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Vogelgrippe in Niedersachsen Ministerin Staudte: „Strikte Biosicherheit – Massenhaftes Tierleid muss verhindert werden“

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Seit Jahresbeginn sind in Niedersachsen mehr als eine Million Tiere in Geflügelhaltungen aufgrund des Nachweises der Vogelgrippe getötet worden. Bis zum 13. November (12 Uhr) wurden 1.016.282 Tiere nach 63 amtlich bestätigten Ausbrüchen der meldepflichtigen Tierseuche erfasst: 45 Fälle in Stallhaltungen und 17 in Freilandhaltungen. Zusätzlich besteht ein Verdachtsfall in der Grafschaft Bentheim mit rund 360.000 Legehennen.

Seit dem 15. Oktober, dem Beginn der aktuellen Erkrankungswelle in Geflügelbeständen, waren es 54 Ausbrüche und 948.598 verendete oder getötete Tiere. Besonders betroffen ist der geflügelintensive Landkreis Cloppenburg mit 20 Ausbruchsbetrieben im aktuellen Geschehen und insgesamt 209.000 Puten und 5.300 Enten. Auch im Landkreis Vechta gab es in dieser Zeit acht Ausbrüche mit rund 412.000 getöteten Tieren. Hier waren vor allem die Legehennen mit 302.140 Tieren betroffen. In beiden Landkreisen, die eine extrem hohe Geflügeldichte haben, sind vor allem Stallhaltungen betroffen.

Niedersachsens Agrarministerin Miriam Staudte: „Ich rufe alle Betriebe weiterhin zu strikter Einhaltung der Biosicherheitsmaßnahmen sowie unverzüglicher Meldung von Verdachtsfällen auf. Die Schwerpunkte der Ausbrüche liegen auch in diesem Ausbruchsgeschehen wieder in Stallhaltungen in geflügelintensiven Landkreisen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler –unter anderem von LAVES, FLI und die Tierseuchenkasse – haben mir bei den Gesprächen in den vergangenen Tagen und Wochen bestätigt: Die Geflügeldichte ist ein wesentlicher Faktor, der die Wahrscheinlichkeit eines Ausbruchs erhöht. Hier müssen wir also mittelfristig zu Lösungen mit der Wissenschaft kommen. Auch den Bund sehe ich in der Pflicht, die Wissenschaft zu hören und Haltungsformen endlich krisenresilient und tierwohlorientiert weiterzuentwickeln. Denn trotz hoher Biosicherheitsstandards und enormem Aufwand auf den Betrieben kommt es weiterhin zu Ausbrüchen, die auch wirtschaftlich hohe Schäden nach sich ziehen. Für mich ist klar: Die Vogelgrippe ist im Wildvogelbestand endemisch – daher werden wir nun über den mittel- und langfristigen Umgang bei Geflügelhaltungen sprechen müssen, um traurige Negativrekorde wie diesen sowie enormes und massenhaftes Tierleid in Zukunft zu verhindern.“

Hintergrund
In Niedersachsen gibt es rund 4.400 Geflügelbetriebe mit mehr als 20 Millionen Legehennen. Niedersachsen ist daher von Ausbrüchen der Vogelgrippe besonders betroffen. Schon im Ausbruchsgeschehen 2021/22 gab es mehr als eine Million jährlich getötete Tiere: Mehr als eine Million Tiere wurden im Jahr 2021 getötet (1,17 Millionen); im Jahr 2022 waren es 1,25 Millionen getötete (oder verendete) Tiere.

Quelle: Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Mobile Hühnerställe auf dem Vormarsch – Seminar zur artgerechten Fütterung unterstützt Neueinsteiger

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Von Patricia Lößner, Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern (LFA MV)

Die Haltung von Legehennen in Mobilställen ist längst mehr als nur ein Nischentrend: In den letzten Jahren erfreut sich dieses Haltungskonzept wachsender Beliebtheit. Die steigende Zahl mobiler Stallsysteme zeigt deutlich, dass sie sowohl den Erwartungen vieler Verbraucher an eine tiergerechte Haltung entsprechen als auch landwirtschaftlichen Betrieben neue Perspektiven in der Direktvermarktung eröffnen.

Wer als Landwirt neu in dieses System einsteigen möchte, sollte sich jedoch im Vorfeld intensiv mit den Anforderungen an das Tierwohl befassen, besonders im Bereich der artgerechten Fütterung, die eine zentrale Rolle spielt.

Um hier praxisnahe Unterstützung zu bieten, lud die Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern (LFA MV) am 18. März 2025 zu einem Fachseminar mit dem Schwerpunkt „Artgerechte Fütterung“ ein. Die Veranstaltung fand im Rahmen des Projekts Netzwerk Fokus Tierwohl statt und wurde durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördert.

Zu Beginn präsentierte Patricia Lößner (LFA MV) Ergebnisse einer Umfrage, die das Institut für Tierproduktion der LFA MV im Jahr 2024 durchgeführt hat. Dabei beantworteten 15 Betriebe mit Mobilstallhaltung verschiedene Fragestellungen rund um dieses Haltungsverfahren. Zur Thematik Fütterung und Wasserversorgung zeigte sich, dass die meisten Betriebe eine Fütterungstechnik mit automatischer Fütterung einsetzen. Nur drei Betriebe gaben an, dass die Fütterung noch manuell durchgeführt wird. Es zeigt sich, dass die Futtermittel fast ausschließlich über Futtermittelfirmen bezogen werden. Ein Teil der landwirtschaftlichen Betriebe könnte sich perspektivisch jedoch vorstellen, betriebseigene Futtermittel in den Rationen einzusetzen oder Futterrationen selber zu mischen. Dabei teilten 33 % der befragten Betriebe mit, in Zukunft einheimische Eiweißfuttermittel wie Erbsen oder Ackerbohnen einzusetzen. Auch die Erforschung und Verwendung neuer Proteinquellen wie Hanfsamen oder Insekten könnten neue Möglichkeiten bieten. Zu beachten ist, dass nicht nur die Futtermittel, sondern auch das Wasser eine sehr gute Qualität haben sollte, da es sonst zu Leistungsminderungen und Krankheiten kommen kann. Je nach betrieblichen Gegebenheiten und Mobilstalltyp erfolgte die Wasserversorgung über einen integrierten Tank im Mobilstall oder über einen externen Anschluss. Das Wasser hierfür stammte bei 73 % der befragten Betriebe aus dem kommunalen Leitungsnetz und bei 27 % aus einer eigenen Brunnenanlage. Die Frequenz, mit der die Tränksysteme gereinigt werden, zeigte von einmal täglich bis einmal jährlich eine weite Bandbreite.

Welche Nährstoffe benötigt das Huhn im Freiland?
Mit der Frage: „Was nimmt das Huhn durch den Schnabel auf, wenn ich es im Freiland halte?“, begrüßte Carsten Pohl von der Bio Eichenmühle GmbH & Co. KG die Zuhörer. Ausgehend von den bloßen Futtermitteln bleibt ein großer Teil unbeachtet. Das Huhn macht bis zu 15.000 Pickschläge pro Tag und nimmt so im Auslauf auch Würmer, Gras, Steine, Parasiten, Boden und/oder Beschäftigungsmaterial auf.

Umso wichtiger ist es, dass die vorgelegte Ration die bedarfsgerechten Nährstoffmengen enthält.


Zuerst erschienen im zweimonatlichen Hoftierarzt E-Magazin. Zum kostenfreien Abo bitte einfach hier anmelden und dann den Link in der Bestätigungs-Mail anklicken. Anschließend den ganzen Artikel in der letzten Ausgabe weiterlesen:

 

Kühe mit Wahlfreiheit: „Milchviehstall der Zukunft“ jetzt wissenschaftlich veröffentlicht

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Was passiert, wenn Kühe selbst entscheiden dürfen, ob sie drinnen oder draußen sein wollen? Wenn Kälber bei ihren Müttern aufwachsen und Besucher:innen die Tiere, den Stallalltag und die Forschung beobachten können ohne sie zu stören? Die Antwort liefert das soeben im renommierten Journal of Dairy Science veröffentlichte Invited Review (eingeladene Rezension) zum „Milchviehstall der Zukunft“. Das Konzept setzt auf eine Familienherde mit Kuh-Kalb-Kontakt, eine große freie Liegefläche, Weide- bzw. Paddockzugang rund ums Jahr, Automatisierung & Sensortechnik und einen Besucherkorridor für sicheren Einblick in den Stall-Alltag.

„Mit der Veröffentlichung stellen wir das Konzept umfassend wissenschaftlich dar und zeigen die Chancen für Forschung zu Tierwohl, Ressourceneffizienz, Biosicherheit sowie für die Umsetzung neuer Konzepte in die Praxis.: Wir zeigen, wie Tierwohl und moderne Landwirtschaft zusammengehen. Dummerstorf ist dafür ideal, denn hier liegen viele Forschungseinrichtungen, die sich mit Tierwohl beschäftigen, Tür an Tür, Weideflächen grenzen an den Campus, und wir haben die Baugenehmigung. Die digitale Stall-Simulation steht, jetzt wollen wir den Stall als Reallabor gemeinsam mit Partnern bauen,“ sagt Prof. Dr. Lisa Bachmann, Professorin an der Hochschule Neubrandenburg und wissenschaftliche Mitarbeiterin am FBN (Projektleitung).

Frei wählen, besser leben: So funktioniert der „Milchviehstall der Zukunft“
Der „Milchviehstall der Zukunft“ stellt Kühe und Kälber als Familienherde in den Mittelpunkt, ohne ständiges Umgruppieren, mit stabilen Sozialkontakten und ruhiger Herdendynamik. Die Tiere haben Wahlfreiheit: Sie entscheiden selbst zwischen Stall, Weide und Winter-Paddock. Im Inneren sorgt eine großzügige freie Liegefläche mit weicher, belüfteter Einstreu und Bäumen für Komfort, Klimagewinn und gutes Liegeverhalten. Automatisches Melken und Smarte Fütterungstechnik entlasten die Mitarbeitenden, erlauben individuelle Fütterung und liefern kontinuierlich Gesundheits- und Verhaltensdaten. Ein umlaufender Besucherkorridor macht Forschung und Praxis sichtbar – Führungen, Lehre und Dialog gelingen, ohne die Biosicherheit zu kompromittieren. So entsteht ein praxistaugliches, datengestütztes System, das Tierwohl, Arbeitsalltag und Transparenz zusammenbringt und zugleich Langzeitstudien unter realen Bedingungen ermöglicht.

Dummerstorf: Kompetenzcampus mit Weideanschluss
Dummerstorf vereint auf engem Raum, was dieses Reallabor braucht: Am Forschungsstandort liegen FBN, Landesforschung, Friedrich-Loeffler-Institut, Universität Rostock und die Hochschule Neubrandenburg in unmittelbarer Nähe. Verhaltens-, Tierwohl-, Veterinär-/Epidemiologie- und Agrartechnik-Expertise greifen hier direkt ineinander. Weideflächen grenzen an den Campus, echte Wahlfreiheit für die Kühe ist dadurch ohne lange Treibwege möglich. Zudem ist das Projektteam baurechtlich bereit: Die Baugenehmigung liegt vor, die digitale Stall-Simulation ist abgeschlossen, der Bau ist detailliert durchgeplant. Bestehende Herden, Labore und Datenschnittstellen sichern eine schnelle Inbetriebnahme und verlässliche Forschung. Kurz: Dummerstorf bietet kurze Wege, verlässliche Infrastruktur und ein einzigartiges Kompetenzbündel. Die Voraussetzungen, um den „Milchviehstall der Zukunft“ gemeinsam mit Praxis- und Transferpartnern zu realisieren, sind erfüllt. Nachdem der Bund die Förderung des Baus gestrichen hat, soll nun eine alternative Finanzierungsmöglichkeit gefunden werden.

Play. Test. Build.: Der „Milchviehstall der Zukunft“ als Simulation
Die interaktive Stallsimulation ist fertig: ein digitaler Probelauf, mit dem Abläufe, Platzangebot, Fütterung, Melkwege und Besucherführung realitätsnah durchgespielt werden können. Wie bei einem „spielbaren Prototyp“ lassen sich Varianten testen, Engpässe erkennen und Verbesserungen sofort ausprobieren, bevor ein einziger Spatenstich erfolgt. Die Planung ist bau- und betriebsnah durchdacht. Derzeit sucht das Projektteam Partner aus Praxis, Politik und Gesellschaft, die den Schritt vom digitalen Zwilling in die Realität mitgehen. Im geplanten Demonstrations- und Forschungsstall sollen Langzeitstudien unter Praxisbedingungen durchgeführt werden zu Tiergesundheit und Verhalten, Emissionen, Arbeitsorganisation und gesellschaftlicher Akzeptanz. Damit wird die Grundlage für messbaren Fortschritt für Tier, Mensch und Umwelt gelegt.

Förderhinweis: Die Entwicklung des „Milchviehstalls der Zukunft“ war Teil des Projekts „Innovationen für gesunde und ‚glückliche‘ Kühe“ (06/2021 – 05/2025) und wurde gefördert durch das Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages. Projektträger ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE).

Quelle: Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN)

E-Magazin „Der Hoftierarzt“ 5/2025 erschienen!

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„Der Hoftierarzt“ Ausgabe 5/2025 steht für Sie zum Abruf bereit und bietet folgende Themen:

  • Rindergrippe – sind Impfungen die Lösung?
  • Mastitisbehandlung – sinnvoll oder überflüssig?
  • Fit durch den Winter: So schützen Sie Ihre Kälber vor den Herausforderungen der kalten Jahreszeit
  • Fibrinöse Pleuropneumonie bei Milchkühen
  • Mykotoxine im Schweinefutter: Latente Gefahr
  • Modifikation des Mikrobioms mit Postbiotika
  • Mobile Hühnerställe auf dem Vormarsch
  • Salmonellen: Thymolbasierter Futterzusatz als Antibiotikaalternative
  • AHV Qure Liquid: Unterstützung für gesunde Ferkel
  • DESICAL® plus: Keime reduzieren
  • Kalbi TMR Nova: Hochverdauliche Kälber-TMR
  • Lely Zeta: Künstliche Intelligenz im Stallmanagement
  • MS Schippers: Intelligente Fütterung
  • Softbed LongLine: Komfortabel Liegen

Das Tiergesundheits-Magazin für Nutztierhalter erscheint alle zwei Monate im praktischen PDF-Format. Jetzt 1 x registrieren, 1 x in der Bestätigungs-Mail „OK“ klicken und gleich kostenfrei downloaden und lesen!

Melden Sie sich einfach hier für den kostenfreien Empfang des E-Magazins an. Alle zwei Monate erhalten Sie dann per E-Mail einen Download-Link zur aktuellen Ausgabe.

Neu: Handlich und praktisch einstreuen mit DESICAL®

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DESICAL® bringt einen eigenen Streuer auf den Markt. Der neu entwickelte DESICAL® Acero ersetzt bisherige Kunststoffstreuer innerhalb und außerhalb des Stalls und ist zum Patent angemeldet. Der Clou: Er passt an jeden Akkuschrauber.

Optimal zu bedienen – für einfache tägliche Stallhygiene
Der Acero wird von der Seite befüllt und fasst etwa 11 Liter, die für etwa 120 Boxen ausreichen. Beim täglichen Einstreuen zeigen sich schnell die Vorteile der Neuentwicklung: Mit wenigen Handgriffen rastet ein beliebiger Akkuschrauber in der Halterung ein. Dieser dient als Griff und treibt über die 6-kant Welle die Wurfschaufeln im Streuer an. So ist der Acero für Rechts- und Linkshänder optimal zu bedienen und verteilt die Einstreu mit perfekter Streubreite. Dabei lässt sich die Menge von außen mit einer Rädelschraube einstellen. Weiter lässt sich durch die Laufgeschwindigkeit und die Schrauberdrehzahl die Menge und die Einstreutiefe zusätzlich steuern.

Foto: © DESICAL Der robuste Streuer besitzt eine passende Halterung für Akkuschrauber, die zugleich als Griff und Antrieb funktionieren.

Der Acero wird von einem deutschen Partner-Unternehmen aus Edelstahl und Aluminium gefertigt. Das Material ist langlebig und leicht. So wiegt der Streuer – ohne Akkuschrauber und Füllung – etwa 2,5 kg. Der mitgelieferte Rucksack-Tragegurt entlastet zusätzlich.

Mit dem Acero lassen sich neben vielen gängigen Einstreupulvern natürlich in erster Linie DESICAL® plus und DESICAL® plus ODORO perfekt im Liegebereich der Tiere ausbringen! Die hochalkalischen und zugleich hautverträglichen Einstreu-Produkte von DESICAL® kommen hauptsächlich in Milchviehställen zum Einsatz. Sie helfen die Keimbelastung der Tiere zu reduzieren, z.B. auch für Geflügel in mobiler Haltung, Mastschweine, Mastkälber, Schafe und Ziegen. Tipp: Der DESICAL® Acero ist auch zum Ausstreuen von Bindemittel und anderen fließfähigen Produkten wie z.B. Fliegenlarven-Feingranulat geeignet!

Weitere Informationen unter www.desical.de

Quelle: Hufgard GmbH

Starke Sauen – starke Ferkel: Mit Fütterung und Monitoring zum optimalen Mikrobiom

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Von Dr. Ariane von Mallinckrodt, Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein

Die zweite Veranstaltung der Seminarreihe „Magen-Darmgesundheit beim Schwein“ im Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp hatte zum Ziel, dieses Thema mehr in den Fokus der Schweinehaltung zu stellen. Verantwortlich dafür zeichnete die Arbeitsgruppe „Schwein“ des Runden Tisches Tierschutz. Organisiert und finanziert wurde dieser Veranstaltungstag durch das Verbundprojekt Netzwerk Fokus Tierwohl und der Schweinespezialberatung Schleswig-Holstein.

Einfluss der Sau auf die Magen-Darmgesundheit der Saugferkel
Die Magen-Darmgesundheit von Saugferkeln wird maßgeblich durch die Fütterung und den Gesundheitsstatus der Sau beeinflusst. Tierärztin Patricia Beckers (Provimi-Cargill), seit 25 Jahren in der Schweinefütterung tätig, fasste die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zusammen und gab spannende Hinweise für die Betriebe.

Beckers erklärte, dass in der Sau um die Abferkelung herum bedeutende Stoffwechselveränderungen stattfinden. Beispielsweise verbleibt Glucose nach dem Fressen deutlich länger im Blutkreislauf als außerhalb dieser Produktionsphase. Dies deutet darauf hin, dass Sauen rund um die Geburtsphase eine Insulinresistenz aufweisen können. Zudem verändert sich die Zusammensetzung des Mikrobioms im Darm der Sau – es wird weniger Buttersäure gebildet, die aber für die Darmzotten essentiell für die Aufnahme der Nährstoffe in den Blutkreislauf ist. Als Folge verändert sich die Darmintegrität und das Risiko für Darmleckagen sowie eine Anflutung von Endotoxinen rund um die Abferkelung steigt. Diese Stoffwechselveränderungen können abhängig von der Kondition der Sau stärker oder schwächer ausgeprägt sein.

Eine Studie zeigte, dass Ferkel von Sauen mit deutlicher Insulinresistenz zwar ein normales Geburtsgewicht aufwiesen, dass der Magen aber deutlich leichter und die Darmzotten kürzer waren als in der Vergleichsgruppe. Durch die verkürzten Darmzotten war auch die Laktaseproduktion stark reduziert. Die Tierärztin betonte, dass eine Überkonditionierung der Sau zur Abferkelung hin vermieden werden muss, um den erhöhten Blutzuckerspiegel der Sau so gering wie möglich zu halten. Fütterungskonzepte mit fermentierter Rohfaser in der Transitphase (ab Tag 80) zeigten positive Effekte auf das Mikrobiom der Sau. Die Tierärztin erklärte nachfolgend die Unterschiede sowie Vor- und Nachteile einer Sauenfütterung mit fermentierbarer und rein struktureller Rohfaser auf die Darmgesundheit von Saugferkeln.

Warum haben Saugferkel oft Darmprobleme?
Saugferkel sind besonders anfällig für Magen-Darm-Erkrankungen, die gravierende Folgen für ihre Entwicklung haben können. Tierarzt Fabio Bagó (Vet-Team Schleswig-Holstein) erklärte in seinem Vortrag die häufigsten Magen-Darm-Probleme in den ersten vier Lebenswochen eines Saugferkels, deren Ursachen und zeigte praktikable Präventions- und Therapiemaßnahmen auf.

Anders als beim Menschen erfolgt die Übertragung von Antikörpern über die Plazenta beim Schwein nicht. Dies führt dazu, dass Saugferkel in den ersten Lebensstunden besonders anfällig sind. Vor allem Rotavirus A+C, E. coli und Clostridien Durchfälle sind laut Begó in deutschen Ferkelerzeugerbetrieben keine Seltenheit mehr. Für immunschwache Ferkel steigt außerdem das Risiko für PCV2 und PRRS. Hier ist die Kolostrumaufnahme entscheidend für die Gesundheit der Ferkel. Laut Literatur benötigen Saugferkel etwa 200 g Kolostrum in den ersten 6-12 Stunden nach der Geburt, was allerdings häufig eine Herausforderung darstellt, da nicht jede Sau diese Menge bereitstellen kann.

Während der zweiten Lebenswoche bleibt das Spektrum potentieller Erreger ähnlich, wobei Kokzidien mehr in den Fokus rücken. Ferkel können sich bereits in der ersten Woche damit anstecken. Die einzelligen Parasiten befallen den Magen-Darmtrakt und durchlaufen zuerst eine Entwicklungsphase, ehe das infektiöse Stadium beginnt. Eine Metaphylaxe gegen Kokzidien (Toltrazuril + Eisen per Injektion oder Toltrazuril als Drench) zahlt sich nur aus, wenn sie innerhalb der ersten 3-4 Lebenstage durchgeführt wird.

In den Lebenswochen drei bis vier nehmen die viralen Infektionen ab, während E. coli, Clostridien und Kokzidien ein Problem bleiben können. In dieser Phase beginnt sich das Immunsystem des Darms auszubilden. Eine schwere Durchfallerkrankung kann diesen Entwicklungsprozess stark verzögern und die Gesundheit des Tieres langfristig beeinträchtigen. Der Tierarzt wies auf zwei Studien hin, welche positive Effekte auf die Ausbildung des Immunsystems durch einer verlängerte Säugezeit bzw. eine verlängerte Tageslichtlänge nachweisen konnten.

Neben den potentiellen Erregern in der Haltungsumwelt können Endotoxine, die bei Mastitis-Metritis-Agalaktie (MMA) produziert werden, über die Milch in die Ferkel gelangen und negative Effekte auf die Darmgesundheit ausüben. Ein effektives MMA-Management und die Optimierung der Geburtshygiene sind entscheidend.

Die Magen-Darmgesundheit der Saugferkel stellt keine isolierte Herausforderung dar, sondern ist oft eng mit dem Management der Sauen und der Hygiene im Stall verbunden. Mutterschutzimpfungen, gezielte Fütterung, optimale Geburtshygiene und bestandsspezifische Impfstrategien sind entscheidende Ansatzpunkte. Die Rolle des Kolostrums für das Immunsystem der Ferkel sollte nicht unterschätzt werden. Der Tierarzt betonte, dass ein Austausch zwischen Bestandstierarzt und Berater auf Betrieben mit Durchfallproblematik häufig die nachhaltigsten Lösungen hervorbringen.

Saugferkelmanagement im Betrieb Hasenkrug
Im ITW-Betrieb Hasenkrug haben sich Jürgen Hammerich und Marcel Langmesser auf ein effektives Saugferkelmanagement spezialisiert. Der Standort Hasenkrug wurde 2005 durch Hammerich übernommen. Der Betrieb hat sich über die Jahre von 280 auf 415 Sauen (PIC) mit Wechselkreuzung entwickelt, inklusive Ferkelaufzucht.

Im Jahr 2006 erfolgte die Umstellung auf einen vierwöchigen Abferkelrhythmus. Der Betrieb verzichtet bewusst auf hormonelle Einsatz zum Rauschemanagement und stellt die Einhaltung des Rhythmus rein durch Tierbeobachtung sicher. Für eine Nachtwache während der Abferkelung fehlt leider das Personal. Die Abferkelrate liegt aktuell bei 85,1 % mit durchschnittlich 14,2 lebend geborenen Ferkeln pro Wurf. Pro Sau und Jahr liegt der Betrieb bei 2,5 Würfen mit 31,8 abgesetzten Ferkeln.

Der Fokus liegt bei einer möglichst effektiven Milchaufnahme aller Ferkel. So setzten die beiden Landwirte auf Tierbeobachtung und Erfahrung. Vor allen an den Jungsauen sollten zeitnah nach der Geburt 14-15 Ferkel liegen, um den Milchfluss anzuregen und stabil zu halten. Dafür setzt der Betrieb bei Bedarf auch Ferkel von Schlachtsauen oder leichte Ferkel aus der Ferkelaufzucht zu. In den ersten 8 Lebenstagen wird sich jedes Ferkel einmal täglich genau angeschaut und gegebenenfalls Managementmaßnahmen durchgeführt. Wer am Tag 4 lebensschwache Ferkel hat, hat in den ersten drei Tagen keine sorgfältige Tierkontrolle gemacht und nicht entsprechend gehandelt, so die Ansicht der beiden Landwirte.

Hammerich und Langmesser führen ein besonderes Management bei leichten und schwachen Ferkeln. Beispielsweise werden ausgekühlte Ferkel in Kunststoffboxen unter Wärmelampen aufgewärmt und anschließend ans Gesäuge gesetzt. Das kann je nach Gegebenheit auch bei einer anderen Sau sein. Ziel ist, die schwachen Tiere dorthin zu setzten, wo sie sich wenig durchkämpfen und leicht trinken können. „Sie dürfen nicht viel Kraft brauchen, um säugen zu können.“, so Hammerich. Auch die Zähne von schwachen Ferkeln werden in dem Betrieb nicht geschliffen.

Für das Saugferkelmanagement im Betrieb Hasenkrug ist eine detaillierte Tierbeobachtung und Betreuung elementar. Für die beiden Landwirte hat jedes Ferkel das Recht auf Leben – ihnen ist bewusst, dass sie dafür sehr individuelle Managementmaßnahmen nutzen, die in anderen Betriebsstrukturen kaum oder nicht umsetzbar sind. Hasenkrug zeigt, wie betriebsspezifisch ein Saugferkelmanagement sein kann und dass es nicht immer Standardwege sind, die zu einer hohen Tiergesundheit und guten Leistung führen.

Zuerst erschienen im E-Magazin „Der Hoftierarzt“ 4-2025

Studien machen deutlich: Schweine mit Schmerzsymptomen brauchen Schmerztherapie

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Schweine können aufgrund spontan auftretender Krankheiten, Wunden, Verletzungen, Traumata und physiologischer Zustände wie dem Abferkelprozess unter Schmerzen leiden. Diese Schmerzen werden jedoch oft vernachlässigt. Um das Wissen und das Bewusstsein für dieses Phänomen zu stärken, haben Wissenschaftler*innen eine umfassende Übersichtsarbeit über grundlegende und neue Ansätze zur Erkennung, Bewertung und Behandlung von Schmerzen bei Schweinen erstellt.

Es wurde ein Scoping-Review mit den Ergebnissen einer Recherche in den elektronischen Datenbanken VetSearch und CABI durchgeführt. Im Hinblick auf die Eignungskriterien wurden 49 von 725 Publikationen zwischen 2015 und Ende März 2023 berücksichtigt. Die Ergebnisse wurden zusammengefasst und orientierten sich an der PRISMA-Leitlinie.

Die Ergebnisse dieser Studie* zeigen, dass Tierärzte Schmerzen nicht nur als Krankheitssymptom, sondern auch als wichtigen Aspekt des Tierwohls betrachten müssen. Schweine können zweifellos Schmerzen empfinden. Bleiben sowohl die Schmerzsymptome als auch die zugrunde liegenden Ursachen unbeachtet, können Langlebigkeit und Wohlbefinden der Schweine gefährdet sein. Daher sind Tierärzte verpflichtet, die Komplexität von Schmerzen und Schmerzmechanismen zu kennen und ihre Patienten angemessen zu behandeln.

Tierärzte sind für die bestmögliche Behandlung verantwortlich. Daher muss die Behandlung, ungeachtet der Herausforderungen der klinischen Schmerzdiagnostik, auch eine Schmerzlinderung beinhalten. Die Liste der verfügbaren Medikamente zur Schmerzbehandlung bei Schweinen ist kurz, und Schmerzen stellen keine abgegrenzte Indikation dar. In diesem Zusammenhang sollen die folgenden Überlegungen dazu beitragen, ein Behandlungsprotokoll für Schmerzen bei Schweinen aufgrund spontan auftretender Erkrankungen und Verletzungen zu erstellen.

Unter den Medikamenten für Schweine werden häufig NSAIDs (engl. = nonsteroidal antiinflammatory drugs) eingesetzt. Ihre Auswahl sollte unter Berücksichtigung der Indikation, Lokalisation, des nozizeptiven Signalwegs (System, das Schmerzreize vom Körper zum Gehirn leitet) und des jeweiligen Erregers erfolgen. Am häufigsten werden Meloxicam und Ketoprofen als entzündungshemmende und schmerzstillende Medikamente bei Nutztieren eingesetzt. NSAIDs haben sich als wirksam bei der Linderung von Entzündungen erwiesen, nicht jedoch bei neuropathischen Schmerzen (Erkrankungen der peripheren Nerven, die nicht durch Verletzungen verursacht werden).

Unabhängig von der Erkrankung oder Verletzung erfordert die Halbwertszeit von NSAIDs bei Schweinen von wenigen Stunden die Verabreichung von mehr als einer Dosis pro Tag. Trotz dieser Einschränkung gilt der Einsatz von entzündungshemmenden und schmerzstillenden Mitteln als die wirksamste Methode zur Schmerzlinderung bei Tieren, und zahlreiche Studien haben ihre Wirksamkeit in der Schmerzbehandlung bei Schweinen bewiesen. Die meisten NSAIDs sind jedoch zur Kontrolle von Fieber zugelassen und nur wenige Studien haben die wirksame Dosis für andere Indikationen untersucht. Daher ist eine weitere Zusammenarbeit zwischen Forschern und Praktikern hinsichtlich häufiger Nebenwirkungen auf die Heilung oder sogar Langzeitwirkungen erforderlich.

Empfehlungen für die Praxis:

+ Ein Schwein, bei dem Schmerzen bestätigt wurden, sollte angemessen behandelt werden.

+ Selbst ein wahrscheinlich schmerzhafter Zustand ist Grund genug, ein Schwein gegen Schmerzen zu behandeln.

+ Die Tatsache, dass Medikamente knapp sind und die Schmerzerkennung schwierig ist, rechtfertigt nicht, ein Schwein in einem schmerzhaften Zustand leiden zu lassen.

+ Um Schmerzen bei Schweinen zu erkennen, benötigen Tierärzte und Tierpfleger fundierte Kenntnisse über die Grundlagen der Schmerzmechanismen.

+ Es gibt zwar Skalen und Scores zur Schmerzerkennung bei Schweinen, diese müssen jedoch im klinischen Umfeld noch weiter validiert werden. Darüber hinaus ist das aktuelle Wissen ausreichend valide, um unnötige Schmerzen bei Schweinen zu vermeiden.

Eine zweite Studie** beschäftigte sich den Erkrankungen der Schweine, die Schmerzen verursachen können. Dazu zählen u.a.: Lahmheit, Druckstellen, externe Hernie (Nabelbruch), Vulvabeißen, Meningitis, Atemwegs- und Darmerkrankungen, Harnwegsinfekte, Mastitis und Gesäugeverletzungen. Systematisches Wissen zu diesem Thema ist jedoch rar. Insbesondere bei seltenen Erkrankungen (wie Harnwegsinfekten) ist weitere Forschung erforderlich. Die Forscher*innen schlagen vor, zum Thema Schmerzen bei Schweinen standardisierte Protokolle zu entwickeln, um die Ergebnisse der Schmerzerkennung über den Projektzeitraum hinaus zu dokumentieren, zu analysieren und zu teilen. Die Ergebnisse dieser Studie legen nahe, dass ein solches Protokoll validierte Maßnahmen zur Schmerzerkennung im Zeitverlauf und in Bezug auf die verabreichte Schmerzbehandlung umfassen würde.

Die Ergebnisse der Studie unterstreichen, dass Schweine aufgrund spontan auftretender Krankheiten und Verletzungen Schmerzen empfinden, systematisches Wissen zu diesem Thema jedoch rar ist. Eine zentrale Schlussfolgerung der Studie ist daher, dass systematischere Forschung zu Schmerzen bei Schweinen erforderlich ist, insbesondere auch zu Themen, die hier nicht berücksichtigt wurden, wie z. B. der Abferkelung von Sauen (Schwerpunkt Reproduktionsmanagement). Basierend auf einer Reihe vergleichbarer Studien wird es möglich sein, diese Annahmen zu validieren und die Evidenz zum Thema Schmerzen bei Schweinen zukünftig zu verbessern.

Für Tierärzte und Landwirte ist es unerlässlich, sicherzustellen, dass Schweine nicht unter unnötigen Schmerzen leiden, die gelindert werden können. Die Ergebnisse dieser Studie regen dazu an, bei jedem Patienten zu prüfen, ob Schmerzen und damit verbundene Indikatoren vorhanden sind und wie der Zustand zum Wohle des einzelnen Schweins behoben werden kann.

Studie*: Julia Kschonek et al. (2025): Part I: understanding pain in pigs—basic knowledge about pain assessment, measures and therapy. Porcine Health Management 11:12, p 1-18.
Studie**: Julia Kschonek et al. (2025): Part II: understanding pain in pigs—pain assessment in pigs with spontaneously occurring diseases or injuries. Porcine Health Management 11:13, p 1-17.

Quelle: Dr. Heike Engels – Zuerst erschienen im E-Magazin „Der Hoftierarzt“ 4-2025

Tierschutz für Rinder verbessert: Kälber unter vier Wochen dürfen nur noch sediert und mit Schmerzmitteln kastriert werden

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Niedersachsen geht einen weiteren Schritt für mehr Tierschutz in der Nutztierhaltung. Die nach dem bundesweiten Tierschutzgesetz aktuell ohne Betäubung zulässige Kastration von unter vier Wochen alten männlichen Kälbern darf in Niedersachsen ab sofort nur noch unter Gabe eines Beruhigungsmittels (Sedierung) und eines mindestens 24 Stunden wirkenden Schmerzmittels durchgeführt werden.

Möglich wird die Initiative des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums durch eine Regelung im Bundesgesetz. Danach sind alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die Schmerzen oder Leiden während und nach dem Kastrieren sachgerecht zu minimieren. Darüber hinaus empfiehlt Niedersachsen den Betrieben auf Grundlage der sogenannten „Europaratsempfehlung für das Halten von Rindern des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen“, das Kastrieren männlicher Rinder jeden Alters ausschließlich mit Betäubung durchzuführen. Mit einer Sedation und Schmerzmittelgabe soll zum einen das Tierleid reduziert werden und zum anderem auch die Sicherheit während des Eingriffs erhöht werden, da das Tier ruhiggestellt ist und keine schmerzbedingten Abwehrreaktionen zeigt.

Landwirtschafts- und Tierschutzministerin Miriam Staudte: „Es gibt immer noch Stimmen, die behaupten, ein junges bis zu vier Wochen altes Kalb würde keine Schmerzen empfinden, wenn ihm die Hoden ohne Betäubung entfernt werden. Das ist mir absolut unverständlich. Warum soll für Kälber etwas anderes gelten, als für Ferkel, die ja seit 2021 nur noch betäubt kastriert werden dürfen? Nicht nur der gesunde Menschenverstand lässt das anzweifeln. Selbst die Wissenschaft sagt mittlerweile, dass eine Kastration unabhängig vom Alter einen schmerzhaften, belastenden Eingriff darstellt. Auch wenn ich mir eine bundesweite Lösung gewünscht hätte, die die betäubungslose Kastration männlicher Kälber verbietet, ist das für den Tierschutz in Niedersachsen ein Schritt nach vorn. Das bestätigen auch landwirtschaftliche Praktiker, die unseren Schritt befürworten.“

Die in der letzten Legislatur begonnene Überarbeitung des Bundestierschutzgesetzes sah vor, diese Ausnameregelung für junge Kälber zu streichen. Aufgrund der vorgezogenen Neuwahlen kam es allerdings nicht mehr dazu.

„In ganz Deutschland ist dieser schmerzhafte und leidvolle Eingriff immer noch gängige Praxis. Das Verbot der betäubungslosen Kastration männlicher Kälber war einer von vielen guten Vorschlägen bei der Überarbeitung des Bundestierschutzgesetzes“, betont Staudte „Mir ist es unverständlich, warum weder der Bundeslandwirtschaftsminister noch seine parlamentarische Staatssekretärin und neue Bundestierschutzbeauftragte immer noch keinerlei Initiative entwickelt haben, die so dringend notwendige, begonnene Novelle wieder aufzunehmen. Hierum habe ich die Bundesebene jetzt noch einmal eindringlich persönlich gebeten.“

Die betäubungslose Kastration unter vier Wochen alter männlicher Kälber sowie die damit verbundene Sedation und Schmerzmittelgabe dürfen auch durch eine andere Person (als einen Tierarzt bzw. eine Tierärztin) vorgenommen werden, die die dazu notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten hat (§ 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 TierSchG). Die zuständige Behörde hat nach Prüfung im Einzelfall und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit festzulegen, welche Nachweise sie dafür fordert. Die sachkundige Person sollte ihre fachliche Einweisung in diese Tätigkeiten durch eine tierärztliche Bestätigung nachweisen können.

Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Alternativen zum Kupieren gesucht

Von Fides Marie Lenz, LWK Nordrhein-Westfalen

Probleme durch einen vollgekoteten oder vollurinierten Schwanz können tierschutzrelevant werden, sei es durch Entzündungen oder den Befall durch Fliegenmaden und -larven. Gleichzeitig beobachten Praktiker bei langen Schwänzen die für das Tier schmerzhafte Problematik von Schwanzbrüchen.

In Deutschland sah der letzte Entwurf zur Novellierung des Tierschutzgesetzes ein Kupierverbot innerhalb der nächsten 8 Jahre vor. Wie es hier nun weitergeht ist noch offen. Aktuell ist in Deutschland das Schwanzkürzen bei Lämmern via Ausnahmeregelung bis zum 8. Lebenstag erlaubt. Während in Deutschland das Kupierverbot noch nicht erlassen ist, hat zum Beispiel die Schweiz schon einen Stichtag festgelegt. Ab dem 1. Februar 2040 soll es ein Kupierverbot geben.

So oder so ist es jedoch sinnvoll, Alternativen zum Kupieren des Schwanzes zu etablieren. Das Tierwohlkompetenzzentrum (TWZ) Schaf hat drei Jahre mit 25 Betriebe und 12 Schafrassen intensiv an der Thematik gearbeitet. Die Projektleitung liegt beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen.

Das TWZ Schaf hat die Tiergesundheit bei unkupierten Schafen genauestens erfasst und auf einem Infotag in Haus Düsse vorgestellt. Kernthemen waren die enge Zusammenarbeit mit dem bestandsbetreuenden Tierarzt und eine bedarfsgerechte Schwanzschur sowie die Ausrichtung des Managements ganz klar auf Durchfallprophylaxe.

Die Auswertungen der Vagintaltupfer zeigen weniger Vaginalkeime bei Tieren mit unkupierten Schwänzen. Ein langer Schwanz hat also keine negative Auswirkung auf die Fruchtbarkeit der Schafe, sondern schützt den Vaginalbereich selbst im verschmutzten Zustand vor dem Eindringen von Keimen.

Für Tierhalter von Schafen mit langen und bewollten Schwänzen ist das Vermeiden von Durchfällen essentiell. Dazu muss der Schäfer die Fütterung, die Parasitenbekämpfung, das Weidemanagement und die Pflege der Schafe sowie eine eventuell nötige Impfprophylaxe intensiv aufeinander abstimmen.

Eine weitere Schwierigkeit für die Schafhalter ist die Schwanzschur: Viele Betriebe haben keine passende Technik und müssen Akku- Schermaschinen für eine bedarfsgerechte Schwanzschur anschaffen. Die Maschinen sind allerdings bisher fast nur im Ausland erhältlich.

Die Schafbranche muss neben den Anpassungen in der Haltung auch die Zucht auf kürzere Schwänze vorantreiben. Zwei für die Zucht relevante Parameter sehen günstig aus: Die Heritabilität – also die Erblichkeit – ist hoch und wurde je nach Rasse mit etwa 0,6 nachgewiesen. Gleichzeitig ist die phänotypische Varianz auch innerhalb der Schafrassen hoch. Dies ist eine gute Ausgangsbasis für die züchterische Bearbeitung. Eine Korrelation zwischen Körpergewicht und Schwanzlänge scheint zu bestehen, auch weitere Korrelationen zu anderen Merkmalen können nicht ausgeschlossen werden. Züchter müssen die züchterische Bearbeitung genau überwachen und begleiteten, damit sie nicht gleichzeitig negative Merkmale verstärken. Daten zu erfassen ist dabei essentiell: Jeder Züchter ist angehalten, Geburtsgewicht und Schwanzlänge zu notieren. Gebrauchshalter können dafür in Zukunft das neue Herdenmanagementtool von vit Verden nutzen, welches das TWZ Schaf entwickelt hat. Da die Rassen ohnehin schon nur in geringen Populationen vorkommen, müssen Schafhalter auch einen genetischen Verlust verhindern. In ersten Versuchen zeigte sich bereits, dass durch gezielte Anpaarung von Tieren mit kürzeren Schwänzen – verglichen mit den anderen Tieren der Herde – eine Verschiebung zum vorherigen Mittelwert nach einer Generation möglich ist. Bei einem Versuch am Oberen Hardthof in Hessen ließ sich dadurch bei Merinolandschafen schon ein im Durchschnitt 1 cm kürzerer Schwanz erreichen.

Zuerst erschienen im E-Magazin „Der Hoftierarzt“ 4-2025

BTK warnt vor dramatischer Lage bei Geflügelpestausbrüchen

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Veterinärwesen ist systemrelevant, Labore und Behörden müssen gestärkt werden

Angesichts der aktuellen Geflügelpestsituation wiederholt die Bundestierärztekammer (BTK) ihre Forderung an Bund und Länder, unverzüglich die erforderlichen Mittel bereitzustellen und bürokratische Hürden abzubauen. In den letzten Wochen wurden in mehreren Bundesländern hochpathogene H5N1-Ausbrüche sowohl bei gehaltenem Geflügel als auch bei Wildvögeln festgestellt. In Norddeutschland mussten in dieser Woche bereits große Tierbestände gekeult werden. Bei Wildvögeln sind laut Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) erstmals Kraniche betroffen.

Dieses akute Seuchengeschehen zeigt wieder deutlich, wie wichtig eine unverzügliche Stärkung und verlässliche Finanzierung der Veterinärverwaltungen auf kommunaler, Landes- und Bundesebene sowie der Untersuchungslabore und der nationalen Referenzlabore ist. Nur durch ausreichende personelle Kapazitäten, moderne Diagnostik und kurzfristig verfügbare Finanzmittel können Seucheneinsätze schnell, koordiniert und fachgerecht durchgeführt werden. Tierseuchenausbrüche verlangen den Veterinärämtern und beteiligten Laboren höchste Einsatzbereitschaft ab: Kontaktermittlung, Probenahme, schnelle Labordiagnostik, Errichtung von Sperrzonen, Beratung der Tierhaltenden und Durchführung notwendiger Seuchenbekämpfungsmaßnahmen – all das erfordert Personal, Schutz- und Diagnostikausstattung sowie schnelle finanzielle Mittel für Entschädigungen und Einsatzkosten. Nicht nur die mittlerweile regelmäßig auftretenden Ausbrüche der hochpathogenen Aviären Influenza (HPAI) stellen die Veterinärverwaltungen vor Herausforderungen. Auch die Afrikanische Schweinepest, Blauzungenkrankheit, der Ausbruch von Maul- und Klauenseuche Anfang des Jahres, Ausbrüche von Lumpy Skin Disease in Frankreich und Italien sind Mahnung für erhöhte Aufmerksamkeit und schnelles Reaktionsvermögen.

„Die Veterinärverwaltungen sind auf allen Ebenen unverzichtbar für den Schutz der Tiergesundheit und der öffentlichen Gesundheit. Jetzt kommt es darauf an, den Seuchenausbruch konsequent zu beherrschen, die Weiterverbreitung zu minimieren und die Folgen für Handel und Wirtschaft so gering wie möglich zu halten. Zugleich gilt es, unnötiges Tierleid zu verhindern“, sagt BTK-Präsident Ltd. VD Dr. Holger Vogel. Die BTK fordert Politik und Verwaltung zu einem raschen, koordinierten Handeln auf: Stabile Finanzierungszusagen, auskömmlich ausgestattete Untersuchungslabore und eine dauerhafte Stärkung der veterinärmedizinischen Infrastruktur sind notwendig, um aktuelle und zukünftige Tierseuchen wirksam zu bekämpfen.

Quelle: Bundestierärztekammer