Am 10. Oktober 2024 fand in Ulm das Abschlusstreffen des Forschungsprojekts »Tierwohl-KI bei der Schlachtung« statt. Das Projekt, das in enger Zusammenarbeit zwischen der Tierwohl-KI UG, der Müller-Gruppe, der elanyo GmbH und dem Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT durchgeführt wurde, hat erfolgreich innovative Lösungen zur Verbesserung des Tierschutzes in Schlachtbetrieben entwickelt. Dabei steht der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zur automatisierten Überwachung von Schweinen im Fokus.
Das Projekt wurde vom Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz mit bis zu 1,5 Mio. Euro gefördert. Aktuell ist vorgesehen, die Tierschutzüberwachung mittels Videoaufzeichnungen in Schlachtbetrieben verpflichtend im Tierschutzgesetz des Bundes zu verankern. Das Forschungsprojekt leistet hier aktuell einen wichtigen Beitrag. Die Müller-Gruppe fungierte im Projekt als Pilotbetrieb, elanyo entwickelte die technische Plattform und Fraunhofer FIT die Datenmodelle.
Das Ziel des Projekts »Tierwohl-KI« ist es, mithilfe modernster videobasierter Objekterkennung Tierschutzverstöße in Echtzeit zu identifizieren. Der Einsatz von Deep-Learning-Methoden ermöglicht, zunächst im Bereich des Zutriebs von Schweinen zur Betäubung, das Erkennen von Schweinen, mit ihnen umgehenden Personen und spezifischen Objekten wie Treibpaddeln sowie die Analyse von Zuständen wie »liegend« oder »sitzend«. Dies unterstützt betriebsinterne Tierschutzbeauftragte und ggf. auch Behörden dabei, verdächtige Szenen gezielt zu überprüfen.
Einsatz der Technologie
Seit Anfang 2024 ist ein Prototyp im Schlachthof der Müller-Gruppe in Ulm im praktischen Einsatz. Die KI-basierte Plattform verbessert den Schutz der Tiere, indem sie automatisch Sequenzen mit erhöhtem Risiko für Tierschutzverletzungen zur Begutachtung durch Experten vorselektiert. Dies führt zu einer deutlichen Steigerung der Effektivität in der täglichen Überwachung, da gezielt relevante Szenen überprüft werden können und Zeitverluste durch Sichtung nicht tierschutzrelevanter Videoaufzeichnungen vermieden werden.
Technologische Highlights
Die Plattform umfasst mehrere Schlüsseltechnologien, darunter:
• Situationsbasierte Videoanalyse: Durch komplexe Algorithmen wie Tracking und Geschwindigkeitsberechnung können Bewegungsmuster von Schweinen analysiert und Anomalien wie Schläge erkannt werden.
• Audioanalyse: Eine Frequenzanalyse hilft, Schreie der Tiere zu erkennen und dadurch auf mögliche Tierschutzverstöße aufmerksam zu machen.
• Datenschutz: Eine automatisierte Verpixelung von Gesichtern gewährleistet die DSGVO-konforme Speicherung der Daten.
• Web-basierte Benutzeroberfläche: Diese wird von Tierschutzbeauftragten genutzt, um die vom System erkannten Situationen zu bewerten und entsprechende Maßnahmen einzuleiten.
Die Analysemodelle des Systems können kontinuierlich verbessert werden, indem Rückmeldungen der Nutzer und weitere Daten fortlaufend einbezogen werden.
Abschlussmeeting und Diskussion der Ergebnisse
Das Projektmeeting begann mit einer Vorstellung des entwickelten Produkts durch Lukas Gillmann von der Tierwohl-KI UG. Es folgten eine Live-Demo und eine detaillierte Diskussion über die weiteren Schritte, insbesondere im Hinblick auf den Einsatz der Technologie bei Ulmer Fleisch und die dafür erforderlichen Anpassungen. Ein wissenschaftlicher Rückblick beleuchtete zudem die in Fachpublikationen zusammengefassten Ergebnisse des Projekts.
Die Evaluation der Technologie hat gezeigt, dass der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Bereich Tierschutz zu einer signifikanten Verbesserung der Überwachung und der Einhaltung der Tierschutzvorgaben führt. Das Projekt bewegt sich derzeit auf einem Technology Readiness Level (TRL) von 7-8, was bedeutet, dass das prototypische System in einer operationalen Umgebung getestet wurde.
Zukunftsperspektiven
Das Projekt »Tierwohl-KI« hat gezeigt, dass Künstliche Intelligenz einen wesentlichen Beitrag zum Schutz von Nutztieren leisten kann. In den kommenden Monaten soll das System weiter optimiert und einsatzfähig gemacht werden. Ziel ist es, die Plattform als Standardwerkzeug in Schlachthöfen zu etablieren.
Quelle: Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT