Gesichert gesundes Krabbeln

Es ist Bewegung gekommen in unsere Eiweißversorgung – Bewegung auf sechs Beinen: Insekten sind eine Proteinquelle, die zu erschließen in jeder Hinsicht ressourcenschonender ist als herkömmliche Alternativen. Um die Sicherheit der Insektenzucht und ihrer Produkte zu gewährleisten, haben Fraunhofer-Forschende ein System entwickelt, das Krankheitserreger zuverlässig detektiert – umgehend, kostengünstig und automatisierbar.

Kleine Krabbler, großes Potenzial: Egal ob Grillen, Käfer oder Wanderheuschrecken, Insekten sind eine nachhaltige Alternative zu Proteinen aus Fleisch oder Fisch. Selbst wenn sie hierzulande kaum direkt konsumiert werden, können sie Nutztiere zu Land und zu Wasser mit wertvollen Proteinen versorgen –Insekten-Farmen benötigen deutlich weniger Wasser und Fläche und verwerten bei der Aufzucht bislang ungenutzte Nebenströme der Lebensmittelindustrie.

Doch wie alle Monokulturen ist auch die Zucht von Nutzinsekten anfällig für den Befall von Krankheitserregern. Um die Sicherheit der industriellen Produktion und ihrer Folgeprodukte zu garantieren, entwickelten Fachleute der Fraunhofer-Institute für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB und für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie IME im Fraunhofer-Leitprojekt »FutureProteins« ein System, das Krankheitserreger parallel, schnell und zuverlässig detektiert. Ihr Anwendungsbeispiel: der Mehlkäfer.

Ein Käfer – viele Feinde
Um bei einem Befall wirksam gegenzusteuern, muss in der Insektenzucht schnell und kosteneffizient gehandelt werden. Aktuell übliche, kulturbasierte Nachweise können das nicht leisten. »Von der Probenentnahme bis zur Analyse im Labor vergehen mehrere Stunden – die Befundung benötigt bis zu zwei Tage. Eine Zeitspanne, die den Ausfall einer gesamten Anlage zur Folge haben kann«, erläutert Projektleiter Jens Wetschky, Experte für Virus-basierte Technologien am Fraunhofer IGB.

Eine weitere Herausforderung: die Bandbreite der möglichen Erreger. Diese können die Mehlkäfer in verschiedenen Stadien direkt befallen oder etwa über das Futter eingetragen werden und sich sowohl für die Zucht selbst als auch für die mit den Proteinen gefütterten Tiere als gefährlich erweisen. Um dieser Vielfalt effektiv entgegenzutreten, trafen die Expertinnen und Experten des Fraunhofer IME eine breit gefächerte Auswahl von elf relevanten Organismen – von Bakterien über Pilze bis zu Parasiten – und fügten zur Qualitätssicherung drei zusätzliche Prozesskontrollen ein.

Maßgeschneidert für den Einsatz vor Ort
Um all diese Zielspezies in der Insektenzucht nachzuweisen, orientierten sich die Fachleute des Fraunhofer IGB an Corona-Tests und damit einer Methodik auf molekularbiologischer Basis, die Infektions-Auslöser über ihr Erbgut identifiziert. Einzige Problematik: die zugrundeliegende Technologie ist limitiert in der Anzahl gleichzeitig nachzuweisender Erreger. In Anbetracht des von ihnen abzudeckenden Panels kombinierten die Forschenden das Verfahren daher mit der DNA-Microarray-Technologie.

Die Expertinnen und Experten fahren einen Multiplex-Ansatz mit 14 parallel ablaufen-den Reaktionen und standen damit vor der bioinformatischen Herausforderung, in den Genomen der ausgewählten Erreger einzigartige Sequenzen zu finden, die sie in der PCR-Reaktion gleichzeitig vervielfältigen konnten, ohne dass diese miteinander interagierten.

Markiert und zweifelsfrei identifiziert
Das Ergebnis überzeugt nicht nur im Labormaßstab, das System wurde auch in der Anwendungsumgebung bereits erfolgreich etabliert und validiert. Die Geräte lassen sich ohne spezifisches Fachwissen bedienen.

Für eine Beprobung können Betreiber einfach ein paar Tiere aus ihrer Anlage entnehmen. Die Probe wird in der DNA-Extraktion aufgeschlossen und einer PCR-Reaktion zugeführt. Hierbei werden die DNA-Sequenzen vervielfältigt, zugleich fluoreszenz-markiert und über eine Sonde auf einem Mikroarray gebunden. Der Array liest die einzelnen Abschnitte optisch aus und macht vorhandene Erreger durch die Markierung kenntlich. Für hoch zuverlässige Ergebnisse integrierten die Fraunhofer IGB-Expertinnen und -Experten zusätzliche Prozesskontrollen. Sie stellen sicher, dass jeder einzelne Verfahrensschritt korrekt durchgeführt wurde und daher negative Ergebnisse tatsächlich valide sind.

Fraunhofer IGB-Experte Christoph Binder erklärt: »Unser Ziel ist, das aktuelle Format so weiterzuentwickeln, dass es komplett automatisierbar ist. Das ist vor allem für Kunden mit großen Anlagen attraktiv.«

Weitere Informationen: https://www.fraunhofer.de/de/presse/presseinformationen/2024/november-2024/gesichert-gesundes-krabbeln.html

Quelle: Fraunhofer-Gesellschaft