Von Dr. Ingrid Lorenz, Tiergesundheitsdienst Bayern e.V.
Neben der Ketose gehört Milchfieber zu den wichtigsten Stoffwechselerkrankungen unserer Milchkühe. Der bei unseren Hochleistungskühen plötzlich auftretende massive Bedarf an Kalzium für die Milchbildung bringt vor allem ältere Kühe rasch an das Limit dessen, was an Kalzium aus den Knochen mobilisiert werden kann.
Was ist Milchfieber?
Milchfieber (auch Hypokalzämie oder Gebärparese) entsteht durch einen Kalziummangel im Blut. Kalzium wird im Körper unter anderem für eine normale Funktion der Muskulatur benötigt. Daher kommt es bei Milchfieber zunächst zu einem unsicheren, schwankenden Gang. Im Verlauf der Erkrankung kommen die Kühe dann zum Festliegen, oft mit zur Brust eingeschlagenem Kopf. Liegen die Kühe erst einmal fest, können sie nur noch durch eine Infusion behandelt werden, durch die Kalzium direkt ins Blut zugeführt wird. Unbehandelt führt Hypokalzämie innerhalb von wenigen Stunden zum Tod. Die Kosten eines klinischen Milchfieberfalles liegen bei etwa 350 €. Hier kommen zu den Tierarztkosten noch verminderte Milchleistung (bis zu 2000 l weniger in der betroffenen Laktation), Fruchtbarkeitsstörungen und vermehrte Anfälligkeit für andere Erkrankungen hinzu.
Wie kommt es zur Hypokalzämie?
Die Milchkuh muss ihren Stoffwechsel mit der Abkalbung abrupt von einer Ruhephase auf eine Hochleistungsphase umstellen. Der hohe Gehalt an Kalzium, der die Milch unter anderem für den Menschen so interessant macht, wird hier zum Problem für die Kuh. Vor der Kalbung und bevor die Bildung der Biestmilch einsetzt, benötigt sie insgesamt für sich und das heranwachsende Kalb nur etwa 4 bis 5 g Kalzium pro Tag. Im Gegensatz dazu werden mit jedem Liter Biestmilch 2,3 g Kalzium ausgeschieden, mit der Milch nach der Biestmilchphase ca. 1,2 g pro Liter. Der rasch verfügbare Pool von Kalzium in Blut und Gewebe ist mit ca. 16 bis 20 g sehr begrenzt und daher rasch erschöpft. Die verstärkte Freisetzung von Kalzium aus den Knochen und die Steigerung der Aufnahme aus dem Darm wird durch Hormone gesteuert. Das „Hochfahren“ dieses Systems benötigt ein bis zwei Tage, bis es richtig läuft. Mit zunehmendem Alter tun sich Kühe mit dieser Umstellung immer schwerer, so dass das klassische Festliegen eher bei Kühen mit mehreren Laktationen vorkommt.
Sind nur festliegende Kühe ein Problem?
Zuerst erschienen im zweimonatlichen Hoftierarzt E-Magazin. Zum kostenfreien Abo bitte einfach hier anmelden und dann den Link in der Bestätigungs-Mail anklicken. Anschließend den Artikel in der letzten Ausgabe weiterlesen: