Am 1. August wurden in Berlin die Ergebnisse des Projekts „VerLak“ vorgestellt. Ziel war durch die Verlängerung der Laktationsperiode und selektives Trockenstellen den Antibiotikaeinsatz bei Milchkühen zu minimieren.
Das Projekt lief vom 01.01.2021 bis zum 31.08.2025 und umfasst 10 Milchviehbetriebe in Mittel- und Norddeutschland mit insgesamt 1.300 Kühen. Eine Kontrollgruppe mit 65 Kühen wurde wie gewohnt besamt, bei einer Versuchsgruppe von 65 Kühen wurde dies nach neuen Vorgaben getan.
Dr. Christian Fidelak (IFN Schönow e.V.) referierte zu den „Effekten einer verlängerten freiwilligen Wartezeit auf Fruchtbarkeit und Eutergesundheit“ und führte aus, dass
- späte Besamung zu schlechterer Tragquote und frühzeitigem Trockenstellen führt
- bessere Eutergesundheit am Laktationsende selektives Trockenstellen erleichtert
- längere Laktation positive ökonomische Auswirkungen hat
- aber auch zunehmende Unruhe in der Herde durch nicht genutzte Brunsten entsteht.
Fruchtbarkeit
Laktationslänge stieg in den Versuchsgruppen um 41 Tage bei den Jung- und um 48 Tage bei den Altkühen. Beim Erstbesamungserfolg gab es keine signifikanten Unterschiede und auch der Besamungsindex und -aufwand zeigten keine signifikanten Unterschiede.
Eutergesundheit
Die Zellzahlen zum Trockenstellenlagen in der Versuchsgruppe bei 134 Tsd/ml, in der Kontrollgruppe bei 107 Tsd/ml. Bakteriologisch unauffällig waren 70% der Kühe in der Versuchsgruppe und 75% in der Kontrollgruppe. Nach dem Kalben: 76% unauffällig in der Versuchsgruppe, 79% in der Kontrollgruppe.
Insgesamt profitieren Erstkalbinnen von früherer Besamung, Altkühe von späterer. Bei der Eutergesundheit zeigten sich wenige Effekte durch die verlängerte Laktation. Die strategische Verlängerung der freiwilligen Wartezeit bewertete der Referent positiv.
Emmeline Wahls (LFA MV, Dummerstorf) sprach über „Effekte auf die Abgangsraten und –ursachen“.
Startlaktation
- Insgesamt 1.216 Tiere wurden ausgewertet, davon 604 in der Kontrollgruppe und 612 in der Versuchsgruppe.
- Es gab insgesamt 263 Abgänge, davon 133 in der Kontrollgruppe und 130 in der Versuchsgruppe.
- Die Abgangsraten betrugen 22,0 % in der Kontrollgruppe und 21,2 % in der Versuchsgruppe.
- Die Zwischenkalbezeit betrug 406 ±68,8 Tage in der Kontrollgruppe und 451 ±63,3 Tage in der Versuchsgruppe, was einen signifikanten Unterschied zeigt.
- Die Abgangsursachen durch Unfruchtbarkeit betrugen 8,77 % in der Kontrollgruppe und 8,01 % in der Versuchsgruppe, ohne signifikanten Unterschied.
Folgelaktation
- Insgesamt 901 Tiere wurden in der Folgelaktation ausgewertet, mit 456 in der Kontrollgruppe und 445 in der Versuchsgruppe.
- Es gab 339 Abgänge, davon 172 in der Kontrollgruppe und 167 in der Versuchsgruppe.
- Die Abgangsraten betrugen 37,7 % in der Kontrollgruppe und 37,5 % in der Versuchsgruppe.
- Bis Tag 30 post partum gab es 61 Abgänge, davon 30 in der Kontrollgruppe und 31 in der Versuchsgruppe.
- Die Abgangsraten durch Unfruchtbarkeit, Euter- und Stoffwechselerkrankungen waren ebenfalls nicht signifikant unterschiedlich zwischen den Gruppen.
Im Vortrag von Anna-Luise Böhm (FFG, Berlin) ging es um „Effekte auf die Körperkondition“. Die Körperkondition wurde durch den Body Condition Score (BCS) bewertet, dessen Skala von 1 (stark unterernährt) bis 5 (stark überfüttert) in 0,25er Schritten reicht. Wichtige Zeitpunkte für die BCS-Bonitur sind: zum Trockenstellen, zur Kalbung und 5-10 Tage nach der Kalbung.
Die Körperkondition der Projekttiere zeigte signifikante Unterschiede zu jener der Kontrollgruppe.
- Die Versuchsgruppe (V) hatte einen BCS von 2,8, während die Kontrollgruppe (K) bei 2,6 lag.
- Der p-Wert von 0,0018 zeigt einen signifikanten Unterschied im BCS zwischen den Gruppen.
- Die individuelle Besamung hatte einen positiven Einfluss auf die Körperkondition der Milchkühe.
- Die Versuchstiere lagen überwiegend im physiologisch günstigen BCS-Bereich.
- Betriebsbedingte Unterschiede im BCS-Niveau wurden festgestellt, was auf standort- und managementbedingte Effekte hinweist.
Prof. Dr. Volker Krömker (Steinbeis FZ MW, Hannover) widmete sich dem Aspekt „Effekte auf den Antibiotikaeinsatz zur Mastitisbekämpfung“. Bei der Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes in der Mastitisbekämpfung nannte er selektives Trockenstellen und gezielte Mastitistherapie als zentrale Maßnahmen. Frühzeitiges Erkennen von Problemen könne Neuinfektionen reduzieren und mehr Prävention führe zu weniger Neuinfektionen und geringeren Risiken.
Die Ergebnisse der Interventionsstudie zur Laktationsverlängerung zeigten zwar, dass die Verlängerung der Laktation den Antibiotikaeinsatz in der Mastitisbekämpfung beeinflussen kann, aber
- Klinische Mastitiden: 30,4 % in der Kontrollgruppe vs. 22,3 % in der Versuchsgruppe (nicht signifikant).
- Antibiotische Dosen lokal: 0,34 vs. 0,21; systemisch: 0,065 vs. 0,085.
- In der ersten 30 Tage der Folgelaktation: 6,3 % vs. 4,8 % klinische Mastitiden (nicht signifikant).
Behandlungen zum Trockenstellen bei verlängerter Laktation
- Heilungsrate: 58,9 % in der Kontrollgruppe vs. 58,2 % in der Versuchsgruppe (nicht signifikant).
- Neuinfektionsrate: 34,4 % vs. 31,1 % (nicht signifikant).
- Verlängerung der Laktation um 45 Tage führt zu 11 % weniger antibiotischen Trockenstellern pro Jahr.
Die Verlängerung der Laktation führe zu weniger antibiotischen Trockenstellern, aber nicht zu einer signifikanten Senkung der Mastitiden oder Antibiotikaeinsatz pro Tag. Mögliche Gründe für fehlende Signifikanz wären: kurze Verlängerung, große Unterschiede zwischen Betrieben und unzureichende Studiengröße.
Dr. Jens Unrath (FFG, Berlin) beschrieb die „Anforderungen an VerLak-Betriebe“ und nannte
- Routinemäßigen Besamungsbeginn zwischen dem 42. und 60. Laktationstag.
- Jahresmilchleistungen müsse über 9.000 kg liegen.
- Nutzung eines Herdenmanagementprogramms zur Dokumentation von Prozessdaten.
- Durchführung einer 4-wöchigen Milchkontrolle erforderlich.
- Bereitstellung qualitativ geeigneter Milchproben und Bereitschaft zur Vorstellung des Betriebs.
Eine verlängerte Laktation böte den Teilnehmern zahlreiche betriebliche und gesundheitliche Vorteile.
- Reduzierung des Antibiotikaverbrauchs über die Zeit.
- Optimierung der Milchleistung pro Laktation.
- Förderung von Tiergesundheit und Tierwohl.
- Betriebswirtschaftliche Vorteile wie reduzierte Remontierung und bessere Persistenz.
- Weniger Kalbungen und geringere Gesundheitsrisiken durch tierangepassten Besamungsstart.
Allerdings seien Geduld und Mut zu Veränderungen notwendig, ebenso eine gute Vorbereitung für eine erfolgreiche Laktation. Das VerLak-Management erfordere Teamarbeit zwischen Landwirt, Berater und Tierarzt und individuelle Anpassungen seien notwendig, um die spezifischen Anforderungen jedes Betriebs zu erfüllen.
Die Folien zu allen Vorträgen sind als PDF-Dateien auf der Website der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei MV abrufbar. Darunter auch zwei Praxisberichte von Markus Deffner (Schwaighausen) und von Biolandbetrieb Hof Backensholz (Oster-Ohrstedt).