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Wiederkauen und Aktivität als Tierwohlindikatoren?
Die digitale Überwachung der Milchkühe bietet viele Vorteile, nicht nur bei größeren Betrieben. Zahlreiche Systeme überwachen mit Sensoren die Aktivität, die Futteraufnahme, die Wiederkautätigkeit, Daten der Melkungen und das alles in Echtzeit, so dass die Daten sofort am Computer oder Smartphone ausgewertet werden können. Auf diese Weise möchte man Lahmheiten, Stoffwechselstörungen oder auch Fruchtbarkeitsparameter wie die Brunst frühzeitig erkennen und entsprechend managen. In den Melkrobotern werden schon viele Daten erhoben, die durch Sensoren am Tier (Pedometer am Fuß, Halsband mit Sensor, Ohrmarke mit Sensor) ergänzt werden. Bei der Brunst ist zum Beispiel die Aktivität erhöht und das Wiederkauen vermindert. Bei einer Lahmheit und weiteren Erkrankungen wiederum sinkt die Aktivität, und die betroffenen Kühe gehen aufgrund der Schmerzen seltener zum Melken. Natürlich ist die Nutzung der Daten und damit der Erfolg der Überwachung stark davon abhängig, wie der Landwirt mit den Daten umgeht und wie sie aufbereitet werden. Wer diese Sensoren nutzt, muss kontinuierlich dran bleiben, um Veränderungen schnell zu erkennen. Praktisch sind automatische Warnmeldungen bei Abweichungen von den Normalwerten, so dass einzelne Tiere schnell überprüft werden können.
Eine aktuelle Studie* hat sich mit genau dieser Thematik beschäftigt. Sie will die Zusammenhänge darstellen zwischen den Blut- und Milchparametern und denen der Aktivität und Wiederkautätigkeit. Die Datenerhebung fand über acht Monate auf zwei Fleckviehbetrieben mit Melkrobotern statt in Bayern. 95 Tiere waren in die Untersuchung einbezogen, die sich jeweils in dem Zeitraum 10. bis 30. Tag nach der Kalbung befanden. Die Tiere wurden klinisch untersucht, Blut- und Milchproben genommen sowie Daten zur täglichen Bewegungsaktivität und zur Wiederkautätigkeit erfasst. Die Blutproben wurden auf den Gehalt an freien Fettsäuren und Haptoglobin untersucht, die Milchproben auf die Inhaltsstoffe Fett, Eiweiß, Harnstoff, Laktose, Azeton, NEFA, BHB sowie auf den Gehalt somatischer Zellen.
Erhöhte NEFA-Konzentrationen im Blut gingen mit einer geringeren täglichen Aktivität der Tiere einher. Tiere mit höheren Laktose-Gehalten in der Milch zeigen eine höhere tägliche Aktivität. Höhere Hp-Konzentrationen im Blut zeigen eine geringere Wiederkauaktivität an. Höhere Harnstoff-Gehalte in der Milch zeigen längeres tägliches Wiederkauen an.
Die Forscherinnen und Forscher rund um Franziska Hajek kamen zu dem Schluss, dass Mithilfe der Messung der Aktivität und der Wiederkautätigkeit eine frühzeitige Erkennung von Veränderungen im Verhalten möglich ist. Ursachen dafür sind häufig beginnende subklinische Gesundheitsstörungen. Beide Parameter sollten als Indikatoren in das Monitoring eines präventiv ausgerichteten Tiergesundheitsmanagements aufgenommen werden, um Auffälligkeiten frühzeitig festzustellen und klinischen Erkrankungen vorzubeugen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler betonen aber auch, dass die Messungen unspezifisch sind und unbedingt eine klinische Untersuchung und Therapie des betroffenen Tieres erfordern.
Wichtig: Die Sensoren und die Auswertung der Daten dienen Landwirt und Tierarzt als Unterstützung und ersetzen nicht die tägliche Betreuung und Beobachtung der Tiere!
Studie: Hajek, Franziska et al. (2023): Nutzung von täglicher Aktivität und Wiederkautätigkeit als Indikatoren im Tiergesundheitsmonitoring von Milchkühen. Der Praktische Tierarzt 104, Heft 2/2023, S. 166-175.
Quelle: Dr. Heike Engels, Der Hoftierarzt
Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im E-Magazin „Der Hoftierarzt“ 4/2023
Circo-Impfung von Boehringer Ingelheim wirkt zuverlässig gegen PCV2d
Die Circo-Impfung von Boehringer Ingelheim zeigt seit Jahren sowohl unter Praxisbedingungen1 als auch in unzähligen internationalen Studien2 eine unverändert hohe Wirksamkeit gegen alle aktuell relevanten PCV2-Stämme im Feld. Der viel diskutierte Stamm PCV2d ist bereits seit Jahren die vorherrschende PCV2-Variante, gegen die die Circo-Impfung von Boehringer Ingelheim ebenfalls nachgewiesenermaßen zuverlässig schützt2.
Das porcine Circovirus hat viele Genotypen: PCV2a war bis zum Jahr 2000 der vorherrschende Genotyp. Seither sind auch PCV2b, PCV2c und aktuell vor allem PCV2d in den Beständen zu finden. Die Circo-Impfung von Boehringer Ingelheim weist eine starke Kreuzprotektion gegenüber PCV2d auf und schützt daher zuverlässig vor schweren Krankheitsverläufen.
Seit der Einführung der Circo-Impfung von Boehringer Ingelheim wurden weltweit mehr als 4 Milliarden Schweine erfolgreich mit diesem Impfstoff gegen PCV2 geschützt. Die Studien, die Praxiserfahrungen und die Zufriedenheit der Kunden beweisen es: Der Impfstoff wirkt und ist erfolgreich beim Schutz gegen PCV2!
Weitere Informationen unter:
https://www.tiergesundheitundmehr.de/15-jahre-bewaehrter-schutz-gegen-das-circovirus.pdfx
1 https://www.tiergesundheitundmehr.de/reproduktionsstoerungen-durch-das-circovirus-pvc2.pdfx;
https://www.tiergesundheitundmehr.de/15-jahre-bewaehrter-schutz-gegen-das-circovirus.pdfx
2 Friedrich et al., 2019.; Payne et al., 2016; Jeong et al., 2015; Opriessnig et al., 2014; Park et al., 2019
Dr. Kevin Kress: kevin_benjamin.kress@boehringer-ingelheim.com
Tel.: +49 (6132) 77-181179
Wo steht die deutsche Nutztierhaltung in fünf Jahren? Interview mit Prof. Dr. Nicole Kemper
Das Magazin für Nutztierhalter „Der Hoftierarzt“ ist 5 Jahre alt geworden. Dieses Jubiläum haben wir zum Anlass genommen, mit Frau Prof. Nicole Kemper einmal einen Blick zurück und auch nach vorne zu werfen. Was hat sich in den letzten 5 Jahren in der Nutztierhaltung verändert und wie wird es wohl weitergehen? Prof. Dr. Kemper ist die Direktorin des Institutes für Tierhygiene, Tierschutz und Nutztierethologie (ITTN) an der Tierärztlichen Hochschule Hannover.
Frau Prof. Kemper, vor fünf Jahren haben wir unser Magazin gegründet und Sie haben InnoPig vorgestellt. Seitdem hat sich bei uns ein bisschen was und bei InnoPig und ähnlichen Projekten eine ganze Menge getan.
Gerade aus InnoPig sind noch weitere Projekte entstanden. Ziel damals war herauszufinden, was passiert, wenn Sauen in der Abferkelung nicht oder nur zeitweise fixiert werden. Die Ergebnisse von InnoPig sind mit in die Gesetzesänderungen miteingeflossen und im Anschluss haben sich weitere große Themen ergeben: wie kann vor allem Digitalisierung helfen, noch mehr Tierwohl in die Ställe zu bringen und die Betriebe beim Tier-Monitoring zu unterstützen. Da hat sich viel getan.
Wir sind in den vergangenen fünf Jahren auch bei den sogenannten Tierschutz-Indikatoren weitergekommen. Wo wir aus meiner Sicht schon ganz viel wissen – und da hat InnoPig auch seinen Beitrag geleistet – ist die Frage: wieviel Strukturierung braucht ein Schwein und wie können die gesamten Haltungssysteme noch tiergerechter gestaltet werden?
Zur Strukturierung gehört ja auch der gesamte Platzbedarf. Was wäre denn Ihrer Meinung nach die Mindestbuchtgröße?
Das lässt sich gar nicht so pauschal beantworten. Egal bei welcher Tierart sollte es nie alleine nur um den Platzbedarf bzw. die Besatzdichte gehen. Es sollte immer in der Zusammenschau gesehen werden: welche Struktur bietet der zur Verfügung stehende Raum den Tieren? Die Frage ist auch, wie die Tiere ihren natürlichen Bedürfnissen nachgehen können und das hängt nicht nur von der Größe ab.
Sie haben die technische Unterstützung angesprochen, müssen wir uns darunter Audio- und Video-Systeme vorstellen?
Audio- und Video-Daten, Daten zur Futter- und Wasseraufnahme und auch Wärmebilder sind das eine, wenn es um das Tier an sich geht, aber auf jeden Fall zählen auch Stallklimadaten dazu. Es geht darum, Daten wirklich umfassend zusammenzuführen und auszuwerten.
Gibt es denn schon Systeme, die nach der Datenauswertung auch die richtige Handlungsempfehlung geben?
Dazu laufen aktuell große Forschungsprojekte. Das Nachfolgeprojekt von InnoPig ist das Experimentierfeld DigiSchwein, in dem verschiedene, auf dem Markt befindliche Sensor-Systeme getestet und zusammengeführt werden. Mit den Endergebnissen ist dann nächstes Jahr zu rechnen. Es gibt schon Systeme, die vielversprechend sind, aber von den Lösungen die damals auf der EuroTier 2018 unter dem Motto „Digital Animal Farming“ gezeigt wurden, sind erstaunlich wenige tatsächlich auf den Markt gekommen. Im Nachfolgeprojekt von DigiSchwein, der Zukunftsregion TiPP, wird die digitale Rückverfolgbarkeit und Transparenz entlang der Wertschöpfungskette Schwein in der Region Oldenburger Münsterland noch näher beleuchtet.
Liegt es denn schlicht an den Kosten?
Das glaube ich nicht mal. Ich denke, es fällt vielen noch schwer, den Nutzen digitaler Anwendungen zu erkennen. All unsere wissenschaftlichen Arbeiten zur Frage Was ist der entscheidende Faktor für gute Tiergesundheit? zeigen ja: der entscheidende Faktor ist der Mensch! Und wer dann z. B. nicht besonders technikaffin ist, erkennt nicht gleich den Zusatznutzen, den ein Monitoring 24-Stunden-7-Tage-die-Woche bietet.
So wie ich die Landwirte kenne, fragen die sich morgens ja nicht „was mache ich heute?“ sondern „was lasse ich bleiben?“. Die müssten doch eigentlich bei der technischen Unterstützung „Hurra“ schreien?
Dafür sind die bisher verfügbaren Angebote vielleicht noch nicht weit genug ausgereift. Und es ist zurzeit auch noch kein Rundumpaket beispielsweise für Schweinehalterinnen und Schweinehalter im Angebot.
Dann müssen wir in weiteren fünf Jahren noch mal drüber sprechen.
Ich hoffe doch, dass sich bis dahin noch einiges tut. Letztendlich ist die Erkenntnis entscheidend, dass der Mensch der wichtigste Faktor einer guten Tierbetreuung ist, die Technik den Menschen aber in seiner Entscheidungsfindung sinnvoll unterstützen kann.
Jetzt haben wir über Schweine gesprochen. Zu den Milchkühen hat ja die große PraeRi-Studie umfangreiche Daten geliefert. Wie sieht es denn dort mit den technischen Innovationen aus?
Das entscheidende Ergebnis der PraeRi-Studie ist auch wieder: die größte Rolle spielen die Betriebsleiterinnen bzw. der Betriebsleiter und das Management. Aber die Milchviehbetriebe sind bei der Datenerfassung schon viel weiter als die Schweinebetriebe, bei der Melktechnik, der Bewegungsmessung und Brunsterkennung etwa. Aus den vorhandenen Daten lassen sich auch einige Erkenntnisse ziehen, gerade was das Herdenmanagement betrifft, aber auch hier ist das Thema: wie lassen sich die verschiedenen Daten sinnvoll zusammenführen.
Die Rinderhaltung stand in den vergangenen Jahren auch nicht ganz so im Fokus was den Tierschutz angeht, weil eigentlich davon auszugehen ist, dass Kühe Zugang zu Außenklima haben und vielleicht auch noch Zugang zur Weide. Aber natürlich gibt es auch in der Rinderhaltung noch einige Optionen für Verbesserungen.
Wir haben über Schweine und Rinder gesprochen, kommen wir doch mal zum Geflügel: da „droht“ eine Nutztierhaltungsverordnung z. B. für Puten.
Genau, bisher gelten dort die freiwilligen Eckwerte. Generell ist es begrüßenswert, dass alle Tiere in die Tierschutz-Gesetzgebung mit aufgenommen werden. Bei der Pute wird aktuell natürlich die Besatzdichte stark diskutiert und hier gilt auch wieder: Platz alleine ist es nicht.
Gerade bei der Haltung von Puten mit ungekürzten Schnäbeln ist es wirklich entscheidend, dass alle Faktoren, die eventuell Auswirkungen auf das Verhalten haben können, berücksichtigt werden, wie zum Beispiel Beschäftigungsmaterial, Struktur und Fütterungsmanagement. Auch wenn die Politik gerne einfache Lösungen hätte: Die Haltung unserer Nutztiere ist komplex und erfordert umfassende Expertise.
Ich erinnere mich an meinen ersten Stallbesuch bei Putenhähnen kurz vor dem Ende der Mast. Da regierte ganz deutlich das Testosteron.
Ja, das ist öfter der Fall. Und ein ungekürzter Schnabel, gerade beim Putenhahn, ist tatsächlich eine Waffe. Bei den Legehennen war der Verzicht aufs Schnabelkürzen relativ leicht umzusetzen. Aber Puten mit intakten Schnäbeln zu halten, ist noch mal eine ganz andere Nummer. Wie bei den unkupierten Ringelschwänzen bei Schweinen sehe ich hier zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht die Umsetzung auf breiter Basis.
Auf der Schwierigkeitsskala liegt der Ringelschwanz so ungefähr in der Mitte, oder?
Bei Schweinen glaube ich, dass es in einem Großteil der Fälle möglich ist, die Tiere unkupiert zu halten, wenn die Haltungsumstände optimal sind. Wenn das bis zum Mastende ohne Schwanzbeißen gelingt, ist es auf jeden Fall ein guter Indikator, dass alles richtig gemacht wurde. Bei den Puten ist es ungleich schwieriger, unkupierte Tiere zu halten.
Prof. Robby Anderson von der FH Osnabrück hat mal gesagt: bei Hühnern ist das Federpicken eine Verhaltensstörung, bei Puten aber völlig normales Verhalten.
Bei Hennen und auch bei Puten leiten sich Federpicken und Kannibalismus größtenteils aus dem Explorations-, also dem Erkundungsverhalten, ab. Bei Putenhähnen kommt zudem der Aspekt des Territorialverhaltens und des Konkurrenzkampfs um die Hennen hinzu. Und da kann übrigens eine geringere Besatzdichte tatsächlich kontraproduktiv sein, wenn die Hähne ihren Territorialanspruch massiver ausbauen und verteidigen.
Oh, das ist ja gemein!
Ja, aber das ist natürliches Tierverhalten …
Dann müsste man vielleicht mal Fotos von verletzten Puten publizieren …
Bei der diesjährigen Tierschutz-Tagung im Frühjahr in München haben wir aus einem unserer Forschungsprojekte zur Haltung Schnabel-ungekürzter Puten solche Fotos präsentiert und es ging ein Raunen durch den Saal. Das sind furchtbare Bilder, die so keiner, egal ob Landwirt, Laie oder Experte , sehen möchte.
Laien, besonders in ihrer Eigenschaft als Verbraucher, sehen gerne Ferkel mit Ringelschwanz (von den kupierten Schnäbeln bei Geflügel wissen sie meist noch nichts), sie sehen gern Kühe und Kälber auf der Weide und – ein neuer Trend – finden muttergebundene Kälberaufzucht ganz toll. Für Tierhalter ist aber dieses ganze Programm mit großen Herausforderungen verbunden. Wie können wir denn ein halbwegs realistisches Bild einer akzeptablen bis vorbildlichen Nutztierhaltung transportieren, das auch der Durchschnittsverbraucher versteht?
Da ist in den letzten Jahrzehnten bei der Kommunikation vieles schiefgelaufen. Den Verbrauchern wurde einfach nicht vermittelt, wie Landwirtschaft realistisch abläuft und warum man tut was man tut. Vieles hat gute Gründe, die nicht unbedingt zwingend in der Wirtschaftlichkeit zu suchen sind, sondern beispielsweise auch im Seuchenschutz. Das muss glaubhaft vermittelt werden, und ja, manche Sachverhalte sind komplex. Diese lassen sich aber in der Regel doch vernünftig erklären.
Auch die Wissenschaft muss dazu beitragen, indem sie soweit möglich einfach
und nachvollziehbar kommuniziert. Auch die Landwirtschaft sollte klar Stellung beziehen und vermitteln: Was ihr euch wünscht, können wir in Teilen realisieren, aber manches macht aus bestimmten Gründen einfach keinen Sinn.
Deutsche Verbraucher sind an einen extrem hohen Standard gewöhnt, was Versorgungs- und auch Lebensmittelsicherheit wie Krankheitserreger oder Parasiten betrifft. Sie wissen gar nicht mehr, dass diese Sicherheit teilweise auch den Haltungssystemen mit ihrer hohen Effizienz und Biosicherheit geschuldet ist. Es heißt also zu vermitteln: Ja, wir strengen uns an und verbessern unsere Systeme sinnvoll und wo immer es geht – solange der Verbraucher es bezahlt.
Der Verbraucher gehört damit zum Kreis der Akteure, wenn es um Verbesserung des Tierwohls geht und der Gesetzgeber natürlich auch. Aber wo es tatsächlich lang geht bestimmt doch eigentlich der Handel. Bis Gesetze geändert sind, hat Aldi längst auf Fleisch der Haltungsstufen 3 und 4 umgestellt.
Der Handel sitzt tatsächlich am längeren Hebel und bewirkt Umbrüche auch viel schneller, als das per Gesetz passieren würde. Der LEH will die ganze Spannbreite der Verbraucherwünsche bedienen: Vom Tierwohl- bis zum Billigfleisch, das gerade in Zeiten hoher Inflation eben verstärkt nachgefragt wird.
Bei einem Stufenmodell nach der Haltungsform, wie es nun politisch umgesetzt wird, stört mich, dass dadurch eine „Klassengesellschaft“ entsteht. Aus meiner Sicht sollte es allen Tieren gut gehen, nicht nur den Tieren in den höheren Haltungsstufen Die Politik und der Handel setzen auf die Klassifizierung, um verschiedene Verbrauchersegmente zu bedienen und einen schrittweisen Umbau langsam anzugehen, aber hier wäre es wahrscheinlich zielführender, auch Anreize für Verbesserungen in bestehenden Systemen zu schaffen und schrittweise die breite Basis mitzunehmen.
Im ganz großen Stall mit viel Platz können ja durchaus auch kranke Tiere leben.
Genau. Auch die Größe eines Betriebs sagt nichts über die Tiergesundheit oder das Tierwohl aus, ebenso wenig wie Bio oder konventionell– in allen Haltungssystemen kann es gute und schlechte Betriebe geben. Entscheidend ist wirklich, dass der Mensch den richtigen Blick fürs Tier hat und dann die richtigen Maßnahmen ergreift.
Wie überall im Leben regiert auch in der Tierhaltung die Gauß-Kurve. Wie kann es denn gelingen, die Qualität der Haltung insgesamt weiter ins Positive zu verschieben?
Das lässt sich nur schrittweise erarbeiten. Wir sind in Deutschland in der absoluten Luxusposition, dass wir über eine gute Tierhaltung und ein hohes Tierwohl diskutieren können. Noch vor 10, 12 Jahren hätte ich nie gedacht, dass Tierschutz gesellschaftlich so ein ungemein relevantes Thema wird.
Auch in Sachen Tierwohl könnte Deutschland eine Vorreiterrolle im Tierschutz übernehmen. International wird Deutschlands Landwirtschaft bisher mit einem hohen Technologiegrad und mit hoher Effizienz wahrgenommen. Wenn hier noch der Tierschutz mit aufgenommen wird, ist das auch ein Pfund, mit dem gewuchert werden kann.
Auf der anderen Seite befindet sich Deutschland natürlich auch im internationalen Wettbewerb und sollte konkurrenzfähig bleiben. Das ist die zentrale Herausforderung, die es zu bewältigen gilt – um tatsächlich in die Umsetzung zu gelangen.
Wären denn weitere fünf Jahre ein Zeithorizont für die Umsetzung?
Da bin ich ein bisschen desillusioniert, was die politische Umsetzung betrifft, die realitätsnahe Umsetzung wohlgemerkt. In den letzten Jahren passierte erst gar nichts, und dann wird gleich so weit übers Ziel hinausgeschossen, dass ein Großteil der Landwirte daran zweifelt, ob sich Investitionen überhaupt noch lohnen oder ob die Tierhaltung nicht doch besser aufgegeben wird. Dies ist nicht zielführend für die nötige, zukunftsorientierte Transformation der Landwirtschaft.
Aus wissenschaftlicher Sicht wissen wir sehr viel darüber, was die Tiere brauchen und wie dies in der Praxis umzusetzen ist. Im vor- und nachgelagterten Bereich, beispielsweise im Stallbau, ist so viel Expertise in Deutschland vorhanden. Aber reichen fünf Jahre für die Umsetzung, so dass die Tierhaltung allen gerecht wird, nicht nur den Tieren, sondern auch den Verbrauchern und den Landwirten?
Ein Bestreben in all unserer Forschung ist es stets, die Landwirte mitzunehmen.
Wer soll es denn auch sonst machen? Die Tierhaltung abzuschaffen und dann Fleisch nur noch zu importieren, kann nicht unser Bestreben sein.
Ich bin meist optimistisch und es ist schon viel in Bewegung. Für den Zeitraum von fünf Jahren würde ich mir wünschen, dass vor allem auch die Stimmung unter den Landwirten wieder positiver wird und von der Politik Schritt-für-Schritt-Programme angeboten werden. Die Tierzahlen werden sicher runtergehen – aber für das, was produziert wird, gibt es auch eine adäquate Entlohnung – das wäre mein Wunsch!
Sieht es denn aktuell danach aus?
In der Politik ist das Problem: Bei jedem Regierungswechsel wird sich neu sortiert und das Ziel geändert. Da wird jahrelang am Thema gearbeitet, durchaus von Experteninnen und Experten – Stichwort Borchert-Kommission – und nach einem Regierungswechsel sollte dann doch nicht wieder ganz vor vorne angefangen werden.
Aber Sie sind ja grundoptimistisch eingestellt.
Wenn auch teilweise etwas desillusioniert, bleibe ich optimistisch. In Deutschland ist so viel Expertise vorhanden – egal ob Rind, Schwein oder Geflügel – und innovative Betriebe werden Lösungen finden und sich halten können.
Ich glaube auch, dass wir nicht so schnell von tierischen Produkten wegkommen werden. Reduzierter Fleischkonsum und vielfältige Angebote sind sicher gut, aber tierische Proteine werden weiterhin auf dem Speiseplan stehen und eben deswegen müssen auch Lösungen für die Nutztierhaltung gefunden werden.
Und auch aus wissenschaftlicher Sicht bin ich optimistisch, denn in den letzten Jahren haben wir doch extrem viel Wissen erlangt zu Tiergesundheit und Tierverhalten. Und schließlich: In der Zusammenarbeit von Wissenschaft, Industrie, Politik und Landwirtschaft steckt noch so viel Potential und Energie!
Frau Prof. Kemper, ganz herzlichen Dank für das Gespräch!
Link zum Institut für Tierhygiene, Tierschutz und Nutztierethologie (ITTN) an der Tierärztlichen Hochschule Hannover
Links zu den ARD-Wissen Filmen mit Prof. Nicole Kemper über Schweine und Puten
Links zu DigiSchwein und TiPP
Das Interview erschien zuerst im E-Magazin „Der Hoftierarzt“ 4/2023
Tierschutzkontrollen in der Geflügelhaltung – #TiHo-Tierschutztagung 2023
Anlässlich der 43. Tierschutztagung in Hannover berichtete die Amtstierärztin Luisa Watzer von ihren Erfahrungen bei der Ausstallung von Geflügel.
Im Amtsbezirk der Tierärztin gibt es ca. 100 Betriebe mit Legehennen, 100 Hähnchen- und 15 Putenmäster, bei denen stichprobenhaft Verladeuntersuchungen stattfanden. Allgemein gesagt steht für Transporteure häufiger die Arbeitsgeschwindigkeit im Vordergrund, nicht der Tierschutz.
Bei den Masthühnern käme es öfter zu Fassen und Tragen an einem Bein. Nach mündlicher Anordnung die Vögel an beiden Beinen zu fassen, verringere sich das Verladetempo um 2/3. Tierschutzwidriges Greifen an Kopf, Hals oder Flügeln komme dagegen nur selten vor, berichtete Luisa Watzer.
Beim Verladen von Puten käme es vor, dass in der Mitte des LKW eine Käfigpalette leer gelassen und die restlichen überladen würden. Dies geschehe nach Vorgabe des Schlachthofs, um dort das Entladen zu beschleunigen.
Bei einer Verladung von Legehennen wurden die Transportkäfige mit bis zu 25 Tieren gefüllt, statt der gesetzlich erlaubten 16 Hennen. Ein Umladen vor Ort war nicht möglich, weswegen dann 2.000 Hennen im Stall bleiben mussten. Am zweiten (ungeplanten) Verladetag vergingen dann Stunden zwischen dem Einfangen der Hühner und der Ankunft des LKW. Auf dem Transporter befanden sich bereits Hühner aus anderen Betrieben, die auch noch jeweils für unterschiedliche Schlachthöfe bestimmt waren.
Bei Wachteln schließlich gestalte sich das Treiben schwierig – weil die Vögel flugfähig sind! Besonders gerne flögen sie in Richtung Licht und deshalb auch auf Stirnlampen zu.
Wichtig ist der Bericht der Amtstierärztin auch für Geflügelhalter, weil diese mitverantwortlich sind für alles was im Stall geschieht, bis die Tiere den Hof verlassen haben.
Zuchtziel: mütterliche Sauen Podcast Netzwerk Fokus Tierwohl
Der Haltung von Sauen in Bewegungsbuchten und in Buchten mit freier Abferkelung erfordert einiges an Know-How und Management-Geschick. Doch auch die Sauen selbst sind eine gewichtige Einflussgröße. Um Erdrückungsverluste bei der Abferkelung ohne dauerhafte Fixierung der Sau zu vermeiden, sind aufmerksame, auf den Schutz der Ferkel gerichtete Sauen vonnöten. Der Drang, die Ferkel zu schützen, darf sich dabei aber nicht gegen den Menschen richten.
Die Haltung in alternativen Abferkelsystemen erfordert also besonders mütterliche, gleichzeitig aber auch umgängliche Sauen. Welche Merkmale zeichnen mütterliche Sauen aus? Welche Rolle spielt die Genetik? Kann man Sauen auf Mütterlichkeit züchten oder lassen sich durch gutes Management schnellere und bessere Erfolge erzielen?
Diesen Fragen gehen Susanne Gäckler und Dr. Christian Lambertz im neuen Podcast des Netzwerks Fokus Tierwohl mit ihren Interviewpartner:innen Dr. Meike Friedrichs, Geschäftsführerin bei der GFS Topgenetik, Sabine Obermaier vom Institut für Agrarökologie und Biologischen Landbau an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft, und Prof. Johannes Baumgartner von der Veterinärmedizinischen Universität Wien nach.
Als wichtigste Aspekte für mütterliche Sauen sehen die Experten das Nestbauverhalten, das Abliegeverhalten einschließlich des Vorabliegeverhaltens, die Kommunikation zwischen Sauen und Ferkeln sowie den Schutz der Ferkel an. Die Zucht auf das Merkmal „Mütterlichkeit“ ist gut möglich, wenngleich ein Fortschritt bei Erblichkeiten zwischen 5 % und 30 % erst über längere Zeit sichtbar wird. Aber auch eine Haltungsumgebung und Fütterung, die den Sauen gerecht wird und die das Ausleben ihres mütterlichen Verhaltens erlaubt, tragen entscheidend dazu bei, die Haltung in den alternativen Abferkelsystemen erfolgreich zu meistern.
Quelle: Netzwerk Fokus Tierwohl
10 Tipps zur Fütterung von säugenden Sauen
Nur wenn säugende Sauen genügend Futter aufnehmen, können sie ausreichend Milch für ihre Ferkel produzieren. Das wiederum ist wichtig für gut entwickelte und gesunde Ferkel mit hohen Absetzgewichten. Es können schnell 12 Liter Milch am Tag sein, die eine Sau produzieren muss und auch kann, sofern die Voraussetzungen dafür stimmen. Dabei sollten Sauen nicht zu viel Gewicht verlieren, da dies negative Auswirkungen auf die folgenden Trächtigkeiten und die Fruchtbarkeit haben kann. Doch manche Sauen fressen einfach nicht genug Futter und im Sommer ist es noch schwieriger: Bei hohen Temperaturen reduzieren die Sauen ihre Futteraufnahme ganz automatisch, sie haben einfach keinen Appetit mehr. Deshalb haben wir 10 Tipps zusammengestellt, wie es gelingen kann, die Sauen zum Fressen zu motivieren:
1. Mehrmals am Tag füttern: Statt zweimal besser dreimal täglich Futter vorlegen, wenn möglich sogar noch öfter in mehrere kleine Portionen aufgeteilt
2. Pellets anbieten: statt mehlförmigem Futter Pellets anbieten, viele Sauen mögen diese lieber, die Partikelgröße sollte nicht zu fein sein wegen der Gefahr von Magengeschwüren, 800 bis 900 Mikrometer Korngröße sind empfohlen
3. Futter anfeuchten: feuchtes Futter wird nicht nur im Sommer oft lieber gefressen als trockenes Futter
4. Gute Beleuchtung: die Lichtdauer im Abferkelstall sollte mindestens 16 Stunden andauern
5. kein Futterwechsel: möglichst immer das gleiche Futter während der Säugezeit anbieten, der Magen-Darm-Trakt stellt sich nur ungern um
6. Bestes Futter: beste Futterqualität sicherstellen, keine Mykotoxine füttern, eventuell spezielles Geburtsfutter einsetzen
7. Viel Wasser: eine gute Wasserversorgung sicherstellen, pro kg Futter sind bis zu 8 Liter Wasseraufnahme zu rechnen
8. Viel Frischluft: vor allem am Kopf sollten die Sauen viel frische Luft zugeführt bekommen, eventuell sind zusätzliche Lüfter zu installieren oder die sogenannte Nasenlüftung
9. Ställe kühlen im Sommer: viel lüften und ggf. kühlen, auch durch Versprühen von Wasser, dabei aber Luftfeuchte beachten, 18 bis 21 °C ist die Wohlfühltemperatur von laktierenden Sauen
10. Gute Kondition: in der Trächtigkeit nicht zu viel füttern, da zu viel Körperfett führt über das Sättigungshormon Leptin zu vermindertem Appetit
11. Troghygiene beachten: am besten Sattfütterung, dabei keine Reste im Trog behalten, Tröge regelmäßig säubern
Quelle: Dr. Heike Engels, Der Hoftierarzt
Zuerst erschienen im E-Magazin „Der Hoftierarzt“ 4/23
Nabelgesundheit beim Kalb: Goldstandard Desinfektion oder nur bei Hygienemängeln nötig?
Nabelentzündungen beim Kalb sind eine regelmäßig vorkommende Erkrankung. Aktuell sind 20,9 % der noch nicht abgesetzten Kälber davon in Deutschland betroffen. Zur Vorbeugung wird oftmals eine frühzeitige Desinfektion des Nabels nach der Geburt empfohlen. Doch hierzu gibt es kontroverse Ansichten. Inwiefern diese Empfehlungen wissenschaftlich belegt sind, hat eine Literaturrecherche* über die Veröffentlichungen zu dieser Thematik über die letzten 40 Jahre untersucht.
Es wurden nur Studien betrachtet, in denen die Effektivität dieser Maßnahme hinsichtlich der Vorbeugung von Nabelinfektionen untersucht wurde. Insgesamt konnten nur 6 Studien gefunden werden, die den Effekt einer Nabeldesinfektion als vorbeugende Maßnahme untersucht haben. Die Studien unterschieden sich hinsichtlich der eingesetzten Desinfektionsmittel, der Tierzahl, dem Geschlecht der Kälber und der Dauer sowie der Technik der Untersuchung.
Die verwendeten Desinfektionsmittel wurden durch ein einmaliges Dip-Verfahren auf die Nabelschnur aufgebracht. Genutzt wurden Jod-Lösungen (7 %, 0,5 bis 2 %), Chlorhexidin (4 %), Chlor-Lösung (0,1 %), Trinatriumcitrat (10 %), Trocken-Nisin mit Talkumpuder, Flüssig-Nisin und einige weitere Produkte. In der Regel erfolgte die Nabeldesinfektion direkt nach dem Entdecken der neugeborenen Kälber bzw. innerhalb der ersten 30 Minuten nach der Geburt. Die Nabelschnur wurde gekürzt auf etwa 40 mm und dann in die Desinfektionslösung getaucht. Eine Studie fand heraus, dass Kälber mit einer kurz abgerissenen Nabelschnur ein höheres Risiko einer Infektion hatten als die Kälber mit längerer Nabelschnur. Eine andere Studie zeigte, dass Kälber mit einer feuchten Nabelschnur eine höhere Wahrscheinlichkeit hatten, dort eine Infektion zu entwickeln, als Kälber mit gut abgetrocknetem Nabel.
Lediglich in einer Studie konnte ein vorbeugender Effekt der Desinfektion nachgewiesen werden. Keine einzige Studie zeigte eindeutig, dass die Desinfektion mit 7 %iger Jod-Lösung der Goldstandard bei der Nabeldesinfektion ist. Grundsätzlich wiesen alle Studien methodische Mängel auf, so dass letztlich keine definitive Aussage darüber getroffen werden kann, ob sich eine Nabeldesinfektion beim Kalb positiv auf die Nabelgesundheit auswirkt.
Interessant ist vor allem die Frage, ob bei Fehlen der Risikofaktoren unhygienische Abkalbebox, ungünstiges Geburtsmanagement, schlechte Kolostrumversorgung und schlechte Iglueinstreu eine Nabeldesinfektion gar nicht nötig ist. Oder andersherum gefragt, ob eine Nabeldesinfektion nur dann sinnvoll ist, wenn die genannten Risikofaktoren vorhanden sind und auf das Kalb einwirken.
* Lange, Dorothee et al.: Auswirkung einer Nabeldesinfektion auf die Nabelgesundheit beim Kalb. Tierärztliche Praxis Großtiere Nutztiere 2022; 50: 157-162.
Quelle: Dr. Heike Engels, Der Hoftierarzt
Zuerst erschienen im E-Magazin „Der Hoftierarzt“ 4/23
Bürgerbefragung zur Tierhaltung ergibt deutlichen Verbesserungsbedarf
Die Akzeptanz tierischer Produkte schwindet in Deutschland. Die Tierhaltung wird zunehmend kritisiert. Ein SocialLab-Verbundprojekt unter der Koordination des Thünen-Instituts in Braunschweig hat nun hierzu in den Jahren 2022 und 2023 zwei Bürgerbefragungen durchgeführt (n=2004 und n=2000). Es wurde die Wahrnehmung der Haltung von Mastschweinen, Milchkühen, Masthähnchen und Legehennen überprüft. Konkrete Vorstellungen zur Haltung hatten die Bürgerinnen und Bürger bei Milchkühen, dann folgen die Mastschweine und Legehennen. Die wenigsten Vorstellungen gab es über die Haltung von Masthähnchen.
Viele Bürgerinnen und Bürger denken, dass die genannten Tierarten nicht genug Platz im Stall haben und sie nicht ins Freie kommen. Außerdem würden sie nicht artgerecht ernährt und der Stallboden sei zu hart. Zu viele prophylaktisch eingesetzte Medikamente kritisieren die Bürger und insgesamt eine zu hohe Tierzahl pro Landwirt. Nur wenige Bürger nehmen die aktuelle Haltung als gut war.
Diese Ergebnisse der Befragungen beziehen sich auf die sogenannte konventionelle Haltungsform. Die Tierhaltung nach EU-Ökoverordnung zeigt ein deutlich positiveres Bild in der gesellschaftlichen Wahrnehmung. Insgesamt zeigt die Befragung, dass ein wesentlicher Teil der Bürger erhebliches Verbesserungspotential bei der konventionellen Tierhaltung sieht. Insbesondere die Aspekte Platz, Luft und Licht werden kritisiert. Für die Bürger sind ausreichend Platz, Zugang ins Freie und ein mit Stroh eingestreuter Boden für eine tiergerechte Haltung wichtig. Die gesellschaftliche Akzeptanz der heute in Deutschland praktizierten Tierhaltung ist nicht hoch. Die Mehrheit der Bürger findet, dass das Tierwohl als Thema von allen gesellschaftlichen Gruppen angegangen werden sollte. Doch vor allem den Landwirt selber sowie den Staat sehen die Bürger in der Verantwortung, für mehr Tierwohl zu sorgen. Eine deutliche Diskrepanz ist laut der Bürgerbefragung darin zu sehen, dass der Landwirt für mehr Tierwohl sorgen sollte, und dass die Landwirte wiederum finden, dass sie schon viel für das Tierwohl tun und vom Verbraucher ein größeres finanzielles Engagement wünschen. Der Tierarzt könnte hier eine Vermittlerrolle einnehmen.
Quelle: Ivica Faletar et al: Wahrnehmung der Tierhaltung aus Bürgerperspektive. Deutsches Tierärzteblatt 8, 2023.
Niedersächsisches Agrarministerium gibt zwei Erlasse zu Tiertransporten an Behörden – weiterer Erlass folgt
Das Landwirtschaftsministerium Niedersachsen (ML) hat ein Erlasspaket zu Tiertransporten und Exporten von lebenden Tieren auf den Weg gebracht. Tierschutzwidrige Zustände sollen unterbunden werden.
Am 9. Oktober ist der sogenannte „Ägypten-Erlass“ in Kraft getreten. Dieser besagt, dass die kommunalen Behörden Tiertransporte per Schiff nach Alexandria untersagen sollen, wenn als Bestimmungsort ein Stall im dortigen Hafen angegeben ist. Dem Landwirtschaftsministerium liegen glaubhafte Informationen vor, nach denen niedersächsische Rinder nicht wie angegeben dort untergebracht waren. Der angegebene Treibweg durch den Hafen ist für die Tiere nicht passierbar. Unter diesen Voraussetzungen sind die Transporte nicht mehr zu genehmigen.
Am 22. November wurde zudem den zuständigen Veterinärbehörden der sogenannte „Untersagungs-Erlass“ zugestellt. Darin werden die kommunalen Veterinärbehörden aufgefordert, ab sofort Transporte von Rindern nach Ägypten, Algerien, Aserbaidschan, Irak, Iran, Jemen, Jordanien, Kasachstan, Kirgistan, Libanon, Libyen, Marokko, Syrien, Tadschikistan, Tunesien, Turkmenistan und Usbekistan zu untersagen.
Der Erlass stützt sich auf den Umstand, dass Rinder, die in diese Länder exportiert werden, unabhängig ob sie zur Zucht eingesetzt werden oder nicht, in absehbarer Zeit ohne Betäubung geschlachtet werden. Betäubungslose Schlachtungen von Rindern führen regelmäßig zu erheblichen, langanhaltenden Schmerzen und Leiden für die Tiere. Hierbei ist es unerheblich, ob der Zeitpunkt der Schlachtung bereits feststeht, da in den benannten Staaten das betäubungslose Schlachten die übliche Schlachtmethode ist und die dorthin transportierten Tiere mit hinreichender Wahrscheinlichkeit am Ende ihrer Nutzung auf diese Weise geschlachtet werden. Ein Rücktransport dieser Tiere nach Europa ist nach Tierseuchenrecht nicht zulässig.
Hierzu Miriam Staudte: „Da aus den genannten Ländern keine Rinder wieder nach Europa zurücktransportiert werden, enden sie alle irgendwann durch Schlachtung ohne Betäubung. Zahlreichen Berichten zufolge wird zur Fixierung der Rinder häufig erhebliche Gewalt eingesetzt und das bedeutet große Schmerzen und Leiden für die Tiere. Unsere Veterinärbehörden sind aber verpflichtet, auch künftige Verstöße gegen das Tierschutzrecht zu verhindern. Dies geht in den genannten Fällen nur durch Untersagung des Transports. Es gibt für die Veterinärbehörden kein milderes Mittel, diese drohenden Tierschutzverstöße zu verhindern.“
Ein dritter Erlass, der die Richtlinien für alle längeren Transporte in Drittländer konkretisiert, befindet sich kurz vor der Veröffentlichung. Eine der Neuerungen wird sein, dass der Organisator eines Transports durch Fotos am Bestimmungsort dokumentieren muss, dass die Tiere angekommen und bedarfsgerecht versorgt worden sind. Auf den Fotos müssen Ohrmarken der Tiere erkennbar sein. Dies prüfen die Behörden in standardmäßigen Retrospektivkontrollen.
Quelle: Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Beobachtungsstudie zum selektiven Trockenstellen
Die häufigsten Erkrankungen von Milchkühen sind u.a. subklinische Euterentzündungen, die schon ab einem Zellgehalt von 100.000 Zellen/ml Milch gesundheitlich relevant sind und zu geringerer Milchproduktion führen. Zur Behandlung werden Antibiotika eingesetzt, unter anderem zu Beginn der Trockenstehzeit, weil die Heilungsrate während der Trockenstehzeit besser ist als während der Laktation. Seit 2022 schreibt das neue Tierarzneimittelgesetz allerdings vor, bestandsweite antibiotische Behandlungen nur noch in begründeten Einzelfällen durchzuführen, um den Antibiotikaeinsatz zu reduzieren. Dazu zählt auch das Trockenstellen mit Antibiotika. Deshalb werden Kühe immer öfter selektiv antibiotisch trockengestellt.
Um zu überprüfen, ob das selektive Trockenstellen die Eutergesundheit auf längere Sicht gefährdet, wurden 90 bayerische Milchviehbetriebe bezüglich der Reduktion von antibiotischen Behandlungen zum Trockenstellen sowie deren Auswirkungen auf die Eutergesundheit untersucht. Zwischen 2016 und 2021 wurden die Betriebe innerhalb der STAR-Initiative teilweise für mehr als 3 Jahre begleitet und jährlich Viertelgemelksproben aller laktierenden Kühe der Herden genommen. Die Teilnahme war freiwillig. Bedingung für die Teilnahme war eine Tankmilchzellzahl von unter 200.000 Zellen in den 3 Monaten vor dem Projektbeginn und eine Neuinfektionsrate in der Trockenperiode von unter 25 %. Weiterhin sollte keine Kuh mit Streptococcus agalactiae oder Streptococcus canis infiziert sein, und Staphylococcus aureus sowie Streptococcus uberis sollten bei weniger als 15 Kühen zu finden sein. Für ein einheitliches Vorgehen beprobte der TGD Bayern alle teilnehmenden Betriebe zu Beginn mittels Schalmtest und ein standardisierter Fragebogen erfasste die Managementpraktiken. Der Einsatz von internen Zitzenversieglern wurde empfohlen. Die Landwirte sollten alle Behandlungen rund um das Trockenstellen dokumentieren und notieren, ob die Kuh später eine Mastitis hatte sowie weitere Details rund um die Eutergesundheit. Die Ergebnisse der Milchleistungsprüfungen wurden ebenfalls ausgewertet. Als Besonderheit in dieser Studie ist zu werten, dass viele Betriebe zu Studienbeginn nur wenige Kühe antibiotisch trockenstellten.
Behandlungen und Probemelkergebnisse wurden ausgewertet. In einigen Herden wurden zu Beginn kontagiöse Erreger (Streptococcus agalactiae und Streptococcus canis) nachgewiesen. Hier musste erst eine Sanierung der Herden stattfinden, was die antibiotikahaltigen Behandlungen im ersten Jahr erhöhte. Durchschnittlich waren 62 % der Kühe zu Beginn antibiotisch zum Trockenstellen behandelt worden. Die Häufigkeit von Trockensteherbehandlungen schwankte von Jahr zu Jahr bei den Betrieben, zeigte aber im Durchschnitt eine sinkende Tendenz. Der Einsatz von internen Zitzenversieglern nahm über die Zeit von 39 % der Kühe bis auf 84 % der Kühe zu.
Die Eutergesundheit der Herden in Bezug auf die Zellzahl blieb über die Jahre annähernd gleich, die kuhassoziierten Erreger wurden weniger. Lediglich ab dem 3. Jahr stieg die Neuinfektionsrate während der Trockenstehphase. Die Autorinnen weisen darauf hin, dass es besonders beim selektiven Trockenstellen wichtig ist den Infektionsstatus der Herde und des Einzeltieres zu kennen, um den Behandlungsbedarf zu bestimmen.
Quelle: Ulrike Sorge et al.: Selektives Trockenstellen auf bayerischen Betrieben – eine Fallserie. Tierärztliche Praxis Großtiere Nutztiere 2023; 51: S. 160 bis 167
Zuerst erschienen im E-Magazim „Der Hoftierarzt“ 5/2024