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Bundesverwaltungsgericht urteilt: Töten männlicher Küken tierschutzrechtlich nur noch übergangsweise zulässig

In seiner Pressemitteilung von heute führt das Bundesverwaltungsgericht aus:

Das wirtschaftliche Interesse an speziell auf eine hohe Legeleistung gezüchteten Hennen ist für sich genommen kein vernünftiger Grund i.S.v. § 1 Satz 2 des Tierschutzgesetzes (TierschG) für das Töten der männlichen Küken aus diesen Zuchtlinien. Da voraussichtlich in Kürze Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei zur Verfügung stehen werden, beruht eine Fortsetzung der bisherigen Praxis bis dahin aber noch auf einem vernünftigen Grund. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.

Der Kläger betreibt eine Brüterei. Die dort ausgebrüteten Eier stammen aus Zuchtlinien, die auf eine hohe Legeleistung ausgerichtet sind. Für die Mast sind Tiere aus diesen Zuchtlinien wenig geeignet. Deshalb werden die männlichen Küken kurz nach dem Schlüpfen getötet. Das betraf in Deutschland im Jahr 2012 etwa 45 Millionen Küken. Der Beklagte untersagte dem Kläger mit Verfügung vom 18. Dezember 2013 ab dem 1. Januar 2015 die Tötung von männlichen Küken. Er folgte damit einem an alle Kreisordnungsbehörden des Landes gerichteten Erlass, der auf das zuständige Landesministerium zurückging.

Das Verwaltungsgericht Minden hat die Untersagungsverfügung aufgehoben, das Oberverwaltungsgericht Münster die Berufung des Beklagten zurückgewiesen: Die Tötung der männlichen Küken erfolge nicht ohne vernünftigen Grund i.S.v. § 1 Satz 2 TierSchG.

Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Entscheidung nur im Ergebnis bestätigt. Gemäß § 1 Satz 2 TierSchG darf niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Das Tierschutzgesetz schützt – anders als die Rechtsordnungen der meisten anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union – nicht nur das Wohlbefinden des Tieres, sondern auch sein Leben schlechthin. Vernünftig im Sinne dieser Regelung ist ein Grund, wenn das Verhalten gegenüber dem Tier einem schutzwürdigen Interesse dient, das unter den konkreten Umständen schwerer wiegt als das Interesse am Schutz des Tieres. Im Lichte des im Jahr 2002 in das Grundgesetz aufgenommenen Staatsziels Tierschutz beruht das Töten der männlichen Küken für sich betrachtet nach heutigen Wertvorstellungen nicht mehr auf einem vernünftigen Grund. Die Belange des Tierschutzes wiegen schwerer als das wirtschaftliche Interesse der Brutbetriebe, aus Zuchtlinien mit hoher Legeleistung nur weibliche Küken zu erhalten. Anders als Schlachttiere werden die männlichen Küken zum frühestmöglichen Zeitpunkt getötet. Ihre „Nutzlosigkeit“ steht von vornherein fest. Zweck der Erzeugung sowohl der weiblichen als auch der männlichen Küken aus Zuchtlinien mit hoher Legeleistung ist allein die Aufzucht von Legehennen. Dem Leben eines männlichen Kükens wird damit jeder Eigenwert abgesprochen. Das ist nicht vereinbar mit dem Grundgedanken des Tierschutzgesetzes, für einen Ausgleich zwischen dem Tierschutz und menschlichen Nutzungsinteressen zu sorgen.

Die bisherige Praxis wurde allerdings – ausgehend von einer damaligen Vorstellungen entsprechenden geringeren Gewichtung des Tierschutzes – jahrzehntelang hingenommen. Vor diesem Hintergrund kann von den Brutbetrieben eine sofortige Umstellung ihrer Betriebsweise nicht verlangt werden. Bereits im Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts war absehbar, dass in näherer Zukunft eine Geschlechtsbestimmung im Ei möglich sein würde. Die weitere Entwicklung hat diese Einschätzung bestätigt. Ohne eine Übergangszeit wären die Brutbetriebe gezwungen, zunächst mit hohem Aufwand eine Aufzucht der männlichen Küken zu ermöglichen, um dann voraussichtlich wenig später ein Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei einzurichten oder ihren Betrieb auf das Ausbrüten von Eiern aus verbesserten Zweinutzungslinien umzustellen. Die Vermeidung einer solchen doppelten Umstellung ist in Anbetracht der besonderen Umstände ein vernünftiger Grund für die vorübergehende Fortsetzung der bisherigen Praxis.

BVerwG 3 C 28.16 – Urteil vom 13. Juni 2019

Quelle: Bundesverwaltungsgericht

Kommentar des BMEL
Klöckner: Kükentöten ist ethisch nicht vertretbar
Statement der Bundesministerin Julia Klöckner zum heutigen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Kükentöten

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner: „Meine Position zum Kükentöten ist schon lange klar: Ethisch ist es nicht vertretbar, diese Praxis muss so schnell wie möglich beendet werden. Mit insgesamt über acht Millionen Euro fördere ich mit meinem Ministerium daher mehrere Verfahren und Initiativen, die das zukünftig überflüssig machen. Dazu zählt die Aufzucht und Haltung männlicher Küken aus Legelinien, so genannte ‚Bruderhähne‘ oder ‚Zweinutzungshühner‘, die wir voranbringen. Sie sind auf dem Markt, der Verbraucher hat bereits heute die Wahl.

Ein Durchbruch ist vergangenes Jahr zudem mit einem Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei gelungen – weibliche Küken werden hier ausgebrütet, männliche nicht. Mit fünf Millionen Euro haben wir die Entwicklung gefördert, in der Praxis kommt es bereits zur Anwendung. Es ist auf dem Weg zur Serienreife, wird den Brütereien bald flächendeckend zur Verfügung stehen.

Alternativen stehen also zur Verfügung. Sie müssen aber auch rasch angewendet werden, um das Kükentöten schnellstmöglich zu beenden. Verbände und Unternehmen nehme ich hier in die Pflicht, habe die klare Erwartungen an sie, tätig zu werden. Mit Vertretern der Wissenschaft werde ich sie daher zeitnah an einen runden Tisch zusammenholen.
Miteinbezogen werden müssen aber auch die Verbraucherinnen und Verbraucher. Mit ihrer Kaufentscheidung haben sie es letztlich mit in der Hand, ob sich innovative Verfahren durchsetzen oder immer mehr Eier importiert werden.“

Quelle: BMEL

Stellungnahme des ZDG
„Kluge Entscheidung wird Realität gerecht und ist auch Auftrag: Wollen lieber heute als morgen aus dem Kükentöten aussteigen“

Das Bundesverwaltungsgericht hat heute entschieden, dass das Töten männlicher Eintagsküken tierschutzrechtlich übergangsweise noch zulässig ist. Das Gericht hat das Vorliegen eines „vernünftigen Grundes“ für das Töten der männlichen Küken und damit die Vereinbarkeit mit dem deutschen Tierschutzgesetz bejaht, bis praxisreife Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei vorliegen.

ZDG-Präsident Friedrich-Otto Ripke zu der heutigen Entscheidung:
„Wir begrüßen, dass das Bundesverwaltungsgericht die vorinstanzlichen Entscheidungen und die Auffassung der Bundesregierung bestätigt hat. Es ist eine kluge Entscheidung, die der Realität gerecht wird und der Wissenschaft Zeit gibt, die Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei erfolgreich zum Abschluss zu bringen. Wir sehen uns durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in unserer Rechtsauffassung bestätigt, wir verstehen die Entscheidung aber auch als klaren Auftrag an alle Beteiligten, intensiv daran zu arbeiten, praxistaugliche Alternativen der In-ovo-Geschlechtsbestimmung zum Erfolg zu führen. Unser ausdrückliches Bekenntnis gilt: Wir wollen lieber heute als morgen aus dem Kükentöten aussteigen. Ohne praxistaugliche Alternativen geht das aber nicht. Es muss alles daran gesetzt werden, dass möglichst bald eine entsprechende Technik flächendeckend für alle Brütereien in Deutschland zur Verfügung steht.

Mit dieser letztinstanzlichen Entscheidung ist endlich Rechtssicherheit für die Lege-hennen-Brütereien in Deutschland geschaffen. Wir begrüßen ausdrücklich, dass damit die Zukunft der Brütereien in Deutschland gesichert ist.“

Zum Hintergrund:
Damit ein Verfahren als praxistauglich für die Gesamtheit der deutschen Brütereien anerkannt werden kann, muss es aus Sicht der Wirtschaft folgende Bedingungen erfüllen:
• flächendeckende tatsächliche Verfügbarkeit der Technik (Sortiermaschinen) für alle Brütereien bundesweit
• ausreichende Geschwindigkeit mit einer erforderlichen Sortierkapazität von etwa 100.000 Eiern am Tag
• Genauigkeit von mindestens 95 Prozent bei der Bestimmung des Geschlechts
• allenfalls geringfügig verminderte Schlupfrate der weiblichen Eier

Diese Voraussetzungen sind bei keinem der heute bekannten Analyseverfahren zur In-ovo-Geschlechtsbestimmung vollständig gegeben. Einen methodischen Ansatz bei der wissenschaftlichen Forschung zu Alternativen zum Kükentöten favorisiert die Geflügel-wirtschaft grundsätzlich nicht. Allerdings teilen wir die Sichtweise des Deutschen Tierschutzbundes, wonach die Identifizierung des Geschlechts zu einem möglichst frühen Zeitpunkt erfolgen sollte.

Die deutschen Legehennenhalter versorgen Deutschland mit einem Bestand von rund 47 Millionen Legehennen pro Jahr mit rund 14 Milliarden Konsumeiern. Bei einem Pro-Kopf-Verbrauch von 235 Eiern liegt der Selbstversorgungsgrad schon heute bei unter 69 Prozent.

Quelle: ZDG Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft e.V.

Datenbank illustriert Biodiversität des Huhns

Insgesamt 174 Hühnerrassen umfasst eine öffentlich zugängliche Datenbank, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Göttingen und des Friedrich-Loeffler-Instituts in Neustadt-Mariensee gemeinsam mit zahlreichen internationalen Partnern in den vergangenen Jahren aufgebaut haben. Das Synbreed Chicken Diversity Panel (SCDP) deckt einen Großteil der vorhandenen Diversität der Spezies Huhn ab.

In der begleitenden wissenschaftlichen Studie typisierten die Forscherinnen und Forscher 3.235 Tiere für knapp 600.000 Single Nucleotide Polymorphisms (SNPs). SNPs sind Variationen einzelner Bausteine innerhalb des Erbguts zwischen Individuen. Dabei erstellten sie einen Stammbaum von bisher nicht dagewesener Vollständigkeit und Auflösung. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift BMC Genomics erschienen.

Die Vielfalt der Rassen reicht von den Wildformen bis zu kommerziellen Broilern und Legern, beinhaltet aber auch eine Vielzahl lokaler Rassen aus fast allen Erdteilen sowie von Hobbyhaltern in Deutschland gezüchtete Rassen. In der Studie analysierte das Forscherteam die genetische Diversität innerhalb und zwischen den Populationen. Dabei zeigte sich, dass sowohl innerhalb der Hobbyzuchten als auch in kommerziellen Leistungszuchten, insbesondere der Legerichtung, die genetische Diversität vermindert ist. In afrikanischen, südamerikanischen und einigen asiatischen und europäischen Rassen hingegen gibt es nach wie vor in erheblichem Umfang genetische Diversität. „Für die Nachhaltigkeit und Flexibilität der Zucht ist es wichtig, dass diese höchst unterschiedlichen Rassen erhalten bleiben“, so Prof. Dr. Henner Simianer und Prof Dr. Steffen Weigend vom Zentrum für integrierte Züchtungsforschung der Universität Göttingen.

Das SCDP ist eine dauerhafte Datensammlung und wird ständig ergänzt und erweitert. Mit der Veröffentlichung der Studie wurden auch alle Genotypdaten in einem Data Repository hochgeladen und stehen unter https://doi.org/10.6084/m9.figshare.8003909 der wissenschaftlichen Community für weitere Auswertungen zur Verfügung.

Quelle: Georg-August-Universität Göttingen

Dr. Siegfried Moder neuer FVE-Vizepräsident

Bei der Frühjahrstagung des Europäischen Tierärzteverbandes (FVE) vom 5. – 8. Juni in Bratislava wurde bei der Wahl des neuen Vorstands bpt-Präsident Dr. Siegfried Moder zum Vizepräsidenten gewählt (Wahlperiode 2019 -2021). Neuer Präsident ist Dr. Rens van Dobbenburgh aus den Niederlanden (Industrie u. ehem. Nutztierpraktiker). Er folgt auf Dr. Rafael Laguens aus Spanien, der nicht mehr kandidieren durfte. Weitere Vizepräsidenten sind Dr. Thierry Chambon (Frankreich, Kleintierpraktiker), Dr. Torill Moseng (Norwegen, Kleintierpraktikerin) und Prof. Dr. Stanislaw Winiarczyk (Polen, Wissenschaft). Auch die Führung des Europäischen Praktikerverbandes (UEVP) wurde neu gewählt. Neuer UEVP-Präsident ist Dr. Piotr Kwiecinski (Polen, Geflügel- u. Schweinepraktiker).

In seiner Zeit als FVE-Vizepräsident will sich Moder für eine stärkere Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament einsetzen und die Diskussionen über den Umgang mit Investoren intensivieren. „Da dies für die meisten Kleintierpraktiker in ganz Europa ein sehr aktuelles Thema ist, ist es mir wichtig herauszukristallisieren, was diese Entwicklung für den Markt und die „freien Tierärzte“ bedeutet“, betont Siegfried Moder. Wichtig ist ihm auch, sich mehr mit der Digitalisierung im Veterinärberuf zu befassen: „Als FVE sollten wir uns ein genaues Bild davon machen, was draußen passiert und analysieren, welche Auswirkungen das auf unseren Beruf haben wird. Vor allem müssen wir uns auf die Telemedizin konzentrieren und eine gemeinsame Position entwickeln. Und schließlich möchte ich die starke Stimme für die Nutztierpraxis sein, da dies der Bereich mit dem größten politischen Interesse und großen Problemen bei der Suche nach jungen Menschen ist, die in Zukunft dort arbeiten wollen“, so Moder.

Weitere Wichtige Themen der Tagung waren: Die Umsetzung der neuen EU-Tierarzneimittel-Verordnung (kritische Antibiotika, Internethandel), Tierschutz (u. a. mit Verabschiedung von Positionspapieren zur Euthanasie von Pferden, Katzenkastration und Lahmheit von Rindern). Großes Interesse fand bei den rund 200 Delegierten aus den 39 Mitgliedsorganisationen der Vortrag von bpt-Präsidiumsmitglied PD Dr. Andreas Palzer zum topaktuellen Thema „Isoflurannarkose bei Ferkeln in Deutschland“. Intensiv diskutiert wurde zudem der offiziell im September erscheinende Demografie-Bericht sowie die Folgen des Brexit. Dazu passend: Die FVE-Frühjahrstagung 2020 findet auf Einladung der britischen Tierärzteverbände Royal College of Veterinary Surgeons (RCVS) und British Veterinary Association (BVA) in London statt.

Quelle: Bundesverband Praktizierender Tierärzte e.V.

QS: Antibiotikaeinsatz bei Nutztieren weiter rückläufig

QS legt 2. Statusbericht zum Antibiotikaeinsatz für die Jahre 2014 bis 2018 vor
Antibiotikaeinsatz in QS-Betrieben für alle Tierarten rückläufig
Auch die Menge der Reserveantibiotika sinkt kontinuierlich weiter
Keine kritische Verlagerung von Ferkelaufzucht auf Ferkelerzeugung

Der Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung ist weiterhin rückläufig. Dies belegen die Zahlen des aktuellen Statusberichts zum Antibiotikaeinsatz in der Nutztierhaltung der QS Qualität und Sicherheit GmbH. Zwischen 2014 und 2018 sank die im QS-System erfasste Abgabe von Antibiotika in der Nutztierhaltung um insgesamt 253,2 Tonnen. Dies entspricht einer Reduktion von 35,7 Prozent. Das QS-Monitoring deckt 95 Prozent der Schweine- und Geflügelfleischproduktion in Deutschland ab. Seit der Einführung des QS Antibiotikamonitorings in 2012 wertet QS die Daten von über 2.300 Tierärzten aus. Das sind mehr als 4,1 Millionen Behandlungsbelege im erfassten Zeitraum.

Einsatz von Reserveantibiotika unter ganz besonderer Beobachtung
Auch kritische Antibiotika, sogenannte Reserveantibiotika, die für die Human-medizin von großer Bedeutung sind, kommen deutlich seltener in den Ställen der QS-zertifizierten Betriebe zum Einsatz. Hier sank die verabreichte Menge um 46,7 Prozent. Diese Zahlen verdeutlichen, dass die von Tierhaltern und Tierärzten ergriffenen Maßnahmen zur Antibiotikareduktion greifen. Vor dem Hintergrund möglicher Resistenzbildungen, welche zu einer Unwirksamkeit besonders wichtiger Antibiotika in der Humanmedizin führen könnten, stehen diese kritischen Antibiotika bei QS unter ganz besonderer Beobachtung. Wir haben den Anspruch mit unserer Datenerfassung Tierhalter und Tierärzte beim sinnvollen und im Sinne des Tierwohls sensiblen und restriktiven Einsatz von Antibiotika zu unterstützen., so Dr. Hermann-Josef Nienhoff, Geschäftsführer der QS Qualität und Sicherheit GmbH zur Veröffentlichung der 2. Ausgabe des Statusberichts zum Antibiotikamonitoring. Deshalb erhalten Tierhalter und Tierärzte einen separaten Therapieindex nur für den Einsatz von kritischen Antibiotika.

Verlagerung innerhalb der Schweinehaltung findet nicht statt
Innerhalb der Schweinehaltung reduzierte sich die Menge der verabreichten Antibiotika sogar um 41,9 Prozent. Dieses Ergebnis ist besonders erfreulich, da die Reduktion in der Mast und Ferkelaufzucht nicht zu Lasten der Sauen und Saugferkel geht: Auch Betriebe mit Ferkelerzeugung verringerten ihre Antibiotikagabe um 7,9 Prozent.

QS-Antibiotikamonitoring zeigt Wirkung in der Branche
Die Geflügelhalter konnten ebenfalls 18,8 Prozent weniger Antibiotika verabreichen und setzen damit ihre positive Entwicklung über alle Wirkstoffgruppen hinweg fort.

Die Wirtschaft hat mit ihrer Eigeninitiative zur Erfassung und Auswertung der Antibiotikamengen in der Nutztierhaltung seit 2012 bereits viel erreicht. Durch die breite Branchenabdeckung konnte QS Transparenz und nachvollziehbare Vergleichsmöglichkeiten für Tierhalter und Tier-ärzte schaffen. Die Zahlen haben eine beratende Funktion für die Branche und belegen, dass Tierhalter und Tierärzte für dieses Thema ausreichend sensibilisiert und in hohem Maße um
einen restriktiven Einsatz bemüht sind.

Die wichtigsten Aussagen und Ergebnisse des aktuellen Statusberichts zum Antibiotikaeinsatz haben wir in einem separaten Dokument zusammengefasst, das Sie hier herunterladen können. Den vollständigen 2. Statusbericht zum Antibiotikamonitoring im QS-System können Sie auf der QS-Webseite ansehen und herunterladen.

Erst Kombination von Neonikotinoiden und Milben schwächt Honigbienen

Forscher des Instituts für Bienengesundheit der Universität Bern und des internationalen Honigbienen-Forschungsnetzwerkes COLOSS melden die Entdeckung, eines Zusammenwirkens zwischen der Milbe Varroa destructor und Neonikotinoiden, welches die Lebensdauer von Honigbienen beeinträchtigt.

Die Westliche Honigbiene, Apis mellifera, ist der mit Abstand wichtigste von Menschen gehaltene Bestäuber weltweit. In den vergangenen Jahren kam es global zu hohen Verlusten von Honigbienenvölkern. Es wird seit Längerem vermutet, dass ein Zusammenwirken von verschiedenen Stressfaktoren hinter diesen Verlusten steht.

Nun melden die Wissenschaftler des Instituts für Bienengesundheit der Universität Bern und Agroscope in Zusammenarbeit mit dem internationalen Honigbienen-Forschungsnetzwerk COLOSS und den Universitäten von Auburn (USA) und Chiang Mai (Thailand), dass es einen bislang unbekannten Mechanismus gibt, der diese erhöhten Verluste an Honigbienenvölkern weltweit erklären kann. Die Ergebnisse wurden in «Scientific Reports» publiziert, dem Open Access-Journal von «Nature».

Eine ungute Kombination
Zwei Stressfaktoren, die einen erheblichen Einfluss auf die Gesundheit von Honigbienen haben, sind Insektizide und die nahezu überall vorkommende Milbe V. destructor. Diese Milbe stammt ursprünglich aus Asien, wo sie die Östliche Honigbiene, Apis cerana, befällt. Nach einem Wirtswechsel auf die Westliche Honigbiene A. mellifera wurde sie weltweit zu deren gefährlichster biotischer Bedrohung. Der negative Effekt von weit verbreiteten Insektiziden, speziell den Neonikotinoiden, sei ebenfalls bereits bekannt, schreibt die Universität Bern in ihrer neuesten Mitteilung. Bislang existierten jedoch noch keine Daten, welche ein solches Zusammenwirken zwischen diesen beiden Faktoren aufzeigen konnten.

In den untersuchten Honigbienen-Kolonien hatte die Behandlung der experimentellen Arbeiterinnen mit zwei ausgewählten Neonikotinoiden keinen Einfluss auf Gewicht und Langlebigkeit. Sobald allerdings ein Befall mit der Milbe Varroa destructor hinzukam, konnte ein schädliches synergistisches Zusammenwirken der beiden Stressfaktoren nachgewiesen werden. Davon waren besonders die langlebigen Winterhonigbienen betroffen, die im Herbst geboren werden, um das Überleben der Kolonie im Winter zu sichern. Der negative «Kombi-Effekt» führte nicht nur zu einer kürzeren Lebensdauer der Winterbienen-Arbeiterinnen, sondern auch zu einer reduzierten Körpergröße. Die Körpergröße ist ein wichtiger Faktor für die Leistungsfähigkeit der Winterbienen. Davon hängt unter anderem ab, wie gut sie ihre Körpertemperatur gegen die Kälte verteidigen können.

Für schonendere Mittel
«Imkerinnen und Imker in vielen Regionen dieser Welt sind von viel zu hohen Völkerverlusten betroffen», sagt Prof. Peter Neumann vom Institut für Bienengesundheit der Universität Bern, Co-Autor der Studie und Präsident des COLOSS-Netzwerkes. Für die Forscher sind mit dem Nachweis eines solchen Zusammenwirkens zwischen Insektiziden und Milben entsprechende nachhaltige Lösungen in der Landwirtschaft und Imkerei zum Schutz der Honigbienenvölker von zentraler Bedeutung. «Ein reduzierter Einsatz von Insektiziden sowie eine verbesserte Kontrolle der Milbe Varroa destructor sind dringend erforderlich», sagt Dr. Lars Straub, Erstautor und Post-Doktorand am Institut für Bienengesundheit.

Anmerkung:
Die Bienenvölker wurden Neonicotinoid-kontaminiertem Pollen (in realistischen Dosen von 4 ppb Thiamethoxam und 2 ppb Clothianidin) ausgesetzt oder, zum Vergleich, kontrollierten unkontaminierten Pollen. Insgesamt 42 Tage lang im Frühjahr, wenn die Kolonien normalerweise Pflanzenschutzmitteln ausgesetzt sind.

Link zur Studie (englisch)

Quelle: Universität Bern

Fakten statt Mythen

Bundesverband für Tiergesundheit e. V. (BfT) sieht viele Missverständnisse rund um das Thema Tiergesundheit und fordert stärkere Ausrichtung an Fakten

„Tiergesundheit, die Gesundheit der Menschen und ein intakter Planet sind eng ineinander verschränkt.“ Mit diesen Worten sprach der Vorsitzende Jörg Hannemann bereits in seiner Begrüßung zur Vortragsveranstaltung (16.05.) in Köln an, was dem Verband am Herzen liegt.

Welche Bedeutung und welchen Nutzen hat die Tiergesundheit für die Gesellschaft? Was leistet die Tiergesundheitsindustrie und wie lässt sich ihr Nutzen auf Seiten der Gesellschaft vermitteln? Welche Rolle spielen Medien und der Journalismus dabei? All diese Fragen waren wichtiger Bestandteil der Veranstaltung.

Dr. Sabine Schüller, Geschäftsführerin des BfT forderte faktenorientierte Rahmenbedingungen und eine offene Innovationskultur, damit die Industrie auch weiterhin zum Schutz der Gesundheit von Nutz- und Kleintieren beitragen kann und so der wichtige gesellschaftliche Nutzen und der Beitrag zu den unterschiedlichen Facetten von One Health abgesichert werden können. In Beispielen zeigte sie auf, dass viele Missverständnisse in der Gesellschaft bestehen und betonte damit die Notwendigkeit für eine besser gelingende Kommunikation. Tierarzneimittel dienten der Behandlung und Gesunderhaltung von Tieren und spielten somit auch für den Tierschutz und das Tierwohl eine entscheidende Rolle. Zudem ist die Tiergesundheit eine essenzielle Grundlage für ein unbeschwertes Zusammenleben von Mensch und Tier und nicht zuletzt auch für die Erzeugung sicherer Lebensmittel.

Eines der Missverständnisse ist, dass Tierärzte im Nutztierbereich nur Antibiotika einsetzten würden. Antiinfektiva, darunter Antibiotika, machen inzwischen nur ein Sechstel des gesamten Tierarzneimittelmarktes aus. Mehr als ein Viertel sind Impfstoffe. Die Kontrolle von Antibiotikaresistenzen muss gemeinsames Anliegen von Human- und Veterinärmedizin sein, so Schüller. Wie aber auch das Europäische Zentrum für Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) bestätigt, ist die Hauptursache für Antibiotikaresistenzen beim Menschen im Einsatz von Antibiotika zunächst einmal in der Humanmedizin selbst zu suchen. Schüller stellte außerdem klar, dass Tierarzneimittel nicht zur Leistungssteigerung in der intensiven Tierhaltung eingesetzt werden. Bei der Tiergesundheit geht es vorrangig um die Vermeidung und Bekämpfung von Tierkrankheiten. Antibiotische Leistungsförderer sind in der gesamten EU seit 2006 verboten und der Einsatz von Hormonen zu Mastzwecken ist bereits seit 1988 untersagt.

Schüller hob auch die vielen positiven Effekte hervor, die unsere Haustiere auf den Menschen im Zusammenleben heute haben. Kaum jemand wisse jedoch, dass Tierarzneimittel speziell für Hunde und Katzen, aber auch Rind, Schwein und Huhn entwickelt werden und von den Behörden auf Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit geprüfte werden.

Thomas Heyer, Journalist, WDR-Moderator und Medientrainer moderierte die Veranstaltung des BfT und skizzierte zunächst das Verhältnis der Gesellschaft zum Tier und wie unsere Branche durch die Gesellschaft wahrgenommen wird, um dann Ansatzpunkte aufzuzeigen, wie der Dialog besser gelingen kann. Fehlendes Wissen oder nicht korrekte Informationen beeinflussen wie der Sektor wahrgenommen werde. Die Abhilfe lautet „Haltung gleich Wissen“. Haltung habe mit Information zu tun. Und hier sieht Heyer die Aufgabe des zukünftigen Journalismus. In der Berichterstattung der Medien stehen nach wie vor schlechte Nachrichten besonders im Vordergrund. Einen möglichen journalistischen Ansatz böte laut Heyer das Konzept „Constructive News“. Um der Gesellschaft die Möglichkeit zur Meinungsbildung zu geben, müsse der Journalismus „die Welt mit beiden Augen sehen“. So können Nachrichtenroutinen hinterfragt, blinde Flecken vermieden und neue Perspektiven aufgezeigt werden. Er forderte die Branche auf klar Position zu beziehen, proaktiv zu kommunizieren und Medienanfragen als Chance zu nutzen. Die Tiergesundheitsbranche müsse eng mit Gesellschaft und Medien im Dialog stehen.

In einer abschließenden Gesprächsrunde diskutierten die Vertreter verschiedener Verbände, Organisationen und der Politik offen und teils auch kontrovers aus ihrer jeweiligen Perspektive die Vermittlung des One-Health-Gedankens an die Gesellschaft. Die Geschäftsführerin des Bundesverbandes Rind und Schwein, Dr. Bianca Lind gab zu verstehen, dass die Landwirte schon heute sehr viele Gesundheitsdaten ihrer Tiere erfassen. Fakt sei auch, dass die Bauern viel dafür täten, die Gesundheit ihrer Tiere zu erhalten, dafür seien bei kranken Tieren nun mal auch Medikamente notwendig. Lea Fließ, Geschäftsführerin vom Forum Moderne Landwirtschaft äußerte klar, dass Mythen aus Unwissenheit entstehen. „Es gibt einen riesen Unterschied zwischen den tatsächlichen Geschehnissen und dem was Menschen fühlen“, so Dr. Gaby-Fleur Böl vom Bundesinstitut für Risikobewertung. Die Angst vor dem Schnitzel und was da eventuell Gefährliches und Giftiges drinsteckt sei eigentlich noch viel zu weit verbreitet. Statt Genuss am Essen und hohe Wertschätzung für die Lebensmittel, hätten die Leute eher Sorge vom Fleisch krank zu werden. Mythen hierzu müssen ausgeräumt werden. Wichtig sei in diesem Zusammenhang auch, laut Böl, das Bewusstsein dafür zu schaffen, wie wichtig gute Küchenhygiene ist. Rheinhild Benning von Germanwatch forderte einen Systemwechsel in der Tierhaltung und sprach sich für strengere Regularien aus, denn nur dann würden notwendige Innovationen kommen.

Fazit: Einigkeit bestand, dass die gesamte Branche intensiver informieren und den Dialog mit der Gesellschaft vertiefen muss.

Quelle: Bundesverband für Tiergesundheit

Bundesministerin Klöckner lässt untersuchen, was wirklich in zubereitetem Essen steckt – weltweit umfangreichste Studie „MEAL“

Erstmals werden Lebensmittel so analysiert, wie sie verzehrt werden – Studie des Bundesinstituts für Risikobewertung ermöglicht realistische Aussagen über die Aufnahme von Stoffen, erlaubt Verzehrempfehlungen

Die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner, sprach am Berliner Standort des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) über die von ihr in Auftrag gegebene MEAL-Studie (Mahlzeiten für die Expositionsschätzung und Analytik von Lebensmitteln). Das vom Ministerium geförderte Projekt untersucht für Deutschland erstmals systematisch und großflächig, welche Stoffe in zubereiteten und verzehrfertigen Lebensmitteln enthalten sind und in welchen Mengen sie vorkommen. Die Studie ist die umfangreichste weltweit, bezogen sowohl auf die Anzahl untersuchter Lebensmittel als auch auf die Anzahl an Stoffen.

Dazu Julia Klöckner: „Lebensmittelsicherheit ist nicht verhandelbar. Daher ist die von meinem Ministerium in Auftrag gegebene MEAL-Studie ein echter Leuchtturm – national wie international. Detailliert wird untersucht, welchen Einfluss die Zubereitung von Lebensmitteln auf die darin enthaltenden Stoffe hat. Über 90 Prozent der in Deutschland verzehrten Lebensmittel werden in der Untersuchung dabei abgebildet und analysiert.

Das Neue: Erstmals können Aussagen und Empfehlungen gemacht werden über Lebensmittel nicht nur als Ausgangsprodukte, sondern in dem Zustand, in dem wir sie üblicherweise tatsächlich zu uns nehmen. Mögliche Lebensmittelrisiken können so besser erkannt und bewertet werden. Ziel ist es, realistische Aussagen über die Aufnahme von Stoffen aus Lebensmitteln zu treffen. Über sieben Jahre wird geforscht, wir fördern mit 13 Millionen Euro. Die Studie ist ein weiterer Meilenstein zur Stärkung des gesundheitlichen Verbraucherschutzes.“

Zur MEAL-Studie:
Erstmals in Deutschland untersucht die BfR-MEAL-Studie großflächig, welche Risiken unter anderem durch Stoffe bei der Verarbeitung und Zubereitung von Lebensmitteln entstehen können. Dazu werden die fertigen Mahlzeiten auf Zusatzstoffe und Prozesskontaminanten, also auf Stoffe, die bei der Zubereitung entstehen, untersucht. So lässt sich zum Beispiel auch ermitteln, welche Gehalte an Acrylamid durchschnittlich in Keksen oder Pommes Frites enthalten sind, die gekauft oder im Haushalt zubereitet werden.

Die Studie berücksichtigt die gesamte Lebensmittelpalette und analysiert die Speisen jeweils in dem Zustand, in dem sie typischerweise verzehrt werden. Etwa 50.000 bis 60.000 Lebensmittel werden dafür eingekauft und in einer eigens dazu eingerichteten Küche zubereitet. Diese Proben werden anschließend in Laboren auf verschiedene Stoffgruppen analysiert, sowohl auf gesundheitlich nützliche als auch auf unerwünschte Stoffe. Neben Zusatzstoffen und Prozesskontaminanten gehören dazu Stoffe aus der Umwelt (Umweltkontaminanten wie z.B. Dioxin), Schimmelpilzgifte (Mykotoxine), Nährstoffe, Pflanzenschutzmittel, Tierarzneimittel und Stoffe, die aus Verpackungen in die Lebensmittel gelangen. Darüber hinaus wird auch untersucht, inwiefern sich die durchschnittliche Belastung mit Stoffen in einzelnen Lebensmitteln je nach Region, Saison oder Produktionsart (z. B. nach biologischem oder konventionellem Anbau) unterscheidet.

Es wird ermittelt, in welchen Konzentrationen Stoffe durchschnittlich in verzehrfertigen Lebensmitteln enthalten sind. Die Ergebnisse dienen unter anderem als Grundlage, mögliche chronische Risiken durch stark belastete Lebensmittel zu erkennen. So lassen sich zum Beispiel Verzehrempfehlungen für empfindliche Bevölkerungsgruppen oder hinsichtlich bestimmter Lebensmittel ableiten.

Da die BfR-MEAL-Studie bei der Analyse von Stoffen möglichst geringe Nachweisgrenzen vorsieht, liefern die Ergebnisse genauere Daten zu Hintergrundbelastungen als bisher vorliegen. So können künftig für mehr Stoffe vor allem chronische Risiken zuverlässiger bewertet werden. Die Ergebnisse können darüber hinaus auch zur Einordnung akuter Risiken – etwa im Falle einer lebensmittelbedingten Krise – genutzt werden. Bisher waren viele Stoffe in Lebensmitteln nicht nachweisbar oder wurden nur in unverarbeiteten Lebensmitteln untersucht.

Weitere Informationen zur Studie sind unter diesem Link zu finden

Zum Bundesinstitut für Risikobewertung
Durch wissenschaftliche Bewertungen gesundheitlicher Risiken trägt das BfR maßgeblich zur Sicherheit von Lebensmitteln, Futtermitteln sowie von Produkten und Chemikalien bei. Diese unabhängigen und belastbaren Analysen sind unverzichtbar, wenn es um den Schutz der Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher geht.

Neben der Bewertung ist die Risikokommunikation eine ebenso wichtige wie verantwortungsvolle Aufgabe des Instituts. Zentrale Grundlagen für eine effektive Öffentlichkeitsarbeit sind dabei Glaubwürdigkeit und Vertrauen. Diese hat sich das BfR in der Gesellschaft erarbeitet.

Das BfR forscht und berät aber auch, um Tierversuche auf das absolut unverzichtbare Maß zu beschränken. Dabei spielt die Validierung und Anerkennung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zu Tierversuchen eine entscheidende Rolle.

Quelle: BMEL

Amtstierärztin Dr. Gabriele Fuchs: Tiertransporte in Drittländer

Seit Jahrzehnten stehen Tiertransporte in Länder außerhalb der EU in der Kritik. Schon innerhalb der Union können tagelange Transporte problematisch sein, spätestens an der EU-Außengrenze aber endet der Tierschutz regelmäßig.

Die Dokumentationspflichten für Transporteure sind zwar umfangreich, so müssen entsprechende LKW über Tränkesysteme, Lüftung, GPS-Aufzeichnung, Temperatur- und Ladeklapppen-Sensoren verfügen und vor Fahrtantritt detaillierte Routenpläne, inklusive der anzusteuernden Versorgungsstationen, vorgelegt werden. Aber in manchen Ländern sind die „offiziellen“ Transportdokumente das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben stehen.

Mit detektivischem Talent kommen Amtstierärzte wie Dr. Gabriele Fuchs dem auf die Schliche. Mit der Amtstierärztin aus dem Oberallgäu, sprachen wir über die vielfältigen Probleme bei Land- und Seetransporten.

Berühmt-berüchtigt etwa ist der Grenzübergang Kapikule zwischen Bulgarien und der Türkei schon seit Jahrzehnten. Aber auch einige EU-Häfen sind völlig unzureichend ausgestattet und berücksichtigen den Tierschutz faktisch überhaupt nicht.

Für die Tierärztin Gaby Fuchs müssen nicht nur dort die Probleme angegangen werden: Sie plädiert dafür, auf den Langzeit-Transport lebender Tiere möglichst ganz zu verzichten. Statt Schlachtvieh solle lieber Fleisch exportiert und wertvolle Zuchttiere besser per Flugzeug transportiert werden. Letzteres – man höre und staune – geschieht tatsächlich bereits heute.

Hier das Gespräch mit der engagierten Amtstierärztin:

0:00 Gesetzliche Vorgaben für Tiertransporter
1:54 Transportzeiten, Entladungen und Versorgung nach EU-Verordnung 1/2005
6:15 Transportplan
6:55 Offizielle Entlade- und Versorgungsstationen in Drittländern
8:08 Die Wahrheit über offizielle Versorgungsstationen in Russland
11:58 Kontrollpunkt Kapikule an der bulgarisch-türkischen Grenze, Usbekistan, Türkei, Iran
14:55 Schlacht- oder Zuchtvieh?
17:20 Verladung in EU-Häfen (Algeciras, Spanien und Rasa, Kroatien)
21:40 Lufttransport von Zuchtvieh die Lösung?

Q-Fieber: Für Tier und Mensch gefährlich

Von Dr. Joachim Lübbo Kleen, Fachtierarzt für Rinder (Cowconsult)

Die Rinderhaltung in Deutschland muss sich mit nur vergleichsweise wenigen Tierseuchen auseinandersetzen: BHV-1 (IBR) und BVD sind anzeigepflichtig und weitestgehend kontrolliert, von einzelnen Ausbrüchen abgesehen. Bei den meldepflichtigen Krankheiten beschäftigt neben der Paratuberkulose vor allem das Q-Fieber die Milchviehhalter immer wieder.
Q-Fieber wurde erstmals in den 1930 Jahren bei Arbeitern an australischen Schlachthöfen festgestellt: Der Name rührt vom englischen „Query“ her, Q-Fieber könnte also als „Rätselfieber“ übersetzt werden. Die Symptome waren zwar deutlich, die Ursache aber damals noch unbekannt. Mittlerweile ist klar, dass Q-Fieber bis auf Neuseeland weltweit verbreitet ist. In Europa brachte in den Jahren 2008 und 2009 ein massiver Ausbruch in den Niederlanden die Erkrankung in die Schlagzeilen: Ausgehend von Milchziegen wurde Q-Fieber als Zoonose auf mehrere tausend Menschen in der Umgebung der Betriebe übertragen. Hierbei erkrankten etwa 4000 Personen klinisch und zeigten grippeähnliche Symptome, mehrere Dutzend Personen verstarben nach Komplikationen, vor allem schweren Lungenentzündungen.

Ziegen und Rinder betroffen
Durch diese Verbindung zu Milchziegen wird Q-Fieber nach wie vor häufig als Erkrankung wahrgenommen, die vor allem die kleinen Wiederkäuer, also Schafe und Ziegen, betrifft. Allerdings kommt in Deutschland die Mehrzahl der Meldungen zu Q-Fieber aus Rinderbeständen. So geht die niedersächsische Tierseuchenkasse derzeit davon aus, dass Q-Fieber in deutlich mehr Beständen vorkommt, als eigentlich bekannt ist und die Erkrankung wird beispielsweise für Baden-Württemberg vom Friedrich-Löffler-Institut als „endemisch“, also regelmäßig vorkommend, bezeichnet. Der Impfstoffherstellers CEVA betreibt ein Monitoring auf Q-Fieber und erhält regelmäßig Hinweise auf das Vorkommen von Q-Fieber aus dem gesamten Bundesgebiet. Festzuhalten bleibt, dass Q-Fieber weit verbreitet ist und viele Betriebe ihren Infektionsstatus nicht kennen, da die Folgen, wie z.B. schlechte Besamungsergebnisse, auf andere Ursachen geschoben und nicht mit Q-Fieber in Verbindung gebracht werden. Das Unwissen über eine möglicherweise bestehende Infektion betrifft zudem eine Zoonose, also eine vom Tier auf den Menschen übertragbare Erkrankung.

Immunsuppressive Wirkung von Q-Fieber
Beim Rind sind Aborte, bzw. Verkalbungen eine Folge von Q-Fieber-Infektionen, stellen aber nur die auffällige Spitze des Krankheitsgeschehens dar. Betroffene Betriebe berichten davon, dass Besamungserfolge zurückgehen und Umbuller oder bei der Trächtigkeitsuntersuchung vermehrt nicht tragende Tiere festgestellt werden.


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Moderne Milchkuhhaltung zum Anfassen

Bundesweite Aktionen zum Internationalen Tag der Milch am 1. Juni

Anlässlich des Internationalen Tages der Milch öffnen Milchbäuerinnen und Milchbauern bundesweit am 1. Juni ihre Höfe und zeigen, wie Kühe gehalten und gemolken werden.

Der Internationale Tag der Milch wurde 1957 von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und dem Internationalen Milchwirtschaftsverband (IDF) ins Leben gerufen.

Weltweit wird an diesem Tag über Herstellung und die Vorzüge von Milch und Milchprodukten informiert. „Der Internationale Tag der Milch bietet allen Interessierten die Möglichkeit, sich bei einer der bundesweit zahlreichen Aktionen über das Leben der Milchkühe, die Herausforderungen der Milchbauern und das Produkt Milch aus erster Hand zu informieren.

Die Milchproduktion ist nicht nur ein wichtiger Pfeiler der deutschen Landwirtschaft, sondern auch für den Erhalt von bundesweit 4,7 Mio. Hektar Grünland von Bedeutung.“, so Karsten Schmal, Milchpräsident des Deutschen Bauernverbandes.

Milcherzeugung in Deutschland bzw. Nordwesteuropa hat im weltweiten Vergleich den niedrigsten CO2-Fubßabdruck und ist damit deutlich klimaverträglicher als gemeinhin angenommen. Außerdem steht sie für die Erhaltung von Grünland – als Kohlenstoffspeicher und Fläche für Biodiversität. Wichtigste Voraussetzung für den Grünlanderhalt ist aber die Nutzungsmöglichkeit durch die Tierhaltung.

In Deutschland produzieren aktuell etwa 63.000 Milcherzeuger ein gesundes und hochwertiges Lebensmittel. Rund um den Internationalen Tag der Milch werden in Zusammenarbeit mit den Landesbauernverbänden und den Landesvereinigungen für Milch informative und unterhaltsame Aktionen für alle Altersklassen durchgeführt. Dabei werden Landwirte mit Verbrauchern, Schulklassen, Politikern und Medien über moderne Milchkuhhaltung und das Lebensmittel Milch in den Dialog kommen.

Informationen zu den bundesweit geplanten Veranstaltungen finden Sie unter www.bauernverband.de/tag-der-milch-2019