Kreislaufwirtschaft – Regionale Futterinsekten für Masthühner

Bild von Kirsten Hughes auf Pixabay

Von Laura Schneider und Nathalie Stöhr, Technische Hochschule Bingen

Der Wunsch nach ressourceneffizienteren Wertschöpfungsketten, insbesondere in der Tierhaltung, erfordert neue und nachhaltige Erweiterungen in etablierten Systemen. Ein zentraler Ansatzpunkt für mehr Nachhaltigkeit in der Tierhaltung ist die Tierernährung und im Speziellen die Erzeugung einzelner Futtermittel. Die Herkunft der Futtermittel verursacht den größten Teil des Emissions-Fußabdrucks in der Tierhaltung. Deswegen sind Lösungen gefragt, wie der Emissions-Fußabdruck der Tierernährung reduziert werden kann.

Der Einsatz von Insekten als Futtermittel für Schweine, Geflügel und in der Aquakultur gewinnt zunehmend an Bedeutung. Möglich wurde dies durch die Änderung der EU-Verordnung (2021/1372), welche die Fütterung von tierischem Protein an Nutztiere (ausgenommen Wiederkäuer) wieder ermöglicht.

Insekten sind aufgrund ihres hohen Protein- und Fettgehalts und einer Aminosäurezusammensetzung, die der von Sojabohnen ähnelt, ein interessantes Futtermittel für Monogastrier. Insekten müssen zudem, anders als etwa Sojabohnen, nicht importiert werden, sondern können vor Ort in vertikalen Anbausystemen produziert werden. Lange Transportwege entfallen somit.

An der Technischen Hochschule (TH) Bingen forscht die Arbeitsgruppe um Prof. Georg Dusel über das Potential sogenannter „Futterinsekten“, speziell der Larven der Schwarzen Soldatenfliege (BSFL, Hermetia illucens). Neben Projekten zur Fütterung von Insekten als natürliches Futtermittel für Geflügel und Schweine werden auch verschiedene Futtersubstrate auf ihre Eignung zur Mast der Larven erforscht. Die BSFL lassen sich auf Basis von Koppelprodukten der Lebensmittel- und Agrarproduktion produzieren. Das ist ganz im Sinne der Kreislaufwirtschaft.

Regional aufgezogene Insekten als Nutztier
In den Projekten an der TH Bingen sind die Larven der Schwarzen Soldatenfliege eine innovative Erweiterung in der Wertschöpfungskette. Aufgrund der breiten Plastizität des Verdauungstraktes und einer effektiven Körperphysiologie der Larven sind diese Insekten in der Lage, bisher meist unvollständig genutzte Ströme aus der Lebensmittelproduktion in hochwertiges Protein und Fett zu veredeln. Sie haben dadurch das Potential, große Mengen an organischen Reststoffen zu verwerten, die ansonsten unkontrolliert deponiert und somit u.a. das Klimagas Methan emittieren würden.

Die Agrarwissenschaftler stellten in den Studien fest, dass auch die „Futterinsekten“, wie Menschen und andere Nutztiere, einen bestimmten Bedarf an Nährstoffen, wie Kohlenhydrate, Stickstoffquellen, Mineralien und Wasser haben. So zeigen die Larven die besten Wachstumsleistungen auf Futtersubstraten mit ca. 75 % Wasser und 14 % Rohprotein. Hierbei erreichen die Larven einen Futteraufwand (kg Futter auf Basis von Nebenprodukten pro kg Zuwachs Larvenbiomasse) von Faktor 1,2 bei einer Larvenkörpertrockenmasse von 30 %. Die „Mastphase“ in den Versuchen betrug sieben Tage.

Die mit einem Mix, bestehend aus Mühlennebenprodukten, Altbrot, Grassilage, Schlempen und Trester gefütterten Larven zeigten gleiche Leistungen wie die mit teurem Geflügelmastfutter gefütterten Larven. Ein Ergebnis der Arbeitsgruppe: Das in der Futtermittelbranche übliche Optimieren mit den verschiedenen oftmals saisonal anfallenden Koppelprodukten scheint für eine zukunftsfähige bedarfsgerechte Insektenernährung unumgänglich und macht ein „Upcycling“ erst effizient möglich.

Qualitätskontrolle Larven
Lebende Insekten sind als Einzelfuttermittel (für Heimtiere, Schweine, Aquakultur und Geflügel) zugelassen. Die Futtermittel-Verordnung regelt die Verwendung lebender Insekten jedoch bisher nicht. Die gesetzlichen Vorgaben, dass ein Futtermittel sicher sein muss, steht auch bei lebenden Insekten an erster Stelle. Die Fütterung von toten, unverarbeiteten Insekten ist nicht zugelassen. In einer Studie der TH-Bingen und der Uni Bonn wurde die Vitalität und Lagerfähigkeit unter Beachtung der sensorischen und hygienischen Eigenschaften der Larven, über einen Zeitraum von 9 Tagen nach der Larvenernte untersucht.

Die Ergebnisse zeigten, dass lebende BSFL nach der Ernte unter luftdichten Bedingungen bei einer konstanten Temperatur von 8 °C bedenkenlos 6 Tage lang haltbar sind. Durch eine geeignete Qualitätskontrolle (ähnlich einer Fleischbeschau) könnten die Larvenprodukte charakterisiert und in Qualitätsstufen eingeordnet werden.

Larven der Schwarzen Soldatenfliege als Futtermittel für Monogastrier
Die TH-Bingen beschäftigt sich in ihren Forschungsprojekten mit den Möglichkeiten und Grenzen zum Einsatz von BSFL beim Geflügel (Legehennen und Masthühner) sowie Schweinen (insbesondere Ferkel) und untersucht dabei neben den allgemeinen Leistungsparametern auch die Auswirkungen auf das Tierwohl und die Tiergesundheit sowie die Qualität der tierischen Produkte.

In der Natur sind Insekten ein natürlicher Bestandteil der Geflügelernährung und bieten das Potenzial, das Wohlergehen der Tiere zu verbessern. Neben der Möglichkeit der Nutzung als natürliches Beschäftigungsmaterial versorgen die Larven die Hühner (und andere Monogastrier) mit zusätzlichen hochwertigen Nährstoffen (vgl. Tabelle 1).

In einer Studie der TH-Bingen wurde beispielsweise die ernährungsphysiologische Eignung der Fütterung lebender Larven an Mastgeflügel untersucht: Die Hälfte von insgesamt 72 Tieren erhielten zusätzlich zur konventionellen ad libitum-Fütterung eines Getreide-Soja-basierten Mastfutters lebende BSF-Larven gefüttert. Den Eintagsküken wurden bis zum 21. Lebenstag 5 % der erwarteten täglichen Trockenmasseaufnahme als lebende Larven zugefüttert. Vom 21. bis 42. Lebenstag wurde die Menge auf 10 % erhöht. Dabei wurde zu Beginn 1x täglich frische Larven gefüttert, ab Tag 21 wurde die Menge auf 2 Portionen pro Tag aufteilt.


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