Der Anfang entscheidet: Erfolgreiche Kitz- und Jungtieraufzucht

Von Andreas Kern, Bioland e.V., Fachberatung Schaf- und Ziegenhaltung

Das Einkommen eines Ziegenhalter-Betriebs wird zum großen Teil von der Milch- und Lebensleistung seiner Tiere beeinflusst. Dementsprechend wird ihnen besonders viel Aufmerksamkeit gewidmet. Die Lämmeraufzucht läuft teilweise eher nebenher. Diese Einstellung ist aber zu kurzfristig gedacht, denn was man anfangs bei der neuen Generation versäumt, kann später nur schwer nachgeholt werden. Die Ziegenlämmeraufzucht ist für den langfristigen Betriebserfolg entscheidend.

Gleich nach der Geburt und in den ersten Lebenswochen wird die Grundlage für die Zellausstattung der Organe gelegt. Die Entwicklung der Kitze in dieser Zeit ist entscheidend für die spätere Leistungsveranlagung und Wachstumskapazität. Eine unzureichende Fütterung oder Krankheiten in den ersten Lebenswochen haben einen lebenslangen negativen Effekt auf die Leistung der Tiere. Die Tiere können zwar eine unzureichende körperliche Entwicklung im Laufe der Zeit ausgleichen. Aber dieses ausgleichende Wachstum erhöht die Veranlagung zur Speicherung von Körperfett und daraus folgend zu Stoffwechselproblemen. Darum sollte man in diesem Zeitraum alles daran legen, das volle Wachstumspotential des Lamms auszuschöpfen.

Immunschutz durch Biestmilch
Für den besten Start ins Ziegenleben ist die Versorgung mit Biestmilch ausschlaggebend. Die Schlagworte sind dabei „schnell“, „viel“ und „gut“, im Englischen auch als 3Q-Regel bekannt: „Quality, Quantity, Quickly“.

Allgemein bekannt ist, dass die Biestmilch schnell verabreicht werden muss, um eine größtmögliche Aufnahme von Immunglobuli zu gewährleisten. Neben einer schnellen Versorgung hat hierfür Qualität und Quantität der Biestmilch eine wichtige Bedeutung: Je mehr aufgenommen wird, und je besser die Qualität ist, desto länger hält der passive Schutz vor und umso geringer fällt die Lücke bis zum Aufbau des aktiven Immunschutzes aus. Qualität und Quantität der Biestmilch werden vor allem durch die Fütterung der Milchziegen vom Decken bis zum Ablammen beeinflusst.
Lämmer kommen ohne Immunsystem zur Welt. Deswegen ist die maternale Immunität so wichtig, die relativ schnell über die Biestmilch aufgebaut wird. Das Lamm beginnt zwar sofort sich aktiv mit seiner Umwelt auseinanderzusetzen und ein eigenes, aktives Immunsystem aufzubauen, aber dieser Prozess braucht seine Zeit. Wenn die maternale Immunität nachlässt und der aktive Immunschutz noch nicht völlig aufgebaut ist, kann eventuell einige Wochen nach der Ablammung eine Lücke im Immunschutz entstehen. Fällt diese Lücke auf den gleichen Zeitpunkt wie das Absetzen der Kitze von der Milch, bzw. der Mütter, bedeutet dies zusätzlichen Stress für die Milchziegenlämmer, vor allem dann, wenn die Nährstoffversorgung der Kitze nach dem Absetzen nicht gesichert und altersgerecht gestaltet ist. Dies kann zu Problemen wie z.B. Kokzidien führen.

Aus diesem Grund ist die Qualität und Quantität der Biestmilchversorgung so wichtig: Je besser diese ist, desto länger hält der passive Schutz vor und umso geringer fällt die Lücke aus. Wer in seinem Stall mit Kokzidien und Lungenerkrankungen bei den Lämmern zu kämpfen hat, sollte daher nicht nur die Symptome mit Medikamenten behandeln, sondern auch überprüfen, wo die Ursachen liegen, z.B. ob die Tiere ausreichend mit Biestmilch versorgt wurden.

Bedarfsgerecht füttern
Die Lämmeraufzucht beginnt bereits beim Decken der Muttertiere. Diese müssen in der optimalen Kondition zum Decken sein: Nicht zu mager und nicht zu fett, mit wenig Kraftfutter in der Ration. In dieser Zeit sollten die Tiere trainiert werden, ihren Bedarf hauptsächlich aus dem Grundfutter zu decken. Die Milchleistung ist zu diesem Zeitpunkt schon zurückgegangen. Um eine Verfettung vor der Deckzeit zu vermeiden, ist es sinnvoll, nur sehr verhalten Kraftfutter zu füttern, um eine energetische Überversorgung zu vermeiden und die Nährstoffe aus dem Grundfutter bestmöglich zu nutzen.

In der Niederträchtigkeit ist der Energiebedarf noch nicht besonders erhöht. Deswegen sollte zu diesem Zeitpunkt hauptsächlich Grundfutter zum Einsatz kommen. Eine ausreichende Eiweißversorgung ist sicherzustellen, damit die Milchleistung nicht negativ beeinflusst wird.

Die Trockenstehperiode beginnt im Optimalfall am Ende des dritten, zu Beginn des vierten Trächtigkeitsmonat. Die Trockenstehzeit sollte mindestens sechs bis acht Wochen andauern. Eine ausreichende Trockenstehdauer beeinflusst auch die Biestmilchqualität, ebenso wie eine ausreichende Nährstoffversorgung in der Hochträchtigkeit.


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