KI und Digitalisierung – Revolution im Stall? Interview mit Prof. Dr. Nicole Kemper, Tierärztliche Hochschule Hannover (Teil II)

Frau Prof. Kemper, im ersten Teil unseres Gespräches haben Sie bereits betont, wie wichtig die Mensch-Tier-Beziehung ist. Jetzt lese ich täglich von der KI-Revolution in allen Wirtschaftsbereichen und auch für die Nutztierhaltung existieren bereits zahlreiche KI-basierte Anwendungen: Mikrofone, die Husten im Schweinestall erkennen, Kameras, die Bewegungsmuster von Hühnern aufnehmen, Lahmheiten bei Kühen erkennen etc. Haben wir zukünftig auch im Stall so viel KI, dass der/die Tierhalter*in nur noch morgens mal kurz den PC anschalten muss, um Empfehlungen zur Behandlung der Tiere abzurufen?

Meiner Einschätzung nach sind wir davon noch recht weit entfernt. Ich glaube nicht, dass es so kommen wird. Solche KI-basierten Systeme sind Unterstützung – kein Ersatz.

Unsere aktuellen Forschungsarbeiten, unter anderem die Ergebnisse aus dem Experimentierfeld „DigiSchwein“ zeigen eindeutig das Potential bestimmter Sensoren und KI-basierter Systeme. Allerdings können, zumindest in der Schweinehaltung, die am Markt verfügbaren Teillösungen noch nicht zu einem richtigen Gesamtsystem zusammengefasst werden.

KI kann natürlich schon heute recht viel, aber die einzelnen Sensorsysteme in der Schweinehaltung sind oft proprietär. Das heißt, sie sind nicht ein übergeordnetes System integriert, das die gesamten Daten gebündelt nutzt, sondern einzelne Firmen haben einzelne Sensoren und Lösungen im Angebot. Die Konnektivität ist allerdings noch nicht so weit, dass sich zum Beispiel alles in einer App zusammenführen lässt.

Hinzu kommen dann noch Fragen zu Datenschutzgrundlagen und die oftmals wenig stabile Netzanbindung im landwirtschaftlichen Betrieb. Und auch die Zeitkontingente, die für die tägliche Wartung von Sensoren und Systemen eingeplant werden müssen, sollten nicht unterschätzt werden. So banale Sachen wie die Luftfeuchte, Stallstaub, Fliegen oder Spinnenweben können bei Sensoren oder Kameras die Funktionsfähigkeit massiv einschränken. Auf der anderen Seite sind einige Systeme schon über mehrere Jahre praxiserprobt und liefern zuverlässige, valide Ergebnisse. Dazu zählt beispielsweise die Hustenerkennung beim Schwein. Insgesamt sind wir aber noch weit von einer praxisreifen, allumfassenden Gesamtlösung entfernt.

Dann kommt ein genereller Punkt hinzu, der für alle Tierarten gilt: Ein 24/7-Monitoring ist natürlich sinnvoll, da das niemand personell leisten kann. Aaber die Erfahrung und das Gefühl für die Tiere im direkten Umgang, das Verantwortungsbewusstsein des Menschen kann kein Algorithmus übernehmen. Es liegt immer noch beim Tierhalter und der Tierhalterin, Entscheidungen zu treffen. Einen vollautomatisierten Stall wird es in unseren Strukturen nicht geben, wenn Tierwohl erreicht und gewahrt werden will.

In anderen Ländern, wo größere Tiergruppen intensiver gehalten und entsprechende Verluste in Kauf genommen werden, mag das zukünftig anders aussehen. Aber zu den Anforderungen, die wir an unsere heimische, tiergerechte Nutztierhaltung haben, passt der vollautomatische Stall ohne Menschen nicht – und zu unserer Verantwortung für unsere Nutztiere auch nicht-

Beim Milchvieh ist der Mensch-Tier-Kontakt ja noch recht intensiv und KI vielleicht nicht so entscheidend, aber wie sieht es beim Geflügel aus?

In der Geflügelhaltung mit hohen Tierzahlen ist die Einzeltierbetreuung schwieriger. So bekommt die Tierbetreuerin/der Tierbetreuer eine Panik in der Herde eventuell gar nicht mit, wenn gerade niemand im Stall ist. Hier können KI-basierte Kamerasysteme gut ungewöhnliche Tierbewegungen und generelles Verhalten erfassen und Warnsignale beispielsweise per App übermitteln. Flächendeckend sind solche Systeme noch nicht im Einsatz, aber dies wird sich vermutlich ändern.

In der Forschung haben wir schon einige automatisierte Monitoringsysteme getestet, etwa die automatisierte Erkennung von Federpicken bei Puten. Die Ergebnisse waren damals – es ist schon einige Jahre her – nicht ganz so vielversprechend. Die frühen Warnzeichen erkannte ein Mensch schneller. Aber die Technik entwickelt sich rasant weiter, so dass hier auch mit neuen Entwicklungen zu rechnen ist.

Ein weiteres Anwendungsbeispiel ist die automatisierte Erfassung des Tränkeverhaltens, also der pro Tier oder Tiergruppe aufgenommenen Wassermenge. Bei Absetzferkeln trinken die Tiere weniger, wenn eine Infektion im Anmarsch ist. Unsere Daten haben dies eindeutig belegt. Interessant dabei ist aber, dass zeitgleich auch die Mitarbeitenden im Betrieb erkannt haben, dass mit der Tiergruppe etwas nicht stimmt. Hier waren Mensch und Technik quasi gleich auf, die automatisierte Erkennung also auch nicht schneller als das Stallpersonal. Das finde ich beruhigend, da es unterstreicht, wie gut und wichtig die direkte Tierbetreuung ist.

Gibt es an der TiHo noch weitere „KI-Projekte“ beim Schwein?

Ja, unter anderem haben wir eine automatisierte Früherkennung von Schwanzbeißen anhand von Schreien getestet. Die Frage war: Treten in einer Bucht diese typischen hohen Schreie gehäuft auf, die ein gebissenes Schwein zeigt? Dazu hat ein Doktorand sehr, sehr aufwendige Untersuchungen durchgeführt. Wir haben evaluiert, ob diese Schreie aussagekräftig sind und ob sie eindeutig auch auf die betreffende Bucht zurückzuführen sind. Anhand von Videos wurde validiert, ob es sich bei den erkannten Schreien tatsächlich um ein Beiß-Ereignis handelte. Alle Tiere waren individuell markiert, so dass Gebissene und Beißer erkannt wurden.

Das System gibt ein Alarmsignal, wenn pro Stunde eine bestimmte Häufigkeit von Schreien überschritten wird. Dann lässt sich der Beißer anhand der Videos identifizieren und kann aus der Gruppe genommen werden. So ließ sich Schwanzbeißen in unseren Versuchen gut eindämmen. Gerade beim Schwanzbeißen als multifaktorielles Problem kann solch ein Monitoringsystem ein wertvoller Baustein und eine sinnvolle Ergänzung zur Prävention sein.

Zum Dauerthema Stallklima gibt es aber schon eine Menge automatisierter Systeme.

Ja, Stallklima-Monitoring, also die kontinuierliche Messung von Temperatur, Luftfeuchte, Zugluft oder auch Schadgasen ist teils relativ einfach und wird, im Zuge des Klimawandels, in Zukunft noch wichtiger werden. Solch ein Monitoring ist auch immer sinnvoll, wenn es um die Bewertung von Haltungssystemen unter verschiedenen Gesichtspunkten geht. So bewegen wir uns beispielsweise in frei belüfteten Ställen immer einem Spannungsfeld zwischen Stallklima, Tierwohl und Seuchenschutz. In Zeiten von Tierseuchen müssen solche Ställe, wie sie vor allem auch beim Geflügel zu finden sind, eventuell „dicht gemacht“, also zwangsbelüftet, werden. Dazu haben wir kürzlich ein Projekt abgeschlossen, in dem bewertet wurde, wie ein Masthühner-Stall nach Bedarf von frei- auf zwangsbelüftet umgerüstet werden kann, indem unter anderem die Jalousien geschlossen werden und das Lüftungssystem umgestellt wird. Dieses „Vorbereitet sein“ auf Tierseuchen oder Pandemien, auch unter dem Begriff „Pandemic Preparedness“ zusammengefasst, wird in Zukunft noch wichtiger werden.

Und wo sehen Sie noch Herausforderungen für eine ideale KI-Unterstützung?

Die Grundlage eines guten KI-Tools ist eine plausible Rohdatenerfassung. Dies setzt unter anderem robuste Sensoren voraus. Dass dies in der Stallumgebung schwierig ist, ist offensichtlich, denn ein Stall ist nun mal kein Reinraum. Manchmal machen auch die Tiere nicht das, was von ihnen erwartet wird. So ist es bei Stationen für die Einzeltier-Erkennung ungünstig, wenn zum Beispiel zwei Tiere die Station betreten, was eigentlich nicht so vorgesehen ist, aber wo die Tiere einen Weg finden, sich dort auch zu zweit gemütlich niederzulassen.

Ganz allgemein stellen bei KI-basierten-Systemen in landwirtschaftlichen Betrieben noch oft die Mobilfunkabdeckung und Breitbandverfügbarkeit ein Problem dar. Aber dabei wird sich in den nächsten Jahren sicher noch viel weiterentwickeln, genau wie bei den digitalen Entwicklungen allgemein. Abschließend: Trotz Digitalisierung und KI ist der Mensch durch seine Tierbeobachtung, Sinneswahrnehmung und der zentrale Faktor in der Tierbetreuung. Die Mensch-Tier-Beziehung ist und bleibt dabei der Schlüssel zu einer guten Nutztierhaltung!

Frau Prof. Kemper: herzlichen Dank für dieses aufschlussreiche Gespräch!

Link zum ersten Teil des Interviews “Allen Nutztieren soll es gut gehen“

Prof. Dr. Nicole Kemper leitet das Institut für Tierhygiene, Tierschutz und Nutztierethologie (ITTN) an der Tierärztlichen Hochschule Hannover

Link zum Institut

“Allen Nutztieren soll es gut gehen“ Interview mit Prof. Dr. Nicole Kemper, Tierärztliche Hochschule Hannover (Teil I)

Frau Prof. Kemper: Kürzlich forderten Sie auf einer TiHo-Veranstaltung es müsse „allen Nutztieren gut gehen“. Der Handel bietet ja aktuell fünf Haltungsstufen an, wäre es denn in ihrem Sinne, wenn man sagt; „Stall“ und „Stall und Platz“, also die Stufen eins und zwei, müssen gut sein und alles darüber darf dann „sehr gut“ sein. Oder brauchen wir überall „sehr gute“ Haltungsbedingungen?

Allen Nutztieren soll es gut gehen und es muss klar definiert sein, was wir damit meinen. Die Klassifizierung in diese unterschiedlichen Stufen bedeutet ja vordergründig betrachtet eigentlich Glück oder Pech der Geburt für die Tiere. Hier muss genau hingeschaut werden: Auch in Haltungsstufe 1, und vor allen Dingen 2 und höher, lässt sich gutes Tierwohl realisieren und muss auch realisiert werden. Es geht aus meiner Sicht weniger um das Label für die Verpackung, sondern darum, dass Tierwohl als Ergebnis – für das Tier – betrachtet wird und nicht einfach als Etikett. Gutes Tierwohl lässt sich zum Beispiel auch in Haltungsstufe 2 realisieren. Eine differenzierte Betrachtung ist wichtig, auch in den höheren Haltungsstufen: So kann es unter Umständen besser sein, wenn die Tiere z. B. einen Frischluftstall haben, aber keinen Auslauf, da ein Auslauf auch mit negativen Einflüssen auf die Tiergesundheit einhergehen kann, wenn er nicht optimal gestaltet ist. Es ist längst nicht so einfach wie Label uns oftmals suggerieren.

Wenn ich an die Hühner denke, weiß ich nicht, was die im Auslauf so alles fressen. Ich bin deshalb ein großer Fan von Wintergärten: da gibt es Klimareize, aber beispielsweise keine Zigarettenkippen, die sie aufpicken und keinen Habicht.

Ja, und beim Schwein genauso; Sonnenbrand ist ein Thema, denn ein „Klimareiz“ ist ja nicht immer zwingend positiv. Aktuell habe wir zum Prädatorendruck in der Geflügelhaltung ein Forschungsvorhaben im Rahmen unseren großen ZERN (Zukunft Ernährung Niedersachsen)-Verbundes, um genauer zu untersuchen, welche Bereiche nutzen Hühner im Auslauf überhaupt? Nutzen sie wirklich den gesamten Auslauf oder haben sie möglicherweise so viel Angst, dass Raubvögel von oben angreifen, dass sie sich nur engeren Stallbereich aufhalten? Wie lassen sich Schutzbereiche schaffen, die tatsächlich auch aufgesucht werden, wie Prädatoren vertreiben?

Hier kommt ein ganz wichtiger Aspekt ins Spiel: Wir haben in Sachen Biosicherheit unheimlich viel erreicht in den letzten Jahrzehnten. Im Auslauf ist der Eintrag von Erregern wie dem Aviären- Influenza-Virus ungehindert möglich. Es existiert ein Zielkonfliktzwischen Tierwohl durch mehr Auslauf und Biosicherheit. Hier muss eine genaue Abwägung und Ziel-Priorisierung erfolgen; und: ja manches lässt sich eben auch nicht realisieren und manche Risiken lassen sich nicht komplett ausschließen.

Stichwort „Sonnenbrand beim Schwein“: Im Sommer suchen Schweine mit Auslauf ja ihren Stall auf oder Hütten im Freiland oder nutzen dort eine Suhle. Aber im Frühjahr und Herbst, wenn es nicht so heiß ist, die Sonne aber schon, respektive noch richtig Kraft hat, können sie ruckzuck einen Sonnenbrand bekommen.

Ein wichtiges Thema: Wie können wir Ausläufe so gestalten, dass Schweine eben keinen Sonnenbrand bekommen? Hierzu wird demnächst ein Verbundprojekt starten, bei dem wir uns, gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer NRW auf Haus Düsse anschauen, wie die Auslaufnutzung bei Schweinen in der ökologischen Haltung und die Sonnenbrandprävention optimiert werden kann. Gegensteuern ließe sich übrigens auch mit nicht so hellen Schweinerassen – dies wäre eine Frage für die Tierzucht.

Überhaupt sind der Klimawandel und seine Folgen ein sehr großes Thema in der Nutztierhaltung. Wie schütze ich die Tiere vor hohen Temperaturen? Wie lassen sich Möglichkeiten der Kühlung schaffen? Und wie lassen sich dabei Folgewirkungen für die Umwelt minimieren?

Bei den niedrigen Haltungsstufen frage ich mich, ob Haltungsstufe 1 noch zukunftsfähig ist. Ich denke eher nicht, wenn man sieht, wo die Anforderungen des Lebensmitteleinzelhandels hingehen.

„Stall und Platz“ sollte dann vermutlich das Minimum werden.

Mit Blick auf das Tierwohl ist das so, auch wenn wir dann im internationalen Wettbewerb nicht überall wettbewerbsfähig sind.

Vielleicht helfen da die Erfahrungen mit dem niederländischen Label „Beter leven“, das ja seit Jahren sehr erfolgreich ist, mit Marktanteilen von 25-30% beim Schwein und 40% bei den Hühnern.

Etliche deutsche Geflügelmäster an der niederländischen Grenze beliefern ja auch „Beter leven“. Die mir bekannten Erfahrungsberichte sind durchweg positiv. Landwirte berichten, dass die Geflügelhaltung und der Umgang mit den Tieren so mehr Freude macht. Und das ist genau der Punkt: letztendlich müssen die Tierbetreuer erkennen, ob es den Tieren gut geht. Hier ist das Mensch-Tierverhältnis entscheidend. Das weiß auch jeder gute Landwirt/jede gute Landwirtin.

Deswegen finde ich die Bestrebungen des Einzelhandels gut, in die höheren Stufen zu gehen und diese von den Lieferanten zu fordern. Der Einzelhandel ist hier der größere Treiber als die Politik.

Der Eindruck drängt sich tatsächlich auf!

Wichtig ist es zu betonen, dass, wie schon erwähnt, das Tierwohl nicht automatisch besser ist, je höher die Haltungsform ist. Die Frage ist immer: Was sind die konkreten Auswirkungen der Haltungsumwelt auf das Tier? Kann das Tier in der jeweiligen Art des Haltungssystems ein gutes Tierwohl erleben?

Es ist bei näherer Betrachtung nicht einfach zu definieren, was eigentlich Tierwohl ausmacht. Jeder Verbraucher hat wahrscheinlich eine Vorstellung von einem „glücklichen Tier“. Das ist die Kuh auf der Weide, das ist die Henne, die im Freiland pickt oder das Schwein, das sich suhlen kann.

Das ist aber aus wissenschaftlicher Sicht, wenn auf die harten Fakten geschaut wird, nicht unbedingt so einfach. Ein sehr gutes Hilfsmittel sind dabei die objektiven Tierwohl-Indikatoren, also z. B. Schlachtbefunde, die etwa Parasitenbefall zeigen. Parasiten sind ein wichtiges Thema bei Auslaufhaltung. Weitere Tierwohl-Indikatoren sind zum Beispiel Fußballenveränderungen beim Geflügel, generelle Veränderungen an den Gliedmaßen, oder Organveränderungen.

Der Nachteil bei der Indikatoren-Bewertung am Schlachthof ist natürlich, dass die Beurteilung retrospektiv erfolgt: Erst am toten Tier wird faktenbasiert erkannt, wie es dem Tier in dem jeweiligen Haltungssystem während seines Lebens erging. Das Tier selbst hat nichts mehr davon. Diese Informationen können aber zur Verbesserung der Haltungsbedingungen für die Tiere in den folgenden Durchgängen genutzt werden.

Als Ergebnis könnte beispielsweise herauskommen: das Schwein wurde zwar in einem tollen Stall gehalten, war aber im Tierwohl beeinträchtigt. Wie aussagekräftig wäre dann eine hohe Label-Stufe?

Letztendlich ist es also immer wichtig, wie gut es dem Tier während seines Lebens wirklich erging. Deswegen ist die Mensch-Tierbeziehung so entscheidend: Der Mensch muss im Blick haben, wie es den Tieren geht und bei Auffälligkeiten den Spielraum haben zu handeln. In einem wirtschaftlich engen Rahmen kann das schwierig sein oder wenn etwa die Vorgaben der verschiedenen Stufen den Handlungsspielraum einschränken. Wichtig ist einfach, dass reale Möglichkeiten existieren, das Tierwohl zu bewerten und zu optimieren.

Frau Prof. Kemper: herzlichen Dank für das interessante Gespräch!

Link zum zweiten Teil des Interviews “KI und Digitalisierung – Revolution im Stall?“.

Prof. Dr. Nicole Kemper leitet das Institut für Tierhygiene, Tierschutz und Nutztierethologie (ITTN) an der Tierärztlichen Hochschule Hannover – Link zum Institut

Wie wirkt sich die Milchmenge vor dem Absetzen auf den Stoffwechsel junger Holsteinfärsen aus?

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Eine unzureichende Ernährung von Milchkälbern vor dem Absetzen wird mit späteren Nachteilen für ihre Stoffwechselgesundheit und Milchleistung in Verbindung gebracht. Allerdings sind die biologischen Mechanismen, die diesen Zusammenhang erklären, bislang noch nicht vollständig geklärt.

Ziel dieser Studie* war es deshalb, zu untersuchen, wie sich die Fütterung mit unterschiedlicher Milchmenge in den ersten Lebenswochen auf das Wachstum, den Glukosestoffwechsel, das Stoffwechselprofil und die Reproduktionsleistung von Holsteinfärsen langfristig auswirkt. Die Forschenden vermuteten, dass eine höhere Nährstoffzufuhr vor dem Absetzen den Stoffwechsel dauerhaft beeinflussen könnte und so möglicherweise die in früheren Studien beobachtete bessere Milchleistung erklärt.

Versuchsaufbau:
Insgesamt 86 Färsenkälber aus einem Milchviehbetrieb mit etwa 120 Kühen nahmen an der Studie teil. Sie wurden paarweise nach Parität und Geburtsdatum der Mutterkühe zusammen aufgestallt und erhielten alle dieselbe Menge Kolostrum. Anschließend wurden sie zufällig einer von zwei Gruppen zugeteilt:

• Erhöhte Fütterung: 8 Liter Milchaustauscher pro Tag (5,41 Mcal umsetzbare Energie)
• Eingeschränkte Fütterung: 4 Liter Milchaustauscher pro Tag (2,71 Mcal umsetzbare Energie)

Der Milchaustauscher enthielt 24 % Rohprotein, 18 % Rohfett und 45 % Laktose und wurde ab dem 2. Lebenstag bis zum 49. Tag gefüttert, dann wurde die Menge halbiert, und mit Tag 56 waren die Kälber vollständig abgesetzt.

Ab Woche 8 wurden alle Tiere gleich gefüttert und betreut sowie Zugang zu Wasser, pelletiertem Kälberstarter und gehäckseltem Weizenstroh. Alle Tiere hatten bis zur 10. Woche Einzeliglus. Die Betreuungspersonen wussten dabei nicht, welche Kälber welcher Gruppe angehörten.
Ergebnisse:

• Wachstum: Die Kälber mit erhöhter Milchmenge wuchsen in den ersten Wochen schneller und hatten am 70. Lebenstag ein um 9 kg höheres Körpergewicht. Dieser Unterschied war jedoch im Alter von 330 Tagen nicht mehr signifikant.

• Reproduktion: Es gab keine Unterschiede zwischen den Gruppen beim Alter der ersten Besamung, der Trächtigkeitsrate nach der ersten Besamung, dem Alter bei Konzeption oder der Anzahl der Besamungen pro Trächtigkeit.

• Stoffwechsel: Im Alter von 330 Tagen zeigten Blutanalysen Hinweise auf eine langfristige Beeinflussung bestimmter Stoffwechselwege (u. a. Carnitin-, Glycerolipid- und Purinstoffwechsel) durch die Fütterung in der Kälberphase.

• Beim Glukosetoleranztest im Alter von etwa 370 Tagen zeigte sich, dass die Färsen aus der eingeschränkt gefütterten Gruppe eine geringere Insulinsensitivität aufwiesen – bei ihnen waren die Insulinspiegel in den ersten 20 Minuten nach Glukosegabe niedriger (7,7 ng/ml gegenüber 10,3 ng/ml in der Hochfütterungsgruppe).

Fazit:
Eine intensivere Fütterung mit mehr Milchaustauscher in den ersten Lebenswochen hatte langfristige Effekte auf den Stoffwechsel der Färsen, insbesondere im Hinblick auf den Glukosestoffwechsel und bestimmte Stoffwechselwege. Allerdings zeigten sich keine langfristigen Unterschiede im Wachstum oder in der Fruchtbarkeit. Möglicherweise waren die Gruppen dafür zu klein, um solche Unterschiede statistisch sicher nachzuweisen.

*Studie: Leal, N.L. (2025): Effects of preweaning milk allowance on long-term metabolism in Holstein heifers. Journal of Dairy Science, Volume 108, Issue 5 p4988-4999, May 2025 Link

Quelle: Dr. Heike Engels, Der Hoftierarzt
Zuerst erschienen im E-Magazin „Der Hoftierarzt“ 3-25

Auch im Mastbetrieb keine Keime verschleppen

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Von Dr. Ingrid Lorenz, Tiergesundheitsdienst Bayern e.V.

Es ist mittlerweile weitgehend anerkannt, dass die Grundlage für ein gesundes und produktives Rinderleben in den ersten Lebenswochen gelegt wird. Natürlich gilt das nicht nur für die spätere Milchkuh sondern auch für den Mastbullen oder das Mastkalb. Dass die Mäster in der Regel keinen Einfluss auf das Aufzuchtmanagement im Herkunftsbetrieb haben, sondern nehmen müssen „was kommt“, ist einer der Gründe, die die Fressererzeugung oder Mast ab Kalb so schwierig und oft auch behandlungsintensiv machen.

Im Rahmen der Spezialisierung in der Rinderhaltung in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts wurde die Verwertung der männlichen Kälber aus dem Milcherzeugerbetrieb zunehmend auf spezialisierte Mastbetriebe übertragen. Hierbei gehen die männlichen schwarzbunten Kälber in Deutschland nach dem 28. Lebenstag in die Kälbermast, wohingegen die Kälber der Zweinutzungsrasse Fleckvieh in aller Regel später (nach 4 bis 6 Wochen) an Fressererzeuger oder Bullenmastbetriebe abgegeben werden. Diesen verschiedenen Wegen der Verwertung männlicher Kälber aus Milchviehbetrieben ist gemeinsam, dass sehr empfindliche, nicht entwöhnte Tiere aus oft sehr vielen Herkunftsbetrieben nach in der Regel längerem Transport in großen Gruppen aufgestallt werden.

Wissenschaftliche Untersuchungen zu den Risiken für die Tiergesundheit gibt es fast ausschließlich im Bereich der Milchmastkälber. Da diese in anderen europäischen Ländern noch nach zwei Wochen transportiert werden dürfen und sich auch sonst das System wesentlich von dem der Fressererzeugung unterscheidet, sind diese wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht auf Fressererzeugerbetriebe übertragbar. Um mehr Informationen über diesen sehr speziellen Produktionszweig zu sammeln hat der Tiergesundheitsdienst Bayern in den Jahren 2023/2024 bayerischen Fressererzeugern die Teilnahme an einem Tiergesundheitsmonitoring angeboten.

Monitoring von bayerischen Fressern
In den 53 teilnehmenden Betrieben wurden zunächst umfangreiche Informationen zum Management anhand eines ausführlichen Fragebogens erfasst. Danach wurden Stallklima, Luftqualität und Hygiene subjektiv erfasst bzw. gemessen. Die Untersuchungen im Stall wurden jeweils an den beiden zuletzt eingestallten Gruppen durchgeführt. In diesen Gruppen wurden jeweils auch 10 zufällig ausgewählte Kälber klinisch untersucht und es wurde eine Ultraschalluntersuchung der Lunge durchgeführt. Außerdem wurden Nasentupfer zur Untersuchung auf respiratorische Krankheitserreger entnommen.

Aufgrund der Fülle an erhobenen Daten ist die Auswertung und statistische Bearbeitung noch nicht abgeschlossen. Hier werden daher nur einige erste, aber hochinteressante Ergebnisse besprochen. Die auf Bestandsebene erhobenen Informationen wurden in Bezug auf die Antibiotikakennzahlen, die täglichen Zunahmen und die Sterblichkeitsrate untersucht.

Relativ leicht zu interpretieren sind die Ergebnisse im Bezug auf die Sterblichkeit. Hier zeigte sich ein statistischer Zusammenhang mit dem Fehlen eines strikten Rein-Raus-Verfahrens und einer höheren Luftgeschwindigkeit im Bereich der Kälber. Strikt Rein-Raus bedeutet, dass die Gruppe genau in der Zusammensetzung wie sie gekommen ist, den Bestand auch wieder verlässt. Aus tiermedizinischer Sicht ist die in manchen Betrieben gängige Praxis, Kälber je nach Wachstum „umzusortieren“, schon immer ein Albtraum. Schlechter wachsende Kälber haben meist einen infektiösen Grund warum sie schlechter wachsen und manche Krankheiterreger (v.a. auch Mykoplasmen) können recht lange in den Tieren überdauern, selbst wenn sie von außen nicht mehr krank erscheinen. Das heißt, diese Kälber können dann auch wieder Tiere ihrer neuen Gruppe anstecken. Zudem ist jede Änderung der Gruppenzusammensetzung mit hohem Stress für alle Kälber verbunden, was auch wieder Krankheiten fördert und die Leistung mindert. Es ist bekannt, dass Kälber sensibel auf Zugluft reagieren. Die gemessenen Luftgeschwindigkeiten lagen zwar in aller Regel nicht über dem empfohlenen Bereich, aber dazu muss man wissen, dass die Messungen in der Mitte der Boxen vorgenommen wurden. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass in Boxen mit relativ hoher Luftgeschwindigkeit im Zentrum es dann in den Randbereichen tatsächlich Bereiche mit Zugluft geben kann.

Auf den ersten Blick schwieriger zu erklären sind die Parameter, die mit geringeren täglichen Zunahmen korreliert sind.


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QS-Klimaplattform: Branchenlösung steht

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• 15. August 2025: Dateneingabe für schweinehaltende Betriebe möglich
• Branchenlösung macht Klimaleistungen sichtbar und steuerbar
• Angebot an die Branche ist einheitlich, freiwillig, kostenfrei

Sie bietet eine bundesweit harmonisierte Berechnungsmethode, ist ein freiwilliges Angebot von der Branche für die Branche und für alle QS-Systempartner kostenfrei: die neue QS-Klimaplattform. Ab dem 15. August 2025 können Schweinehalter ihre Primärdaten zur Berechnung ihres einzelbetrieblichen CO2-Fußabdrucks in einer Eingabemaske dokumentieren. Damit ist der Weg frei zur Berechnung eines CO2-Fußabdrucks in schweinehaltenden Betrieben.

Die Datenerhebung über das QS-System bietet der Land- und Fleischwirtschaft eine einheitliche und effiziente Umsetzung der regulatorischen Anforderungen, ermöglicht Landwirten – auf Wunsch – auch gegenüber Dritten (z.B. Schlachtunternehmen, Banken und Versicherungen) eine CO2-Bilanz vorzuweisen und macht letztlich die Klimaleistungen der Branche sichtbar.

„Auf Grundlage einer von den Landwirtschaftskammern Niedersachsen und NRW, der LfL Bayern, dem Thünen Institut und der KTBL vereinheitlichen Berechnungsmethode haben wir bei QS eine Branchenlösung koordiniert und entwickelt“, beschreibt Dr. Alexander Hinrichs, Geschäftsführer der QS Qualität und Sicherheit GmbH (QS), den herausfordernden Weg der letzten Monate. „Ohne Doppelarbeit und ohne Berechnungschaos durch verschiedene Berechnungsmodelle machen wir die Branche in puncto CO2-Emissionen sprechfähig. Und dieses Angebot – das ist uns wichtig zu betonen – ist offen für alle und kostenfrei für QS-Systempartner.“

Die Eingabe und Speicherung der Klimadaten ist für Schweinemäster ab dem 15. August 2025 möglich. Die Berechnung des einzelbetrieblichen CO2-Fußabdrucks auf Basis der eingegebenen Werte wird bis Ende September ermöglicht. Den ermittelten CO2-Wert kann der Schweinhalter dann anhand eines klar definierten Rollen-Rechte-Systems über die QS-Klimaplattform an seine Schlachtunternehmen übermitteln. Diese benötigen den Wert zur Erfüllung ihrer eigenen CSRD-Berichtspflichten. Die Unternehmen der Fleischwirtschaft ziehen sich über die ihnen bekannte Schnittstelle in der QS-Datenbank, in der sie auch die täglichen Lieferberechtigungen ihrer Tierhalter abfragen, die entsprechenden CO2-Werte.

Nach der Schweinehaltung sollen zukünftig auch weitere landwirtschaftliche Produktionsbereiche die vorhandene QS-Klimaplattform nutzen. QS koordiniert aktuell den Ausbau dieses Angebots für rinder- und geflügelhaltende Betriebe, den Ackerbau sowie für die Obst-, Gemüse- und Kartoffelbranche.

Für Schweinhalter und ihre Bündler sowie Unternehmen der Fleischwirtschaft bietet die QS-Akademie kostenfreie Seminare zur Einführung und zum Umgang mit der neuen QS-Klimaplattform an:

Online-Seminar für Schweinehalter: 26.08.2025, 10 bis ca. 12 Uhr
Online-Seminar für die Fleischwirtschaft und den Lebensmitteleinzelhandel: 26.08.2025, 14 bis ca. 15:30 Uhr

Die QS-Klimaplattform erreichen Sie über: QS-Klimaplattform.de
Weiterführende Informationen finden Sie auf unserer Webseite unter: www.q-s.de/klimaplattform

Quelle: QS Qualität und Sicherheit GmbH

Salmonellen in der Legehennenhaltung

Von Jutta van der Linde, Geschäftsführung und Fachberatung Geflügel BVMG e.V.

Die Begeisterung für die mobile Legehennenhaltung hat viele neue Betriebe hervorgebracht – doch mit dem Wachstum steigen auch die Herausforderungen. Ein oft unterschätztes Risiko: Salmonellenbefunde und ihre teils gravierenden Folgen.

Der Boom in der Mobilhaltung im Zusammenhang mit Regionaler Vermarktung führte in den letzten Jahren dazu, dass eine Vielzahl von Quereinsteigern – also „Neulingen“ – in der mobilen Legehennenhaltung einen zusätzlichen Einkommenserwerb auf den Höfen fand. Zum bereits vorhandenen Hofladen bot sich der attraktive Werbeträger Mobilstall mit den freilaufenden Hühnern an der Hofeinfahrt nahezu an, sorgte für Aufmerksamkeit und Kundenzulauf.

Oftmals erfolgte innerhalb dieser rund 3.000 Betriebe ein rasantes Wachstum der Geflügelbestände auf den Höfen, so kann heute von etwa 8 bis 10.000 mobilen Einzelherden verschiedener Größenordnungen deutschlandweit ausgegangen werden. Ab einer Zahl von 350 Legehennen im Betrieb sahen sich dann die Betriebsleiter mit dem Inhalt der Geflügel-Salmonellenverordnung konfrontiert.

Salmonellenwissen vermitteln
Hintergrund der Initiative des Bundesverbandes war die Erkenntnis, dass man in den kleineren Betrieben zwar der Gesetzgebung mit der regelmäßigen Probenahme Genüge tat, aber das Basiswissen um die Regularien im Fall eines Positivbefundes Salmonellen nicht vorhanden war. Spätestens dann kamen Fragen auf in Form von „Was muss ich jetzt tun?“ oder klassisch „Wie lange bin ich jetzt vom Amt gesperrt?“ – der Beratungsbedarf in solchen Fällen war dann intensiv. Daher wurde eine detaillierte Grundaufklärung der Konsumeier produzierenden Betriebe rund um das Thema „Salmonellen in der Legehennenhaltung“ angestrebt. Der nun verfügbare, 70-seitige Band beinhaltet nicht nur die gesetzlichen Grundlagen, sondern auch ausführlich beschriebene Gefahrenquellen des Eintrags von Salmonellen in der Eierproduktion.

Gleich zu Beginn wird der Status des Lebensmittelproduzenten erläutert, denn der Landwirt ist heute nicht mehr einfach nur der Bauer, welcher ein paar Hühner hält. Auch welche gesundheitlichen Konsequenzen es für den Kunden – und in Folge für den Produzenten – haben kann, wenn die Eierproduktion zu entspannt gehandhabt wird, ist im einleitenden Teil Gegenstand der Ausführungen.

Ein wichtiges Thema, über welches in der Regel nicht gesprochen wird, sind die individuellen Kosten, die ein Positivbefund und die anschließende Betriebssanierung nach sich ziehen kann. Die meisten Betriebe haben ihre Bestände nicht gegen solche „Havarien“ versichert, das Thema Salmonellen scheint so lange „weit weg“ bis man selbst zum betroffenen Tierhalter wird.

An 6 realen – aber anonymisierten Fallbeispielen – mit und ohne Ertragsschadenversicherung werden den Lesern finanzielle Konsequenzen aufgezeigt, die sich, je nach Alter der betroffenen Herde(n) und betrieblichen Strukturen, bis in hohe 5-stelligen Höhen bewegt haben. Wenn der unversicherte Tierhalter diese Zahlen resümiert, wird klar, wie viele Eier er produzieren muss, um den Schaden aufzufangen. Vielen Legehennenhaltern, auch jene mit kleineren bis mittleren Festställen, sind diese Konsequenzen in der dramatischen Form nicht bewusst. Die Geflügelproduzenten mit großen Ställen und entsprechenden Investitionen wissen um diese Risiken und haben sich in der Regel versicherungstechnisch abgesichert.


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Saugferkel gekonnt beifüttern

Prof. Dr. Reinhard Puntigam, Fachhochschule Südwestfalen, und Dr. Ralph Schemmer, BEWITAL agri GmbH & Co. KG

Um auch in größeren Würfen weitgehend homogene Absetzgruppen zu erreichen, hat es sich bewährt, die Ferkel bereits in der Abferkelbucht zuzufüttern.

Es gibt in der Praxis verschiedene Ansätze, auch in größeren Würfen die lebendgeborenen Ferkel sicher aufzuziehen und hohe Absetzgewichte zu erzielen. Insbesondere geht es darum, die Überlebenschancen von kleineren und weniger vitalen Ferkel zu erhöhen. Zu einem optimierten Management im Abferkelstall zählen somit jegliche Maßnahmen, die die Sau in ihrer Aufzuchtleistung unterstützen. Neben der rechtzeitigen Kolostrumaufnahme der neugeborenen Ferkel, dem Wurfausgleich oder dem Einsatz von Ammensauen spielt die Beifütterung von Milchaustauschern hier eine wichtige Rolle. Sie entlastet die Sauen und trägt zu einer bestmöglichen Nährstoffversorgung der Ferkel bei.

Automatisch oder manuell beifüttern
Das Beifüttern erfolgt oftmals manuell, wobei auch stetig mehr technische Systeme am Markt angeboten werden. Bei den automatischen Tränkesystemen wird die Milch mithilfe von Pumpen durch Leitungen direkt in die Abferkelbucht gepumpt. Diese Systeme können sich deutlich voneinander unterscheiden. Der Landwirt sollte vor dem Einbau die Vor- und Nachteile genau abwägen. Auch der Milchaustauscher muss den Anforderungen des jeweiligen Systems entsprechen. Oftmals ist der Fettgehalt in diesen Milchaustauschern reduziert, um ein Ausbuttern durch die intensive technische Beanspruchung zu unterbinden. Bei allen Systemen ist ein striktes Reinigungsintervall zu befolgen, um den Hygienestatus in den Leitungen hochzuhalten. Ansonsten kann es schnell zu Durchfällen bei den Ferkeln kommen. Bei großen Würfen stößt die Milchleistung der Sau immer häufiger an ihre Grenzen. Die Ergänzung durch eine zusätzliche Beifütterung – von flüssig über breiig bis fest – kann hier Abhilfe schaffen. Damit soll der Bedarf der Ferkel an hochverdaulicher Energie, Aminosäuren, Vitaminen und Spurenelementen bestmöglich gedeckt und ein Energiedefizit in den ersten Lebenstagen der Ferkel verhindert werden. Hierzu sollte der Milchaustauscher an die Bedürfnisse des Saugferkels angepasst werden. Die Enzymaktivität im Verdauungstrakt wachsender Ferkel verändert sich rasch in den ersten Lebenswochen und ist zu Beginn der Entwicklung vor allem auf die Verdauung von Milch ausgerichtet. Erst im weiteren Verlauf der Entwicklung und vor allem gegen Ende der Säugephase nimmt die Enzymaktivität, die für die Verdaulichkeit pflanzlicher Nährstoffe erforderlich ist, deutlich zu. Nach dem Beginn der Beifütterung dauert es drei bis vier Tage, bis die Ferkel nennenswerte Mengen aufnehmen. Deshalb gilt: So früh wie möglich damit beginnen, jedoch mehrmals kleine Mengen anbieten.

© Puntigam/Schemmer

Für die Beifütterung der Ferkel sind am Markt verschiedene Produkte erhältlich. Sie reichen von hochwertigen, mit Immunglobulinen ausgestatteten Kolostrumergänzungen oder Elektrolyttränken (direkt zum Zeitpunkt der Geburt) über zahlreiche Milchaustauscher verschiedenster Hersteller bis hin zu Prestartern. Die Einsatzbereiche sind so unterschiedlich wie die Produkte selbst. Den frühesten Einsatzzeitraum nehmen spezielle mit Kolostrumpulver und Immunglobulinen angereicherte Produkte ein, die bereits am Tag der Geburt die Ferkel unterstützen können. Bereits zu diesem Zeitpunkt beginnt die Gesunderhaltung der Tiere, was eine unverzügliche und bedarfsdeckende Versorgung mit Kolostrum voraussetzt. Untersuchungen zeigen, dass bei einer unzureichenden Versorgung mit Kolostrum die Ferkelsterblichkeit deutlich zunimmt.


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Klimaanpassung für den Stall der Zukunft

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Neues „Zentrum für zukunftsfähige Tierhaltung“ an der TU Bergakademie Freiberg gegründet

Am 11. Juli 2025 hat sich an der TU Bergakademie Freiberg (TUBAF) der Verein Zentrum für zukunftsfähige Tierhaltung gegründet. Unter der Federführung der Freiberger Universität haben sich Forschende, Privatpersonen und Angehörige der Wirtschaft zusammengeschlossen, um einen Innovationspool für den tierfreundlichen und nachhaltigen Stall der Zukunft voranzutreiben. Zunächst wird das Bündnis als eingetragener Verein starten.

Auch in diesem Sommer rollen wieder Hitzewellen über Europa und machen vor Nutztieren nicht Halt. In den Ställen steigen die Temperaturen ins Unerträgliche, denn Kühe leiden bereits bei Temperatur über 15 Grad Celsius an Hitzestress. Forschenden und Landwirtinnen und Landwirten ist in Zeiten des Klimawandels klar, dass sich die Ställe in Zukunft ändern müssen, um insbesondere Rindern bessere klimatische Bedingungen zu bieten. Der Stall der Zukunft – hier setzt das Zentrum für zukunftsfähige Tierhaltung an.

Know-How für klima- und tierfreundlichen Stallbau
Ein schlechtes Stallklima hat enorme Auswirkungen, nicht nur auf die Milchleistung von Kühen: „Wir wissen aus unserer Forschung, dass die meisten der aktuell in der Milchviehhaltung auftretenden Tiergesundheitsstörungen und Tierverluste ebenso wie die Einschränkungen im Wohlbefinden unserer Rinder auf ein suboptimales Haltungsumfeld zurückgehen“, sagt der Vereinsvorsitzende Professor Alexander Starke.

Mit ihrer Expertise für Strömungsmechanik und Bewetterung ist die TUBAF ingenieurtechnische Ideengeberin innerhalb des Verbunds. Dazu Professor Rüdiger Schwarze: „Wir messen in einem Milchviehbetrieb bei Leipzig, der Agrargenossenschaft Kitzen, die Luftströme und den Atem der Kühe und haben mit den Daten einen digitalen Zwilling des Stalls erstellt. Dieser liefert erste Hinweise darauf, welche Maßnahmen in Zukunft zu einem besseren Stallklima führen können.“

Der Freiberger Rektor Professor Klaus-Dieter Barbknecht hat gemeinsam mit Starke und Schwarze den Verein initiiert. „Mit dem Freiberger Zentrum für zukunftsfähige Tierhaltung haben wir einen der drängendsten Klimafaktoren auf unsere Agenda genommen: Die Landwirtschaft. Als Ressourcen-Universität, die an nachhaltigen Lösungen für die Herausforderungen der Gegenwart wie den Klimawandel forscht, können wir hier unser Know-how aus den Ingenieur- und Geowissenschaften und der Energietechnik wirkungsvoll einsetzen“, so Professor Klaus-Dieter Barbknecht.

Gemeinsame Forschung erleichtern
Das Zentrum für zukunftsfähige Tierhaltung hat bereits mit der Vorbereitung gemeinsamer Forschungsinitiativen begonnen. Ein thematisch verknüpftes Forschungsprojekt der TU Bergakademie Freiberg zur präzisen Bilanzierung der Treibhausgasemissionen aus Milchviehställen ist Anfang 2025 gestartet. Das von Professor Schwarze geleitete Projekt wird von der Dr.-Erich-Krüger-Stiftung gefördert. „Das Projekt ist eine Art Initialzündung, wieder verstärkt in Netzwerken zu forschen. Im Zentrum für zukunftsfähige Tierhaltung bringen wir das Wissen Forschender unterschiedlicher Disziplinen und erfahrener Praktikerinnen und Praktiker aus den Bereichen Stallbau und Landwirtschaft zusammen. Damit wollen wir auf nationaler wie internationaler Ebene Impulse für klima- und tierfreundlichen Stallbau liefern.“

Der Vorstand des Vereins setzt sich aus folgenden Personen zusammen:
• Prof. Dr. Alexander Starke, Klinik für Klauentiere der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig (Vorsitzender)
• Prof. Dr. Rüdiger Schwarze, Institut für Mechanik und Fluiddynamik, TUBAF (stellvertretender Vorsitzender)
• Dr. Uwe Bergfeld (Kassenwart)
• Prof. Dr. Michael Mertig (TU Dresden)
• Prof. Dr. Alexander Stahr (HTWK Leipzig)

Zu den Gründungsmitgliedern gehören weiterhin:
• Prof. Dr. Klaus-Dieter Barbknecht (Rektor der TUBAF)
• Dr. Steffen Pache
• Thomas Seidel (Geschäftsführer der HERMES GmbH Stalleinrichtungen)
• die TU Bergakademie Freiberg wird als juristische Person Gründungsmitglied

Quelle: Technische Universität Bergakademie Freiberg

Kokzidiose bei Schweinen: Prävalenz und die Vorteile von Toltrazuril als Kombinationspräparat mit Eisen

Die Kokzidiose ist eine parasitäre Erkrankung, die durch Protozoen der Gattung Eimeria verursacht wird und bei Schweinen weltweit vorkommt. Sie stellt insbesondere in der Ferkelaufzucht eine bedeutende Herausforderung dar, da sie zu Durchfällen, Auseinanderwachsen der Ferkel sowie erhöhten Mortalitätsraten führen kann. Die Prävalenz der Kokzidiose variiert je nach Region, Haltungssystem und Hygienestandards, liegt jedoch in einigen Studien bei bis zu 70 % aller ferkelerzeugenden Betrieben1.

Kokzidien können durch den sogenannten „10-Tage-Durchfall“ die Entwicklung des Darmepithels besonders in einer frühen Phase stören. Die Ausbildung der Darmzotten dieser Ferkel ist mangelhaft und die Futterverwertung auf Grund der verringerten Oberfläche im Darm schlechter als bei gesund entwickelten Jungtieren. Betroffene Tiere zeigen ein geringeres Absetzgewicht und so in der Ferkelaufzucht reduzierte Tageszunahmen, da sie diese frühe Beeinträchtigung nicht mehr wettmachen können2.

Neuere Entwicklungen haben gerade die kombinierte Injektionsgabe von Toltrazuril und Eisen als vorteilhafte Alternative zur oralen Toltrazuril-Verabreichung hervorgebracht. Diese Methode bietet den Vorteil einer sicheren und zuverlässigen Applikation, da sie eine präzise Dosierung gewährleistet und den zeitlichen Aufwand verringert.

Warum Toltrazuril in Kombination mit Eisen? Neugeborene Ferkel verfügen nur über sehr geringe Eisenreserven und die Sauenmilch ist so arm an diesem Spurenelement, dass sie nur knapp die Hälfte des täglichen Gesamtbedarfs versorgt. Gibt es nicht ausreichend Eisen, dann kann es passieren, dass die Schweine eine Blutarmut (Anämie) entwickeln. Diese Blutarmut beeinflusst die allgemeine körperliche Kondition sowie das Immunsystem des Ferkels und dadurch auch das Tierwohl im Allgemeinen. Deshalb haben sich zur Steigerung der täglichen Zunahme bis zum Absetzen zusätzliche Eisengaben durchgesetzt.

Der kombinierte Einsatz von Toltrazuril und Eisen zeigt sich in mehreren Studien als äußerst effektiv und setzt sich immer mehr durch2,4. Zudem ist die Injektion weniger abhängig von der Futteraufnahme, was insbesondere bei kranken oder schwachen Tieren von Vorteil ist.

Viele Anwender beschreiben diese als komfortabel, zeitsparend und effizient. Auch der Stress für das Ferkel wird so reduziert – ein weiterer Vorteil gegenüber der oralen Gabe. Ein Ferkelerzeuger fasst es so zusammen: „Was mit der Nadel ins Ferkel kommt, bleibt auch drin.“ So kann die Ferkelsterblichkeit reduziert sowie erhöhte Absetzgewichte und eine bessere Futterverwertung in der späteren Ferkelaufzucht erzielt werden.

Aktuelle Daten einer Erstanwender-Beobachtung aus Deutschland3 sowie Studien aus den Benelux-Ländern2,4 zeigen ein bis zu 0,4 kg höheres Absetzgewicht und ein bis zu 1,46 kg höheres Gewicht am Ende der Ferkelaufzucht.

Fazit: Die Prävalenz der Kokzidiose bei Schweinen ist hoch, was die Bedeutung einer effektiven Behandlung unterstreicht. Die kombinierte Gabe von Toltrazuril und Eisen als Injektionsprodukt stellt eine Alternative zum herkömmlich oral verabreichten Toltrazuril dar, mit Vorteilen in Bezug auf Wirksamkeit, Arbeitszeitersparnis und Tierwohl.

Quelle: Dr. rer. nat. Herbert Polligkeit, Ceva Tiergesundheit GmbH

Literatur:
1 Hinney B, Cvjetković V, Espigares D, Vanhara J, Waehner C, Ruttkowski B, Selista R, Sperling D, Joachim A. Cystoisospora suis Control in Europe Is Not Always Effective. Front Vet Sci. 2020 Mar 4;7:113. doi: 10.3389/fvets.2020.00113.

2 Bregt Decorte, Sara Roose, Daniel Sperling, Ilias Chantziaras, Dominiek Maes and Peter Geldhof, The effect of an injectable toltrazuril – gleptoferron (Forceris®) on Cystoisospora suis oocyst excretion and growth of neonatal piglets pre- and post-weaning, Veterinary Parasitology, (2024) doi:https://doi.org/10.1016/j.vetpar.2024.110179

3 Daten aus der Erstanwender-Beobachtung aus den Jahren 2022 und 2023

4 P. van der Wolf et al, Poster-Presentation ESPHM 2022 Budapest, Case Study: comparison of routine treatment with iron-dextran injection and oral toltrazuril to treatment with a product combining gleptoferron and toltrazuril for single injection, for effect on numbers and anaemic piglets and bodyweight gain

Neue Studien stützen zweite Eisengabe bei Saugferkeln

Studie 1: Besseres Ferkelwachstum bei zwei Eisengaben

Eisen ist wichtig für die Blutbildung und das Wachstum und eine ausgewogene Eisenversorgung kann die Leistung von Ferkeln steigern. Eisenmangel dagegen kann langfristige Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wachstum haben sowie die intestinale Permeabilität und Entzündungen erhöhen. Ein Zuviel an Eisen kann aber auch unerwünschte Bakterien wie Salmonellen im Wachstum fördern. Die Mikrobiota von Ferkeln verändert sich signifikant mit der Eisenverfügbarkeit.

Eine aktuelle amerikanische Studie* (Johnson et al. 2024) untersuchte die Effekte einer zweiten Eiseninjektion bei Saugferkeln auf Wachstum, Blutparameter und Mikrobiota. Dazu wurden 70 neugeborene Ferkel aus 7 Würfen in 4 Behandlungsgruppen eingeteilt. Eine erste Eiseninjektion (200 mg) erfolgte im Alter von 2-3 Tagen, die zweite Injektion 5 Tage später. Behandlungsgruppen: 1) keine zweite Injektion, 2) zweite Injektion von 100 ppm Eisen, 3) keine zweite Injektion, 4) zweite Injektion von 200 ppm Eisen.

Blutparameter
Die Blutparameter der Ferkel wurden durch die Eiseninjektionen und die Diät beeinflusst, was zu signifikanten Veränderungen führte. Erhöhte Hämoglobin-, Hämatokrit-, MCV- und MCH-Werte bei den Ferkeln mit zwei Eiseninjektionen (P < 0,05). Plättchenzahl und Plasmaeiweißniveau waren verringert (P < 0,05; P < 0,10, Tendenz). Die Anzahl der roten Blutkörperchen und das Plasmaeiweiß waren erhöht (P < 0,05).

Darm-Mikrobiom
Die zweite Eiseninjektion beeinflusste die Diversität und Zusammensetzung des Mikrobioms im Kot der Ferkel. Die alpha-Diversität des Mikrobioms war bei den Ferkeln mit zwei Eiseninjektionen geringer (P < 0,05). Es zeigte sich eine höhere relative Vielfalt von Streptococcus und Bakterien, aber eine geringere von Lactobacillus bei den Ferkeln mit zwei Eiseninjektionen.

Die Alpha-Diversität des Mikrobioms bezieht sich auf die Artenvielfalt innerhalb einer bestimmten Probe, z.B. einer Stuhlprobe. Sie gibt an, wie viele verschiedene Bakterienarten in dieser Probe vorkommen und wie gleichmäßig diese verteilt sind. Eine hohe Alpha-Diversität wird oft mit einem gesunden Mikrobiom in Verbindung gebracht, da sie auf eine größere Bandbreite an nützlichen Bakterien und eine bessere Widerstandsfähigkeit gegenüber Störungen hinweist.

Die wichtigsten Ergebnisse
• Eine zweite Eiseninjektion erhöhte die Hämoglobin- und Hämatokritwerte der Ferkel.

• Ferkel mit einer Injektion hatten über 50 % Anämie bei der Entwöhnung, während Ferkel mit zwei Injektionen keine Anämie aufwiesen.

• Die Körpergewichte am Tag 27 nach dem Absetzen zeigten einen Unterschied von 10 % zugunsten der Ferkel mit zwei Injektionen.

• Die Futteraufnahme war während der gesamten Aufzuchtperiode bei Ferkeln mit zwei Injektionen höher.

• Ob die zweite Injektion 100 oder 200 ppm Eisen enthielt, hatte keinen signifikanten Einfluss auf die Ergebnisse.

Studie*: Johnson, A.J. et al. (2024): Effect of second iron injection on growth performance, hematological parameters, and fecal microbiome of piglets fed different dietary iron levels. Journal of Animal Science 103 Link

Studie 2: Wirkung von Eisen auf Leber und Zwölffingerdarm

In einer weiteren US-Studie** untersuchten Pierce et al. die Auswirkungen einer zweiten Injektion von Eisendextran bei Saugferkeln auf die unterschiedliche Genexpression in Leber und Zwölffingerdarm beim Absetzen.

Eisenmangelanämie bei Ferkeln
Eisenmangelanämie (IDA) ist ein häufiges Problem bei neugeborenen Ferkeln ohne externe Eisenversorgung. Eine erste Eiseninjektion wird innerhalb von 48 Stunden nach der Geburt verabreicht, reicht jedoch nur für etwa 4 kg Wachstum. Viele Ferkel zeigen beim Absetzen Eisenmangel, was zu langsamerem Wachstum und schlechterer Immunität führt.

Studiendesign
Sechs weibliche Ferkelpaare wurden verwendet, um die mRNA-Expression nach einer oder zwei Injektionen von Eisen-Dextran zu bewerten. Alle Ferkel erhielten die erste Injektion innerhalb von 24 Stunden nach der Geburt, die zweite Injektion erfolgte am Tag 7. Beim Absetzen wurden Leber- und Dünndarmproben entnommen und RNA-Sequenzierung durchgeführt.

Auswirkungen von Eiseninjektionen auf die Genexpression
Die Studie untersucht die Auswirkungen von Eiseninjektionen auf die Genexpression im Zwölffingerdarm (Duodenum) und in der Leber von Ferkeln. Es wurden dabei signifikante Unterschiede in der Genexpression festgestellt, die mit der Anzahl der Eiseninjektionen korrelieren. 435 Gene im Dünndarm zeigten signifikante Veränderungen durch die zweite Eiseninjektion. In der Leber wurden 362 Gene verändert.

Metabolische Veränderungen
Die Analyse ergab eine Herabsetzung der Gene, die mit Gluconeogenese und Lipidsynthese assoziiert sind. Eine signifikante Erhöhung der Gene, die mit der Vitamin D-Stoffwechsel-Pfad assoziiert sind, wurde festgestellt. Die Ergebnisse deuten auf eine verbesserte Futterverwertung und Wachstumsraten bei Ferkeln mit zwei Eiseninjektionen hin.

Die Studienautoren empfehlen nun weitere Untersuchungen, um die Zusammenhänge zwischen Eisenstatus und metabolischen Reaktionen in älteren Ferkeln und in anderen Geweben zu verstehen.

Studie**: Pierce, J.L. et al. (2025): Effects of a second iron dextran injection administered to piglets during lactation on differential gene expression in liver and duodenum at weaning. Journal of Animal Science 102 Link

Zuerst erschienen im E-magazin „Dr Hoftierarzt“ 3-2025