Studien machen deutlich: Schweine mit Schmerzsymptomen brauchen Schmerztherapie

Schweine können aufgrund spontan auftretender Krankheiten, Wunden, Verletzungen, Traumata und physiologischer Zustände wie dem Abferkelprozess unter Schmerzen leiden. Diese Schmerzen werden jedoch oft vernachlässigt. Um das Wissen und das Bewusstsein für dieses Phänomen zu stärken, haben Wissenschaftler*innen eine umfassende Übersichtsarbeit über grundlegende und neue Ansätze zur Erkennung, Bewertung und Behandlung von Schmerzen bei Schweinen erstellt.

Es wurde ein Scoping-Review mit den Ergebnissen einer Recherche in den elektronischen Datenbanken VetSearch und CABI durchgeführt. Im Hinblick auf die Eignungskriterien wurden 49 von 725 Publikationen zwischen 2015 und Ende März 2023 berücksichtigt. Die Ergebnisse wurden zusammengefasst und orientierten sich an der PRISMA-Leitlinie.

Die Ergebnisse dieser Studie* zeigen, dass Tierärzte Schmerzen nicht nur als Krankheitssymptom, sondern auch als wichtigen Aspekt des Tierwohls betrachten müssen. Schweine können zweifellos Schmerzen empfinden. Bleiben sowohl die Schmerzsymptome als auch die zugrunde liegenden Ursachen unbeachtet, können Langlebigkeit und Wohlbefinden der Schweine gefährdet sein. Daher sind Tierärzte verpflichtet, die Komplexität von Schmerzen und Schmerzmechanismen zu kennen und ihre Patienten angemessen zu behandeln.

Tierärzte sind für die bestmögliche Behandlung verantwortlich. Daher muss die Behandlung, ungeachtet der Herausforderungen der klinischen Schmerzdiagnostik, auch eine Schmerzlinderung beinhalten. Die Liste der verfügbaren Medikamente zur Schmerzbehandlung bei Schweinen ist kurz, und Schmerzen stellen keine abgegrenzte Indikation dar. In diesem Zusammenhang sollen die folgenden Überlegungen dazu beitragen, ein Behandlungsprotokoll für Schmerzen bei Schweinen aufgrund spontan auftretender Erkrankungen und Verletzungen zu erstellen.

Unter den Medikamenten für Schweine werden häufig NSAIDs (engl. = nonsteroidal antiinflammatory drugs) eingesetzt. Ihre Auswahl sollte unter Berücksichtigung der Indikation, Lokalisation, des nozizeptiven Signalwegs (System, das Schmerzreize vom Körper zum Gehirn leitet) und des jeweiligen Erregers erfolgen. Am häufigsten werden Meloxicam und Ketoprofen als entzündungshemmende und schmerzstillende Medikamente bei Nutztieren eingesetzt. NSAIDs haben sich als wirksam bei der Linderung von Entzündungen erwiesen, nicht jedoch bei neuropathischen Schmerzen (Erkrankungen der peripheren Nerven, die nicht durch Verletzungen verursacht werden).

Unabhängig von der Erkrankung oder Verletzung erfordert die Halbwertszeit von NSAIDs bei Schweinen von wenigen Stunden die Verabreichung von mehr als einer Dosis pro Tag. Trotz dieser Einschränkung gilt der Einsatz von entzündungshemmenden und schmerzstillenden Mitteln als die wirksamste Methode zur Schmerzlinderung bei Tieren, und zahlreiche Studien haben ihre Wirksamkeit in der Schmerzbehandlung bei Schweinen bewiesen. Die meisten NSAIDs sind jedoch zur Kontrolle von Fieber zugelassen und nur wenige Studien haben die wirksame Dosis für andere Indikationen untersucht. Daher ist eine weitere Zusammenarbeit zwischen Forschern und Praktikern hinsichtlich häufiger Nebenwirkungen auf die Heilung oder sogar Langzeitwirkungen erforderlich.

Empfehlungen für die Praxis:

+ Ein Schwein, bei dem Schmerzen bestätigt wurden, sollte angemessen behandelt werden.

+ Selbst ein wahrscheinlich schmerzhafter Zustand ist Grund genug, ein Schwein gegen Schmerzen zu behandeln.

+ Die Tatsache, dass Medikamente knapp sind und die Schmerzerkennung schwierig ist, rechtfertigt nicht, ein Schwein in einem schmerzhaften Zustand leiden zu lassen.

+ Um Schmerzen bei Schweinen zu erkennen, benötigen Tierärzte und Tierpfleger fundierte Kenntnisse über die Grundlagen der Schmerzmechanismen.

+ Es gibt zwar Skalen und Scores zur Schmerzerkennung bei Schweinen, diese müssen jedoch im klinischen Umfeld noch weiter validiert werden. Darüber hinaus ist das aktuelle Wissen ausreichend valide, um unnötige Schmerzen bei Schweinen zu vermeiden.

Eine zweite Studie** beschäftigte sich den Erkrankungen der Schweine, die Schmerzen verursachen können. Dazu zählen u.a.: Lahmheit, Druckstellen, externe Hernie (Nabelbruch), Vulvabeißen, Meningitis, Atemwegs- und Darmerkrankungen, Harnwegsinfekte, Mastitis und Gesäugeverletzungen. Systematisches Wissen zu diesem Thema ist jedoch rar. Insbesondere bei seltenen Erkrankungen (wie Harnwegsinfekten) ist weitere Forschung erforderlich. Die Forscher*innen schlagen vor, zum Thema Schmerzen bei Schweinen standardisierte Protokolle zu entwickeln, um die Ergebnisse der Schmerzerkennung über den Projektzeitraum hinaus zu dokumentieren, zu analysieren und zu teilen. Die Ergebnisse dieser Studie legen nahe, dass ein solches Protokoll validierte Maßnahmen zur Schmerzerkennung im Zeitverlauf und in Bezug auf die verabreichte Schmerzbehandlung umfassen würde.

Die Ergebnisse der Studie unterstreichen, dass Schweine aufgrund spontan auftretender Krankheiten und Verletzungen Schmerzen empfinden, systematisches Wissen zu diesem Thema jedoch rar ist. Eine zentrale Schlussfolgerung der Studie ist daher, dass systematischere Forschung zu Schmerzen bei Schweinen erforderlich ist, insbesondere auch zu Themen, die hier nicht berücksichtigt wurden, wie z. B. der Abferkelung von Sauen (Schwerpunkt Reproduktionsmanagement). Basierend auf einer Reihe vergleichbarer Studien wird es möglich sein, diese Annahmen zu validieren und die Evidenz zum Thema Schmerzen bei Schweinen zukünftig zu verbessern.

Für Tierärzte und Landwirte ist es unerlässlich, sicherzustellen, dass Schweine nicht unter unnötigen Schmerzen leiden, die gelindert werden können. Die Ergebnisse dieser Studie regen dazu an, bei jedem Patienten zu prüfen, ob Schmerzen und damit verbundene Indikatoren vorhanden sind und wie der Zustand zum Wohle des einzelnen Schweins behoben werden kann.

Studie*: Julia Kschonek et al. (2025): Part I: understanding pain in pigs—basic knowledge about pain assessment, measures and therapy. Porcine Health Management 11:12, p 1-18.
Studie**: Julia Kschonek et al. (2025): Part II: understanding pain in pigs—pain assessment in pigs with spontaneously occurring diseases or injuries. Porcine Health Management 11:13, p 1-17.

Quelle: Dr. Heike Engels – Zuerst erschienen im E-Magazin „Der Hoftierarzt“ 4-2025