Schwanzbeißen rechtzeitig erkennen: Kann künstliche Intelligenz unterstützen?

Von Dr. Veronika Drexl, Schweinespezialberatung Schleswig-Holstein

Wie wichtig die Auseinandersetzung mit dem Halten von unkupierten Schweinen ist, zeigt die geplante Änderung des Tierschutzgesetztes. Hier soll eine weitere Reduzierung von nicht-kurativen Eingriffen festgeschrieben werden. Welche Indikatoren bei der Früherkennung von Schwanzbeißen helfen können, wurden im Rahmen des Konsortialprojektes zum Kupierverzicht beim Schwein (KoVeSch) ermittelt. Ein weiteres Ziel dieses Projektes war es, mithilfe dieser Indikatoren eine automatische Früherkennung von Schwanzbeißen mittels künstlicher Intelligenz zu entwickeln.

Im Projekt wurden nicht nur Daten am Lehr- und Versuchszentrum (LVZ) Futterkamp, sondern auch an der Versuchsstation (VS) Wehnen erfasst. Auf den beiden Standorten wurde zwischen Oktober 2019 bis 2021 die Haltung von unkupierten Schweinen in konventionellen (Vergleichsbuchten) sowie optimierten Buchten (KoVeSch-Buchten) in der Ferkelaufzucht (FAZ) und Mast erprobt. Weitere Managementmaßnahmen in den KoVeSch-Buchten zur Reduzierung von Stress, welcher zu Schwanzbeißen führen kann, war das buchtenweise Umstallen von der FAZ in die Mast. Hierbei fand keine Durchmischung der Tiere statt. Ebenso war es das Ziel, dass die KoVeSch-Buchten sich in der FAZ und der Mast ähneln. So wechselten die Schweine bei Umstallung in die Mast in eine größere Bucht, erkannten dort allerdings die Elemente aus der FAZ wieder. In Tabelle 1 finden sich die Kennwerte der VS Wehnen.

Geeignete Indikatoren finden
Nach der Ermittlung der bedeutendsten Indikatoren für die Entstehung von Schwanzverletzungen wurden diese selektiert. Das bedeutet, es wurden nur diese bedeutendsten Indikatoren für die automatische Früherkennung von Schwanzbeißen herangezogen. Die selektierten Indikatoren waren für die FAZ die Schwanzhaltung, Hautverletzungen, der Therapieindex in der Säugezeit, der Wasserverbrauch, die Aktivität und die Abluftrate. In der Mast waren die selektierten Indikatoren die Schwanzhaltung, Erkrankungen des Bewegungsapparats, die Aktivität und die Abluftrate. Die Entwicklung der automatischen Früherkennung zeigt schematisch Abbildung 2.

In einem ersten Schritt wurde ein Vorhersagemodell (Neuronales Netz) anhand der Daten vom LVZ Futterkamp erstellt. Dabei wurde mittels künstlicher Intelligenz zuerst das Vorhersagemodell trainiert mit den Daten der selektierten Indikatoren und dem Auftreten von Schwanzverletzungen. Anschließend wurde getestet, ob dieses Vorhersagemodell nur anhand der selektierten Indikatoren das Auftreten von Schwanzverletzungen vorhersagen kann. In einem weiteren Schritt wurde getestet, ob mit dem entwickelten Vorhersagemodell auch auf anderen Betrieben das Auftreten von Schwanzverletzungen anhand der selektierten Indikatoren vorhergesagt werden kann. Hierfür wurden die Daten der VS Wehnen verwendet. Die Genauigkeit der Vorhersage wurde im ersten und im zweiten Schritt als Übereinstimmung zwischen dem wahren und vorhergesagten Vorkommen von Schwanzverletzungen pro Tag ermittelt.

Untersucht wurden verschiedene Vorhersagezeiträume: Einen Tag vor dem Auftreten von Schwanzverletzungen wurden diese mit den Daten des Vortages der selektierten Indikatoren vorhergesagt. Zusätzlich wurde untersucht, ob bis zu fünf Tage vor dem Auftreten von Schwanzverletzungen diese bereits vorhergesagt werden können. Ebenso wurde getestet, ob ein bis fünf Tage vor dem Auftreten von Schwanzverletzungen die Daten der selektierten Indikatoren verwendet werden sollen.


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Zuerst erschienen im E-Magazin „Der Hoftierarzt 6/2024