Neueste Versuchsergebnisse zur Rinder- und Schweinefütterung präsentiert
Die 24. Arbeitstagung „Forum angewandte Forschung in der Rinder- und Schweinefütterung“ fand am 23.-24. April 2024 wie gewohnt in Fulda statt und stand unter dem Rahmenthema „Klimawirksamkeit messen und bewerten“. Ergänzend zu den Plenarbeiträgen zu CO2-Footprint von Futter und Fütterung wurde in den Sektionen Rind sowie Schwein/Geflügel jeweils ein Workshop „Neue Empfehlungen für Milchkühe – Umsetzung in der angewandten Forschung“ (Rind) bzw. „Verdaulichkeit von Calcium in P-reduzierten Mischungen“ (Schwein) durchgeführt. Daneben wurden die neuesten Versuchsergebnisse (insgesamt 45 Beiträge) seitens öffentlicher Versuchseinrichtungen und aus der Wirtschaft/Industrie (25 Vorträge, 12 Kurzvorträge, 8 Poster) präsentiert.
Der Tagungsband kann zum Preis von 20 € über den Verband der Landwirtschaftskammern, Geschäftsstelle VFT, Haus Düsse 2, 59505 Bad Sassendorf, Tel. 02945 9690 540, E-Mail k-h.gruenewald@vlk-agrar.de bezogen werden.
Klimawirksamkeit messen und bewerten/CO2-Footprint von Futter und Fütterung
Nach Einführung von Prof. Dr. Hubert Spiekers (LfL Grub) mit Nennung der wichtigsten Faktoren in der Klimadiskussion (CO2, N2O, CH4), der notwendigen Messung anfallender Klimagase bei der landwirtschaftlichen Produktion und Ansatzpunkten zur Minderung der Klimawirkung am Beispiel Milchkuh wurden in zwei Vorträgen Projekte zur Erfassung des CO2-Footprints bzw. von weiteren Nachhaltigkeitsfaktoren im Bereich des Grundfutters / der Futterwirtschaft im Grünland und in der Mischfutterproduktion aufgezeigt.
Um Klimagasemissionen von raufutterbasierten Milchproduktionssystemen beurteilen zu können, muss die Raufutterqualität auf Betriebsebene abgeschätzt und im Emissionsmodell über die Berücksichtigung der Verdaulichkeit abgebildet werden. Dazu stellte Prof. Dr. Beat Reidy (FH Bern) das Projekt KlimaStaR Milch aus der Schweiz vor. Fazit: Die Produktion von gehaltsreichem, leicht verdaulichem Wiesenfutter ermöglicht geringe THG-Emissionen. Die Emissionen aus der Futtermittelproduktion sind aufwändig zu modellieren. Die Berücksichtigung von Lebenszyklus-Inventaren vereinfacht die Datenerfassung (auch weniger Fehleingaben), die Abbildung betrieblicher THG-Minderungsstrategien durch Optimierung bei Anbau, Ernte, Konservierung und Lagerung … benötigt aber eine einzelbetriebliche Ermittlung der Emissionen.
Dr. Michael Lüke (DVT Bonn) stellte einen von der Mischfutterwirtschaft erarbeiteten und von der EU anerkannten Ansatz (Product Environmental Footprint Category Rules; PEFCR-Feed) zur Berechnung der Umweltwirkungen von Futtermitteln vor. Basis ist eine kontinuierlich erweiterbare Datenbank des Global Feed LCA Institute (GFLI). Hierbei werden nicht nur Klimagase berücksichtigt, sondern insgesamt 16 verschiedene Umweltwirkungen. Neben den Daten der eingesetzten Roh- und Zusatzstoffe wird auch der Transport der Rohstoffe / Produkte zum Mischfutterwerk bzw. zum Kunden sowie der Energie- und Wasserverbrauch berücksichtigt. Der PEFCR-Feed beschreibt somit den „Rucksack“ an Umweltwirkungen, die ein Mischfutter bei Ankunft auf dem Hof mitbringt. Um das fertige Lebensmittel entsprechend beurteilen zu können, wären entsprechende Daten aus anderen Wirtschaftsbereichen noch bei der landwirtschaftlichen Produktion, Weiterverarbeitung und Handel zu ergänzen.
Neue Empfehlungen für Milchkühe – Umsetzung in der angewandten Forschung
Die GfE hat 2023 neue Empfehlungen zur Energie- und Nährstoffversorgung von Milchkühen veröffentlicht. Die Neuerungen (insbesondere Energie- und Proteinbewertung) wurden im Herbst in einem Workshop der GfE im Hinblick auf deren Umsetzung mit Kollegen aus Forschung, Laboren, LKV, Wirtschaft und Programmierern diskutiert und beraten. Aktuell liegen aus dem Bereich der angewandten Forschung erste „Praxiserfahrungen“ aber auch Fragen vor.
Prof. Dr. Andreas Susenbeth (CAU Kiel) führte in die neue Energiebewertung (ME statt NEL) ein. Im neuen System werden Einflussfaktoren, die auf den Futterwert und den Bedarf des Tieres wirken, entkoppelt und damit Futterbewertung und Bedarf strikt voneinander getrennt. Damit ist das System besser verständlich, modular aufgebaut und kann auch bei Neuerungen unproblematisch angepasst werden. Zentrale Bedeutung für den Energiegehalt hat die Verdaulichkeit der Organischen Masse (OMD) und das Futteraufnahmeniveau (FAN) [höhere Futteraufnahme * höhere Passagerate * Verringerung OMD * Verringerung Methanbildung pro kg verdaute OM]. Die Ermittlung des Gehaltes an ME ist über die Bruttoenergie [GE] per Kalorimetrie (Brennwert) oder mittels Schätzformel aus den Rohnährstoffen sowie der Berücksichtigung der OMD (verschiedene Tabellen, Schätzgleichungen je nach Futtertyp) möglich. Für spezielle Produkte ist die Bestimmung der OMD mittels enzymatischer Labormethode notwendig, um die ME korrekt zu schätzen.
Die neue Proteinbewertung trennt ebenfalls Futterbewertung und Bedarf klar voneinander ab. Die neue Kenngröße dünndarmverdauliches Protein (sidP) ersetzt das nXP. Nach wie vor ergibt sich die Proteinversorgung der Kuh aus dem nichtabgebautem Futter-Rohprotein (UDP) sowie dem mikrobiellen Rohprotein (MCP). Ergänzend zum Rohprotein gilt die Berechnung auch für die einzelnen Aminosäuren. Zur Anwendung ist die UDP-Dünndarmverdaulichkeit der einzelnen Futtermittel nötig. Dazu liegen bislang nur begrenzt Daten vor (Tabelle im GfE-Buch), weitere sind in den nächsten Jahren in Laboren und Versuchsanstalten noch zu erarbeiten (in situ-Methode [Standard], eHFT, chemische CP-Fraktionierung, enzymatischer CP-Abbau) und über Tabellenwerke bzw. Schnellmethoden mit Regressionsgleichungen zur Verfügung zu stellen.
Verdaulichkeit von Calcium in P-reduzierten Mischungen
Prof. Dr. Markus Rodehutscord (Universität Hohenheim) und Prof. Dr. Georg Dusel (TH Bingen) berichteten über Verdaulichkeitsstudien von Ca beim Schwein. Dabei zeigten sich Verdaulichkeiten bei mineralischen Quellen zwischen 70 und 80 % und bei Getreide zwischen 55 und 75 %. Durch Phytasezulagen lässt sich die Ca-Verdaulichkeit pflanzlicher Quellen um bis zu 25 % erhöhen. Da die Bestimmung der Ca-Verdaulichkeit standardisierte Tierversuche erfordert, wird von einer Umstellung auf verdauliches Ca. abgesehen. Diskutiert wurden für Mastschweine Verhältnisse von Ca zu vP von 2,4 zu 1 bei 70 % Ca-Gesamtverwertung und von 2,2 zu 1 bei 80 % Ca-Gesamtverwertung. Für Sauen wurden Verhältnisse von Ca zu vP von 2,5 zu 1 (hochtragend) und 2,0 zu 1 (laktierend) angeführt. Auf die Knochenstabilität zeigten moderate Ca-Gaben keine nachteiligen Effekte. Wichtig ist, deutliche Überschüsse beim Gesamt-Ca zu vermeiden. „Das Ca:vP-Verhältnis ist nicht in Stein gemeißelt“ – die Berücksichtigung der vP-Empfehlung und Vermeidung deutlicher Ca-Überschüsse reicht zur Optimierung der Ca und P-Versorgung in der Fütterungspraxis aus.
Weitere aktuelle Versuchsergebnisse wurden im Bereich Rind den Blöcken „Methodik“, „System- und Energiebewertung“, „Methanemissionen“, „N-und P-Emissionen“, „Zusatzstoffe und Futterbewertung“ bzw. im Bereich Schwein den Bereichen „Emissionen“, „Zusätze“, „Geflügelfütterung“, „Alternative Futtermittel I + II“, „Analytik und Methodik“ vorgestellt und ausführlich diskutiert. Die Beiträge können im Tagungsband nachgelesen werden.
Das Forum angewandte Forschung in der Rinder- und Schweinefütterung ist die bundesweite Plattform für den Austausch von Versuchsergebnissen der praxisorientierten Forschung und die Abstimmung methodischer Vorgehensweisen. Ausrichter ist der VLK in Zusammenarbeit mit der DLG unter Mitwirkung des FLI und des VDLUFA.
Internet: www.landwirtschaftskammern.de.
Aktuelles zum Thema Fütterung finden Sie unter www.futtermitteltest.de
oder unter www.Futtermittel.NET.
Quelle: Verband der Landwirtschaftskammern