Von Dr. Claudia Egle, Fachstelle PHIS, Nutztiergesundheit Schweiz
Die Gesunderhaltung eines Nutztierbestands ist eine kontinuierliche Herausforderung. Ein gutes Management und geeignete Prophylaxemaßnahmen sollen möglichst dazu führen, dass gesundheitliche Probleme erst gar nicht auftreten. Sollte sich die Gesundheitssituation trotzdem verschlechtern, muss dies baldmöglichst erkannt werden, um angemessen reagieren zu können. Das gilt nicht nur für den einzelnen Bestand, sondern auch auf nationaler Ebene. Eine fortlaufende Gesundheitsüberwachung ist unverzichtbar.
Die Digitalisierung schreitet auch in der Veterinärmedizin unaufhaltsam voran. Gleichzeitig werden immer mehr Daten insbesondere auch im Zusammenhang mit der Produktion von tierischen Lebensmitteln erhoben, um die Produktionsprozesse zu überwachen und eine gute Lebensmittelqualität zu gewährleisten. Es liegt also nahe, diese ohnehin erhobenen und inzwischen nun häufig digital gespeicherten Daten zielgerichtet zu verarbeiten, um zusätzliche Informationen zur Tiergesundheit zu erhalten und damit die Gesundheitsüberwachung zu stärken.
Strukur in den Datendschungel bringen
Als man in der Schweiz vor einigen Jahren damit begonnen hat, Daten zu diesem Zweck aus verschiedenen Quellen zusammenzuführen, musste man feststellen, dass ausgerechnet Daten zur aktuellen Gesundheit der Tiere in den Beständen nur spärlich vorhanden sind. Es gibt beispielsweise Informationssysteme zur Erfassung von Ergebnissen von Schlachttier- und Fleischuntersuchungen oder von Antibiotikaverschreibungen durch die Tierärztinnen und Tierärzte. Auch die Tierhaltenden sind dazu verpflichtet, ihre Tierbehandlungen zu dokumentieren. All diese Daten lassen aber nur indirekt Rückschlüsse auf die aktuelle Tiergesundheit zu. Befunde von tierärztlichen Untersuchungen in den Beständen wurden in der Regel nur in eher unstrukturierter Weise mittels Praxissoftware festgehalten und waren damit weder verfügbar noch für weiterführende Auswertungen geeignet. Mit der Entwicklung des «Pig Health Info System» (PHIS) wurde deshalb ein System geschaffen, das nicht nur eine strukturierte und einheitliche Erfassung von Gesundheitsdaten erlaubt, sondern diese Daten auch in Echtzeit analysiert und darstellt.
Der Aufbau des PHIS wurde durch das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) finanziert. Dieses Engagement steht in direktem Zusammenhang mit der Umsetzung der Tiergesundheitsstrategie, die in der Schweiz verfolgt wird. Ein wichtiges Handlungsfeld ist die Prävention, um das Auftreten und die Verbreitung von Tierkrankheiten zu verhindern. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Digitalisierung. Die Datenerfassung und -auswertung soll optimal genutzt werden, um allfällig vorhandene Tiergesundheitsprobleme frühzeitig zu erkennen.
Die «Pig Health Info System»-App
Ein zentraler Bestandteil des PHIS ist die App zur Datenerfassung. Sie erlaubt den Bestandstierärztinnen und Bestandstierärzten die Erfassung aller Angaben, die möglicherweise in Zusammenhang mit der Tiergesundheit in einem Schweinebestand relevant sein könnten. Es können Befunde und Diagnosen festgehalten, Angaben zu Management oder Tierumgebung aufgezeichnet oder sogar Anamneseformulare für gewisse Laboruntersuchungen erstellt werden. In der App sind verschiedene Formulare vorhanden, die aufeinander aufbauen und je nach Fragestellung ausgefüllt werden können. Die Tierärztin bzw. der Tierarzt entscheidet in Anhängigkeit vom konkreten Problem, welche Informationen in welchem Detailierungsgrad aufgezeichnet werden.
Sobald ein Formular fertig ausgefüllt wurde, wird automatisch ein PDF-Dokument erstellt, das alle erhobenen Daten beinhaltet. Dieses PDF-Dokument wird einerseits in der App abgelegt, damit die Angaben auch später jederzeit verfügbar sind, kann andererseits aber auch direkt aus der App per E-Mail an die Tierhaltenden und bei Bedarf auch weitere Empfänger geschickt werden. Dadurch wird die Verfügbarkeit der Informationen für alle Beteiligten verbessert und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit gefördert.
In der PHIS-App sind die Daten aber nicht nur als PDF-Dokument verfügbar. Empfehlungen und Massnahmen werden beispielsweise bei einer Folgeuntersuchung automatisch angezeigt, so dass beurteilt und wiederum dokumentiert werden kann, ob diese umgesetzt wurden und zu welchen Veränderungen in der Tiergesundheit die Umsetzung möglicherweise geführt hat. Viele Angaben können auch aus der Dokumentation der vorherigen Untersuchung importiert werden, so dass die Werte mit der aktuellen Situation im Bestand verglichen und auch direkt übernommen werden können, falls es in der Zwischenzeit keine Veränderung bei diesen Werten gegeben hat.
Automatisierte Datenanalyse und Darstellung
Die PHIS-App soll die Bestandstierärztinnen und Bestandstierärzte bei ihrer täglichen Arbeit in den Schweinebeständen unterstützen und damit die Bestandsbetreuung fördern, gleichzeitig aber auch die Früherkennung von Krankheitsausbrüchen verbessern und das nationale Gesundheitsmonitoring stärken. Das Rollout des PHIS fand am 1. Mai 2023 statt. Zum jetzigen Zeitpunkt reicht die Datengrundlage für eine detaillierte Analyse noch nicht aus. Die Tierärzteschaft muss sich erst mit der PHIS-App vertraut machen und sie zunehmend in den Arbeitsalltag integrieren, damit zukünftig in einer gewissen Regelmässigkeit Gesundheitsdaten erfasst werden, die es ermöglichen, eine allfällige Veränderung in der Tiergesundheit in einer bestimmten Region oder über einen gewissen Zeitraum zuverlässig zu erkennen. Sobald die Daten aussagekräftige Analysen zulassen, werden die Ergebnisse auf einer öffentlich zugänglichen Website dargestellt, damit sich alle interessierten Personen ein Bild von der aktuellen Schweizer Schweinegesundheit machen können. Dabei wird der Datenschutz jederzeit gewährleistet. Rückschlüsse auf einzelne Bestände oder Personen sind ausgeschlossen. Ein Expertengremium wird über Relevanz und notwendige Massnahmen entscheiden, falls das System eine Verschlechterung der Tiergesundheit anzeigt.
Fazit nach einjährigem Betrieb
Seit gut einem Jahr wird die PHIS-App nun im Feld für die Dokumentation von Bestandsuntersuchungen eingesetzt.
Zuerst erschienen im zweimonatlichen Hoftierarzt E-Magazin. Zum kostenfreien Abo bitte einfach hier anmelden und dann den Link in der Bestätigungs-Mail anklicken. Anschließend den Artikel in der letzten Ausgabe weiterlesen: