von MSD Tiergesundheit.

MSD Tiergesundheit ruft auch 2020 den „Preis der Tiergesundheit“ aus
Unter dem Motto „Landwirte lernen von Landwirten“, wird MSD Tiergesundheit auch in Zukunft für einen regelmäßigen Austausch sorgen. Nach dem Erfolg in diesem Jahr, geht es 2020 mit dem „Preis der Tiergesundheit“ in die nächste Runde. Dann mit einem neuem Schwerpunkt für das Rind und einer weiteren Tierart: Schwein.

Quelle: MSD Tiergesundheit

Bald ist wieder Schnupfen- und Hustenzeit

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Von Dr. Christian Haverkamp, Fachtierarzt für Geflügel, Vechta

Besonders in den Übergangszeiten von Herbst/Winter oder Winter/Frühjahr kommen im Hähnchenstall häufig Atemwegserkrankungen vor. Sie sind von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung und sollten schnell erkannt werden.

Erkrankungen der Atemwege bei Broilern werden in vielen Fällen von einer verminderten Futter- und Wasseraufnahme, einer schlechteren Futterverwertung sowie erhöhten Verwürfen am Schlachthof und erhöhten Mortalitätsraten begleitet. Sie können erhebliche ökonomische Auswirkungen auf einen Durchgang haben. Verantwortlich für das Auftreten von Atemwegserkrankungen können infektiöse und nicht-infektiöse Ursachen sein. Bei den Infekten sind regionale Unterschiede aufgrund der Tierdichte und vorkommenden Geflügelarten zu erkennen. Der Tierarzt weiß, welche Erreger gerade „unterwegs“ sind. Nicht-infektiös bedingter Schnupfen im Hähnchenmaststall wird meist durch Fehler im Management ausgelöst. Dabei ist es wichtig, die Ursachen zu erkennen und diesen entgegenzuwirken.

Kranke Tiere gut zu erkennen
Atemwegserkrankungen bei Masthähnchen sind meistens durch Kopfschütteln bzw. Niesen der Tiere charakterisiert. Auch rasselnde Atemgeräusche und nasaler Ausfluss können beobachtet werden. Tiere mit Atemnot geben charakteristische Krählaute von sich („Schreier“). Gut feststellbar sind Atemwegsinfektionen im Hähnchenstall bei abgeschalteten technischen Anlagen und ausgeschaltetem Licht, bei absoluter Ruhe. Zudem verringert sich oft die Futter-und Wasseraufnahme. Daneben treten zum Teil erhöhte Verluste auf. Höhere Verwürfe am Schlachthof sind meist die Folge bakterieller Primär- oder Sekundärinfektionen.
Bei den infektiösen Atemwegserkrankungen kommen Viren oder Bakterien als Verursacher in Frage. Viruserkrankungen breiten sich in der Regel schnell im Bestand aus und sind zunächst durch trockene Schnupfengeräusche charakterisiert.
Typisch für bakteriell bedingte Atemwegserkrankungen sind dagegen feucht-rasselnde Atemgeräusche. Häufig kommen viral-bakterielle Mischinfektionen vor. Die Tiere infizieren sich durch den Kontakt mit den Erreger-Aerosolen (Tröpfcheninfektion). Ebenso ist eine Übertragung über kontaminiertes Trinkwasser, Personen, Staub sowie kontaminierte Einstreu möglich. Der Erreger wird über die Schleimhäute der oberen Atemwege aufgenommen. Die Schwere der Erkrankung richtet sich nach dem jeweiligen Virus, dem Immunstatus und Alter der Tiere, Sekundärinfektionen und dem betriebsindividuellen Management.

Bakterien und Viren als Verursacher
Bei den bakteriellen Erregern spielt vor allem Escherichia coli (E. coli) eine große Rolle. Dieser Erreger ist die häufigste Ursache für Verluste in der Geflügelhaltung. E. coli kommt überall (ubiquitär) vor. Die Erreger sind normaler Bestandteil der Darmflora von Hühnervögeln. Gesundes Geflügel mit intaktem Immunsystem ist in der Regel immun gegenüber einer Infektion mit E. coli. Erkrankungen entstehen häufig erst durch Zusatzfaktoren.


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Volksbegehren „Rettet die Bienen“: Experten der Universität Hohenheim kritisieren Forderungen

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„Sehr gut gemeint, aber schlecht gemacht“: Wissenschaftler beklagen falsche Prioritäten, Maximalforderungen und fehlenden Dialog.

Bayern hat es vorgemacht: Das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ war das erfolgreichste der Landesgeschichte und soll nun 1:1 Gesetz werden. Seit vergangener Woche läuft auch in Baden-Württemberg ein Volksbegehren unter gleichem Namen. Doch die Forderungen zum Stopp des Insektensterbens gehen deutlich über das bayerische Vorbild hinaus. Entsprechend größer ist auch der Widerstand der Landwirte. Experten der Universität Hohenheim stehen den Forderungen ebenfalls kritisch gegenüber. In Presse-Statements äußern sich Prof. Dr. Johannes Steidle, Tierökologe, Dr. Sabine Zikeli, Leiterin des Zentrums für ökologischen Landbau, Prof. Dr. Ralf Vögele, Dekan der Fakultät Agrarwissenschaft und Direktor des Instituts für Phytomedozin sowie Dr. Peter Rosenkranz, Leiter der Landesanstalt für Bienenkunde.

Das Volksbegehren „Artenschutz: Rettet die Bienen“ ist eine Initiative von „proBiene – Freies Institut für ökologische Bienenhaltung“ und wird von zahlreichen Verbänden wie BUND BW, NABU BW, Demeter BW oder Naturland BW unterstützt.

Die Forderungen im Überblick:
Der Anteil der ökologischen Landwirtschaft soll bis 2035 auf 50% erhöht werden
In Naturschutzgebiete sollen Pestizide verboten werden
Flächen auf denen Pestizide eingesetzt werden sollen sich bis 2025 halbieren
Streuobstwiesen sollen geschützt werden

Pressestatements

Prof. Dr. Johannes Steidle, Fachgebiet Tierökologe, Universität Hohenheim
„Meine Einschätzung zum Volksbegehren zusammengefasst: Sehr gut gemeint, aber schlecht gemacht.

Das Thema Insektensterben ist wirklich ernst, und es bleibt zu hoffen, dass die Politik schnell handelt. Ich bin dankbar, dass das Volksbegehren Aufmerksamkeit auf dieses wichtige Thema lenkt. Dennoch werde ich den Text in der vorliegenden Form nicht unterschreiben.

Hauptkritikpunkt aus meiner Sicht: Die Forderungen sind zu sehr auf die Pestizide verengt. Sie sind sicherlich ein Faktor für das Artensterben. Aber sie zum Kern des Problems zu erklären, das gibt die Datenlage nicht her.

Ein wirklich entscheidender Faktor wird im Volksbegehren hingegen quasi gar nicht berücksichtigt: Damit Insekten überleben können, benötigen sie Lebensräume: Fraßpflanzen, Pflanzen, an denen sie ihre Eier ablegen können, Lücken im Boden, blühende Wildpflanzen, Hecken…

Monokulturen mit Nutzpflanzen sind für Insekten hingegen in etwa so attraktiv wie eine geteerte Fläche. Ob man auf dieser ‚geteerten Fläche‘ dann auch noch Pflanzenschutzmittel ausbringt oder nicht, spielt letztendlich keine so große Rolle mehr.

Der erste Schritt wäre also etwas gegen die Strukturarmut unserer Landschaft zu unternehmen: Beispielsweise ein verpflichtender Grünstreifen am Rande großer Äcker. Ein wichtiger Ansatzpunkt ist auch ein anderer Umgang mit Grünland, das in immerhin 50% der landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland ausmacht. Es sollte erheblich seltener gemäht werden.

Mein zweiter Kritikpunkt ist das geforderte Pauschal-Verbot sämtlicher Pflanzenschutzmittel und Biozide in Schutzgebieten. So wie ich die entsprechenden Gesetzestexte verstehe fallen darunter auch die biologische Schädlingsbekämpfung und andere umweltfreundliche Methoden, ohne die biologische Landwirtschaft nicht möglich wäre.

Beispielsweise setzen viele Winzer beim Kampf gegen den Sauerwurm und den Heuwurm auf eine biologische Verwirrungstaktik. Sie bringen im Weinberg Gerüche von Weibchen aus, damit die Männchen die echten Weibchen nicht mehr finden. Eine erfolgreiche und bewährte Strategie, die dabei hilft, den Einsatz chemischer Gifte zu reduzieren. Diese Methode wäre auch verboten.

Im Nachhinein für jedes einzelne biologische Mittel eine Sondergenehmigung auf den Weg zu bringen halte ich für einen nicht leistbaren bürokratischen Aufwand.

Mein Eindruck ist: Das bayerische Volksbegehren war so erfolgreich, weil vorab ein intensiver Dialog mit allen betroffenen Gruppen stattgefunden hat. In Baden-Württemberg wurde diese Auseinandersetzung hingegen offensichtlich versäumt.“

Dr. Sabine Zikeli, Leiterin des Zentrums für ökologischen Landbau, Universität Hohenheim
„Das Volksbegehren will den Ökolandbau massiv ausbauen. Ich bin jedoch überzeugt, dass die Forderungen, wenn sie 1:1 umgesetzt würden, der Branche keinen Gefallen täten. Im Gegenteil.

Der Text des Volksbegehrens suggeriert, dass im ökologischen Landbau keinerlei Pflanzenschutzmittel eingesetzt würden. Auf den ökologischen Ackerbau trifft dies weitgehend zu: Hier gibt es alternative Strategien der Schädlingsbekämpfung: z.B. über die mechanische Bekämpfung von Beikräutern oder über die Fruchtfolge, um Pilzkrankheiten und Schädlinge zu vermeiden. Im Obst- und Weinbau können jedoch weder Pilze noch Insekten auf diese Weise bekämpft werden. Auch beim Kartoffelanbau müssen Maßnahmen gegen den Kartoffelkäfer ergriffen werden.

Zwar kommen keine chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel zum Einsatz, dafür aber Kupfer, pflanzliche Präparate oder biologische Mittel, wie z.B. Viren, die auf bestimmte Insekten wirken. All dies wäre gemäß den Forderungen des Volksbegehrens jedoch nicht mehr erlaubt.

Jeder Kleingärtner weiß aber, dass man unter unseren Klimabedingungen zwar Äpfel kultvieren kann, diese aber ohne biologische Schädlingsbekämpfung eben nicht immer schön aussehen, sondern Schorfflecken zeigen oder von den Raupen des Apfelwicklers befallen sind. Wir müssten den Apfelanbau also in Landschaftsschutzgebieten einstellen oder die Apfelbäume einhausen, das heißt unter Folie und Netz kultivieren. Ich vermute jedoch, dass die Initiatoren des Volksbegehrens keine großflächige Folien-Plantagen am Bodensee im Sinn hatten.

Auch der Plan, die biologische Landwirtschaft bis 2025 auf 25% und bis 2035 auf 50% zu erhöhen erscheint mir unrealistisch. Für die Erzeugnisse muss schließlich auch ein Markt da sein. Der Bio-Markt wächst zwar, aber eben nicht so schnell. Die Konkurrenz unter den biologischen Landwirten würde also erheblich zunehmen, sodass der Ökolandbau an Attraktivität verlieren würde.

Nicht zuletzt lebt der ökologische Landbau davon, dass die Landwirte diesen Weg aus Überzeugung gehen. Würde man den Umstieg gewissermaßen erzwingen, ist von deutlich mehr schwarzen Schafen auszugehen. Richtlinien müssten vermutlich noch viel schärfer kontrolliert werden und die Glaubwürdigkeit der Branche könnte in Gefahr geraten.

Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen, dass der ökologische Landbau im Vergleich zum konventionellen Landbau stärker zum Erhalt der Biodiversität beiträgt. Den Landwirten ist dies bewusst und der Erhalt der Biodiversität vielen von ihnen ein sehr großes Anliegen.

Verbände wie Demeter BW oder Naturland BW unterstützen das Volksbegehren. Ich vermute allerdings, dass hier vor allem die Stimmen von Mitgliedern gehört wurden, die Ackerbau betreiben und die Konsequenzen für Sonderkulturen nicht in vollem Umfang wahrgenommen wurden. Der Verband Bioland BW hat sich aus den genannten Gründen daher gegen das Volksbegehren ausgesprochen.“

Prof. Dr. Ralf Vögele, Dekan der Fakultät Agrarwissenschaft und Direktor des Instituts für Phytomedizin, Universität Hohenheim
„Der Grundgedanke des Volkbegehrens ist unterstützenswert. Aber leider schießt es weit über das Ziel hinaus und ist deshalb aus meiner Sicht in der vorliegenden Form nicht akzeptabel.

Ich bin überzeugt, dass wir den Einsatz chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel erheblich reduzieren können. Dazu müssen wir intelligente Strategien entwickeln und es gibt ja bereits sehr vielversprechende Ansätze. Eine pauschale Verteufelung bringt uns hingegen nicht weiter.

Man darf nicht vergessen: Würden wir von heute auf morgen auf Pflanzenschutzmittel verzichten, könnten wir die Weltbevölkerung nicht mehr ernähren. Für viele deutsche Betriebe würde es das Aus bedeuten. Kartoffeln oder Äpfel müssten wir z.B. nahezu komplett aus dem Ausland importieren. Auch Weinbau wäre in Deutschland nicht mehr möglich.

Nicht außer Acht lassen darf man an dieser Stelle auch, dass eine Reduktion der einsetzbaren Pflanzenschutzmittel zu großen Resistenzproblemen führen kann. Eine Reduktion der Aufwandmenge kann sehr schnell zur Unterschreitung des nötigen Schwellenwertes führen, was den Einsatz der Mittel wirkungslos macht. Eine Reduktion des Spektrums der Mittel führt dagegen aufgrund der Verwendung nur eines Wirkstoffs gegebenenfalls schnell zur Entwicklung von Resistenzen bei den Erregern – ähnlich der derzeit beobachtbaren zunehmenden Antibiotika-Resistenz bei Krankenhauskeimen.

Ein vernünftiges und zukunftsweisendes Management des Pflanzenschutzmitteleinsatzes wäre hier also weitaus zielführender.

Große Chancen bietet beispielsweise die Digitalisierung. Neue Technologien helfen Landwirten dabei, Pflanzenschutzmittel immer gezielter ausbringen und somit die Menge zu reduzieren.

Sehr vielversprechend halte ich auch einen Ansatz, der versucht, Vorteile der konventionellen und der ökologischen Landwirtschaft miteinander zu vereinen und deren jeweiligen Nachteile so weit wie möglich zu reduzieren. Ziel sind Anbausysteme, die auf chemische Pflanzenschutzmittel verzichten, nicht aber auf Mineraldünger. An der Universität Hohenheim koordinieren wir dazu das 5,3-Mio.-Euro-Verbundprojekt „NOcsPS“.

Viele Menschen haben heute offensichtlich eine romantisch verklärte Sicht auf die Landwirtschaft, aber keine Vorstellung von der Realität der Betriebe. Diese fühlen sich durch das Volksbegehren zu Unrecht an den Pranger gestellt.

Der Wunsch nach Verzicht auf Pflanzenschutzmittel steht zudem in krassem Widerspruch zu dem tatsächlichen Verhalten der Verbraucher. Solange im Supermarkt ausschließlich optisch makelloses Obst und Gemüse nachgefragt wird, wird die Reduktion von Pflanzenschutzmittel nur schwer gelingen.“

Dr. Peter Rosenkranz, Leiter der Landesanstalt für Bienenkunde, Universität Hohenheim
„Auch wenn der Imkerschaft der Insektenschutz naturgemäß sehr am Herzen liegt, sieht die Mehrheit die Maximalforderungen im Volksbegehren kritisch. Daher unterstützen derzeit weder der württembergische noch der badische Imker-Landesverband, die zusammen ca. 25.000 Imker vertreten, das Volksbegehren.

Zahlreiche Obst- und Weinbauern insbesondere in Naturschutzgebieten der Bodenseeregion haben inzwischen deutlich gemacht, dass sie sich durch die Forderungen des Volksbegehrens in ihrer Existenz bedroht sehen. Indirekt wäre davon auch die Imkerei betroffen.

Auch wenn es immer wieder Konflikte zwischen Landwirten und Imkern gibt, so sind beide Seiten doch stark aufeinander angewiesen. Denn Obst- und Gemüsebauern benötigen Bienen als Bestäuber und umgekehrt sind die Sonderkulturen für die Imkerei wichtige Pollen- und Nektarquellen.

Die meisten Imker kennen die Sorgen und Nöte der Landwirte sehr gut, und wissen z.B., dass im Bereich der Sonderkulturen nicht komplett auf Pflanzschutz verzichtet werden kann. Zugleich haben Imker natürlich ein starkes Interesse daran, dass ihre Bienenvölker gesund bleiben und der Honig nicht durch Pestizide verunreinigt wird.

In Bienenschutzausschüssen wird deshalb seit vielen Jahren auf lokaler Ebene intensiv darum gerungen, wie der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduziert und die Anbauflächen bienenfreundlicher gestaltet werden können. Diese durchaus kontroversen Auseinandersetzungen und Diskussionen haben auch mit vielen konventionell arbeitenden Landwirten, die in diesem Volksbegehren leider weitgehend außen vor bleiben, zu Verbesserungen beim Bienenschutz geführt.

Eine Unterstützung des Volksbegehrens durch die Imkerverbände würde diese Zusammenarbeit untergraben und gerade in den Obst- und Weinanbaugebieten alte Gräben wieder aufreißen.“

Quelle: Universität Hohenheim

Landwirtschaft 4.0: Künstliche Intelligenz für mehr Tierwohl im Stall

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Das Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg (LSZ) und die Universität Hohenheim erschließen Datenquellen für eine zukunftsfähige Schweinehaltung.

Versuchsdaten zum Tierverhalten, biologische Daten aus dem Routinebetrieb, Daten zur Haltungsumgebung, zur Tiergenetik …: Zu der Sauenherde inklusive Ferkelaufzucht und Schweinemast am Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg (LSZ) liegen immense Datenmengen vor. Ein Schatz, der bisher kaum nutzbar ist. Denn die Datensätze, erfasst in Excel-Tabellen, Papierformularen oder durch Fachanwendungen, sind nicht vernetzt. Wirtschaftsinformatiker der Universität Hohenheim in Stuttgart führen im Projekt „Landwirtschaft 4.0: Informationssystem für die Schweinehaltung“ diese Daten in einer Digitalen Plattform zusammen – und erschließen sie so für die Datenanalyse und für das maschinelle Lernen. Das ermöglicht neue Erkenntnisse, die dem Tierwohl und einer zukunftsfähigen Ausrichtung der Schweinehaltung zugutekommen. Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) fördert das Projekt unter der Leitung der LSZ. Mit einer Fördersumme von fast 200.000 Euro für die Universität Hohenheim stellt es ein Schwergewicht der Forschung dar.

Stress mit dem Buchtennachbar, Kampf um den Zugang zu Ressourcen wie Wasser, Futter und Beschäftigungsmaterial, gesundheitliche Probleme, zu hohe Schadgasgehalte im Abteil – all diese Faktoren fördern das Schwanzbeißen bei Schweinen. Wissenschaft und Praxis gehen davon aus, dass ein Zusammenwirken dieser Risikofaktoren eine Rolle spielt – doch hier gibt es noch viele Wissenslücken.

An dieser Stelle setzt intelligente Big Data-Analytik an. „Damit können wir große Datenmengen zu diesen Faktoren aus unterschiedlichen Quellen analysieren – und so neue Informationen gewinnen und bisher unbekannte Zusammenhänge aufdecken“, erläutert Prof. Dr. Stefan Kirn, Leiter des Fachgebiets Wirtschaftsinformatik II an der Universität Hohenheim.

„Die Tierhaltung bietet herausfordernde Anwendungsfälle für maschinelle Lernverfahren, z.B. kann das Wohlergehen der Tiere verbessert oder auch das betriebliche Management optimiert werden“, unterstreicht Wirtschaftsinformatiker Martin Riekert, der das Teilprojekt der Universität Hohenheim leitet.

Vielfältige Anwendungsmöglichkeiten in der Tierhaltung
Ein Thema, das die Forscher im Visier haben, ist die Frage, wie man frühzeitig gesundheitliche Risiken bei den Ferkeln mittels Maschineller Lernverfahren erkennen kann. Dafür untersuchen sie derzeit rund 25 Variablen und werten Daten seit 2011 zu rund 50.000 Schweinen aus, um zu prüfen, ob Vorhersagen zu frühzeitigen gesundheitlichen Risiken möglich sind.

„Eine andere denkbare Anwendung wäre auch, im Rahmen eines Tierwohlmonitorings das Tierverhalten zu überwachen, um Stress frühzeitig zu erkennen“, so Riekert. Das Team wertet dazu über Videokameras mit Deep Learning das Liegeverhalten der Tiere aus.
Darin liegt auch eine wichtige Anwendung für die breite Praxis. Landwirtschaftliche Nutztierhaltung steht vor zukunftsorientierten Aufgaben. Viele Konsumenten wollen heute wissen, wo die Tiere herkommen, wie sie gehalten und gefüttert werden und dass es ihnen gut geht. Die Daten vom Tier selbst und aus der Haltungsumgebung, der Haltungstechnik und zum Gesundheitszustand geben in ihrer Verknüpfung Auskunft auf die vielen Fragen. Bedeutende Beiträge für mehr Akzeptanz der Tierhaltung in der Gesellschaft und ein besseres Image bringt die Digitalisierung und Vernetzung.

Viele einzelne Dateninseln am Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg
Umsetzen wollen die Hohenheimer Wissenschaftler das konkret mit dem Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg (LSZ). Die Herausforderung an der LSZ: „Dort liegen zwar sehr viele Daten vor, aber sie sind nicht nutzbar, da es sich um lauter Insellösungen handelt. Sie sind nicht vernetzt“, legt Dr. Achim Klein dar, der bis Ende August 2019 den Arbeitsbereich Knowledge Extraction leitete, dem das Teilprojekt zugeordnet ist. „In der tierischen Erzeugung gibt es einen enormen Nachholbedarf. Denn anders als in der Pflanzenproduktion sind die Datensätze kaum für die Datenanalytik erschlossen.“

Zu den Sauen, Ferkeln und Mastschweinen in den Lehr- und Versuchsställen werden sehr unterschiedliche Daten erfasst. „Wir haben routinemäßig erhobene strukturierte Daten wie Sauenplanerdaten oder Mast- und Schlachtdaten “, berichtet Riekert. „Dazu kommen weitere strukturierte Daten zur Haltungsumgebung wie Abteiltemperatur, Lüftungseinstellungen, Wasserdurchfluss oder Futterverbrauch. Außerdem unstrukturierte Versuchsdaten zum Tierverhalten, die uns unter anderem über 50 Videokameras liefern.“

Digitale Vernetzung statt Insellösungen
Erfasst wurden diese Daten bisher mit Excel-Tabellen und Fachanwendungen – die Datenerfassung ist bisher nicht einmal überall digital. Im Projekt führen die Wissenschaftler diese heterogenen Daten in einer Datenplattform (Data Warehouse) zusammen.

Sie statten dafür den gesamten Stall mit WLAN aus und installieren Industriecomputer mit Touchscreens. Vorhandene externe Systeme, zum Beispiel Lüftungs- und Fütterungssysteme, binden sie ein. Das Ziel: Im papierlosen Stall entfallen manuelle Schritte, die Daten gehen ab sofort über die neue Eingabemaske direkt in die Datenplattform. „Die Dateneingabe wird so schneller und effizienter“, erklärt Tobias Zimpel, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt. „Es erfolgt vor Ort eine Plausibilisierung, und die Mitarbeiter können jederzeit auf das Infosystem zugreifen.“

Durch die Vernetzung stehen die Daten dann für die Datenanalyse bereit. „Durch maschinelles Lernen kann das System in den vielfältigen Daten die Muster und Gesetzmäßigkeiten erkennen“, erläutert Riekert. „Ziel ist es, bisher unerkannte Zusammenhänge abzuleiten und daraus Entscheidungshilfen und Prognosemodelle zu entwickeln, die dem Tierwohl, der Forschung und dem betriebsindividuellen Management zugutekommen.“

HINTERGRUND: Projekt „Landwirtschaft 4.0: Informationssystem für die Schweinehaltung“
Das Projekt „Landwirtschaft 4.0: Informationssystem für die Schweinehaltung“ wird vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (MLR) im Rahmen der Strategie der Landesregierung „Landwirtschaft 4.0 nachhaltig.digital“ gefördert. Die Projektleitung liegt beim Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg (LSZ). Das Fachgebiet Wirtschaftsinformatik II an der Universität Hohenheim erhält für seinen Projektteil 197.648 Euro, die Gesamt-Fördersumme beträgt rund 0,3 Mio. Euro. Das Vorhaben startete am 1.11.2016 und endet am 31.12.2019.

Hintergrund: Schwergewichte der Forschung
32,5 Millionen Euro an Drittmitteln akquirierten Wissenschaftler der Universität Hohenheim 2018 für Forschung und Lehre. In loser Folge präsentiert die Reihe „Schwergewichte der Forschung“ herausragende Forschungsprojekte mit einem finanziellen Volumen von mindestens 350.000 Euro für apparative Forschung bzw. 150.000 Euro für nicht-apparative Forschung.

Quelle: Universität Hohenheim

Elektro-Nottötung von Saugferkeln – #TiHo-Tierschutztagung2019

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Um eine Alternative zum üblichen Verfahren der Nottötung nicht überlebensfähiger Ferkel, also dem Kopfschlag mit anschließendem Kehlschnitt, zu entwickeln, wurden an der TiHo Versuche zur Elektrotötung durchgeführt. Auf der diesjährigen Tierschutztagung in Hannover, stellte Dr. Alexandra von Altrock (TiHo) die Ergebnisse vor. Zwar werden ausgewachsene Schweine schon lange mit Strom (not-)getötet, ob sich diese Methode auch für Ferkel unter 5 kg Körpergewicht eignet, war aber bis jetzt wissenschaftlich nicht hinreichend untersucht worden.

Dr. Alexandra von Altrock

Vor den eigentlichen Tierversuchen wurde, zusammen mit dem Institut für Physik, ein Modell entwickelt, um Hinweise auf sinnvolle Parameter zu bekommen. Mithilfe von CT- und MRT-Bildern wurde dieses Modell für Ferkel-Kopf und -Thorax erstellt und den verschiedenen Gewebearten jeweils elektrische Leitfähigkeiten zugewiesen. Am Ende konnten hiermit Stromstärken und die Stromrichtung dargestellt werden.

Bei einer ersten Überprüfung an einem toten Ferkel wurden jedoch relativ große Unterscheide festgestellt. Speziell die Stromstärken am Tier unterschieden sich von den Modellwerten, die Tendenzen jedoch erwiesen sich als gleich.

Für die Elektrobetäubung gibt es Vorgaben in der Tierschutzschlachtverordnung (Mindeststromstärke und Mindestdurchströmungsdauer), für die Elektrotötung gab es bisher nur vage Angaben in der wissenschaftlichen Literatur. Die exakten Werte sollen hier nicht verraten werden, aber am Ende erwies sich eine dreimalige Durchströmung, an Schläfen und Thorax, als am besten geeignet (zweimalige Durchströmung am Thorax zur Elektrotötung, bei vorheriger Betäubung durch eine einmalige Durchströmung des Gehirns). Zwischen den Stromstößen zur Betäubung und Tötung liegt hierbei eine Pause von 20 Sekunden.

Im Anschluss an die klinische Studie ist nun ein zweijähriger Feldversuch geplant, bei dem ein vollautomatisches System zum Einsatz kommen soll. Hier werden, in einem abgeschlossenen Behälter, alle Stromstöße an den korrekten Ansatzstellen und im geforderten Zeitabstand gesetzt. So soll eine anwenderfreundliche Lösung zur Verfügung gestellt werden, die auch der Arbeitssicherheit Rechnung trägt.

(Abbildungen © TiHo)

Ein ausführliches Interview mit Dr. Alexandra von Altrock zum Ablauf der Versuche ist hier zu hören: