Fokus Schwein 2018: Herausforderungen angehen und meistern – Trend zu mehr Tierwohl nimmt weiter Fahrt auf

Bild von links nach rechts: Dr. Lutz Wagner, Dr. Gereon Schulze Althoff, Dr. Jörg Bauer, Dr. Ludger Breloh, Dr. Dirk Hesse, Bernd Bröring (Quelle Werkbild)

Die beliebte Veranstaltung „Fokus Schwein“ ließ weit über 400 Zuhörer auf Einladung der BRÖRING Unternehmensgruppe aus Dinklage am 25. September nach Twistringen im Landkreis Diepholz reisen, um sich über aktuelle Themen der Schweineproduktion auszutauschen. Aufgrund vieler ungelöster Probleme wie u.a. die Ferkelkastration, Afrikanische Schweinepest und dem Kastenstand der Sauen sieht die Schweinebranche der Zukunft derzeit mit gemischten Gefühlen entgegen. Doch Bernd Bröring, geschäftsführender Gesellschafter des Familienunternehmens, konnte hochkarätige Referenten aus Wissenschaft und Praxis begrüßen, die den Landwirten Mut machten, die Herausforderungen zu meistern.

Deutsche Schweineproduktion schützen
Dr. Ludger Breloh, Bereichsleiter Strategie & Innovation im Agrarsektor der REWE Group, sieht in der Einführung der freiwilligen Haltungskennzeichnung in 4 Stufen durch den Lebensmitteleinzelhandel (LEH) eine gute Möglichkeit, die Forderung der Verbraucher nach mehr Tierwohl umzusetzen. Seiner Meinung nach muss das Fleisch aus den Stufen jeweils teurer werden als die vorherige Stufe, ein Verramschen des Fleisches dürfe nicht passieren. „Anhand des Preises muss der Verbraucher unsere Mehranstrengung in Richtung Tierwohl erkennen können, sonst macht sich die ganze Branche unglaubwürdig.“ Hinsichtlich des noch immer ungelösten Problems der Ferkelkastration gab Dr. Breloh zu, dass die Branche die Landwirte darüber im Unklaren gelassen habe, wie dieses Problem gelöst werden kann. Um die deutsche Schweinehaltung zu schützen, wäre für ihn auch ein praktikabler Weg, das privatwirtschaftliche QS-Siegel so zu verändern, dass nur noch Fleisch, welches nach deutschem Recht produziert wurde, das QS-Siegel tragen dürfe. Auch ein konsequentes 4xD, also Ferkel geboren, aufgezogen, gemästet und geschlachtet in Deutschland könnte eine Lösung sein, um die Auswirkungen der EU-weit uneinheitlichen Regelung in der Ferkelkastration für die deutschen Landwirte auszugleichen.

Mehrkosten für Tierschutz auf Verbraucher umlegen
Auch das Problem Afrikanische Schweinepest (ASP) – besonders seit den aktuellen ASP-Wildschweinfunden in Belgien – ist eine Bedrohung für die deutsche Schweineproduktion, erklärte Dr. Gereon Schulze Althoff, Leiter Qualitätsmanagement und Veterinärwesen bei der Tönnies Gruppe. „Wir arbeiten gerade mit Hochdruck daran, dass im Falle eines ASP-Nachweises in Deutschland der Export weitergehen kann. Einige Länder wie z.B. die EU, USA und Kanada haben damit kein Problem, aber Japan, Korea und China müssen wir noch überzeugen.“ Hinsichtlich der Ferkelkastration wäre Tönnies glücklich über eine Fristverlängerung, damit vor allem der sogenannte 4. Weg, also die Lokalanästhesie, bis zur Praxisreife gebracht werden kann. „Der 4. Weg wäre für uns gut, weil die Ebermast und Improvac es nötig machen, weiterhin geruchsauffällige Eber am Schlachtband erkennen zu müssen, was sehr aufwändig ist. Zudem können wir mit Improvac geimpfte Tiere nicht in jedes Land exportieren.“ Die Warenströme nach unterschiedlichen Kriterien zu trennen wie den Haltungskompassstufen 1 bis 4 und dann auch noch nach mit und ohne Improvac geimpften Tiere sei eine große logistische Herausforderung und auch mit Mehrkosten verbunden. Da derzeit die Kosten für mehr Tierschutz nur über die Vermarktung der Edelteilstücke im LEH zu decken sind, plädierte auch Dr. Gereon Schulze Althoff dafür, zukünftig auch für mehr Glaubwürdigkeit die Kosten an den Verbraucher weiterzugeben.

Xaletto – Der Stall der Zukunft?
Was es mit der Weltneuheit „Xaletto“ auf sich hat, stellte Dr. Dirk Hesse von Agrikontakt vor. Der Begriff Xaletto steht für ein neues Strohstall-Haltungskonzept in Warmställen, entwickelt von Big Dutchman und Bröring, die dem artgerechten Verhalten der Tiere wie Wühlen und Kauen entgegenkommt und dabei auch noch den Mistanfall reduziert, was positiv für die neue Dünge-Verordnung ist. „Basis des Verfahrens sind eine spezielle Lüftung, ein auf das System zugeschnittenes Futter und ein Rotte-Aktivator. Das System kann in der Ferkelaufzucht und der Schweinemast angewendet werden – sowohl in bestehenden Ställen also auch in Neu- oder Umbauten. Das Xaletto-Konzept beendet die üblichen Geruchsbelästigungen, denn es fällt keine Gülle an und der Mist ist ein wertvoller Dünger oder sogar umweltfreundlich kompostierbar.“ Die Klimasteuerung des Stalles wird so programmiert, dass sie immer eine bestimmte Menge Wasser dem Rottematerial entzieht. Damit wird verhindert, dass das Material verklumpt. Die Schweine zerwühlen und zerkauen dann das Rottematerial, was die Tiere entspannt und beschäftigt. Langjährige Tests in einem Praxisstall ergaben, dass die Wirtschaftlichkeit mit 380 Euro je Mastplatz gegeben ist, da trotz höherer Strohkosten die Gebäudehülle günstiger ist. Schon rund 6000 Tierplätze werden wirtschaftlich überaus erfolgreich nach dem Xaletto-Prinzip geführt. „Je Stallplatz liegen wir 20 % günstiger als bei herkömmlichen Stallungen. Durch die Rotte haben wir weniger Mistanfall und dieser Mist kann später in einer nachgeschalteten Kompostierung zu einem wertvollen hygienisierten Substrat weiterverarbeitet werden“, so Dr. Hesse. Bei Interesse an einer Xaletto-Stallbesichtigung steht die Firma Bröring zur Verfügung. Auf der EuroTier kann sich über Xaletto, dem wirtschaftlichen Gesamtsystem für die tier- und umweltgerechte Schweinehaltung auf Stroh, am Stand von Big Dutchman informiert werden.

Entscheidungsfreudig sein
Der ehemalige Bundesliga-Schiedsrichter und Trainer für Führungskräfte Dr. Lutz Wagner ermunterte schließlich dazu, nicht zu zögern, sondern Entscheidungen zu treffen. „Es werden leider heute viel zu wenige Entscheidungen getroffen. Aber keine Entscheidung zu treffen hinterlässt ein Vakuum, das ist nicht gut.“ Er empfahl, ein gutes Klima schon vor dem Entscheidungsprozess herzustellen, sich immer gut vorzubereiten und Beweisketten stets gründlich zu Ende zu denken. Es gäbe je nach Problem ein Zeitfenster, das zu treffen das Ziel sein müsse, damit die Entscheidung glaubwürdig ist. Der Schweinebranche empfahl er, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden, nämlich dass die Schweineproduktion in Deutschland erhalten bleibt, und für dieses Ziel miteinander einzustehen.

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