Neues Agroscope-Merkblatt: Weniger Ammoniak dank Fressständen im Laufstall

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Erhöhte Fressstände im Laufstall reduzieren verschmutzte Flächen und Ammoniakemissionen. Gleichzeitig fördern sie die Futteraufnahme und das Tierwohl. Ein neues Agroscope-Merkblatt zeigt die Vor- und Nachteile dieser Massnahme auf.

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Gut geschützt gegen West-Nil-Fieber – feuchtwarme Witterung fördert durch Mücken übertragene Erkrankungen

2018 wurde das West-Nil-Virus (WNV) erstmals in Deutschland bei Vögeln und Pferden nachgewiesen, mit einem Fokus in den ostdeutschen Bundesländern. Mehrere Jahre stagnierten die Zahlen bei geringer, aber stetiger Ausbreitungstendenz. 2024 kam es zu einem deutlichen Anstieg der Nachweise bei Pferden, mit zum Teil schweren, auch tödlich endenden, Verläufen. Die rechtzeitige Impfung ist der beste Schutz.

Übertragung via Mücke
Das West-Nil-Virus wird in einem Vogel-Mücke-Vogel-Zyklus übertragen. Überträger sind Stechmücken, die zuvor an infizierten Vögeln Blut gesaugt haben. Pferde können die Infektion asymptomatisch oder mit milden Symptomen durchlaufen. In 8-10 Prozent der Fälle kommt es jedoch zu schweren neurologischen Erkrankungen, die zum Teil auch tödlich enden. Auch Menschen können durch das West-Nil-Virus erkranken. Sie infizieren sich ebenfalls durch den Stich infizierter Mücken. Auch hier verläuft die Infektion überwiegend klinisch unauffällig. Etwa 20% der Infizierten entwickeln eine fieberhafte, grippeähnliche Erkrankung, die etwa 3–6 Tage andauert. Schwere Verläufe mit neurologischen Symptomen treten bei etwa einer von hundert infizierten Personen auf. Pferde und Menschen sind sogenannte Fehlwirte, die Viruslast reicht nicht aus erneut Mücken zu infizieren. Entsprechend kommt es auch nicht zu einer Weiterverbreitung vom Pferd auf den Menschen.

Saisonal steigendes Infektionsrisiko
Ebenso wie bei anderen durch Mücken übertragenen Erkrankungen, beispielsweise der Blauzungenkrankheit der Wiederkäuer, bedingt die Übertragung durch Mücken, in diesem Falle Stechmücken, eine starke Saisonalität. Diese ist gekennzeichnet durch eine Beruhigung des Infektionsgeschehens in den Wintermonaten (“mückenfreie Zeit“), erneutem Beginn auf niedrigem Niveau in den ersten warmen Monaten und dem Maximum der Infektion im Spätsommer bis in den Herbst und

Spätherbst hinein. Hohe Temperaturen und Niederschläge begünstigen die Vermehrung der Vektoren und fördern damit die Ausbreitung. Zudem wird durch hohe Temperaturen auch die Vermehrung des Virus in der Mücke begünstigt – ein doppelter Effekt.

Impfung ist der beste Schutz
Die Ständige Impfkommission Veterinärmedizin (StIKo Vet) empfiehlt in dem schon länger bestehenden Endemiegebiet in den ostdeutschen Bundesländern und der gesamten norddeutschen Tiefebene die Impfung der Pferde – auch bei nur vorübergehendem Aufenthalt. Mittelfristig ist eine flächendeckende Impfung von Pferden im gesamten Bundesgebiet anzustreben. Die Impfung sollte so frühzeitig erfolgen, dass möglichst vor Beginn der Mückensaison ein ausreichender Impfschutz aufgebaut werden kann. Der Körper braucht hierfür einige Zeit. Die Grundimmunisierung besteht aus zwei Impfungen im Abstand von 4 bis 6 bzw. 3 bis 5 Wochen. Der volle Impfschutz wird in der Regel einige Wochen nach der zweiten Impfung der Grundimmunisierung erreicht. Soweit noch nicht erfolgt, sollte die Grundimmunisierung nun zügig abgeschlossen werden. Wiederholungsimpfungen sind im jährlichen Abstand – idealerweise jeweils vor Beginn der Mückensaison – durchzuführen.

Ergänzende Maßnahmen
Ergänzend können allgemeine Maßnahmen zur Insektenabwehr wie Insektenschutzdecken, -mützen und mückenabweisende Sprays verwendet werden. Diese bieten aber allein keinen ausreichenden Schutz vor einer Infektion. Auch sollten offene, länger stehende Wasserreservoire in der Umgebung des Stalls, die als Brutstätten für die Mücken dienen können, nach Möglichkeit vermieden und Tränkebehältnisse regelmäßig geleert und gereinigt werden, um die Mückenlast zu reduzieren. In den betroffenen Regionen sollten auch Menschen auf einen ausreichenden Mückenschutz achten.

Weitere Informationen:

Friedrich-Loeffler-Institut

StiKoVet

Robert Koch Institut

Quelle: Bundesverband für Tiergesundheit e.V.

Aquakultur nachhaltig und kreislauforientiert gestalten: Policy Report gibt Empfehlungen für Deutschland und Brasilien

Über die Hälfte der weltweit konsumierten Fische, Muscheln, Krebstiere und Algen stammt heute aus Aquakultur – Tendenz steigend. Vor allem die Süßwasseraquakultur gilt als vielversprechende Möglichkeit, tierisches Eiweiß ressourcenschonend und umweltverträglich zu erzeugen. Sie könnte einen wichtigen Beitrag zur globalen Ernährungssicherheit leisten und dabei knappe Ressourcen wie Wasser und Böden schonen. Ein veröffentlichter gemeinsamer Policy Report der Leopoldina und der Brasilianischen Akademie der Wissenschaften zeigt, wie eine nachhaltige, kreislauforientierte Aquakultur in Deutschland und Brasilien aussehen kann und formuliert Empfehlungen für Politik, Verwaltung und Forschung.

Sowohl Deutschland als auch Brasilien verfügen über großes Potenzial im Bereich der Süßwasseraquakultur – und bleiben bislang hinter ihren Möglichkeiten zurück. Der Fischkonsum liegt in beiden Ländern deutlich unter dem globalen Durchschnitt von 20,5 Kilogramm pro Kopf: in Brasilien bei rund 10 kg, in Deutschland bei etwa 14 kg. Trotz günstiger geografischer und klimatischer Bedingungen ist Brasilien stark auf Fischimporte angewiesen. In Deutschland ist die Lage noch kritischer: Die Aquakulturproduktion geht zurück, und nur rund zwei Prozent des konsumierten Flossenfischs stammen aus heimischer Aquakultur. Um das Potenzial der Süßwasseraquakultur besser zu nutzen, identifizieren die Autorinnen und Autoren drei zentrale Handlungsfelder:

– Regulierung vereinfachen: Genehmigungsverfahren sollten gestrafft und Zuständigkeiten klarer gebündelt werden. Die Einrichtung spezialisierter „Aquakulturbeauftragter“ in den Behörden könnte Abhilfe schaffen.
– Fachkräfte gewinnen und qualifizieren: Der Aufbau nachhaltiger Produktionssysteme braucht gezielte Aus- und Weiterbildungsangebote – auch auf universitärer Ebene.
– Wissenschaft in die Praxis bringen: Forschungsergebnisse und technologische Innovationen müssen verstärkt in lokal angepasste Lösungen überführt werden. Die Autorinnen und Autoren schlagen vor, sogenannte Technologiepakete zu entwickeln, die auf regionale Bedingungen, Fischarten, Produktionssysteme und Abfallmanagement abgestimmt sind.

Der Report wurde von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern aus Brasilien und Europa im Rahmen des Workshops „Sustainable Aquaculture – Environmental Impacts and Food Security“ verfasst, der im Oktober 2023 am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin stattfand. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Leopoldina und der Brasilianischen Akademie der Wissenschaften. Ziel war es, wissenschaftliche Erkenntnisse länderübergreifend zusammenzuführen und gemeinsame Perspektiven für eine nachhaltige Aquakulturentwicklung zu schaffen.

Der Policy Brief „Advancing sustainability and circularity in aquaculture to build a resilient global food system“ ist in englischer Sprache auf der Website der Leopoldina veröffentlicht.

Quelle: Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina

FLI testet mobiles One-Health-Labor für die Diagnostik von hochpathogenen Erregern

Ein mobiles Labor auf Rädern für hochpathogene Erreger, in dem im Notfall bei unerklärlichen Krankheitsausbrüchen direkt vor Ort Proben von Menschen, Tieren und aus der Umwelt untersucht werden können – ganz nach dem One-Health-Ansatz. Diese Idee steckt hinter dem EU-geförderten Projekt „MOBILISE“.

Nicht alle Länder und Regionen verfügen über schnelle Transportmöglichkeiten für Proben und Hochsicherheitslabore für die Diagnostik und im Krisenfall ist oft auch der räumliche Zugang zu Gebieten beschränkt. In solchen Fällen kann ein mobiles Labor, das mit modernsten Geräten und molekularbiologischen, serologischen und mikrobiologischen Techniken zur Erregerdiagnostik bestückt ist, helfen, einen Seuchenausbruch frühzeitig zu erkennen und dadurch die richtigen Behandlungs- und Bekämpfungsmaßnahmen einzuleiten. Das bedeutet: Keine Verzögerungen durch Probenversand oder bürokratische Hürden – und damit ein entscheidender Vorteil bei der Eindämmung von Ausbrüchen.

Mobile fahrzeuggestützte Labors wurden bereits in der Vergangenheit in Afrika z.B. im Rahmen der Ebola-, Corona- und mPox-Ausbrüche eingesetzt. Angesichts der Größe und Unbeweglichkeit dieser zumeist 30-40 Tonnen schweren Labor-Trucks kamen sie aber nur selten an den eigentlichen Ort des Geschehens.

Deshalb wurde das MOBILISE-Labor nach einem völlig anderen Prinzip verwirklicht: Das Basisfahrzeug ist ein kleiner geländegängiger Allrad-LKW, bei dem die Laborfläche im Betrieb durch ausfahrbare Seitenwände um den Faktor 3 erweitert wird. Der gesamte Laborbereich steht unter ständigem Unterdruck und wird über bakterien- und virendichte Filter mit Zu- und Abluft versorgt. Sämtliche feste und flüssige Abfälle werden autoklaviert. Die Energieversorgung erfolgt umweltfreundlich über Solarzellen und Akkus sowie einem kleinen Windrad (in Planung). Optional kann ein Dieselgenerator zugeschaltet werden.

Das Laborfahrzeug wurde von der Firma MDSC systems Öü (Estland) gebaut. Bis zum 20. Juni testet nun das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) den Prototypen an seinem Hauptstandort auf der Insel Riems. Nach ersten Testläufen in Österreich und Deutschland folgen weitere in Griechenland und Ostafrika. Bevor „MOBILISE“ in den echten Einsatz gehen kann, müssen noch weitere Betriebsgenehmigungen eingeholt werden.

Dieses EU-Projekt wird vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin Hamburg koordiniert. Neben dem FLI sind die Austrian Institute of Technology (AIT) GmbH (Österreich), Exus (Griechenland), das AGES (Österreich), Filiala de Cruce Rosie Sector 5 (Rumänien), BEIA consult international SRL (Rumänien) und Ethnikos organismos dimosias ygeias (Griechenland) weitere Partner im Konsortium

Projektseite des FLI

Quelle: FLI

Bestätigung der Afrikanischen Schweinepest im Kreis Olpe: Tierschutz steht an erster Stelle

Gestern gab das Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen bekannt, dass durch das Friedrich-Löffler-Institut bei einem aufgefundenen Wildschwein-Kadaver im Kreis Olpe die Afrikanische Schweinepest (ASP) bestätigt wurde. Die Bestätigung des ersten Falles in Westfalen-Lippe führt bei den westfälischen Schweinehalterinnen und Schweinehaltern zu großer Sorge um ihre Tiere. Der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband unterstützt das Vorgehen der örtlichen Veterinärbehörde, um ein Übergreifen des Virus auf Tierställe und die weitere Ausbreitung im Wildschweinbestand zu verhindern, ausdrücklich.

„Die Afrikanische Schweinepest stellt für unsere Tiere eine große Bedrohung dar. Umso wichtiger ist es jetzt, die weitere Ausbreitung mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern und das Seuchengeschehen auf diese Weise umgehend einzudämmen. Wir bitten die Bevölkerung um Verständnis, dass es in nun einzurichtenden Sperrzonen rund um den Fundort des ASP-Virus zu Einschränkungen – etwa beim Betretungsrecht von Wäldern – kommen kann. Zum Schutz unserer Tiere und auch der Wildschweinbestände sind diese Maßnahmen unverzichtbar. Für Schweine verläuft eine Infektion fast immer tödlich“, begründet Hubertus Beringmeier, Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes, die nötigen Maßnahmen. „Da eine Impfung nicht verfügbar ist und auch in absehbarer Zeit nicht verfügbar sein wird, ist der Schutz der Tiere und die Eindämmung der Seuchenausbreitung für Schweine haltende Betriebe die wichtigste Maßnahme. Ich betone, dass Nordrhein-Westfalen auf einen Ausbruch der ASP im Wildschweinebestand gut vorbereitet ist. Hier leistet aktuell allen voran die Wildtierseuchenvorsorge-Gesellschaft (WSVG) einen enormen Beitrag – diesem Einsatz gilt mein ausdrücklicher Dank! Aber auch auf Landes- und Kreisebene sind umfangreiche Strukturen vorhanden, die eine effektive Bekämpfung der ASP ermöglichen“, so Beringmeier.

Auch Verbraucherinnen und Verbraucher können zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest beitragen, etwa in dem sie keine Speiseabfälle in die Natur werfen, da diese von Wildschweinen aufgenommen und das Virus hierdurch verbreitet werden kann. Auch bei der Mitnahme von Schweinefleischprodukten aus Regionen, in denen die Afrikanische Schweinepest vorkommt, ist Umsicht geboten. Der Fund von toten oder auffälligen Tieren sollte unmittelbar mit Angabe des Standorts und gegebenenfalls mit Fotos bei der Bereitschaftszentrale des LANUV (Tel.: 02 01/71 44 88 oder nbz@lanuv.nrw.de) gemeldet werden. Mit der Gründung der Wildtierseuchenvorsorge-Gesellschaft und der Tierseuchenvorsorge-Gesellschaft stehen wirksame Instrumente zur Verfügung, um die weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern (z.B. durch Zaun- und Dekontaminierungsmaterial, schnelle Kadaverbergung, Drohnen- und Hundestaffeln zum schnellen Absuchen der Sperrzone).

Quelle: Westfälisch-Lippischer Landwirtschaftsverband e.V.

Interview: Der Stall der Zukunft: Wie sieht er aus?

Die Schweinehaltung unterliegt aktuell einem großen Wandel. Neue Haltungskonzepte und intelligente Technik halten Einzug in die Ställe, was zu mehr Tierwohl und zu mehr Tiergesundheit führen soll. Dr. Astrid van Asten, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, erzählt im Interview, was beim Stall der Zukunft wichtig ist und wie sie diese Punkte in Haus Düsse umsetzen.

Wozu gibt es das Projekt „Stall der Zukunft“ in Haus Düsse?
Im Rahmen der sogenannten Nutztierstrategie des Landes Nordrhein-Westfalen wurden am Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft Haus Düsse zwei Modell- und Demonstrationsställe durch die Landwirtschaftskammer NRW errichtet. Der Bau der Projektställe „Stall der Zukunft“ wurden vom Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes NRW finanziert. Die zwei unterschiedlichen Stallsysteme bieten ein erhöhtes Platzangebot für die Tiere, strukturierte Funktionsbereiche, organisches BeschäftigungsmateriaI, Außenklimakontakt bzw. Auslauf mit Wühlgarten und technische Verfahren zur Kot-Harn-Trennung, um Emissionen zu reduzieren. Die Ställe dienen darüber hinaus der Aus- und Weiterbildung für Landwirte in Nordrhein-Westfalen sowie der Darstellung möglicher zukünftiger Haltungssysteme in der Schweinehaltung für die Gesellschaft. Ein wichtiges Ziel ist es, die Akzeptanz für die Schweinehaltung zu stärken, indem das Tierwohl verbessert und die Umweltauswirkungen verringert werden.

Wie kann ein Schweinestall emissionsmindernd gebaut werden?
In beiden Ställen wurden technische Verfahren zur Kot-Harn-Trennung verbaut, ein klassisches Güllesystem unter dem Stall gibt es gar nicht, die Exkremente werden mehrmals täglich aus den Ställen gefördert. Dies beinhaltet unter anderem die direkte Trennung von festen und flüssigen Bestandteilen der Exkremente, um die Bildung von Ammoniak zu reduzieren. Für die Emissionsmessungen ist das System X-Node der Firma Dräger in beiden Ställen an mehreren Stellen auf Höhe der Tiere als auch in die Wandventile im Außenklimabereich eingebaut worden und zeichnet dort kontinuierlich Daten zu Ammoniak, Temperatur, CO2 und Luftfeuchte auf. Des Weiteren ist außerhalb des Stalles auf der Besucherplattform, die 24/7 zugänglich ist, eine Wetterstation, deren Werte für die Steuerung des Daches und den Curtains im Stallsystem 2 genutzt werden.

Wie praktikabel sind das offene Dach und die Glaskonstruktion? Wird es darin im Sommer nicht zu heiß?
Das Dach lässt sich je nach Witterung auffahren und es ist ein Sonnenschutz verbaut um einem Sonnenbrand bei den Tieren vorzubeugen. Ziel ist es, das aufstellbare Glasdach über dem integrierten Auslauf nur bei schlechtem Wetter (Niederschlag, extreme Kälte und Sturm bzw. Gewitter) zu schließen, es also überwiegend offen zu haben. Im Sommer bei hohen Außentemperaturen und starker Sonneneinstrahlung ist es im integrierten Auslauf durch das geöffnete Dach und das geschlossene Beschattungssystem sehr angenehm, ähnlich wie im Bereich unter einem Baum im Schatten.

Gehört zwangläufig Stroheinstreu in einen modernen Stall?
Nein, es gehört nicht zwangsläufig Stroheinstreu dazu. Wir haben bisher nur in den Liegebereichen gehäckseltes Stroh oder Leinenstroh als Minimaleinstreu verwendet. In den Ausläufen und den sogenannten Wühlgärten sind bisher Holzhackschnitzel und Miscanthus erprobt worden. Die Vor-und Nachteile einer Stroheinstreu sind in der Praxis hinlänglich bekannt, deshalb ist es das Ziel, im Stall der Zukunft Erfahrungen mit anderen Materialien zu sammeln.

Hackschnitzel im Außenbereich zum Wühlen auf Spaltenboden, schafft das ein Güllesystem?
Der Belüftungsboden (eine geringe Luftmenge wird durch das Hackschnitzelbett nach unten abgesaugt) ist mit so wenigen, kleinen Schlitzen ausgelegt, dass nur sehr wenig Material nach unten durchfällt, das Einstreumaterial wird oben auf dem Boden bewirtschaftet. Eine erste neue und positive Erfahrung aus dem ersten Durchgang mit fast fünf Wochen mit Holzhackschnitzelbett war, dass die Holzhackschnitzel intensiv bewühlt wurden und auch mit mehr Kot und Urin noch funktionieren als es bei Stroh möglich ist. Für die Lenkung des Abkotverhaltens wurde in den Wühlgarten „Beschäftigungsfutter“ in Form von Ackerbohnen gegeben. Derzeit wird immer noch daran gearbeitet das Abkotverhalten der Schweine in den Wühlgärten auf ein Minimum zu reduzieren und die Schweine zum Abkoten auf die Schweinetoilette (Pig-T System zur Kot-Harn Trennung) zu lenken.

Ist die Grünbepflanzung im Stall nur Beschäftigung und Optik, oder könnten die Pflanzen sogar die Luft reinigen?
Die Pflanztröge wurden in den Stall integriert um die Natur in die nach innen gerichteten Ausläufe zu holen. Für NGO’s und teilweise auch die Gesellschaft erscheint dies wichtig. Hier sind zum größten Teil Pflanzen angepflanzt, die den Schweinen auch als Beschäftigungsmaterial dienen können, wie z. B. Silphie, Miscanthus, Hanf oder Sonnenblumen. Eine Reinigung der Luft ist schwer messbar und stand nicht im Vordergrund.

Fußbodenheizung etc. – wie energieintensiv ist der Stall der Zukunft und wie sollte diese Energie idealerweise erzeugt werden?
Da die Warmbereiche der beiden Ställe jeweils auf ein Minimum reduziert wurden, und die Tiere diese Liegebereiche zum großen Teil selbst anwärmen, ist der Energieverbrauch für Wärme gering. Die restliche benötigte Wärme wird von einer Biogasanlage bereitgestellt, in der auch die festen Exkremente der Schweine landen. So ist ein direktes Kreislaufsystem entstanden. Die Außenklimabereiche bzw. Ausläufe werden weder beheizt noch aktiv belüftet, dadurch wird zusätzliche elektrische Energie eingespart. Zukünftig werden Messungen dazu genauere Zahlen liefern.

Wie bringt man die Schweine dazu das Kotband zu nutzen?


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Reduzierung von Hitzestress in Milchviehställen durch aktive Belüftung

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Von Alfons Fübbeker, Landwirtschaftskammer Niedersachsen

Typischerweise werden Milchviehställe durch eine Trauf-First Lüftung belüftet. Besonders im Sommer sind der Luftaustausch und die Temperaturabsenkung oft unzureichend, was zu einem Rückgang der Futteraufnahme bei den Kühen und damit zu niedrigerer Milchleistung sowie Fruchtbarkeitsproblemen führen kann. Welche sowohl technischen als auch baulichen Maßnahmen können helfen, um die Belüftung zu verbessern und Hitzestress zu lindern?

Die Wohlfühltemperatur der Milchkuh liegt im Bereich von 5 bis 15°C. Kann eine Kuh ihre Körperwärme nicht ausreichend an die Umgebung abgeben, kommt es zu Hitzestress beim Tier. Hitzestress kann anhand einer erhöhten Atemfrequenz erkannt werden, wobei ein Wert von 30 bis 50 Atemzügen pro Minute als normal gilt. Je höher die Atemfrequenz, desto größer ist der Hitzestress. Dies führt zu einer geringeren Futteraufnahme, was wiederum niedrigere Milchleistung, erhöhte Zellzahlen und vermehrte Fruchtbarkeitsprobleme zur Folge hat. Insgesamt wird die Kuh anfälliger für Krankheiten.

Ursachen für eine verringerte Belüftung
Auf vielen Betrieben wird die natürliche Belüftung durch benachbarte Gebäude wie den Melkstand mit Wartehof, das Güllesilo, Fahrsiloanlagen oder Anbauten für den Milchtank deutlich beeinträchtigt. Ähnliches gilt, wenn der Stall nicht quer zur Hauptwindrichtung ausgerichtet ist. Bei älteren Ställen ist aufgrund niedrigerer Traufenhöhen oft weniger Luft im Stall vorhanden. Zudem ist dieser Bereich nicht selten ganz oder teilweise mit einer Mauer verschlossen. Die geringe Belüftung führt dazu, dass die erforderliche Luftwechselrate häufig nicht erreicht wird. Dies kann unter anderem zu Kondenswasserbildung im Dachraum führen, was wiederum Schäden am Bauwerk verursachen kann, wie Pilzbefall am Holz oder schwarze Ablagerungen am Ständerwerk. Die Trauf-First Lüftung funktioniert aufgrund der Temperaturunterschiede zwischen innen und außen. An warmen und windstillen Tagen kommt die freie Lüftung über Thermik oft zum Erliegen, wodurch die Tiere ihre produzierte Wärme kaum noch an die Umgebung abgeben können. In solchen Fällen ist es häufig sinnvoll, die Wärmeabgabe durch Ventilatoren zu fördern, um das Wärmepolster auf der Haut zu durchbrechen.

Liegt eine Giebelseite des Stalls in Hauptwindrichtung, sollte über Lochbleche im Giebelbereich die Luftzuführung verbessert werden. Offene, hohe Traufen und eine entsprechend dimensionierte Firstentlüftung sorgen für eine gute Belüftung, wobei der Dachüberstand nicht zu kurz sein sollte, um einen Sonnenschutz für die äußere Liegeboxenreihe zu gewährleisten. Helle und wärmegedämmte Dächer sind vorteilhaft, da der Wärmeeintrag durch das Dach im Sommer reduziert wird. Der Temperaturunterschied zwischen außen und innen ist dadurch größer, was eine bessere Thermik und erhöhten Luftaustausch zur Folge hat. Eine PV-Anlage auf dem Dach sorgt ebenfalls für eine vergleichbare Dämmwirkung. Lichtplatten sollten auf den Dachflächen mit südlicher und westlicher Ausrichtung vermieden werden, um eine direkte Sonneneinstrahlung auf die Tiere zu verhindern.

Einsatz von Ventilatoren
Durch den Einsatz von Ventilatoren wird die Luftgeschwindigkeit erhöht, der Luftaustausch gesteigert und der Kühlungseffekt verbessert. Luftgeschwindigkeiten von mindestens 2,0 m/s im Tierbereich sorgen bei Kühen für einen Kühlungseffekt, da die umgebende Wärmeschicht der Kuh zerstört wird. Im Vergleich dazu liegt die optimale Luftgeschwindigkeit im Kälberbereich bei unter 0,5 m/s. Das Zuschalten der Ventilatoren und deren Steuerung sollte temperaturabhängig und automatisch erfolgen.

Bei hohen Temperaturen suchen die Kühe aktiv angenehme, kühlere Bereiche im Stall auf. Der Liegebereich ist besonders wichtig, da sich die Tiere hier am längsten aufhalten sollen. Um angenehme Bedingungen durch angepasste Luftgeschwindigkeiten zu gewährleisten, sind mehrere Ventilatoren erforderlich. Deckenventilatoren mit großen Durchmessern, die häufig mittig über dem Futtertisch (Dachraum) angebracht werden, drücken die Luft nach unten und von dort nach außen. Hindernisse wie Aufkantungen am Fressgitter oder Liegeboxenabtrennungen können Verwirbelungen verursachen und die Luftgeschwindigkeit reduzieren, wodurch der Kühlungseffekt deutlich geringer ist. Oft wird die erforderliche Luftgeschwindigkeit zur Abkühlung von mindestens 2,0 m/s nur unterhalb des Ventilators (Durchmesser) erreicht.


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Guter Start für Sommerkälber

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Der Frühling und Sommer, die Jahreszeiten mit warmen und zum Teil heißen Temperaturen, bringen vor allem für junge Kälber Herausforderungen mit sich. Durch die warmen Temperaturen sinken die Generationszeiten von Keimen, zum Beispiel E. coli, stark ab, so dass der Keimdruck rasch in die Höhe schnellt. Dies ist für das noch ungeübte und unreife Immunsystem von neugeborenen Kälbern eine Herausforderung. Kälber sind weniger hitzeempfindlich als Kühe, können jedoch auch unter Hitzestress leiden. Besonders wichtig ist die Luftfeuchtigkeit, die die Wärmetoleranz beeinflusst. Studien zeigen, dass Hitzestress ab einer Nachttemperatur von 23 bis 25°C einsetzt.

Leiden Kälber unter Hitzestress, verringert sich ihre Futteraufnahme trotz erhöhtem Energiebedarf, was ihr Immunsystem schwächt. Dies führt zu schlechterem Wachstum, höherer Krankheitsanfälligkeit und erhöhter Sterblichkeit. Besonders problematisch wird es, wenn die Temperaturen auch nachts nicht sinken.

1. Schutz vor Erregern: Hygiene in allen Bereichen
Fehlende Sauberkeit in der Abkalbebox birgt hohe Risiken für die Gesundheit des neugeborenen Kalbes. Die frühzeitige Versorgung mit Biestmilch bester Qualität und Hygiene legt den Grundstein für eine gesunde Aufzucht. Sommerzeit ist Fliegenzeit, weshalb die Tränkeeimer unbedingt mit einem Deckel ausgestattet und täglich gründlich zu reinigen sind. Trockene und saubere Einstreu vermindert die Wärmebildung durch Mist.

2. Schutz vor Hitze: Schatten und Frischluft
Vor sehr hohen Temperaturen durch starke direkte Sonneneinstrahlung sind die Kälber am besten durch ein Dach oder einen Baum über dem Boxenbereich oder ganz kreativ mit Sonnenschirmen oder Sonnensegeln geschützt. Durch die Öffnung der Iglus nach Osten entstehen in der Regel die beste Luftzirkulation und die geringste direkte Sonneneinstrahlung.

3. Schutz durch Impfung: Immunprophylaxe gegen Neugeborenendurchfall
Es ist von besonderer Bedeutung, Neugeborene gezielt gegen Durchfallerreger zu schützen. Eine effektive Maßnahme hierfür ist die Impfung der tragenden Kühe gegen die häufigsten Erreger von Neugeborenendurchfall. Mit der OneShot – Mutterschutzimpfung von Virbac ist sichergestellt, dass die Kühe Antikörper gegen Rota- und Coronaviren sowie E. coli bilden. Die Antikörper reichern sich im Kolostrum an und gehen mit der ersten Kolostrumgabe an das Kalb über, was einen optimalen Schutz bietet. Besonders praktisch ist das breite Impfzeitfenster von drei Monaten bis drei Wochen vor der Abkalbung. Wichtig ist anschließend eine zeitnahe und reichliche Gabe von hygienisch einwandfreiem Kolostrum an das neugeborene Kalb. Durch diese gezielte Impfung lassen sich Krankheitssymptome und die durchfallbedingte Sterblichkeit der Kälber deutlich reduzieren – was auch den Bedarf an Einzeltierbehandlungen und Antibiotika verringert.

4. Schutz vor Austrocknung: Wasser für alle
Kälber sollten bei warmen Temperaturen jederzeit Zugang zu frischem Wasser haben. Frisches Wasser unterstützt die Verdauung und fördert die Raufutteraufnahme. Es hilft auch, die Flüssigkeit zu ersetzen, die durch das Schwitzen verloren geht. Besonders wichtig ist es, auf die ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten, wenn Kälber an Durchfall leiden. So wird verhindert, dass sie zusätzlich anfällig für Hitzestress werden.

5. Schutz vor Stress: Arbeitsorganisation
Arbeiten wie Impfungen, Umstallen und Enthornen sollten früh morgens durchgeführt werden, um die Kälber und auch Menschen in der heißesten Phase des Tages nicht zusätzlich zu stressen.

6. Schutz vor schweren Erkrankungen: Sorgfältige Tierbeobachtung
Eine regelmäßige aufmerksame Kontrolle der Kälber in Hinblick auf frühe Krankheitsanzeichen wie Durchfall und Atemwegserkrankungen bewirkt, dass ein frühzeitiges Eingreifen vor Ausbildung von schweren Symptomen möglich ist. Schnelle Hilfe bei ersten Durchfallsymptomen des Kalbes sind die Zwischentränke von Elektrolyten und gegebenenfalls die Gabe eines Schmerzmittels.

Kontakt:
Virbac Tierarzneimittel GmbH
Dr. Kerstin Duncker
Tel: +49 4531 805111
kerstin.duncker@virbac.de

Quelle: Virbac Tierarzneimittel GmbH

Interview Legehennen wurmfrei halten

Legehennen werden zunehmend in alternativen Haltungsformen gehalten, in denen Zugang zu Auslauf besteht. Doch dadurch steigt auch ihre Belastung mit Darmparasiten. Ein Projekt will diesen Umstand nun näher untersuchen und Empfehlungen für die Praxis erarbeiten. Alina Lückemann von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen arbeitet mit im Projekt „WURM-Frei“ und erklärt, warum das Thema Darmparasiten so wichtig ist.

Wie steht es derzeit um die Belastung von Legehennen mit Würmern?
Seit der Abschaffung der Käfighaltung in 2010 in Deutschland verschob sich die Verteilung der Haltungsformen bei den Legehennen. Im Gegensatz zur Käfighaltung haben Legehennen in alternativen Haltungsformen einen erhöhten Kontakt zu ihrem Kot und die Infektion mit Endoparasiten wird begünstigt. Dies hat zu einem deutlichen Anstieg in der Prävalenz geführt.

Gibt es Unterschiede bei Freiland- und Bodenhaltung sowie ökologischer Haltung?
Mit zunehmenden alternativen Haltungsformen mit Zugang zum Auslauf stieg der Wurmdruck in den letzten Jahren massiv an. In Niedersachsen leben ca. 23 % der Legehennen in der Freilandhaltung und ca. 16 % in der ökologischen Haltung. Besonders in diesen Haltungen ist zu beobachten, dass der Darmparasitendruck im Bestand zunehmend ansteigt, da sich Wurmeier im Auslauf anreichern und es nur eingeschränkte Biosicherheitsmaßnahmen zur Vorbeugung und Behandlung gibt. Mit der neuen Forderung der Auslaufnutzung bei Bio-Junghennen erhöht sich das Risiko einer frühen Infektion.

Um welche Würmer handelt es sich?
Neben Spulwürmern (Ascaridia galli), Blinddarmwürmern (Heterakis gallinarum) und Fadenwürmern (Capillaria spp.) mehren sich auch die Berichte von in der Praxis vorkommenden Bandwürmern (u.a. Rallietina spp. Hymenolepis spp, Choanotaenia infundibulum und Davainea proglottina).

Wie infizieren sich die Hennen?
Eine Infektion erfolgt gewöhnlich über die orale Aufnahme von Wurmeiern oder durch die Aufnahme des Stapelwirts oder Zwischenwirts (z. B. Regenwürmer).

Wie ist der Entwicklungszyklus der Würmer?
Die gängigen Endoparasiten sitzen vor allem im Darm der Legehennen. Die Eier der adulten Parasiten werden über den Kot der Hennen ausgeschieden. Je nach Art können die Eier in der Umwelt überdauern oder von einem Stapelwirt oder einem Zwischenwirt aufgenommen werden. Stapelwirte sind Organismen, in denen sich Parasiten aufhalten, aber nicht entwickeln oder vermehren können.
Die Eier von Rundwürmern (Ascaridia galli, Heterakis gallinarum) sind sehr überlebensfähig und können in der Umwelt mehrere Monate bis Jahre überleben. Außerdem können sie von Regenwürmern als Stapelwirt aufgenommen werden und sind dann ebenfalls mehrere Jahre überlebensfähig.

Fadenwürmer (Capillaria spp.) entwickeln sich je nach Art mit oder ohne Zwischenwirt (meist Regenwürmer) weiter. Ohne Zwischenwirt sind sie in der Umwelt nur wenige Woche überlebensfähig.

Bandwürmer benötigen hingegen immer einen Zwischenwirt zur weiteren Entwicklung (z.B. Nacktschnecken, Ameisen). Daher sind diese Parasiten seltener in der Bodenhaltung anzutreffen. Nach der Aufnahme der Parasiteneier des Stapel- oder Zwischenwirts durch die Legehenne schlüpfen die Larven und entwickeln sich zu adulten Parasiten. Sie vermehren sich im Endwirt, bis neue Eier durch den Kot ausgeschieden werden. Durch den direkten Kontakt des Kots mit den Artgenossen kommt es zu einer schnellen Ausbreitung innerhalb einer Herde.

Wie bemerkt man Würmer im Huhn?


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Spurensuche im Erbgut: Was alte DNA über die Geschichte von Seuchen verrät

13. Loeffler Lecture mit Prof. Dr. Johannes Krause – auch Online

Wie kam es zu den verheerenden Seuchenzügen von Pest oder Tuberkulose – und was können wir heute daraus lernen? Der renommierte Paläogenetiker Prof. Dr. Johannes Krause, Direktor am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig, gibt in der 13. Loeffler-Lecture im Alfried Krupp Wissenschaftskolleg am 10. Juni in Greifswald spannende Einblicke in seine Forschung zur Geschichte historischer Krankheitserreger.

Möglich wird diese Forschung durch modernste DNA-Technologien: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können heute winzige Spuren von Erreger-DNA aus menschlichen Überresten analysieren – eine Art „molekulare Fossilien“. Auf diese Weise lässt sich nachvollziehen, wie sich Bakterien und Viren über Jahrtausende entwickelt, verbreitet und an den Menschen angepasst haben.

Krauses Forschungsteam rekonstruierte unter anderem das Erbgut des Pest-Bakteriums aus mittelalterlichen Knochenfunden und konnte die Ursprünge der Seuche bis nach Zentralasien zurückverfolgen. Noch ältere DNA-Funde aus der Steinzeit zeigen, wie sich die Pest bereits vor Tausenden Jahren an den Menschen und auch den Floh als Überträger angepasst hat – lange bevor sie zu einer verheerenden Pandemie wurde.

In seinem Vortrag erläutert Prof. Krause, wie diese Erkenntnisse zur Entstehung und Ausbreitung von Krankheiten heute helfen können, die letzten und zukünftige Pandemien besser zu verstehen und ihnen wirksamer zu begegnen.

Prof. Krause hat in über 250 wissenschaftlichen Arbeiten unser Wissen über die Evolution des Menschen und seiner Krankheiten grundlegend verändert. In seinem Vortrag stellt er die neuesten Erkenntnisse aus der sogenannten Paläogenomik vor – einem spannenden Forschungsfeld an der Schnittstelle von Genetik, Archäologie und Medizin.

Die „Loeffler-Lecture“ wurde 2012 gemeinsam vom Friedrich-Loeffler-Institut und dem Alfried Krupp Wissenschaftskolleg in Greifswald als Auszeichnung für die Leistungen zu aktuellen infektions-medizinischen Forschungsthemen ins Leben gerufen. Damit soll insbesondere an die bahnbrechenden Leistungen Friedrich Loefflers in der Infektiologie erinnert werden. Die Veranstaltung findet üblicherweise in zeitlicher Nähe zum Geburtstag von Friedrich Loeffler im Juni statt.

Friedrich Loeffler, einer der Begründer der Virusforschung, wurde am 24. Juni 1852 in Frankfurt/Oder geboren. Nach dem Medizinstudium in Würzburg und Berlin arbeitete er mit Robert Koch. 1888 wurde Loeffler auf den neu gegründeten Lehrstuhl für Hygiene nach Greifswald berufen. Im Jahr 1898 beschrieb er gemeinsam mit Paul Frosch mit dem Erreger der Maul- und Klauenseuche erstmals ein Virus als filtrierbaren und korpuskulären Infektionserreger. Am 10. Oktober 1910 gründete er auf der Insel Riems das weltweit erste Virusforschungsinstitut, das nach ihm benannte heutige Friedrich-Loeffler-Institut.

13. Loeffler-Lecture
Professor Dr. Johannes Krause, Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig
Titel: Alte Pathogen-Genome: Was wir aus historischen Erregern über deren Evolution lernen
Begrüßung: Professor Dr. Thomas Klinger, Alfried Krupp Wissenschaftskolleg
Einführung und Moderation: Professorin Dr. Christa Kühn, Friedrich-Loeffler-Institut
Datum, Zeit: Dienstag, 10. Juni 2025 von 18 Uhr – 19:30 Uhr
Ort: Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald, Martin-Luther-Straße 14, 17489 Greifswald, Freier Eintritt

Zugang zum virtuellen Hörsaal: Alte Pathogen-Genome: Was wir aus historischen Erregern über deren Evolution lernen – Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald

Quelle: Friedrich-Loeffler-Institut