Aktuelles Interview: Labordiagnostik nach antibiotischer Mastitisbehandlung – sinnvoll oder überflüssig?

PD Kristina Kadlec, PhD

Wenn eine antibiotische Behandlung bei akuter Mastitis nicht den gewünschten Erfolg zeigt, stellt sich vielen Tierhalterinnen und Tierhaltern die Frage: Macht eine labordiagnostische Untersuchung jetzt überhaupt noch Sinn? In diesem Interview erläutert Kristina Kadlec, warum Labordiagnostik auch nach bereits erfolgter Therapie wichtig sein kann, welche Rolle mikrobiologische und klinische Heilung spielen und wann kulturelle Untersuchungen oder PCR-Tests wirklich weiterhelfen. Ein Gespräch über sinnvolle Diagnostik, häufige Irrtümer und die Bedeutung einer sauberen Probennahme.

Liebe Frau Kadlec, gesetzt den Fall eine Kuh mit akuter Mastitis wurde antibiotisch behandelt, aber die Behandlung schlägt anscheinend nicht an. Können dann von dieser Kuh stammende Viertelgemelksproben zwecks Erregernachweis untersucht werden?

Klar, Viertelgemelksproben kann man bei einer laktierenden Kuh tagtäglich gewinnen und diese gewonnenen Proben dann untersuchen. Die Frage ist eher, ob es im jeweiligen Fall sinnvoll oder sogar notwendig ist.

Wenn die bisher gewählte Therapie nicht anschlägt, möchte man in vielen Fällen gerne wissen, woran es liegt. Wenn ich über eine Fortsetzung der Behandlung in anderer Form nachdenke, brauche ich weitere sachdienliche Informationen: Also ganz klar, in einer solchen Situation kann Labordiagnostik sinnvoll sein.

Die Kuh ist aber doch bereits antibiotisch behandelt und die Wartezeit auf Milch läuft noch. Sollte ich mit der Probenuntersuchung nicht warten, bis diese Wartezeit abgelaufen ist?

Ein klares Nein! Wenn der eingesetzte Wirkstoff nicht wirkt, ist der Mastitiserreger doch offensichtlich nicht oder nur wenig beeindruckt. Folglich darf ich erwarten, ihn in der aus dem behandelten Euter stammenden Milch zu finden.

Die Wartezeit auf Milch hat nur etwas damit zu tun, wie lange das Antibiotikum in der Milch in lebensmittelhygienisch betrachtet unerwünscht hoher Konzentration vorhanden ist. Antibiotika sollen weder in der Molkerei zu Problemen bei der Milchverarbeitung führen noch zum Verbraucher gelangen. Aber ein im betreffenden Fall therapeutisch nicht hilfreiches Antibiotikum in der Milch steht einer im Labor erfolgenden Suche nach Erregern nicht im Wege.

Bei den Erregern kann es sich um Keime handeln, die durch Antibiotika gar nicht abzutöten sind. Dabei denke ich an Hefen, an die zu den Algen gezählten Prototheken oder auch an Schimmelpilze. Es können auch bakterielle Erreger vorliegen, die gegen das eingesetzte Antibiotikum resistent sind. Escherichia coli zum Beispiel ist gegen Penicillin intrinsisch resistent, Penicillin-Resistenz ist für E. coli also eine Spezies-spezifische Eigenschaft. Es können aber auch Erreger vorliegen, die eine Resistenz erworben haben. Solche durch Generwerb oder durch Mutation erworbenen Resistenzen meint man in der Regel, wenn man von einem resistenten Erreger spricht. In einem solchen Fall sind andere Erreger derselben Spezies sensibel gegenüber dem Antibiotikum.

Ist wegen des bisher nicht erkennbaren Heilungserfolgs auf jeden Fall schon klar, dass das bisher eingesetzte Antibiotikum falsch gewählt war?

Nicht in jedem Fall war das Antibiotikum wirkungslos: Möglicherweise hat sich bisher keine klinische Heilung eingestellt, obwohl eine mikrobiologische Heilung bereits eingetreten ist.

Was ist der Unterschied zwischen mikrobiologischer und klinischer Heilung?

Ich meine mit mikrobiologischer Heilung, dass die für die Infektionserkrankung ursächlichen Erreger abgetötet wurden. Unter klinischer Heilung verstehe ich das Verschwinden der Krankheitserscheinungen. Bei einer Mastitis also zum Beispiel das Verschwinden der Schwellung des Euterviertels und dass die aus dem Euterviertel zu ermelkende Flüssigkeit wieder normalen Milchcharakter hat: also keine Flocken enthält, nicht ganz wässrig ist und ihr Zellgehalt wieder niedrig ist. Mit der mikrobiologischen Heilung will man der klinischen Heilung den Weg ebnen. Auf eine mikrobiologische Heilung folgt aber nicht immer ganz schnell eine klinische Heilung. Unter Umständen bleibt eine vollständige klinische Heilung sogar aus und der Zellgehalt der Milch bleibt anhaltend erhöht.

Ist jeder Mastitisfall durch eine Untersuchung von Viertelgemelksproben auf deren Zellgehalte und auf Mastitiserreger aufzuklären?


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