Nutzen Mastochsen Beschäftigungsmaterial auf einer reizarmen Weide?

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Beschäftigungsmaterial kann das Wohlbefinden von Nutztieren verbessern, weil es die Umweltkomplexität erhöht und eine größere Bandbreite natürlicher Verhaltensweisen fördert. Es gibt bisher aber nur begrenzte Daten über Notwendigkeit und Auswirkungen von Beschäftigungsmaterial bei extensiv gehaltenen Rindern, die auf grasbewachsenen Paddocks ohne zusätzliche natürliche und künstliche Merkmale gehalten werden.

Australische Forscherinnen haben nun untersucht (Dickson et al. 2022), welche Art Beschäftigungsmaterial Rinder in einer kargen Koppelumgebung verwenden und bevorzugen. Acht Gruppen von je sieben Angus-Ochsen, die auf beweideten Paddocks ohne natürliche oder künstliche Merkmale untergebracht waren, wurden drei Wochen lang tagsüber je zweimal pro Woche beobachtet. Ihnen wurden eine Rinderbürste, ein Stück hängendes Seil, ein Baumstumpf und ein Hackschnitzelhaufen angeboten.

Obwohl die Verwendung von Beschäftigungsmaterial im Laufe der Zeit allgemein abnahm, blieben Bürsten, Baumstumpf und Holzschnitzel auf einem höheren Verwendungsniveau als das Seil. Dies deute darauf hin, dass die Bürste, der Baumstumpf und der Hackschnitzelhaufen wertvollere Ressourcen für das Vieh waren, da sie Pflege- und Liegeverhalten ermöglichten, obwohl auch an Baumstumpf, Holzhackschnitzel und Seil orale Manipulationen stattfanden, kommentieren die Autorinnen der Studie.

Die Originalquelle ist hier zu finden.

Zuerst erschienen im E-Magazin „Der Hoftierarzt“ 3/23

Klein heißt nicht automatisch fein: Auch Hühner aus Hobbyhaltung können krank werden

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Von Luisa Watzer, Amtliche Tierärztin, Landkreis Grafschaft Bentheim

Die Medien und besonders selbsternannte Tierschützer schimpfen regelmäßig über die böse „Massentierhaltung“ und das alle Probleme der Nutzgeflügelhaltung daraus gründen. Doch ist dem wirklich so? Ist in der Privathaltung alles besser und es bestehen gar keine Probleme? In Wahrheit sind viele Thematiken im Bereich der Intensivtierhaltung deutlich besser behandelt und weniger problembehaftet.

Relevante Tierseuchen treten in der Hobbyhaltung ebenso, oder sogar häufiger, als in der kommerziellen Haltung auf. Am bekanntesten dürfte die Klassische Geflügelpest sein, da sie besonders in den letzten Jahren häufig für Schlagzeilen gesorgt hat. Das Virus der Klassischen Geflügelpest, oder Aviären Influenza (AI) kann zuverlässig in der Wildwasservogel-Population gefunden werden. Mit Ausnahme von einigen Stämmen und besonders anfälligen Jungtieren, sind Wasservögel im Allgemeinen gut auf das Virus angepasst und erleiden bei Infektion meistens einen milden Verlauf. Anders sieht es jedoch mit Hühnern oder gar Puten aus, die sehr starke Reaktionen auf die Infektion zeigen, was innerhalb kürzester Zeit zum vollständigen Versterben der gesamten Herde führen kann. Übertragen wird das hochansteckende Virus über Körperflüssigkeiten, wie zum Beispiel den Kot. Erste Anzeichen einer Infektion sind Stille im Stall, Schnupfen, ein starker Rückgang der Futter- und Wasseraufnahme, sowie der Legeleistung. Die Tiere verenden qualvoll an Atemnot, hervorgerufen durch eine bauschaumartige Flüssigkeit in der Lunge und der Luftröhre.

Eine nachgewiesene Infektion führt bisweilen unweigerlich zur Tötung des Bestandes und Einrichtung von Schutzzonen, in denen der Transport von lebendem Geflügel eingeschränkt, oder vollständig untersagt ist. Eine Impfung gegen das AI-Virus ist in verschiedenen Drittländern verfügbar, die rechtliche Grundlage ist in Deutschland allerdings bisher noch nicht geschaffen, um eine Impfung durchführen zu können. Zum aktuellen Zeitpunkt ist die Impfung über die Geflügelpestschutzverordnung untersagt, ein neues Gesetz ist allerdings auf dem Weg von der Europäischen Kommission verabschiedet zu werden. Welche Konsequenzen die Einführung einer Impfung hat ist jedoch noch nicht geklärt. Dabei spielt nicht nur eine Rolle, welche Tierarten für eine (Nadel-)Impfung überhaupt in Frage kommen, sondern auch wie sich die Impfung auf die aktuelle Art der Tierseuchenbekämpfung (aktuell Eradikation) auswirken wird.

Was kann ich nun als Hobbyhalter tun, um eine Infektion zu verhindern, oder zumindest das Risiko stark zu senken? Grundsätzlich sollte darauf geachtet werden, dass Wassergeflügel nicht im selben Stall/Auslauf wie sonstiges Geflügel gehalten wird. Ställe sollten gegen Wildvögel, sowie Schadnager gesichert sein. Ausläufe sollten idealer Weise überdacht sein, oder mit einer Plane überzogen, um herabfallenden Kot aus Ausläufen fern zu halten. Zusätzlich sollte auf die eigene Hygiene besonders geachtet werden. Im Idealfall wechselt auch der Kleine Hobbyhalter sein Schuhwerk und seine Klamotten beim Betreten von seinem Geflügelstall und Auslauf. Bei der getrennten Haltung von Wassergeflügel und sonstigem Geflügel sollte jeweils individuelle Kleidung und Schuhwerk getragen werden.


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MSD Tiergesundheit präsentierte neue Daten im Rahmen der Entwicklung einer Behandlung gegen Cryptosporidium parvum

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MSD Tiergesundheit präsentierte neue Daten im Rahmen der Entwicklung eines Impfstoffes zur Reduktion von C. parvum-Infektionen auf dem „European Buiatrics Congress“ und dem „ECBHM Jubilee Symposium 2023“ in Berlin. Der Gp40-Antigen-Impfstoff löst bei trächtigen Kühen eine Immunantwort gegen Cryptosporidium parvum aus, um ihre neugeborenen Kälber durch Antikörper im Kolostrum zu schützen. Die kombinierten Studienergebnisse stellen weltweit den ersten wirksamen maternalen Impfstoff gegen C. parvum dar.

MSD Tiergesundheit stellte auf dem „European Buiatrics Congress“ und dem „ECBHM Jubilee Symposium 2023“ (EBC 2023) neun neue Studien vor, einschließlich entscheidender Feldstudiendaten zur Bewertung der Wirksamkeit eines experimentellen Impfstoffs zum Schutz gegen Cryptosporidium parvum (C. parvum) bei neugeborenen Kälbern.

„Cryptosporidium parvum ist ein hochinfektiöser zoonotischer Parasit, der mit Neugeborenendurchfall bei Kälbern in Verbindung gebracht wird, eine der Hauptursachen für hohe Morbiditäts- und Mortalitätsraten bei Kälbern. Es besteht ein dringender Bedarf, diese gefährliche Infektion zu behandeln und vorzubeugen“, sagt Dr. Geert Vertenten, Global Technical Director of Ruminant Biologicals bei MSD Animal Health. „Die Daten, die wir auf dem European Buiatrics Congress 2023 präsentieren, unterstützen nachdrücklich die Weiterentwicklung eines Gp40-basierten Impfstoffs, der die Entwicklung von C. parvum bei neugeborenen Kälbern hemmt.

Der erste Datensatz, der auf dem EBC 2023 vorgestellt wird, evaluiert einen experimentellen Cryptosporidien-Impfstoff zum Schutz vor C. parvum Infektionen bei neugeborenen Kälbern durch passive Immunisierung. In der Studie erhielten gesunde tragende Färsen im letzten Trächtigkeitstrimester den experimentellen Cryptosporidien-Impfstoff. Nach der Geburt wurde Kolostrum von geimpften Färsen gesammelt und den lebensfähigen neugeborenen Kälbern verabreicht. Das Kolostrum wurde bis zu vier Stunden nach der Geburt verabreicht, bevor die Kälber bis zu vier Stunden später C. parvum-Oozysten ausgesetzt wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass neugeborene Kälber, die mit Kolostrum von mit Cryptosporidien geimpften Färsen gefüttert wurden, ein deutlich geringeres Risiko hatten, an Durchfall zu erkranken, gemessen an den erhobenen Gesundheits- und Durchfallscores.

MSD Tiergesundheit wird demnächst eine zweite Reihe von Untersuchungen vorstellen, die die Antikörperreaktion des gleichen Cryptosporidien-Impfstoffs bei Rindern in Bezug auf parasitäre Infektionsstadien von C. parvum und ein In-vitro-Infektionsmodell untersuchten. Die Ergebnisse zeigen, dass die Titer von In-vitro neutralisierenden Gp40-Antikörpern bei Tieren, denen der Cryptosporidien-Impfstoff verabreicht wurde, im Vergleich zur nicht geimpften Kontrollgruppe, deutlich erhöht war. Diese Daten bestätigen auch, dass Gp40 ein wichtiges Protein ist, das auf der Außenseite verschiedener C. parvum-Infektionsstadien exprimiert wird.

„Wir von MSD Tiergesundheit sind führend beim Schutz von Rindern vor den häufigsten und schwerwiegendsten Krankheitserregern und bieten Lösungen für das gesamte Herdenmanagement an, um das Tierwohl und die betriebliche Effizienz zu verbessern. Diese Verantwortung beginnt damit, dass wir denjenigen, die für das Gesundheitsmanagement von Rinderherden sorgen, die nötigen Instrumente an die Hand geben, um die Tiere gesund zu halten und die Notwendigkeit von Behandlungen zu minimieren“, sagt Dr. Philippe Houffschmitt, Associate Vice President of the Global Ruminant Business bei MSD Animal Health. „Wir freuen uns, unsere neuesten Forschungsergebnisse zur C. parvum-Prävention vorzustellen. Wir hoffen, dass sie den wachsenden Bestand an wissenschaftlichen Erkenntnissen ergänzen und Rinderhaltern dabei helfen, bessere Entscheidungen über Gesundheitsinterventionen für Tiere zu treffen.

Die vollständigen Daten aus beiden C. parvum-Studien werden im Anschluss an den Kongress in der Zeitschrift „Vaccine“ oder „Veterinary Vaccine“ veröffentlicht.
Eine vollständige Liste der Vorträge von MSD Tiergesundheit auf dem EBC 2023 umfasst:

Oral presentations
Donnerstag, 24. August:
• Serologic predictors for pneumonia in male dairy veal calves

Freitag, 25. August:
• Main bovine respiratory infectious agents identified on stethoscopes and boots from 12 rural veterinary clinics
• Effect of on-arrival BRD vaccination on ultrasound confirmed pneumonia and production parameters in male dairy calves: a randomized clinical trial
• Motivation of dairy farmers to engage in primary prevention: current situation, drivers and perceived constraints

Samstag, 26. August:
• The effect of communication training on veterinarians’ communication and motivational interviewing skills assessed by herd health recordings

Poster presentations
• Are Bovine Respiratory Syncytial Virus (BRSV) vaccine strains still aligned with circulating BRSV strains
• Intranasal vaccination of calves at day of birth with a live attenuated vaccine against BRSV and PI3 and a live attenuated vaccine against respiratory coronavirus
• Can serology help to identify the risk of Mannheimia haemolytica outbreaks in adult dairy cows?
• Prevalence of bovine coronavirus on farms with respiratory disease in Northwestern Germany
• Prevalence, Biosecurity and Risk Management of Bovine Coronavirus Infections on Dairy Farms in Europe
• The effect of colostrum supplementation during the first 5 days of life on calf morbidity, enteric pathogens, weight gain and immunological response
• Mannheimia haemolytica vaccination of breeding goats to enhance the transfer of passive immunity against pneumonic pasteurellosis
• The first efficacious cryptosporidium vaccine protecting new-born calves
• Bovine anti-gp40 antibodies neutralize Cryptosporidium infections in-vitro and are reactive with different Cryptosporidium stadia
• Postpartum excretion of internal teat selant after selective dry cow therapy

Quelle: MSD Tiergesundheit

NEU: Das Top-Hygienepulver mit Eukalyptus-Aroma

Natürliche Reduzierung der Keimbelastung in Schweine- und Kuhställen / Minderung von Eigengerüchen bei unterschiedlichen Herden und Würfen / sehr gute Hautverträglichkeit für Mensch und Tier – trotz hoher Alkalität / behördlich geprüft/*

Die Hufgard GmbH stellt jetzt erstmals mit „DESICAL® plus ODORO“ ein Hygienepulver mit Eukalyptus-Aroma zur Keimreduzierung in Kuh- und Schweineställen vor. Das Produkt ist natürlich trotz hoher Wirksamkeit.

Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK) bestätigt die gute Hautverträglichkeit unter Praxisbedingungen.

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DESICAL® plus ODORO reduziert die Keimbelastung im Kuh- und Schweinestall auf natürliche Weise. Das Biozidprodukt trägt zur Entlastung der Atemwege und zur Geruchsneutralisierung in Ställen bei. So hilft es beispielsweise bei der Reduzierung des Eigengeruches der Ferkel aus unterschiedlichen Würfen oder in der Rinderhaltung. „DESICAL® plus ODORO eignet sich optimal als Hygienestreu in der Bullenmast, wenn unterschiedliche Kälber aus verschiedenen Ställen zusammenkommen“, erläutert Frank Blecher, Vertriebsleiter von DESICAL. Hier bringt DESICAL® plus ODORO gleich mehrere Vorteile: Eine Minderung von Gerüchen, eine positive Hygienewirkung und eine bessere Darmflora der Tiere durch die Reduktion gängiger Darmbakterien. Das neue Hygieneprodukt besteht ausschließlich aus hochwertigen Komponenten, wie beispielsweise Tonmehle aus regionalen Vorkommen. Dabei hat es eine sehr gute Hautverträglichkeit für Mensch und Tier – trotz hoher Alkalität.

Behördlich geprüft
Der Schweinegesundheitsdienst der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK) bestätigt die gute Hautverträglichkeit von DESICAL® plus ODORO. Durch den Schweinegesundheitsdienst erfolgte ein Besuch vor und drei Besuche nach dem Abferkeln der Versuchs- und Kontrollgruppen. Die Sauen und Ferkel wurden anhand eines einheitlichen Erhebungsbogens untersucht und mit einem Scoresystem beurteilt. Bei der vierwöchigen Anwendung von DESICAL® plus ODORO als Hygienestreu im Abferkelstall konnten unter Praxisbedingungen keine negativen Einflüsse auf Haut und Gesäuge von 29 Sauen und 363 neugeborenen Ferkeln festgestellt werden. Kleinere Verletzungen, wie beispielsweise Kratzer am Gesäuge der Sau, heilten zügig ab.

DESICAL® plus ODORO ist ab sofort in 1.000 kg und 400 kg BigBags
erhältlich. Die Anwendungsberatung und der Vertrieb erfolgt über die
Hufgard GmbH in 63768 Rottenberg (Tel.: +49-(0)60 24-67 39-0 und E-Mail:
info@desical.de).

Weitere Informationen auch online unter www.desical.de.

Auf Grund der mangelnden Umsetzung ihrer Empfehlungen seitens der Politik löst sich die Borchert-Kommission auf

In einem Statement vom 22.08.2023 hat das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung, die sogenannte Borchert-Kommission, bekannt gegeben, ihre Arbeit niederzulegen. Dem Netzwerk war es 2020 gelungen, erstmalig ein Gesamtkonzept für den Umbau der deutschen Tierhaltung hin zu einem höheren Tierwohlniveau vorzulegen.

Die Empfehlungen des Gremiums, bestehend aus Vertretern der konventionellen und ökologischen Landwirtschaft, Umweltverbänden, Wissenschaft und Wertschöpfungsketten, finden seitens der Politik keine Beachtung. Trotz erster Schritte in Bezug auf Änderungen im Bau- und Umweltrecht, sei ein für die Umsetzung notwendiger Durchbruch im Bundeshaushalt 2024 nicht erkennbar, so die Borchert-Kommission im gestern veröffentlichten Statement.

WLV-Präsident Hubertus Beringmeier bedauert die Auflösung:
„Die Borchert-Kommission hat erstmalig ein Gesamtkonzept für einen Umbau der Tierhaltung in Deutschland vorgelegt. Die Entscheidung zur Auflösung des Gremiums bedauere ich sehr, obgleich ich diesen Schritt nachvollziehen kann. Insbesondre die Frage der Finanzierung ist bis heute ungeklärt – besonders der Koalitionspartner FDP muss sich hier bewegen!“

Beringmeier sieht die Änderungen im Bau- und Umweltrecht als erste Schritte in die richtige Richtung – allerdings müsse die Frage der Finanzierung schnellst möglichst geklärt werden. „Als WLV standen wir von Anfang an hinter der ganzheitlichen Umsetzung der Empfehlungen der Borchert-Kommission – die Umsetzung dieser Empfehlungen muss auch nach Auflösung des Gremiums weiterhin verfolgt werden.“, so Beringmeier.

Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, kommentiert:
„Die Ergebnisse der Borchert-Kommission waren ein entscheidender Durchbruch, auch und gerade, weil sie von der gesamten Breite aller gesellschaftlichen Akteure im Agrarsektor getragen und erarbeitet wurden. Alte Gräben wurden überwunden, es wurde verantwortungsvoll um Kompromisse gerungen und ein tragfähiger Konsens zur „Nutztier“-Haltung der Zukunft erarbeitet.

Quellen:
Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband
Deutscher Tierschutzbund e.V.

Kälber haben andere Ansprüche als Jungrinder

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Von Dr. Julia Glatz-Hoppe, Beraterin für Milchrindhaltung, Mecklenburg-Vorpommern

Wird die Milchproduktion in einem Betrieb ausgedehnt, werden in erster Linie Investitionen in neue, komfortable Kuhplätze getätigt und mehr Kühe gehalten. Zum einen werden zusätzliche Liegeboxen oder gar ein neuer Boxenlaufstall gebaut, zum anderen stehen Tiefstreulaufställe als Abkalbe- und Krankenställe zur Erweiterung an. Mit der Vergrößerung der Herde der laktierenden Kühe werden auch mehr Plätze für Trockensteher benötigt. Wird zum Beispiel als Betriebsziel genannt, 150 Kühe zu melken, dann bedeutet das, dass die gesamte Herde in etwa 175 Kühe groß ist, da ca. 13 bis 15 % der Tiere trockenstehen. Mit dem Wachstum der Herde steigt auch die Anzahl der Abkalbungen pro Jahr und in der Regel auch die benötigten Jungtierplätze für die eigene Nachzucht. Die Platzplanung für die Jungrinder und auch die Kälber steht jedoch oftmals hinten an und Handlungsbedarf erscheint erst erforderlich, wenn alle vorhandenen Ställe bereits voll belegt sind und Platzmangel herrscht.

Für die Haltung von Kälbern und Jungrindern lassen sich Altgebäude grundsätzlich gut nutzen, wenn sie auf die Bedürfnisse der jeweiligen Tiergruppe angepasst werden. Während für heranwachsende und adulte Rinder keine detaillierten Haltungsvorschriften existieren, werden Mindestanforderungen an das Halten von Kälbern bis zum Alter von sechs Monaten in der Tierschutznutztierhaltungs-Verordnung (TierSchNutztV) formuliert. Dies resultiert unter anderem daraus, dass Kälber andere Ansprüche an ihre Haltungsumwelt haben als größere Rinder, die bereits vollständige Wiederkäuer sind. Kälber befinden sich zunächst noch in der Immunisierungsphase und werden erst allmählich zum Wiederkäuer.

Eine wichtige Mindestanforderung der TierSchNutztV, die zunächst nicht besonders schwer einzuhalten scheint, kann aber je nach Situation in Altgebäuden zum begrenzenden Faktor werden: Es wird gefordert, dass bei einer möglichst gleichmäßigen Verteilung im gesamten Aufenthaltsbereich der Kälber eine Lichtstärke von mindestens 80 Lux für mindestens zehn Stunden täglich dem Tagesrhythmus angeglichen erreicht wird. Um das zu gewährleisten, sind ausreichende lichtdurchlässige Flächen sowie künstliches Licht für die dunkle Jahreszeit vorzusehen. Diese Forderung ist sicherlich als ein Mindestmaß an zu sehen, da eine Lichtstärke von 80 Lux zum Beispiel für das menschliche Empfinden nicht einmal für längeres Lesen ausreichend ist und eher dämmerig erscheint. Eine erfolgreiche Kälberaufzucht wird in offenen helleren Ställen einfacher, denn Licht hat viele positive Wirkungen und fördert zum Beispiel Aktivität, Wachstum und Futteraufnahme. Zudem ist eine gute Beleuchtung für die Tierkontrolle zwingend.

Aus arbeitswirtschaftlichen und hygienischen Gründen ist die gängige Beratungsempfehlung, Kälber in den ersten 1 bis 2 Lebenswochen einzeln zu halten.


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Precision Livestock Farming in der Milchviehhaltung: Ein Überblick

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Von Dr. Joachim Lübbo Kleen, CowConsult

Digitalisierung, Big Data – das sind Schlagworte, die seit einigen Jahren auch mit der Milchviehhaltung in Verbindung gebracht werden. Nicht nur in der Fachpresse, auch in der allgemeinen Berichterstattung wird die zunehmende Verbreitung von Informationstechnologie auf Betrieben wahrgenommen. Nach einer Umfrage des Branchenverbandes Bitkom (Bitkom e.V. 2020) nutzen etwa 80 % der deutschen Landwirte in irgendeiner Form digitale Technologien. Es ist also angebracht, eine Übersicht über den aktuellen Stand des „Precision Livestock Farming“ in der Milchviehhaltung zu erhalten.

Mit „Digitalisierung“ wird eine Vielzahl unterschiedlicher Vorgänge beschrieben und es lassen sich zahllose Definitionen für diesen Begriff finden. Digitalisierung wird in der Nutztierhaltung häufig im Zusammenhang mit Sensortechnik, elektronischer Datenverarbeitung oder Autonomen Systemen wie Melkrobotern verwendet. Zunehmend wird hierfür der Oberbegriff des „Precision Livestock Farming“ (PLF) (Berckmans 2008) genutzt, der diese und andere Komponenten zusammenfasst. Unter PLF ist zu verstehen, dass Systeme wie Roboter und Sensoren zunehmend Daten erheben, welche durch standardisierte Rechenoperationen (Algorithmen) verarbeitet werden. Die Ergebnisse der Algorithmen deuten auf Veränderungen hin (z.B. sogenannte „Alarme“), diese dienen dann als Grundlage für Entscheidungen. Der Unterschied zur traditionellen, retrospektiven Entscheidungsfindung liegt hierbei in der unmittelbaren Verfügbarkeit und Verarbeitung von Daten, der Integration von Daten verschiedener Quellen und der daraus folgenden unmittelbaren Umsetzung einer Entscheidung.

Sensoren
Ein „Sensor“ ist ein „Messfühler“, der physikalische Werte erfasst und messen kann. Mit „Sensor“ wird im Bereich der Milchviehhaltung vor allem der Bereich der automatischen Brunsterkennung verknüpft; diese Anwendung ist verbreitet und der praktische Nutzen gut belegt. Beispielhaft sei hier die Arbeit von (Kempf 2016) erwähnt, in der von einer Brunsterkennungsrate von 95 % durch das Sensorsystem und einer Überlegenheit gegenüber visueller Brunstbeobachtung berichtet wird. Aber auch andere Parameter können durch Sensoren mittlerweile erfasst werden, auch wenn nicht alle Systeme schon marktreif sind. Ein biologischer Parameter kann hierbei durchaus durch unterschiedliche Sensortypen erfasst werden. Beispielhaft sei hier die Wiederkauaktivität genannt: Um das Wiederkauen der Tiere zu erfassen, können Beschleunigungssensoren (Reiter et al. 2018), Drucksensoren (Shen et al. 2020) oder Mikrofone (Vanrell et al. 2018) verwendet werden. Knight (2020) teilt die verfügbaren Sensorsysteme ein in „Systeme an der Kuh“ (z.B. Beschleunigungssensoren, ruminale pH-Meter), „Kuh-nahe Sensoren“ (z.B. Kameras oder Mikrofone) und „Kuh-ferne Sensoren“ (z.B. Analysevorrichtungen für Biomarker in der Milch).

Die Algorithmen können durch entsprechende Prozesse des sogenannten „machine learning“ schließlich auf Basis von Datenmustern Ereignisse voraussagen, also beispielsweise das Risiko für eine klinische Mastitis errechnen und Risikotiere anzeigen. Die Datenintegration kann aber auch sensor-unabhängige Daten umfassen wie Milchmengenmessung, tierärztlich erhobene Befunde oder wirtschaftliche Rahmendaten. Von der Entscheidungsunterstützung ergebe sich hier der nächste Entwicklungsschritt zur Entscheidungsfindung („decision making“), bei der ein System die sich auf Basis der erhaltenen Informationen anbietenden Optionen wie Separierung, Behandlung, Besamung usw. dem Tierhalter anbiete oder sogar selbst umsetze, beispielsweise indem ein Besamungsauftrag bei festgestellter Brunst automatisch übermittelt oder ein Tier durch Programmierung der Tierseparation in eine andere Gruppe überführt werde. Diese Stufe kann als vollständige Umsetzung des Konzeptes des PLF verstanden werden: Die Sensoren sind hierbei lediglich Lieferanten von Information, welche dann von Algorithmen ausgewertet und mit anderen Informationen verknüpft wird. Es ist aber festzustellen, dass derzeit kein Sensorsystem für sich allein eine volle Ausschöpfung der theoretischen Möglichkeiten erreicht. Anwender sind also vorerst auf eine Kombination von Systemen angewiesen, sollten sie eine vollständige Überwachung und Steuerung der Milchviehherde anstreben.

Algorithmen
Unter „Algorithmus“ wird ein „Rechenvorgang nach einem bestimmten [sich wiederholenden] Schema“ (Duden 2021b) verstanden. Ein Algorithmus ist also ein standardisierter, iterativer Vorgang, der dazu dient, Informationen mittels eines festgelegten Prozesses zu Aussagen zu verarbeiten. Wie bereits erwähnt, dienen Algorithmen im Rahmen des PLF dazu, aus Sensordaten oder anderen Informationen, wie z.B. Lebensereignissen der Kuh, anwendbare Informationen zu schaffen.


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Wie Bürgerbeteiligung (nicht) funktioniert – Bürgerrat Ernährung III

Über Formen deliberativer Demokratie ist schon viel philosophiert und diskutiert worden. Auch der damalige Wissenschaftliche Beirat des BMEL hat in seinem Gutachten 2015 deliberative Formate zur Ermittlung gesellschaftlich akzeptierter Formen der Nutztierhaltung vorgeschlagen (S. 274 ff.). Als ein Bespielt wird dort Kanada genannt, wo „über 400 Personen in zehn unabhängigen Web-Foren über die Frage der Freilandhaltung von Milchkühen diskutiert“ haben.

Weitere Beteiligungsformen reichen von Townhall-Meetings mit hunderten Personen bis zur „Grand Dèbat“ in Frankreich mit 10.134 lokalen Treffen, 27.374 eingegangenen Briefen und E-Mails und 1.932.884 Online-Beiträgen. In Frankreich ging es allerdings um viele Themen, nicht nur um die Milchkühe.

Im deutschen „Bergerrat Ernährung“ sollen nun 160 Menschen über neun hochkomplexe Themen diskutieren und haben dafür drei Wochenenden und sechs Online-Sitzungen Zeit. Ein mehr als sportliches Programm. Nein, sogar ein in höchstem Maß fahrlässiges Vorhaben.

Zu den bisher beteiligten Beiräten und der Bürgerauswahl habe ich mich bereits hier und hier geäußert. Nachdem nun der Entwurf eines Detailkonzepts vorliegt, muss ich die Kritik auf das gesamte Prozedere ausweiten. Die Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats sollen nämlich nicht nur 2-3 Experten für jedes Thema benennen, sondern es sollen zusätzlich bei allen Sitzungen Faktenchecker anwesend sein.

Diese „beschaffen und erläutern Wissensbestände zu neu entstandenen Informationsbedarfen. Auf Anforderung prüfen sie die sachliche Richtigkeit von Fakten, auf die sich die Argumentationen der Kleingruppen beziehen, und beschaffen sie Informationen zu neu entstandenen Wissensbedarfen.“

Für die Checker-Rolle werden „vorzugsweise fachlich ausgewiesene Angehörige des wissenschaftlichen Mittelbaus von Universitäten bzw. Doktorandinnen und Doktoranden angesprochen. Einzelne Faktencheckerinnen und Faktenchecker sollten zudem einen juristischen Hintergrund mitbringen“.

Nicht genug damit, dass also zwei Dutzend Experten gefunden werden müssen. Es kommt ein weiteres Dutzend Faktenchecker mit Mehrfach-Kompetenzen hinzu.

Alle zusammen sollen dann noch ihr Wissen allgemeinverständlich, ohne Fremdwörter mit didaktischem Talent vermitteln können. Wer – um Himmels Wilen – soll all diese Kriterien bei der Auswahl geeigneter Personen berücksichtigen können?

Noch fragwürdiger wird es dann durch den Verweis auf das „Feedback vorangegangener Bürgerräte, bei denen die Teilnehmenden zum Teil von der Masse und der Flughöhe des Inputs überwältigt waren. Die Prozesse wurden teilweise als verschult empfunden.“

Als Lösung hierfür wird präsentiert: „Die Arbeit am Thema soll daher mit dem Wissen und den Interessen der Teilnehmenden beginnen und nicht mit dem Input durch Expertinnen und Experten.“ Und anschließend eingestanden: „Durch das offene Prozessdesign und die Mitgestaltung der Bürgerinnen und Bürger können möglicherweise nicht alle Fragen, die dem Bürgerrat mit dem Einsetzungsbeschluss gestellt worden sind, beantwortet werden.“

Sollte der gesamte Prozess mit Ernsthaftigkeit durchlaufen werden, ist zumindest Letzteres garantiert!

Von der Komplexität der neun anstehenden General-Themen hat sicher jede und jeder eine gewisse Vorstellung. Im Fall der Nutztierhaltung erlaube ich mir die Schätzung, dass ein Vielfaches der eingeplanten Zeit nötig wäre, um nur diesen einen Bereich zu beleuchten und dass eine Masse Input und eine gewisse Flughöhe ganz unvermeidlich wären. Wie könnte es bei den weiteren acht Bereichen anders sein?

Um Bürgermeinungen zu solch hochkomplexen Dingen wie Umwelt, Klima, Nachhaltigkeit, Preisbildung und Nahrungsmittelproduktion zu ermitteln, bräuchte es mehr als einen Bürgerrat. Ein komplett anderes Konzept wäre vonnöten.

Ein Kommentar von Thomas Wengenroth

Teil I der Kritik (am Wissenschaftlichen Beirat) finden Sie hier und Teil II (an der Auswahl der Kandidaten) hier.

QS-Zahlen belegen sinkende Antibiotikagaben – Rückgang unabhängig von sinkenden Tierzahlen

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Tierärzte und Tierärztinnen verschrieben 2022 in QS-Schweine haltenden Betrieben deutlich weniger Antibiotika als noch im Vorjahr. Dies ergibt die aktuelle Auswertung des Antibiotikamonitorings für Schweine haltende Betriebe im QS-System. Im Vergleich zum Jahr 2021 sank die verabreichte Menge im Jahr 2022 bei Mastschweinen um knapp 14 Prozent, bei Sauen um 9 Prozent, bei Saugferkeln um 8 Prozent und bei Aufzuchtferkeln sogar um 20,5 Prozent.

Der Antibiotika-Therapieindex im QS-System kennzeichnet zweimal jährlich die durchschnittliche Anzahl der Behandlungseinheiten je Tierplatz in einem Halbjahr. „Damit setzen wir die durchschnittliche Anzahl an Tieren auf dem jeweiligen Betrieb ins Verhältnis zur de facto verabreichten Antibiotikamenge“, erläutert Sabrina Heß, Teamleiterin Tiergesundheit bei der QS Qualität und Sicherheit GmbH (QS) den Unterschied zwischen den QS-Daten und den staatlichen Angaben, in denen die Gesamtmenge der verkauften Antibiotika an alle Veterinäre (Groß- und Kleintierpraxen) festgehalten wird. „Die QS-Zahlen aus dem Jahr 2022 zeigen, dass die Rückgänge bei den Antibiotikamengen nicht auf geringere Tierbestände zurückzuführen sind. Diese Zahlen sprechen für die Erfolge bei der Bestandsbetreuung, durch die sich die Antibiotikaabgabe je Tier verringert hat, unabhängig von den Bestandszahlen.“

Seit über zehn Jahren wertet QS die tatsächlich verabreichten Antibiotikamengen in den QS-Betrieben aus. Über die QS-Datenbank stellt QS damit nicht nur dem jeweiligen Betrieb regelmäßig einen validen Überblick über die Tiergesundheit in seinem Bestand zur Verfügung, sondern kann auch allgemeine Tendenzen im Verschreibungsverhalten der Nutztierpraktiker verifizieren: Innerhalb der letzten 10 Jahre hat sich demnach der Einsatz von Antibiotika im QS-System nahezu halbiert und auch die aktuellen Zahlen des Therapieindex Schwein zeigen, dass sich dieser Trend weiter fortsetzt.

Quelle: QS Qualität und Sicherheit GmbH

Veganer und Vegetarier verzweifelt gesucht – Bürgerrat Ernährung II

Auf der Bundestags-Website zum Bürgerrat „Ernährung im Wandel: Zwischen Privatangelegenheit und staatlichen Aufgaben“ heißt es:

„Die Teilnehmer des Bürgerrats werden per Zufallsprinzip ausgewählt (…). Bei der Zusammensetzung soll darauf geachtet werden, dass die Bürger je nach Alter, Geschlecht, regionaler Herkunft, Gemeindegröße und Bildungshintergrund fair beteiligt werden“.

„Zudem soll der Anteil der sich vegetarisch oder vegan ernährenden Personen an der Bevölkerung im Bürgerrat abgebildet werden“.

Tabellen zum BMEL-Ernährungsreport 2021, Seite 24

In die repräsentativen Samples, die in die Verlosung kamen, wurden dann 2 % Veganer und 10% Vegetarier aufgenommen, d. h. von 160 Bürgerräten sollen sich 19 fleischlos ernähren. Als Quelle für diesen Anteil wird der Ernährungsreport 2021 des BMEL genannt, der 2% Veganer und 10% Vegetarier ermittelt hat. Der Report stammt noch aus der Amtszeit von Julia Klöckner und wurde am 10. 2. 2021 veröffentlicht.

Es gäbe allerdings auch einen Ernährungsreport 2022, der am 4. 4. 2022, also in der Amtszeit von Cem Özdemir, veröffentlicht wurde. Warum wurde dann nicht auf aktuellere Zahlen zurückgegriffen?

Tabellen zum BMEL-Ernährungsreport 2022, Seite 27

Ein Blick auf die Ergebnisse von 2022 hilft weiter: Die Zahl der Veganer hat sich gegenüber dem Vorjahr  halbiert, die der Vegetarier ist um 30% gesunken. In die Samples dürften demnach statt 19 nur 13 Fleischlos-Esser aufgenommen werden.

Wer macht sich hier die Welt wie er sie bestellt?

Den ersten Kommentar zu den Mitgliedern des Wissenschaftichen Beirats finden Sie hier. Teil III der Kritik (am Grund-Konzept) finden Sie hier.