Mit Übermittlung des Abschlussberichtes an die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung ist das Projekt TIGER nunmehr erfolgreich abgeschlossen. Die Untersuchungen im TIGER-Projekt zeigen, dass inerte Gase wie zum Beispiel Argon unter kommerziellen Bedingungen zur Betäubung von Schachtschweinen verwendet werden können. Bei den im Projekt untersuchten Inertgasgemischen waren im Vergleich zu CO2 in hohen Konzentrationen zwar längere Expositionszeiten notwendig. Allerdings weisen sie in der Einleitungsphase – also bevor das Tier das Wahrnehmungs- und Empfindungsvermögen verliert – deutliche Vorteile in Hinblick auf den Tierschutz auf, da sie deutlich weniger aversiv wirken. Unterschiede in der Fleischqualität von praktischer Relevanz konnten darüber hinaus nicht nachgewiesen werden. Die im Projekt weiterentwickelte, neue und patentierte Begasungstechnologie kann in bestehenden Anlagen nachgerüstet werden. Die verlängerten Expositionszeiten und die höheren Gaskosten müssen jedoch in Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit in Betracht gezogen werden. Insgesamt betragen die erwarteten Mehrkosten bis zu 1 Cent pro Kilogramm Fleisch. Im Verbundprojekt unter Leitung des Friedrich-Loeffler-Institutes (FLI) forschten Wissenschaftler*innen der Uni Göttingen gemeinsam mit den Praxispartnern Air Liquide Deutschland GmbH und Vion GmbH vier Jahre lang an tierschutzgerechten Alternativen zur Betäubung von Schlachtschweinen.
Um die neue Technik in Zukunft auch in Schlachtbetrieben mit hohen Schlachtzahlen einsetzbar zu machen, muss dieses Verfahren zusätzlich in kontinuierlich arbeitenden Betäubungsanlagen mit Paternoster-System untersucht werden. Durchgeführte technische Versuche in einem Praxisbetrieb mit Paternoster-System ergaben, dass mit der neuen Begasungstechnik auch in diesem System mit mehreren Gondeln ein niedriger Restsauerstoffgehalt von unter 1 % erreicht wird. Tierbasierte Untersuchungen im Paternoster-System konnten während der Projektlaufzeit aus projektunabhängigen Gründen allerdings nicht mehr durchgeführt werden.
Die Ergebnisse des TIGER-Projekts zeigen eine vielversprechende Möglichkeit auf, den Tierschutz am Schlachthof zu verbessern. Bei positivem Ausgang der ausstehenden tierbasierten Untersuchungen zu Tierschutz und Fleischqualität im Paternoster-System rückt eine tierschutzgerechtere Betäubung mit Inertgasen in greifbare Nähe.
Förderhinweis: Die Förderung des Vorhabens erfolgte aus Mitteln des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages. Die Projektträgerschaft erfolgte über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Rahmen des Programms zur Innovationsförderung. Das Projekt wurde mit zusätzlichen Mitteln vom Verband der Fleischwirtschaft e.V., vom QS-Wissenschaftsfonds der QS Qualität und Sicherheit GmbH sowie von der Förderergesellschaft für Fleischforschung e.V. finanziell unterstützt.
Eine Zusammenfassung des Abschlussberichts steht online zur Verfügung.
Quelle: Friedrich-Loeffler-Institut
Forschende des Exzellenclusters „Kollektives Verhalten“ der Universität Konstanz haben herausgefunden, dass Honigbienen ein und desselben Volkes unterschiedliche Vorlieben im Stechverhalten haben. Während die einen noch zögern, stechen die anderen bereits zu.
Honigbienen sind ein gut organisiertes Volk. Die einen sammeln Nektar, die nächsten Wasser, ein paar fächeln dem Bienenstock Luft zur Kühlung zu – und manche verteidigen das Volk, indem sie Feinde stechen. Doch wann passiert das eigentlich genau? Und neigen manche Individuen mehr zum Angriff als andere? Ein Forschungsteam der Universität Konstanz geht diesen Fragen genauer auf den Grund. In einer aktuellen Studie haben sie nun herausgefunden, dass es Bienen gibt, die immer in Angriffshaltung gehen, während andere Artgenossen stets friedlich bleiben. Sie zeigen auch, welche sozialen Faktoren das jeweilige Verhalten regulieren und dass die Persönlichkeit der einzelnen Bienen in der Gruppendynamik eine größere Rolle spielt als gedacht.
Für ihre Forschung hat die Doktorandin Kavitha Kannan von der Universität Konstanz, unter Leitung der Neurobiologin Morgane Nouvian, gezielt Wächterbienen an den universitätseigenen Bienenstöcken eingefangen, um eine homogene Gruppe mit vermeintlich identischem Stechverhalten zusammenzustellen. „Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass eine Sammlerin allein durch die Aufgabenverteilung ein anderes Stechverhalten zeigt als eine Wächterin. Da wir so viele Einflussfaktoren wie möglich ausschließen wollten, war diese Selektion der erste logische Schritt. Anschließend konnten wir nach und nach weitere Einflussfaktoren testen“, erklärt Kannan.
Eine Biene schlägt Alarm, aber nicht alle folgen
Aus vorangegangenen Studien war den Forschenden bekannt, dass die Tiere von Pheromonen beeinflusst werden. Entscheidet sich eine Biene, zuzustechen, wird ein Alarmpheromon freigesetzt, das Artgenossen dazu animiert, es der ersten Biene gleich zu tun. Mit jedem weiteren Stich steigt die Konzentration dieses Pheromons, was wiederum Auskunft darüber gibt, wie viele Bienen bereits an dem Angriff beteiligt sind. Untersuchungen haben gezeigt, dass ab einer gewissen Konzentration das Stechverhalten wieder nachlässt. Gerade vor dem Hintergrund, dass Bienen beim Zustechen meist ihren Stachel verlieren und in der Folge verenden, ist dies ein sinnvolles Instrument, ein Massensterben infolge eines Angriffs zu verhindern. Die Wahrscheinlichkeit, ob eine Biene auf eine bestimmte Konzentration eines Alarmpheromons reagiert, hängt dabei auch von der Gruppengröße ab.
Bislang unbekannt war jedoch, wie entschieden wird, welche der anwesenden Bienen sich letztlich am ehesten für ein Zustechen entscheidet. Die Ergebnisse der aktuellen Studie legen nahe, dass die Persönlichkeit der einzelnen Bienen dabei eine große Rolle spielt. „Wir haben in unseren Versuchen mehrere Situationen simuliert, um schrittweise verschiedene Einflussfaktoren zu erforschen“, erklärt Nouvian. Dabei hat das Team Attrappen genutzt, die ein Zustechen der Bienen provozieren sollten, zugleich aber ein Steckenbleiben des Stachels verhinderten. Das Vorgehen bot den Vorteil, dass die Tiere wiederholt einer Situation ausgesetzt werden konnten, um die jeweilige Reaktion zu verifizieren und ein rein zufälliges Verhalten auszuschließen.
Individualisten im Bienenschwarm
„In einer Gruppe haben wir beispielsweise getestet, ob eine Biene bei ihrem Stechverhalten blieb, wenn Artgenossen anwesend waren, in einer anderen Gruppe die Auswirkung des Alarmpheromons“, erklärt Nouvian weiter. „Letztlich hat sich gezeigt, dass die Faktoren zwar einen Einfluss haben, sich aber nicht auf die Vorhersagbarkeit des individuellen Stechverhaltens auswirken“, ergänzt sie. Die jeweilige Persönlichkeit hat also mehr Einfluss als der Drang zur Anpassung. Dies bestätigte auch ein abschließendes Experiment. Hierbei stellten die Forschenden fest, dass die Bienen ihr Stechverhalten nicht in Abhängigkeit von der Gruppenzusammensetzung änderten. Selbst Honigbienen, die dafür bekannt sind, dass sie sehr sozial leben und die Bedürfnisse des Bienenvolks über ihre eigenen stellen, bewahren sich demnach eine gewisse Individualität.
Quelle: Universität Konstanz
Von Dr. Theresa Scheu, Hofgut Neumühle
Wenn es um die Beurteilung der Qualität und Leistung eines Milchviehbetriebes geht, werden neben der Milchmenge und den Inhaltsstoffen im nächsten Atemzug die Zellzahlen genannt. Diese Angabe spiegelt beispiellos die Qualität des Lebensmittels Milch wieder und zugleich ist das Erreichen niedriger Herdenzellzahlen ein Zusammenspiel vielzähliger Faktoren, die immerzu einer Dynamik unterliegen.
Um zunächst eine Einordnung der Eutergesundheit aufgrund der Zellzahlen vornehmen zu können, bedarf es der Erklärung einiger Begriffe und Definitionen. Zur Verfügung steht einmal die sogenannte Tankmilchzellzahl, die regelmäßig, beispielsweise alle zwei Tage, durch die Molkerei zur Verfügung gestellt wird. Wie der Name schon sagt, sind in diesem Wert alle Tiere vereint, die in den Tank gemolken werden. Damit ist mithilfe dieser Zahl eine gute Aussage über das generelle Infektionsgeschehen im Euter zu treffen, da in der Regel hier auch Tiere mit subklinischen Mastitiden, also ohne offensichtliche Flocken im Gemelk, auffallen. Es besteht demnach eine Wechselbeziehung (Korrelation) zwischen dieser Zahl und dem Auftreten von subklinischen Mastitiden. So kann man Betriebe mit einer Tankmilchzellzahl < 150.000 Zellen/ml Milch als problemlos betrachten, während Betriebe mit > 250.000 Zellen /ml regelmäßige Probleme mit der Eutergesundheit haben. Die Marke von 400.000 Zellen/ml Milch ist nach der Milchgüteverordnung bekannt für drohende Liefersperren und Milchgeldabzüge.
Viel Potenzial für mehr Eutergesundheit
Es sollte jedem klar sein, dass es sich bei diesen gemessenen Zellen mehrheitlich um Entzündungszellen handelt und demnach lediglich ein Zellgehalt zwischen 30.000-100.000 Zellen/ml Milch für ein eutergesundes Tier spricht. Aus Verbrauchersicht bedeutet das im Umkehrschluss die vielleicht überspitzte Schlussfolgerung, dass Milch von kranken Tieren geliefert wird, wenn der Tankmilchzellgehalt die Marke von 100.000 Zellen/ml Milch übersteigt. Dessen sollten wir uns bewusst sein. Diese Zahlen machen deutlich, dass es durchaus noch Potential gibt, die Eutergesundheit auf Betriebsebene zu verbessern. Im Q Check Monitoring aus dem Jahr 2023, dessen Verbund Daten von Milchkontrollen und HIT-Eintragungen aus 33.000 Betrieben von rund 3,1 Mio. Kühen bündelt, wird ein nationales Tierwohlmonitoring erstellt. Dort wird deutlich, dass lediglich knapp 60 Prozent der Milchkühe einer Herde als eutergesund eingestuft werden. Über 10 Prozent (11,1%) der Tiere erreichen Zellzahlen von über 400.000 Zellen/ml Milch. Diese Zahlen machen deutlich, dass es durchaus Potential gibt, die Eutergesundheit auf Betriebsebene zu verbessern, denn immerhin erreichen die 10 Prozent der besten Betriebe nahezu den Zielwert von 75 % eutergesunden Kühen im Bestand (74,6 %).
Tankmilchzellzahl für schnelle Rückschlüsse
Um dies zu erreichen, ist die Tankmilchzellzahl jedoch ungeeignet.
Zuerst erschienen im zweimonatlichenHoftierarzt E-Magazin. Zum kostenfreien Abo bitte einfach hier anmelden und dann den Link in der Bestätigungs-Mail anklicken. Anschließend den ganzen Artikel in der letzten Ausgabe weiterlesen:
Bereits 2018 beschäftigte sich auf dem Tierärztetag in Dresden ein „Arbeitskries Nutztier 2030“ mit den Zukunftsaussichten für Großtierärzte und der tierärztlichen Betreuung von Rindern und Schweinen. Schon damals wurde ein Rückgang der Zahl der Schweine-Praxen in Deutschland auf nur noch 200 prognostiziert. Bei den Rinder-Praktikern waren und sind die Aussichten kaum besser.
Um diesem Mangel entgegenzuwirken hat sich jetzt ein neuer Wirtschaftsverband Freier Großtierärzte konstituiert. Auf der Homepage heißt es zu den Zielen des WFG:
WFG-Geschäftsführer Dr. Stefan von Rüden
„Wir sind ein führendes Arbeitgeber-Netzwerk freiberuflicher Tierarztpraxen mit dem gemeinsamen Ziel, die bestmögliche tierärztliche Versorgung für Schweine und Rinder sicherzustellen – wirtschaftlich nachhaltig, zukunftsorientiert und im Sinne unserer betreuten Landwirte und ihrer Tiere.
Eine stabile, zukunftssichere Großtierpraxis ist die Basis für eine nachhaltige tierärztliche Versorgung. Mit dem WFG fördern wir wirtschaftlichen Erfolg, unternehmerische Stärke und attraktive Karriereperspektiven für die nächste Generation von Großtierärzten.“
Aktuell arbeiten die Verbands-Mitglieder an 11 Standorte und betreuen mehr als 3.000 Betriebe mit über 8 Mio. Tieren.
Von Dr. Hendrik Nienhoff, Schweinegesundheitsdienst der LUFA Nord-West
Hustende Ferkel, Mastschweine oder auch Jungsauen sind in vielen Betrieben anzutreffen. Insbesondere wenn es in den Herbst oder ins Frühjahr geht und es kalte Nächte bei verhältnismäßig warmen Tagen gibt, dann spielen Atemwegsinfektionen in den Schweinebeständen eine große Rolle. Als Verursacher dieses Hustengeschehens kommen eine Reihe von Viren und Bakterien in Betracht. Seit Jahren ist der APP-Erreger regelmäßig oben in der Liste der Verursacher zu finden.
Die Erkrankung tritt häufig zwischen der 9. und 16. Lebenswoche auf. APP (Actinobacillus pleuropneumoniae) kommt in zwei Biovaren und mittlerweile mehr als 18 unterschiedlichen Serotypen vor. Die Serotypen sind unterschiedlich stark krankmachend, eine sehr hohe Pathogenität wird insbesondere den Serotypen 1,2,5 und 9 zugesprochen, mittlerweile auch 6. Die krankmachende Wirkung des Erregers beruht auf seinen Toxinen (Apx I-III). Diese Toxine zerstören die Lungenmakrophagen (Fress- und Abwehrzellen) und die roten Blutkörperchen. Als Folge hiervon findet man bei der Sektion bei einem perakuten bis akuten Verlauf dunkle oder blutige, scharf abgegrenzte Lungenbezirke mit abgestorbenem Gewebe. Je nach Serotyp sind aber auch Verwachsungen von Lunge und Brustfell möglich. Liegt ein chronischer Verlauf vor, kann es zu abgekapselten abgestorbenen Lungenbezirken kommen. Diese unterschiedlichen Verlaufsformen spiegeln sich auch beim klinischen Bild im Stall wieder. Bei der perakuten Verlaufsform kommen die Schweine nicht einmal mehr zum Husten. Hohes Fieber (bis 42 ºC) und eine massive Herz-Kreislaufschwäche mit blau-roter Verfärbung der Ohren und Rüsselscheibe, Maulatmung und Schaumbildung vor dem Maul führen innerhalb weniger Stunden zum Tode. Auch bei einem akuten Verlauf sterben ein großer Teil der Tiere ohne Behandlung, Fieber bis 41ºC und massiver Husten sind hier typisch. Häufig findet man in chronisch infizierten Betrieben aber eher auch die chronische Verlaufsform: wenig oder kein Fieber, Husten, beschleunigte Atmung, Kümmern und blasse Haut. Hier ist ein eher schleichender Verlauf zu erwarten, doch können die Verluste immerhin noch bis zu 10 % betragen.
Diagnostik mit Tücken
Die Diagnose kann am besten über eine Sektion und den direkten Erregernachweis über kulturelle Anzüchtung bzw. PCR aus den entnommenen Lungenproben gestellt werden. Alternativ dazu kann der Erreger auch aus Geschabseln von den Mandeln (Tonsillenkratzproben), Nasentupfern und Lungenspülflüssigkeit isoliert werden. Ein guter, aber aufwendiger Nachweis gelingt insbesondere über die Tonsillenkratzproben.
Zuerst erschienen im zweimonatlichenHoftierarzt E-Magazin. Zum kostenfreien Abo bitte einfach hier anmelden und dann den Link in der Bestätigungs-Mail anklicken. Anschließend den ganzen Artikel in der letzten Ausgabe weiterlesen:
Das interdisziplinäre Projekt wird mittels Künstlicher Intelligenz (KI) sowie Bildverarbeitung, Bioakustik und Sensortechnologien das Wohl von Labor- und Nutztieren erfassen
Das Land Mecklenburg-Vorpommern treibt die Forschung zur Tiergesundheit und zum Tierwohl weiter voran. Beim Kickoff für das interdisziplinäre Verbundprojekt „KI-TIERWOHL“ kamen am Dienstag (8. April) in der Aula der Universität Rostock etwa 50 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zusammen, um bei einer ersten offiziellen Arbeitssitzung den Zeitplan und die Schwerpunktsetzung für die nächsten Monate abzustimmen.
Ziel des Projektes, das durch die Landesexzellenz-Initiative vom Wissenschaftsministerium Mecklenburg-Vorpommern mit fünf Millionen Euro gefördert wird, ist die Entwicklung innovativer Methoden zur automatisierten, kontaktlosen Erfassung des Tierwohls durch Bildverarbeitung, Bioakustik und Sensortechnologien. Dabei werden modernste KI-gestützte Analyseverfahren genutzt, um eine objektive und evidenzbasierte Bewertung des Wohlbefindens von Tieren in Forschung und Landwirtschaft zu ermöglichen. Insbesondere werden deren Verhaltensmuster, Laute (Vokalisation) und Vitaldaten betrachtet.
„Das Wohl von Tieren ist nicht nur eine ethische Verpflichtung, sondern auch eine entscheidende Voraussetzung für qualitativ hochwertige Forschung und nachhaltige Landwirtschaft. Mit „KI-TIERWOHL“ setzen wir neue Maßstäbe in der Erfassung von tierwohlrelevanten Verhaltensmustern. Durch den interdisziplinären Ansatz und den Einsatz modernster Technologien können wir wertvolle Erkenntnisse gewinnen, die sowohl in der Forschung als auch in der Praxis eine direkte Anwendung finden“, sagte Prof. Dr. Brigitte Vollmar, Direktorin des Rudolf-Zenker-Instituts für Experimentelle Chirurgie der Universitätsmedizin Rostock und Sprecherin des Verbundes „KI-TIERWOHL“.
Das Projekt bringt führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Lebens-, Agrar-, Ingenieur- und Sozialwissenschaften zusammen. Unter anderem arbeiten Expertinnen und Experten der Universitätsmedizin Rostock, der Universitäten Rostock und Greifswald, des Forschungsinstituts für Nutztierbiologie (FBN), des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) für Tiergesundheit und der Hochschule Neubrandenburg gemeinsam an einer objektiven und vollständig automatisierten Tierwohlbewertung. Durch den Einsatz von KI-Methoden, wie maschinellem Lernen und Mustererkennung, soll eine präzisere Beurteilung von Stress, Beeinträchtigung, Schmerz und emotionalem Status möglich werden. Neben technischen Innovationen und einem zeitgemäßen Forschungsdatenmanagement stehen auch sozial-wissenschaftliche Untersuchungen zur Akzeptanz und Implementierung dieser neuen Technologien im Mittelpunkt.
„Im Verbundprojekt KI-TIERWOHL leisten wir am FBN einen wichtigen Beitrag zur automatisierten Erfassung des Tierwohls bei Schweinen und Rindern“, erklärte Prof Dr. Birger Puppe vom FBN. „Unser Fokus liegt auf der Analyse von Verhalten und Lautäußerungen, um objektive und zuverlässige Indikatoren für das Wohlbefinden der Tiere zu identifizieren. Das Team des FBN bringt verschiedene Expertisen in das Projekt ein: Dr. Sandra Düpjan erforscht die Lautäußerungen der Tiere, Dr. Christian Manteuffel entwickelt sensor- und videogestützte Erfassungsmethoden und ich beschäftige mich mit dem Aktivitäts- und Sozialverhalten. Durch den interdisziplinären Austausch mit unseren Partnerinnen und Partnern sowie den Einsatz modernster KI-Technologien schaffen wir die Grundlage für smarte, praxisnahe Lösungen, die eine nachhaltige und tiergerechte Nutztierhaltung ermöglichen“, fasste Prof. Dr. Puppe zusammen.
Neben „KI-Tierwohl“ ist das FBN ebenfalls Partner in zwei weiteren Verbundprojekten und damit an drei der fünf geförderten Forschungsverbünde maßgeblich beteiligt. Im Projekt AutoPasture bringt das FBN seine Expertise in der Verhaltensforschung und digitalen Tierüberwachung ein. Ziel ist es, das Weidemanagement u.a. durch KI-gestützte Verhaltensanalysen und Virtual Fencing effizienter und tiergerechter zu gestalten. Das Projekt Alg4Nut erforscht den Einsatz von Algen als innovatives Futtermittel für Wiederkäuer.
Die Exzellenzprojekte werden über vier Jahre mit jeweils fünf Millionen Euro gefördert und unterstreichen die zentrale Rolle des FBN in der angewandten Spitzenforschung für eine zukunftsfähige Nutztierhaltung.
Über das FBN:
Das Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN) mit Sitz in Dummerstorf in der Nähe von Rostock im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern (vormals Forschungsinstitut für die Biologie landwirtschaftlicher Nutztiere) wurde 1993 gegründet und widmet sich der anwendungsorientierten Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Biologie landwirtschaftlicher Nutztiere. Rund 300 Mitarbeitende forschen und arbeiten interdisziplinär in den vier Fokusthemen: Nutztierhaltung individualisieren, Nutztierhaltung in Kreisläufen gestalten, Kritische Lebensphasen von Nutztieren bewältigen und Vielfalt in der Nutztierhaltung fördern. Ziel ist die Erforschung einer verantwortungsvollen Nutztierhaltung als unverzichtbarer Bestandteil einer nachhaltigen Landwirtschaft. Dabei steht das Tier im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Fragestellungen, vom Genom über den Stoffwechsel bis zum Verhalten.
Quelle: FBN
Am 4. April luden der Verbund trafo:agrar, das Friedrich Loeffler Institut und die Tierseuchenkassen Niedersachsen und Thüringen zu einer Online-Veranstaltung zur aktuellen Lage der MKS in Deutschland und Europa und zur Veröffentlichung der „Risikoampel Rind“ ein. Auf YouTube gibt es eine Aufzeichnung, die sich wirklich alle Nutztierhalter anschauen sollten! (Weiter unten eingebettet.)
Prof. Dr. Carola Sauter-Louis (Friedrich-Loeffler-Institut) gab einen „Überblick und Prognose zum MKS-Geschehen in Deutschland und Europa“. Ihr Blick auf das MKS-Geschehen im südöstlichen Europa zeigt, wie gefährlich MKS ist und welche dramatischen Folgen deren Ausbruch in einer halbwegs viehdichten Region hat.
Aber auch wie viel Glück wir in Deutschland hatten, dass der hiesige Seuchenfall so isoliert war und weder weitere Viehbestände noch Wildtiere infiziert wurden (obwohl die Brandenburger Rehe sich gerne an den Salzlecksteinen der betroffenen Wasserbüffel bedienten).
Prof. Dr. Karsten Donat (Tiergesundheitsdienst, Thüringer Tierseuchenkasse) ging in seinem Vortrag auf „Biosicherheit in Rinderbeständen – Wunsch und Wirklichkeit“ ein und zählte zahlreiche Punkte auf, die jeden Nutztierhalter zur kritischen Analyse des eigenen Betriebes und seiner Abläufe bringen muss.
Dr. Susanne Eisenberg (Niedersächsische Tierseuchenkasse) stellte „Das niedersächsische Biosicherheitskonzept für rinderhaltende Betriebe – Unterstützung für Tierhalter bei der Umsetzung des Tiergesundheitsrechts der EU (AHL)“ vor. Alle Hörer ihres Vortrags können anschließend hier ein ausführliches PDF herunterladen.
„Mit Sicherheit gegen das Risiko: Die Risikoampel Rind“ lautete der Titel des sehenswerten Beitrags von Dr. Barbara Grabkowsky (trafo:agrar). Auch hierzu gibt es weitere Informationen im Netz.
Eine aktuelle Übersichtsstudie von Nisbet et al. („Praktische Ansätze zur Quantifizierung und Minderung landwirtschaftlicher Methanemissionen“) benennt Hotspots für die Emission des Treibhausgases.
1) Biogasanlagen, die im Durchschnitt 5.2% des produzierten Methans verlieren (1.7 bis 12.7%), aber leicht zu kontrollieren und optimieren seien
2) Güllesilos mit ihrem für Methanbakterien idealen Klima. Dichtere Abdeckungen, bessere Gasabscheidung, Fest-Flüssig-Trennung oder Ansäuerung könnten hier die Emissionen mindern.
3) Verbrennung von Ernteabfällen, Getreidestoppeln und Gras, vor allem in Indien, Südostasien und in Afrika südlich der Sahara. Als Alternative benennt die Studie Abfälle als Tierfutter, in Biogasanlagen oder zur Kompostierung zu nutzen.
4) Im Nassreisanbau würden weltweit pro Jahr 29 Mio. Tonnen Methan produziert. Optimiertes Wassermanagement, Strohernte außerhalb der Saison und Umwandlung von Stroh zu Pflanzenkohle könnten jedoch die Emissionen um 22−28 % senken.
In der Wiederkäuerhaltung könne durch höhere Produktivität dank besserer Tiergesundheit die Emissionen reduzieren. Auch Kuhrassen, die weniger Methan ausstoßen und Futterzusätze könnten zur Verminderung beitragen.
Die Studienautoren schätzen, dass optimierte Biogasanlagen und Tierhaltung 30–40 Mio. Tonnen Methan jährlich einsparen könnten. Durch besseres Ernteabfallmanagement, weniger Verbrennung und ein besseres Reismanagement könnten weitere 30 Mio. Tonnen eingespart werden.
Link zur Originalstudie
Ein Forschungsteam der Uni Würzburg untersucht das Gehirn der Honigbiene. Die Gruppe um den Biologen Dr. Jerome Beetz interessiert, wie das räumliche Gedächtnis im Insektengehirn repräsentiert ist.
Was haben Menschen und Honigbienen gemeinsam? Sie tanzen. Während jedoch Menschen sich in der Regel zum Spaß bewegen, hat der Tanz der Honigbiene eine wichtige Funktion: Damit teilt das Tier Informationen über Richtung und Entfernung zu einer lukrativen Futterquelle ihren Kolleginnen mit und greift dafür auf ihr räumliches Gedächtnis zurück. Das Verhalten der Honigbienen ist in dieser Hinsicht gut erforscht. Weniger gut untersucht sind die Prozesse, die während des Tanzes im Gehirn ablaufen.
Hier setzt Dr. Jerome Beetz, Lehrstuhl für Verhaltensphysiologie und Soziobiologie der Uni Würzburg (JMU), mit einem Projekt an: „Wir wissen, dass die Biene beim Schwänzeltanz akustische Signale aussendet, die dazu verwendet werden können, Distanzinformationen zu entschlüsseln. Einige Nervenzellen im Gehirn, die diese Signale verarbeiten, sind bereits beschrieben“, so der Biologe. Dies stellte Hiroyuki Ai, Professor an der Fukuoka Universität (Japan) und Kooperationspartner an Beetz‘ Projekt, fest.
Das Gehirn der Honigbiene erkunden
„Besonders spannend jedoch ist, dass die räumlichen Informationen im Schwänzeltanz in völliger Dunkelheit kommuniziert werden, wohingegen außerhalb des Nests vor allem visuelle Signale eine entscheidende Rolle für die Orientierung spielen“, so der JMU-Wissenschaftler, „so dient der optische Fluss – vergleichbar mit dem Blick aus einem fahrenden Zug –, den die Biene während ihres Fluges wahrnimmt, zur Messung der zurückgelegten Distanz.“ Das Ziel des Biologen ist es, herauszufinden, wo im Gehirn der Honigbiene beide Quellen der Distanzmessung integriert werden. „Wir vermuten daher Nervenzellen, die sowohl visuelle als auch akustische Signale verarbeiten“, so Beetz.
Dafür steht dem JMU-Wissenschaftler ab Mai 2025 ein Team zur Verfügung: Das Projekt wird im Emmy Noether-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit knapp zwei Millionen Euro gefördert. Damit kann Beetz in den kommenden sechs Jahren eine Nachwuchsforschungsgruppe aufbauen, bestehend aus zwei Doktoranden und einem Postdoc-Forschenden.
Die Honigbiene im Flugsimulator
Um messen zu können, was im Gehirn passiert, wenn das räumliche Gedächtnis abgerufen wird, hat Beetz während seines Postdocs in der Gruppe von Professor Basil el Jundi, ehemaliger JMU-Nachwuchsgruppenleiter, eine eigene Messtechnik entwickelt: Die Tetroden-Ableitung. Hierbei werden mittels Tetroden Nervensignale aufgenommen, während das Insekt in einem Flugsimulator sich frei drehend orientieren kann. Dazu implantiert der Forscher dem Insekt vier ultrafeine Elektroden im Gehirn, die die Aktivität einzelner Nervenzellen messen.
„Diese Methode ermöglicht es uns, neuronale Messungen vorzunehmen, während sich das Tier aktiv orientiert. Eine solche Messung wäre an frei fliegenden Insekten nicht möglich, da sie das Gewicht der Elektroden und Sender nicht tragen könnten. Daher konzentrieren wir uns darauf, im Flugsimulator eine möglichst natürliche Umgebung zu erzeugen“, so der künftige Nachwuchsgruppenleiter.
Aber woher weiß die Arbeiterin, wohin sie fliegt, wenn sie sich im Grunde genommen nur an Ort und Stelle bewegt? Hier kommt virtuelle Realität (VR) ins Spiel.
Mit einer Drohne wird das Team Fotoaufnahmen des Gebiets um den Bienenstock machen. Eine Software erstellt daraus eine 3D-Umgebung, die an dem realen Vorbild angelehnt ist. Die Honigbiene kann sich somit im virtuellen Raum frei bewegen. Dieses Projekt geschieht in Kooperation mit Professor Tim Landgraf, Institut für Informatik der Freien Universität Berlin, und Professorin Karin Nordström, Professorin an der Flinders University in Australien, die bereits ein VR-System für fliegende Insekten entwickelt hat.
Würzburg: Optimaler Forschungsstandort
„Wichtig für uns ist es, das Verhalten der Honigbiene gemeinsam mit den dazugehörigen Prozessen im Gehirn zu messen. Nur so können wir erforschen, wie das Gehirn Verhalten steuert“, so Beetz. Würzburg sei hierfür der optimale Forschungsstandort. Hier gebe es eine lange Tradition in der Bienenforschung und die optimale Infrastruktur, um die Messungen durchzuführen. Unterstützung erhält er auch von Professor Keram Pfeiffer und Dr. Jacqueline Degen vom JMU-Lehrstuhl für Verhaltensphysiologie und Soziobiologie, die ihm als Kooperationspartner zur Seite stehen.
Auch Studierende sollen Teil von Beetz‘ Team sein; sie können bei ihm aktiv forschen und so ihre Bachelor- und Masterarbeiten anfertigen. „Ich möchte ihnen früh einen Einblick vermitteln, was es heißt, in der Wissenschaft zu arbeiten. Dazu werden die Studierenden vollwertige Teammitglieder und lernen eigenständig Forschungsfragen zu stellen und zu bearbeiten, denn auch sie werden wichtige Beiträge zu dem Projekt leisten“, so der Biologe.
Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Auch mit schnell wachsenden Putenherkünften lassen sich unter ökologischen Fütterungs- und Haltungsbedingungen gute und wirtschaftlich tragfähige Mastleistungen erzielen. Das ist das Ergebnis einer vierjährigen Studie, die Forscherteams des FiBL Deutschland, der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf und der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) gemeinsam durchgeführt haben.
In den Untersuchungen prüften die Forscherteams die Wirkung unterschiedlicher Fütterungsvarianten. Dabei erhielten die Tiere während der achtwöchigen Aufzuchtphase Kraftfuttermischungen mit reduzierten Mengen der wichtigsten Aminosäuren Methionin und Lysin sowie geringeren Energiegehalten. Zusätzlich untersuchten die Forschenden, wie sich die Zufütterung von Grünfuttersilage und verschiedene Haltungsformen auf die Entwicklung der Puten auswirkt. Alle Varianten wurden mit der schnell wachsenden Herkunft B.U.T. 6 und der langsam wachsenden Auburn-Herkunft durchgeführt.
In den Versuchen mit Putenhähnen zeigte sich, dass eine Absenkung der empfohlenen Aminosäuregehalte in der Aufzuchtphase um bis zu 30 Prozent im Kraftfutter bei 10 Prozent geringeren Energiegehalten in der nachfolgenden Mastphase vollständig ausgeglichen wurde. Die Tiere zeigten bei dieser Fütterungsstrategie ein ausgeprägtes kompensatorisches Wachstum. Zudem hatte die limitierte Fütterung während der Aufzucht keinen negativen Einfluss auf die spätere Fleischqualität.
Bessere Leistungen im Mobilstall
Auffällig war nach Einschätzung der Forscherteams, dass die Haltung im Mobilstall mit Grünauslauf bei ausreichender Vegetation offenbar einen nennenswerten Beitrag zur Versorgung der Tiere leisten kann. Die Putenhähne dieser Variante hatten signifikant höhere Schlachtkörpergewichte bei hohem Brustmuskelanteil im Vergleich zu den Tieren mit reiner Stallhaltung. Als Grund sehen die Fachleute das zusätzliche Angebot an proteinreichen Nahrungsquellen im Auslauf wie Grünfutter, Würmer und Insekten.
Die Zufütterung von Grünfuttersilage und der Grünauslauf führten zu einer verringerten Kraftfutteraufnahme, wobei die Silage einen größeren Verdrängungseffekt hatte.
Insgesamt seien beide Herkünfte in der Lage, ihr Wachstumspotenzial auch bei eingeschränkter Energie- und Aminosäureversorgung und unter ökokonformen Haltungsbedingungen voll auszuschöpfen. B.U.T. 6-Hähne erzielten jedoch eine höhere Schlacht- und Wachstumsleistung bei geringerer Nährstoffaufnahme pro Kilogramm Zuwachs. Das ist aus Sicht der Forscherteams ein Hinweis darauf, dass diese Herkunft unter ökologischen Bedingungen bessere Leistungen erzielt als die langsam wachsenden Auburn-Tiere. Zudem hatten B.U.T. 6-Herkünfte in der Mast deutliche Vorteile bei der Wirtschaftlichkeit.
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des FIBL
Originalmeldung des FIBL mit Kontaktdaten zum Autor Dr. Christian Lambertz
Gesamtabschlussbericht zum Projekt „Ökologische Putenmast: Bedarfsgerechte Aminosäuren- und Vitaminversorgung in Abhängigkeit von Genotyp, Fütterungsstrategien und Haltungsbedingungen“