Interview: Der Stall der Zukunft: Wie sieht er aus?

Dr. Astrid van Asten, LWK NRW

Die Schweinehaltung unterliegt aktuell einem großen Wandel. Neue Haltungskonzepte und intelligente Technik halten Einzug in die Ställe, was zu mehr Tierwohl und zu mehr Tiergesundheit führen soll. Dr. Astrid van Asten, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, erzählt im Interview, was beim Stall der Zukunft wichtig ist und wie sie diese Punkte in Haus Düsse umsetzen.

Wozu gibt es das Projekt „Stall der Zukunft“ in Haus Düsse?
Im Rahmen der sogenannten Nutztierstrategie des Landes Nordrhein-Westfalen wurden am Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft Haus Düsse zwei Modell- und Demonstrationsställe durch die Landwirtschaftskammer NRW errichtet. Der Bau der Projektställe „Stall der Zukunft“ wurden vom Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes NRW finanziert. Die zwei unterschiedlichen Stallsysteme bieten ein erhöhtes Platzangebot für die Tiere, strukturierte Funktionsbereiche, organisches BeschäftigungsmateriaI, Außenklimakontakt bzw. Auslauf mit Wühlgarten und technische Verfahren zur Kot-Harn-Trennung, um Emissionen zu reduzieren. Die Ställe dienen darüber hinaus der Aus- und Weiterbildung für Landwirte in Nordrhein-Westfalen sowie der Darstellung möglicher zukünftiger Haltungssysteme in der Schweinehaltung für die Gesellschaft. Ein wichtiges Ziel ist es, die Akzeptanz für die Schweinehaltung zu stärken, indem das Tierwohl verbessert und die Umweltauswirkungen verringert werden.

Wie kann ein Schweinestall emissionsmindernd gebaut werden?
In beiden Ställen wurden technische Verfahren zur Kot-Harn-Trennung verbaut, ein klassisches Güllesystem unter dem Stall gibt es gar nicht, die Exkremente werden mehrmals täglich aus den Ställen gefördert. Dies beinhaltet unter anderem die direkte Trennung von festen und flüssigen Bestandteilen der Exkremente, um die Bildung von Ammoniak zu reduzieren. Für die Emissionsmessungen ist das System X-Node der Firma Dräger in beiden Ställen an mehreren Stellen auf Höhe der Tiere als auch in die Wandventile im Außenklimabereich eingebaut worden und zeichnet dort kontinuierlich Daten zu Ammoniak, Temperatur, CO2 und Luftfeuchte auf. Des Weiteren ist außerhalb des Stalles auf der Besucherplattform, die 24/7 zugänglich ist, eine Wetterstation, deren Werte für die Steuerung des Daches und den Curtains im Stallsystem 2 genutzt werden.

Wie praktikabel sind das offene Dach und die Glaskonstruktion? Wird es darin im Sommer nicht zu heiß?
Das Dach lässt sich je nach Witterung auffahren und es ist ein Sonnenschutz verbaut um einem Sonnenbrand bei den Tieren vorzubeugen. Ziel ist es, das aufstellbare Glasdach über dem integrierten Auslauf nur bei schlechtem Wetter (Niederschlag, extreme Kälte und Sturm bzw. Gewitter) zu schließen, es also überwiegend offen zu haben. Im Sommer bei hohen Außentemperaturen und starker Sonneneinstrahlung ist es im integrierten Auslauf durch das geöffnete Dach und das geschlossene Beschattungssystem sehr angenehm, ähnlich wie im Bereich unter einem Baum im Schatten.

Gehört zwangläufig Stroheinstreu in einen modernen Stall?
Nein, es gehört nicht zwangsläufig Stroheinstreu dazu. Wir haben bisher nur in den Liegebereichen gehäckseltes Stroh oder Leinenstroh als Minimaleinstreu verwendet. In den Ausläufen und den sogenannten Wühlgärten sind bisher Holzhackschnitzel und Miscanthus erprobt worden. Die Vor-und Nachteile einer Stroheinstreu sind in der Praxis hinlänglich bekannt, deshalb ist es das Ziel, im Stall der Zukunft Erfahrungen mit anderen Materialien zu sammeln.

Hackschnitzel im Außenbereich zum Wühlen auf Spaltenboden, schafft das ein Güllesystem?
Der Belüftungsboden (eine geringe Luftmenge wird durch das Hackschnitzelbett nach unten abgesaugt) ist mit so wenigen, kleinen Schlitzen ausgelegt, dass nur sehr wenig Material nach unten durchfällt, das Einstreumaterial wird oben auf dem Boden bewirtschaftet. Eine erste neue und positive Erfahrung aus dem ersten Durchgang mit fast fünf Wochen mit Holzhackschnitzelbett war, dass die Holzhackschnitzel intensiv bewühlt wurden und auch mit mehr Kot und Urin noch funktionieren als es bei Stroh möglich ist. Für die Lenkung des Abkotverhaltens wurde in den Wühlgarten „Beschäftigungsfutter“ in Form von Ackerbohnen gegeben. Derzeit wird immer noch daran gearbeitet das Abkotverhalten der Schweine in den Wühlgärten auf ein Minimum zu reduzieren und die Schweine zum Abkoten auf die Schweinetoilette (Pig-T System zur Kot-Harn Trennung) zu lenken.

Ist die Grünbepflanzung im Stall nur Beschäftigung und Optik, oder könnten die Pflanzen sogar die Luft reinigen?
Die Pflanztröge wurden in den Stall integriert um die Natur in die nach innen gerichteten Ausläufe zu holen. Für NGO’s und teilweise auch die Gesellschaft erscheint dies wichtig. Hier sind zum größten Teil Pflanzen angepflanzt, die den Schweinen auch als Beschäftigungsmaterial dienen können, wie z. B. Silphie, Miscanthus, Hanf oder Sonnenblumen. Eine Reinigung der Luft ist schwer messbar und stand nicht im Vordergrund.

Fußbodenheizung etc. – wie energieintensiv ist der Stall der Zukunft und wie sollte diese Energie idealerweise erzeugt werden?
Da die Warmbereiche der beiden Ställe jeweils auf ein Minimum reduziert wurden, und die Tiere diese Liegebereiche zum großen Teil selbst anwärmen, ist der Energieverbrauch für Wärme gering. Die restliche benötigte Wärme wird von einer Biogasanlage bereitgestellt, in der auch die festen Exkremente der Schweine landen. So ist ein direktes Kreislaufsystem entstanden. Die Außenklimabereiche bzw. Ausläufe werden weder beheizt noch aktiv belüftet, dadurch wird zusätzliche elektrische Energie eingespart. Zukünftig werden Messungen dazu genauere Zahlen liefern.

Wie bringt man die Schweine dazu das Kotband zu nutzen?


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