AMG-Evaluierungsbericht belegt: Tierärzte gehen sorgfältig mit Antibiotika um

Der heute vom Bundeskabinett beschlossene Bericht zur Evaluierung des Antibiotikaminimierungskonzepts der 16. Arzneimittelgesetz-Novelle (AMG-Novelle) belegt eindeutig den sorgfältigen Einsatz von Antibiotika durch Tierärzte. Die Antibiotikaabgabemenge von pharmazeutischen Unternehmen an Tierärzte wurde von 2011 bis 2017 um 57 Prozent von 1706 t auf 733 t gesenkt. Die Gesamtverbrauchsmenge an antibiotischen Wirkstoffen, die für die sechs Nutzungsarten Aufzuchtferkel, Mastschweine, Masthühner, Mastputen, Mastkälber und Mastrinder seit dem zweiten Halbjahr 2014 erhoben wird, sank zum zweiten Halbjahr 2017 um 31,6 Prozent von 298 t auf 204 t. Ein wie auch immer geartetes „Ausweichverhalten“ fand nicht statt und es gab auch keine Verschiebung in Richtung der sogenannten Reserveantibiotika. Auch Long acting/One Shot-Präparate wurden nicht eingesetzt, um die Therapiehäufigkeit zu senken. Vor allem aber zeigt sich schon jetzt eine Verbesserung der Resistenzsituation bei bestimmten Bakterien.

Der Präsident des Bundesverbandes Praktizierender Tierärzte (bpt), Dr. Siegfried Moder, ist mit dem Evaluierungsergebnis sehr zufrieden. „Zeigt es doch, dass in allen sechs Nutzungsgruppen der Einsatz von Antibiotika deutlich reduziert wurde und sich damit die im April 2014 in Kraft getretene 16. AMG-Novelle positiv ausgewirkt hat. Auswirkungen auf Keime in der Lebensmittelkette können derzeit noch nicht erwartet werden, da sich diese nur zeitverzögert einstellen. Hier muss man einen Zeitraum von fünf Jahren ansetzen.“ Einige Aspekte des Berichts bedürfen nach Moders Auffassung allerdings noch einer genaueren Beurteilung und Analyse.

Entgegen den Angaben im Evaluierungsbericht haben auch die Betriebe mit Geflügelhaltung im QS-System zur Minimierung des Antibiotikaeinsatzes beigetragen (Masthühner -14,7 %, Mastputen -25,2 %). Das belegen die Zahlen des aktuellen Statusberichts zum Antibiotikaeinsatz in der Nutztierhaltung der QS Qualität und Sicherheit GmbH. Die Reduktion der Antibiotikaanwendungen fällt damit bei den Betrieben im QS-System anscheinend deutlich höher aus als bei den nach AMG erfassten Betrieben. Ein Grund dafür könnten die im AMG festgelegten Bestandsuntergrenzen sein. Allerdings muss der Einsatz der so genannten Reserveantibiotika und von Colistin hinterfragt werden.

Des Weiteren wird im Bericht die Vermutung geäußert, dass der Antibiotikaeinsatz möglicherweise in Bereiche ohne Mitteilungspflicht verlagert werde, zum Beispiel bei schweinehaltenden Betrieben in die Nutzungsgruppe der Sauen und Saugferkel. Den Daten des Antibiotikamonitorings im QS-System zufolge ist auch diese Aussage nicht haltbar. Anders als im AMG wird im QS-System die Nutzungsgruppe Sauen und Saugferkel erfasst und es konnte – trotz des deutlich verminderten Antibiotikaeinsatzes bei Aufzuchtferkeln und Mastschweinen – kein Anstieg, sondern vielmehr eine Reduktion der Verbrauchsmengen festgestellt werden.

Ebenso bedarf die pauschale Aussage im Evaluierungsbericht, größere Betriebe hätten einen höheren Antibiotikaverbrauch, einer differenzierteren Betrachtung. Eine Studie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover zeigt nämlich, dass die Verwendung von Antibiotika insbesondere durch die Betriebskategorie (geschlossenes System oder spezialisierte Produktion) beeinflusst wird.

„Es ist an der Zeit, sich jetzt nicht noch auf weitere Antibiotikareduktionen zu fokussieren, sondern endlich die seit Jahren geforderten, notwenigen Änderungen im AMG vorzunehmen. Schließlich wollen wir ja nicht reduzieren um des Reduzierens willen, sondern um Resistenzen zu minimieren“, macht Siegfried Moder deutlich. Änderungsbedarf sieht der Verband vor allem in der Festlegung einer verbindlichen, gesetzlichen Wirkdauer bei One-Shot-Präparaten. Nicht sinnvoll erscheint überdies die Wertung von fest zugelassenen Kombinationspräparaten bei der Errechnung der Therapiehäufigkeit. Letztlich ist aber auch zu klären, ob eine einheitliche europäische Kennzahl nicht zielführender wäre als die Therapiehäufigkeit und ob die Festlegung der derzeitigen Kennzahl 2 Sinn ergibt, da bei einigen Nutzungsarten zu viele Betriebe reglementiert werden.

Mit Blick auf die Diskussion auf EU-Ebene hinsichtlich der Definition von Reserveantibiotika im Zuge der Umsetzung der EU-Tierarzneimittelverordnung zeigt der Bericht, dass es keiner Verbote bedarf, wenn Antibiotika gezielt eingesetzt werden.

Evaluierungsbericht und QS-Stellungnahme zum Download auf der Website des bpt.

Quelle: bpt

EsRAM-Projekt stellt Forschung zu Antibiotikaresistenzen vor

Wie kann es gelingen, das Auftreten antibiotikaresistenter Erreger in der gesamten Erzeu-gungskette von Hähnchenfleisch bestmöglich zu reduzieren? Dieser Kernfrage hat sich der EsRAM*-Forschungsverbund unter wissenschaftlicher Leitung der Freien Universität Berlin und mit dem Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft e.V. (ZDG) als Hauptwirt-schaftspartner in den vergangenen drei Jahren angenommen (*EsRAM steht für Entwick-lung stufenübergreifender Reduktionsmaßnahmen für Antibiotikaresistente Erreger beim Mastgeflügel). Beim Abschluss-Symposium in Berlin haben die Wissenschaftler jetzt vor rund 150 Gästen ihre innovativen und praxisorientierten Ergebnisse vorgestellt und Hand-lungsoptionen für die Zukunft diskutiert.

„Reduzierung von Resistenzen enorm wichtig – Geflügelwirtschaft will Beitrag leisten“
„Die Reduzierung von Antibiotikaresistenzen ist enorm wichtig – für die Veterinärmedizin ebenso wie für die Humanmedizin. Wir als deutsche Geflügelwirtschaft wollen hier einen aktiven und wichtigen Beitrag leisten“, begründet ZDG-Präsident Friedrich-Otto Ripke das intensive Engagement der Geflügelwirtschaft in diesem Forschungsprojekt. In sieben Ar-beitspaketen hat EsRAM jedes Glied der Erzeugungskette von Hähnchenfleisch untersucht, immer auf der Suche nach Lösungen, das Vorkommen und die Übertragung antibiotikare-sistenter Keime wie MRSA und ESBL-bildender E. coli zu reduzieren. Die wissenschaftliche Leitung des Projekts liegt bei Prof. Dr. Uwe Rösler vom Institut für Tier- und Umwelthygie-ne der Freien Universität Berlin. Er schildert den ganzheitlichen Ansatz des vom Bundesmi-nisterium für Ernährung und Landwirtschaft mit rund 2,5 Millionen Euro geförderten Vor-habens: „Wir haben stufenübergreifend geforscht – von der Ebene der Brütereien über die Mast bis hin zur Schlachtung und Verarbeitung. Und das Projekt hat in jedem Bereich wich-tige Erkenntnisse hervorgebracht, die in praxisnahe, effektive Maßnahmen umgesetzt werden können.“

Besonders vielversprechend: „Competitive Exclusion“-Kulturen – aber: Zulassung fehlt
Besonders vielversprechende Erkenntnisse hat EsRAM vor allem im prophylaktischen Ein-satz sogenannter „Competitive Exclusion“-Kulturen (CE) an Küken hervorgebracht. Die Forscher haben gezeigt, dass mit diesem Verfahren die Besiedlung des Darms mit antibio-tikaresistenten Keimen entscheidend vermindert werden kann und eine stabile Tier-gesundheit durch signifikant verbesserte Abwehrkräfte im Darm gesichert ist. Das Problem aber: Die Rechtsgrundlage in Deutschland lässt den Einsatz von CE-Kulturen aktuell nicht zu. „Wir brauchen dringend eine gesellschaftlich-politische Diskussion über effektive und zielführende Verfahren, die in Deutschland noch nicht zugelassen sind“, forderten sowohl ZDG-Präsident Ripke als auch EsRAM-Leiter Prof. Rösler mehrmals im Verlauf des EsRAM-Abschluss-Symposiums.

Besatzdichte, Rasse und Mastdauer spielen bei Resistenzen nur untergeordnete Rolle
Gute Nachrichten hat EsRAM zur Ausbringung von Geflügelmist auf landwirtschaftliche Flächen: Die Forscher haben festgestellt, dass bei sachgerechter Lagerung, Kompostierung oder Fermentierung des Geflügelmistes keine nennenswerten Mengen resistenter Keime verbreitet werden. Und, auch dies ein unerwartetes Ergebnis: Faktoren wie Besatzdichte oder Rasse und Mastdauer spielen für die Kolonisierung der Hähnchen mit MRSA und ESBL-bildenden E. coli nur eine untergeordnete Rolle. Weitere EsRAM-Teilprojekte befass-ten sich unter anderem mit der Brutei-Desinfektion, dem Einsatz von Probiotika sowie weiteren Maßnahmen auf Ebene von Mast, Schlachtung und Verarbeitung.

Lob aus der Politik – Connemann: „EsRAM zu initiieren, war schon eine Heldentat“
Die vielversprechenden Ansätze der Forschungen diskutierten EsRAM-Leiter Prof. Rösler und ZDG-Präsident Ripke bei der abschließenden Podiumsdiskussion mit Gitta Connemann MdB, der stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, und Prof. Dr. Karsten Nöckler vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). „EsRAM zu initiieren, war schon eine Heldentat“, lobte Gitta Connemann ausdrücklich das Engagement der Geflü-gelwirtschaft und den ganzheitlichen Forschungsansatz. „Beispielhaft, außergewöhnlich und bislang einmalig in Deutschland“ sei der bewusst auf die gesamte Erzeugungskette gerichtete Blick des Forschungsprojektes, „eine exzellente Investition, um den Blick der Politik zu schärfen“, die beim Thema Antibiotikaeinsatz und -resistenzen bislang nahezu ausschließlich einen quantitativen Ansatz verfolge. „Wo müssen wir Türen öffnen?“, fragte Connemann auch selbstkritisch in Richtung Politik – befürchtete aber zugleich, dass die Zulassung der CE-Kulturen „ein dickes Brett“ sein werde. Für das BfR betont auch Prof. Dr. Karsten Nöckler die Notwendigkeit, hier gesamtgesellschaftlich zu Lösungen zu kommen: „Mit EsRAM haben wir Alternativen entwickelt, um Resistenzen signifikant zu reduzieren“, betonte er. „Jetzt müssen wir gemeinsam daran arbeiten, um die Frage der Zulassung erfolgreich zu klären.“

Wissenschaftliche Erkenntnisse in Praxis überführen – Aktionsplan bis Ende des Jahres
Wie geht es nach den wertvollen Erkenntnissen durch das EsRAM-Projekt jetzt weiter? Für die deutsche Geflügelwirtschaft kündigte ZDG-Präsident Ripke an, zur konkreten Umset-zung der EsRAM-Erkenntnisse in die Praxis eine ZDG-Fachgruppe zur Erarbeitung eines Aktionsplans einzurichten: „Wir sind dankbar für die wichtigen Ergebnisse, die EsRAM hervorgebracht hat, und tun alles uns Mögliche, um diesen Erkenntnisgewinn in die Praxis umzusetzen. Bis Ende dieses Jahres werden wir praktikable Lösungen erarbeitet haben.“

Weitere Informationen zum EsRAM-Projekt:
Ein Kurzfilm zu den Inhalten des EsRAM-Verbundforschungsvorhabens und der Abstract-Band zu den Ergebnissen der einzelnen EsRAM-Teilprojekte stehen online zur Verfügung: www.esram-symposium.de

Quelle: ZDG

Spülsystem im Magen schont die Zähne der Wiederkäuer

Ziegen, Schafe und Kühe nehmen mit dem Fressen oft zahnschädigende Erdpartikel auf. Wie sich die Tiere vor zu schnellem Zahnabrieb schützen, zeigen nun Forschende der Universität Zürich auf: Das Magensystem der Wiederkäuer wäscht die aufgenommene Nahrung vor dem zweiten Kauen von Staub und Sand frei.

„Tiere, die auf der Weide grasen, fressen mit den Pflanzenhalmen immer auch etwas Erde und Staub“, sagt Jean-Michel Hatt, Professor an der Klinik für Zoo-, Heim- und Wildtiere der Universität Zürich. In trockenen Regionen mit staubigen Winden ist dies besonders ausgeprägt – entsprechend beansprucht werden die Kauwerkzeuge. Sein Forschungsteam zeigt nun auf, dass unterschiedliche Mechanismen einen übermäßigen Abrieb der Zähne verhindern – und damit auch das Überleben der Tiere sichern.

Kurze und lange Zähne im gleichen Habitat
Pferde oder Zebras zum Beispiel haben sehr lange Zähne entwickelt, um den durch Staub und Sand verursachten Abrieb auszugleichen. Rinder oder Gnus dagegen weisen viel kürzere Kauinstrumente aus. „Man hat sich schon immer gefragt, warum Wiederkäuer im gleichen Habitat mit kürzeren Zähnen auskommen“, erklärt Hatt.

Letztere verfügen mit Pansen, Netz-, Blätter- und Labmagen über ein mehrkammeriges Magensystem, das die aufgenommene Pflanzennahrung mit Hilfe von Bakterien verdaut. Es umspült den Inhalt mit Flüssigkeit und sortiert ihn in Material, das schon fein genug zerkleinert ist, und solches, das zum erneuten Kauen wieder hochgewürgt wird. Man vermutete schon länger, dass der zu wiederkäuende Nahrungsbrei bereits von Staub und Sand befreit ist.

Sand sammelt sich im Magen an
Jean-Michel Hatt und sein Team haben nun erstmals den Einfluss verschiedener Futtermittel auf den Zahnabrieb getestet. Die Forschenden beobachteten anhand von Computertomographien bei Ziegen, dass der mitgefressene Sand nicht gleichmäßig im Magen-Darm-Trakt verteilt wird, sondern sich an bestimmten Stellen sammelt. „Wir konnten zeigen, dass im oberen Pansen – wo das Material zum Wiederkauen wieder hochgewürgt wird – deutlich weniger Sand enthalten war als im aufgenommenen Futter selbst“, erklärt Hatt.

Was passiert mit dem Sand? Er sinkt zuerst im Pansen nach unten und sammelt sich im Labmagen, passiert den Darm und wird dann mit dem unverdauten Material im Kot ausgeschieden. „Organismen, die ein derartiges Spülsystem entwickeln, werden das abgewaschene Material problemlos auf natürliche Art wieder los“, sagt Hatt. Nur wenn die Tiere auf einmal eine große Menge Sand aufnehmen – zum Beispiel bei schlecht hergestellten Silagen mit ungewöhnlicher Kontamination durch Erde – können Komplikationen auftreten.

Erfolgsmodell „Wiederkäuer“
Der Befund ist für Hatt ein weiteres Puzzlestück, das den evolutionären Erfolg des Modells „Wiederkäuer“ erklärt. Und es zeige auch, warum die Tiere das erste Mal viel weniger gründlich zerkleinern als später, wenn sie das saubere Material wiederkäuen.

Quelle: Universität Zürich

Big Data für die öffentliche Gesundheit

Experten wollen Daten aus Human- und Veterinärmedizin in Niedersachsen zusammenführen und auswerten.

Vorhandene Daten nutzen, um Ausbrüchen von Infektionskrankheiten besser vorzubeugen und sie früher zu erkennen – das ist grob vereinfacht das Ziel des Projektes „Connect OHD – Connect One Health Data for Integrated Disease Prevention“. Das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur fördert das Projekt im Förderprogramm „Big Data in den Lebenswissenschaften der Zukunft: Chancen datenintensiver Forschung und personalisierter Medizin“ über drei Jahre mit über einer Million Euro. Projektpartner sind das Institut für Biometrie, Epidemiologie und Informationsverarbeitung der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo), das Niedersächsische Landesgesundheitsamt (NLGA) und das Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES).

Weltweit sind etwa 65 Prozent der größeren Krankheitsausbrüche zoonotischen Ursprungs – das heißt, die Erreger können zwischen Tieren und Menschen übertragen werden. Dennoch agieren Human- und Tiermedizin nach wie vor weitestgehend getrennt. Der sogenannte One Health-Ansatz soll die beiden Disziplinen enger zusammenführen. Professor Dr. Lothar Kreienbrock, Leiter des Instituts für Biometrie, Epidemiologie und Informationsverarbeitung der TiHo, erklärt: „Das NLGA erhebt im humanmedizinischen Bereich eine große Menge Daten zu Infektionserregern und Krankheitsausbrüchen, das LAVES macht das gleiche im Aufgabenbereich der Tiermedizin. Wechselseitig sind die Daten zurzeit allerdings noch nicht nutzbar. Daher sollen Konzepte für eine gemeinsame Nutzung und Auswertung entwickelt werden, sodass für Niedersachsen künftig bessere Vorhersagen und Analysen für die öffentliche Gesundheit bereitgestellt werden können.“

Die Daten sind sehr unterschiedlich und liegen in verschiedenen Datenbanken vor. Einige Daten werden kontinuierlich erhoben, andere nur bei aktuellen Vorkommnissen. Das NLGA pflegt für die Humanmedizin beispielsweise seit 2001 eine Datenbank mit 51 meldepflichtigen Krankheiten. Das LAVES hält eine ähnliche Datenbank für die Tiermedizin vor: Die Landeseinrichtung untersucht jährlich über 1,2 Millionen Proben aus Tierhaltungen, darunter auch von meldepflichtige Krankheiten. Hinzukommen in beiden Landesbehörden unterschiedliche Datenbanken zur Überwachung von Antibiotikaresistenzen, Atemwegserkrankungen, Meningitis und Encephalitis, Noro- und Rotaviren, zoonotischen Erregern, Lebensmitteln tierischen Ursprung wie Eier, Milch, Käse, Honig und Fleisch sowie Futtermitteln.

Um diese Daten besser verfügbar und auswertbar zu machen, werden die die beteiligten Institutionen in dem Projekt ein „Data Warehouse“ entwickeln, auf das Forschungseinrichtungen und Behörden kontinuierlich zugreifen können. Die Daten sind für den Austausch anonymisiert. Dadurch können Risikofaktoren für die Gesundheit von Mensch und Tier schneller und besser identifiziert werden. Insbesondere Krankheitsausbrüche durch Zoonoseerreger und Antibiotikaresistenzen erfordern einen schnellen Informationsaustausch sowie eine zeitnahe komplexe epidemiologische Analyse aller relevanten Daten. Die Zusammenführung der Daten ermöglicht es zudem, Kontrollmaßnahmen zu verbessern und gezieltere Vorsorgemaßnahmen zu entwickeln.

Um die Daten für Forschungsarbeiten nutzen zu dürfen, werden die Projektpartner zudem den rechtlichen Rahmen und alle Datenschutzfragen klären.

Quelle: Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

Praxistipp: Hygienekontrolle bei Betrieb einer Milchtankstelle

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Ab und an ruft ein Milcherzeuger bei der Milchtierherden-Betreuungs- und Forschungsgesellschaft mbH (MBFG) in Wunstorf bei Hannover an, der einen Rohmilchabgabeautomaten („Milchtankstelle“) betreibt und wissen möchte, welche Hygienekontrolle er im Zusammenhang mit dem Betrieb des Automaten machen soll. In manchen Fällen hat das für die behördliche Überwachung des Milchviehbetriebs zuständige Veterinäramt auf eine Hygienekontrolle mittels Laboruntersuchungen gedrängt. Dann ist oftmals nicht klar, welchen Umfang die Kontrolle haben muss und worauf das Labor untersuchen soll. Dr. Thomas Peters, Geschäftsführer und Tierärztlicher Leiter der MBFG, gibt im Gespräch mit dem Hoftierarzt eine Hilfestellung für die Problematik.

Dr. Peters, welche Pflichten bestehen hinsichtlich des Verkaufes von Rohmilch?
Ab Hof verkaufte Rohmilch soll vom Verbraucher vor Verzehr abgekocht werden. An der Abgabestelle der Rohmilch muss bekanntlich ein gut sichtbares Schild mit dem Text „Rohmilch, vor dem Verzehr abkochen“ vorhanden sein. Das gilt selbstverständlich auch wenn ein Abgabeautomat, also eine „Milchtankstelle“, genutzt wird.

Reicht so ein Schild rechtlich aus, wenn es zu Beanstandungen kommt?
Juristisch mag man sich auf ein existierendes Hinweisschild berufen, wenn ein Kunde nach dem Verzehr nicht abgekochter Rohmilch erkrankt, weil die Milch krankmachende Keime enthielt. Nach dem Motto „Selbst schuld!“ Aber andererseits ist ein Lebensmittelunternehmen grundsätzlich dafür verantwortlich, dass es Lebensmittel so produziert, dass sie für den Verbraucher sicher sind. Das heißt auch, dass eine gute Lebensmittelhygiene zu gewährleisten ist. Wie aber soll man wissen, ob nicht nur die Melkhygiene und die Reinigung und Desinfektion der Melkanlage in Ordnung sind, sondern auch die Kühlung der Milch in der Milchtankstelle und die regelmäßige Reinigung und Desinfektion des Abgabeautomaten korrekt erfolgen? Bei dieser Unsicherheit gibt eine Laboruntersuchung einer aus dem Abgabeautomaten gezapften Milchprobe Gewissheit.

Wie oft sollten solche Milchproben gezogen werden?
Wir empfehlen, zwecks Eigenkontrolle mindestens einmal jährlich eine solche Untersuchung vornehmen zu lassen. Wir empfehlen außerdem eine Untersuchung VOR dem Beginn des Rohmilchverkaufs über einen Automaten. Denn bevor man die Vermarktung von Rohmilch mittels eines Automaten beginnt ist es ratsam, einmal die Rohmilch des Betriebs untersuchen zu lassen, um Problemen vorzubeugen. Unseres Erachtens sollte bei der jährlichen Untersuchung vornehmlich auf Enterobacteriaceae und auf den Gesamtkeimgehalt sowie auf koagulasepositive Staphylokokken untersucht werden. Der Gehalt an Enterobacteriaceae und der Gesamtkeimgehalt lassen erkennen, ob die Milchgewinnungshygiene, die Kühlung der Milch und die Reinigung und Desinfektion des Abgabeautomaten in Ordnung sind. Der Gehalt an koagulasepositiven Staphylokokken liefert eine Information darüber, ob Staphylococcus aureus in der Tankmilch in nennenswerter Konzentration enthalten ist. Das ist von Bedeutung, weil die als Mastitiserreger bekannten Staphylococcus aureus über ein von ihnen abgegebenes Gift Enterotoxin auch Durchfall verursachen können.

Was ist, wenn Verbraucher die Rohmilch doch nicht abkochen?
Wer den Verdacht hegt, dass ein Teil der Kundschaft die Milch vor dem Verzehr nicht abkocht, mag mit Untersuchungen auf Escherichia coli und unter Umständen auf EHEC, auf Listeria monocytogenes, auf Salmonellen und auf Campylobacter sicher gehen. Bei einer solchen Kontrolle kann man durchaus nicht nur an die Gesundheit der Kunden, sondern auch an den Eigennutz des Betreibers der Milchtankstelle denken. Denn eine Häufung von Durchfallerkrankungen, die mit dem Konsum von aus der Milchtankstelle stammender Rohmilch in Zusammenhang gebracht wird, führt sicherlich nicht zu guter Presse. Negativmeldungen verbreiten sich bekanntlich besonders gut und können das Geschäft gefährden. Das Labor der MBFG kann alle obengenannten Untersuchungen durchführen. Geeignete Probenbehältnisse und Verpackungen, die einen Kühltransport der Proben ermöglichen, werden zur Verfügung gestellt.

Ist mit dieser jährlichen Untersuchung der Dokumentation genüge getan?
Es existiert keine rechtliche Vorschrift, die dem Betreiber des Abgabeautomaten eine regelmäßige mikrobiologische Kontrolle der am Rohmilchabgabeautomaten zu zapfenden Rohmilch auferlegt. Eine jährliche Kontrolle gibt jedoch nur eine grobe Orientierung. Die MBFG empfiehlt daher zwecks der Kontrolle der Kühlung der Milchtankstelle und zwecks der Kontrolle von Reinigung und Desinfektion des Abgabeautomaten mindestens alle zwei Monate eine Untersuchung von aus dem Automaten gezapfter Milch. Bei einer solchen regelmäßigen Untersuchung sollte es jeweils in erster Linie um den Gesamtkeimgehalt gehen. Wer Milch an eine Molkerei liefert kennt diesen Hygieneparameter. Denn gemäß Milch-Güteverordnung wird die Tankmilch des Betriebs mindestens zweimal im Monat auf den Gesamtkeimgehalt geprüft. Ist der Gesamtkeimgehalt zu hoch, ist vornehmlich an eine mangelnde Reinigung und Desinfektion der Melkanlage bzw. des Milchtanks sowie an eine unzureichende Kühlung zu denken. Die Untersuchungsergebnisse zu der an die Molkerei gelieferten Milch lassen aber nicht erkennen, ob mit der Kühlung der Milch im Rohmilchabgabeautomaten und mit der Reinigung und Desinfektion des Automaten alles in Ordnung ist. Daher sollte mindestens alle zwei Monate aus dem Automaten eine Milchprobe gezapft werden. Vornehmlich kurz bevor die im Automaten verbliebene Restmenge ausgeleert wird.

Wird das nicht ganz schön teuer?
Nein. Die regelmäßige Untersuchung der aus dem Abgabeautomaten stammenden Milch auf deren Gesamtkeimgehalt kann auch mit demselben preisgünstigen durchflusszytometrischen Verfahren erfolgen wie die Untersuchung der an die Molkerei gelieferten Milch. Bei dem sogenannten Bactoscanverfahren werden alle in der Milch enthaltenen lebenden und toten Keime angefärbt und die angefärbten Partikel elektronisch gezählt. Die Zahl dieser Partikel ist nur ein grober Hygienemaßstab, aber die Bactoscan-Methode ist für eine preisgünstige regelmäßige Kontrolle gut geeignet. Die Untersuchungskosten liegen in einer Größenordnung von 2 bis 3 Euro pro Probe.
Die Bactoscan-Methode wird in jenen Laboren angewandt, die für die gemäß Milch-Güteverordnung durchgeführten Untersuchungen der an die Molkerei gelieferten Milch zuständig sind, also Milchkontrollverband (MKV) bzw. Landeskontrollverband (LKV) bzw. Milchprüfring (MPR). Will man die regelmäßige Kontrolle der aus dem Abgabeautomaten zu zapfenden Rohmilch auf deren Gesamtkeimgehalt mit dem Bactoscanverfahren machen lassen, sollte man bei dem Milch-Güte-Labor geeignete Probengefäße, mit dem Konservierungsmittel Borsäure versehene kleine Kunststoffflaschen, und zugehörige Auftragsformulare erbitten. Möglicherweise kann der Transport solchen Leerguts zum Milcherzeuger und der Transport der „Sonderproben“ ins Milch-Güte-Labor durch den Milchsammelwagen erfolgen.

Können mit den Untersuchungsergebnissen auch Rückschlüsse auf den Eutergesundheitszustand der Milchviehherde gezogen werden?
Der regelmäßig bestimmte Gesamtkeimgehalt der Rohmilch lässt keine Rückschlüsse auf die Eutergesundheit der Herde zu. Der Gesamtkeimgehalt wird in erster Linie von der Reinigung und Desinfektion der Milchleitungen und des Milchtanks sowie von der Kühlung der Milch beeinflusst. Auch der Gehalt an Enterobacteriaceae ist ein Hygieneindikator, kein Eutergesundheitsindikator. Wenn die Milch aber sogenannte koagulasepositive Staphylokokken in hoher Konzentration aufweist, ist es wahrscheinlich, dass es ein Problem mit durch Staphylococcus aureus infizierten Eutern gibt.

Dr. Peters, vielen Dank für das Gespräch!

Dr. Thomas Peters und sein tierärztliches Team der MBFG stehen gerne für Fragen zu diesem Thema zur Verfügung: Tel: 0 50 31 – 96 90 94. Auch vorliegende Untersuchungsergebnisse können erörtert werden.

Das Interview führte Dr. Heike Engels

MSD Tiergesundheit stellt erneut 2,5 Millionen BTV-8 Impfstoffdosen bereit

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• Blauzungenimpfstoffe bei MSD Tiergesundheit derzeit voll lieferfähig
• Ende Mai und Anfang Juni bereits erneut große Chargen an BTV-8 Impfstoffen ausgeliefert
• MSD Tiergesundheit steht in der Bekämpfung der Blauzunge als Partner an der Seite der Tierärzte und Landwirte
• Weitere Lieferungen an Blauzungen-Impfstoffen auch in den nächsten Monaten geplant

Haar bei München, 12. Juni 2019 – Erst regnerisch und feucht, dann heiß und sonnig: In weiten Teilen Deutschlands herrscht perfektes Wetter für Gnitzen, kleine, blutsaugende Mücken, die das Blauzungen-Virus übertragen können. Um das weitere Verbreitungsrisiko der Blauzungen-Erkrankung in Deutschland einzudämmen, stellt MSD Tiergesundheit auch im Juni 2019 Millionen Dosen Blauzungenimpfstoff gegen Serotyp 8 (BTV-8 ) zur Verfügung.

„Die Blauzungenerkrankung kann nur durch flächendeckende Impfmaßnahmen ausgerottet werden. Insbesondere in den Sommermonaten steigt die Gefahr neuer Blauzungenfälle. Umso wichtiger ist jetzt ein wirkungsvoller Impfschutz. Auch in dieser risikoreichen Sommerzeit steht MSD Tiergesundheit mit zusätzlichen Impfkontingenten an der Seite der Tierärzte und Lanwirte.“ so Dr. Stefan von Rüden, Leiter Bereich Nutztiere von MSD Tiergesundheit.

Wer heute bestellt, wird aktuell umgehend beliefert. Je nach Nachfrage kann sich die Situation schnell wieder ändern. Auch gegen BTV Serotyp 4 ist Impfstoff vorrätig und sofort lieferbar. Bereits Ende Mai und Anfang Juni hatte MSD in großen Mengen BTV-8 Impfstoffe ausgeliefert. Und auch in den nächsten Monaten setzt MSD alles daran, weitere Chargen mit größeren Impfstoffmengen bereitzustellen.

Nur wenn die Durchimpfungsrate hoch ist, kann die Ausbreitung des Blauzungen-Virus verhindert werden. Mit jedem neuen, positiven Blauzungen-Befund wird ein Gebiet mit einem Radius von 150km um den befallenen Betrieb für zwei Jahre zur Restriktionszone erklärt. Im Sinne des Tierwohls und der Wirtschaftlichkeit gilt es dies zu vermeiden. Wirksame Impfstoffe sind dabei in der Tierseuchenbekämpfung ein unumgänglicher Baustein.

Quelle: MSD Tiergesundheit

ForFarmers „Vets In Poultry Symposium“ – Fachtierärzte für Geflügel aus ganz Europa trafen sich zum Wissensaustausch

ForFarmers organisierte Symposium für Fachtierärzte für Geflügel

Wissens- und Informationsaustausch
Magen-Darm-Gesundheit von Geflügel und Verbindung zur Ernährung standen im Mittelpunkt
Virale Herausforderungen in der Geflügelhaltung

Am 05. und 06. Juni begrüßte ForFarmers Fachtierärzte für Geflügel zum Vets In Poultry Symposium in Düsseldorf. 55 Tierärzte aus Europa – davon zehn aus Deutschland – nahmen die Einladung zum Wissens- und Informationsaustausch an. Im Mittelpunkt des zweitägigen Programms stand die Magen-Darm-Gesundheit von Geflügel und die Verbindung zur Tierernährung.

„Eine schlechte Darmgesundheit zählt weltweit zu den wichtigsten Ursachen für Leistungseinbußen bei Geflügel”, erklärte Philip Hammond, Geflügeltierarzt bei Crowshall Veterinary Services LLP (United Kingdom).

„Die Vorbeugung von Darmerkrankungen sorgt für bessere Leistungen und eine gute Tiergesundheit und damit eine höhere Rentabilität. Ein präventiver Gesundheitsansatz, bei dem Signale im Stall, historische Daten und eine schnelle Diagnose optimal genutzt werden, sind für alle Geflügelarten von entscheidender Bedeutung.“

Auch Prof. Richard Ducatelle von der Ghent University (Belgien) betonte in seinem Vortrag die Bedeutung einer guten Darmgesundheit. „Die mikrobielle Darmflora hat großen Einfluss auf die allgemeine Gesundheit von Geflügel. Ein Ansatz, bei dem diese Mikroflora positiv unterstützt wird, wirkt sich positiv auf die Gesundheit von Tieren, deren Wohlbefinden und die Wirtschaftlichkeit der Produktion aus.“

Geflügelhaltung ist Hochleistungssport
Die teilnehmenden Tierärzte diskutierten außerdem über die viralen Herausforderungen innerhalb des Geflügelsektors und Ernährungsstrategien, die zu einer besseren Darmgesundheit von Geflügel führen können. Denn darüber waren sich alle Teilnehmer einig: Geflügelhaltung ist Hochleistungssport. Es gibt eine Vielzahl von Elementen, die stimmig sein müssen, um den Tieren eine optimale Leistung zu ermöglichen. Gleichgültig, ob es sich um Masthähnchen oder Legehennen handelt; hervorragende Ergebnisse lassen sich nur dann realisieren, wenn alle Bedingungen optimal sind. Beispielsweise die Qualität der Küken, Futter, Gesundheit, Management, Lüftung und Stallungen. Um optimale Bedingungen zu schaffen, arbeitet der Geflügelhalter am besten eng mit seinem Tierarzt und Futtermittellieferanten zusammen.

Optimale Zusammenarbeit
Durch den Austausch von Wissen und Informationen bei einem solchen Symposium optimiert ForFarmers die Zusammenarbeit in diesem Dreieck Geflügelhalter/Tierarzt/Futterlieferant weiter. ForFarmers sieht darin einen wichtigen Beitrag zur Erzielung einer besseren Rendite, zu gesünderen Tieren und einer höheren Effizienz auf dem landwirtschaftlichen Betrieb.

Quelle: ForFarmers

Bundesverwaltungsgericht urteilt: Töten männlicher Küken tierschutzrechtlich nur noch übergangsweise zulässig

In seiner Pressemitteilung von heute führt das Bundesverwaltungsgericht aus:

Das wirtschaftliche Interesse an speziell auf eine hohe Legeleistung gezüchteten Hennen ist für sich genommen kein vernünftiger Grund i.S.v. § 1 Satz 2 des Tierschutzgesetzes (TierschG) für das Töten der männlichen Küken aus diesen Zuchtlinien. Da voraussichtlich in Kürze Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei zur Verfügung stehen werden, beruht eine Fortsetzung der bisherigen Praxis bis dahin aber noch auf einem vernünftigen Grund. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.

Der Kläger betreibt eine Brüterei. Die dort ausgebrüteten Eier stammen aus Zuchtlinien, die auf eine hohe Legeleistung ausgerichtet sind. Für die Mast sind Tiere aus diesen Zuchtlinien wenig geeignet. Deshalb werden die männlichen Küken kurz nach dem Schlüpfen getötet. Das betraf in Deutschland im Jahr 2012 etwa 45 Millionen Küken. Der Beklagte untersagte dem Kläger mit Verfügung vom 18. Dezember 2013 ab dem 1. Januar 2015 die Tötung von männlichen Küken. Er folgte damit einem an alle Kreisordnungsbehörden des Landes gerichteten Erlass, der auf das zuständige Landesministerium zurückging.

Das Verwaltungsgericht Minden hat die Untersagungsverfügung aufgehoben, das Oberverwaltungsgericht Münster die Berufung des Beklagten zurückgewiesen: Die Tötung der männlichen Küken erfolge nicht ohne vernünftigen Grund i.S.v. § 1 Satz 2 TierSchG.

Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Entscheidung nur im Ergebnis bestätigt. Gemäß § 1 Satz 2 TierSchG darf niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Das Tierschutzgesetz schützt – anders als die Rechtsordnungen der meisten anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union – nicht nur das Wohlbefinden des Tieres, sondern auch sein Leben schlechthin. Vernünftig im Sinne dieser Regelung ist ein Grund, wenn das Verhalten gegenüber dem Tier einem schutzwürdigen Interesse dient, das unter den konkreten Umständen schwerer wiegt als das Interesse am Schutz des Tieres. Im Lichte des im Jahr 2002 in das Grundgesetz aufgenommenen Staatsziels Tierschutz beruht das Töten der männlichen Küken für sich betrachtet nach heutigen Wertvorstellungen nicht mehr auf einem vernünftigen Grund. Die Belange des Tierschutzes wiegen schwerer als das wirtschaftliche Interesse der Brutbetriebe, aus Zuchtlinien mit hoher Legeleistung nur weibliche Küken zu erhalten. Anders als Schlachttiere werden die männlichen Küken zum frühestmöglichen Zeitpunkt getötet. Ihre „Nutzlosigkeit“ steht von vornherein fest. Zweck der Erzeugung sowohl der weiblichen als auch der männlichen Küken aus Zuchtlinien mit hoher Legeleistung ist allein die Aufzucht von Legehennen. Dem Leben eines männlichen Kükens wird damit jeder Eigenwert abgesprochen. Das ist nicht vereinbar mit dem Grundgedanken des Tierschutzgesetzes, für einen Ausgleich zwischen dem Tierschutz und menschlichen Nutzungsinteressen zu sorgen.

Die bisherige Praxis wurde allerdings – ausgehend von einer damaligen Vorstellungen entsprechenden geringeren Gewichtung des Tierschutzes – jahrzehntelang hingenommen. Vor diesem Hintergrund kann von den Brutbetrieben eine sofortige Umstellung ihrer Betriebsweise nicht verlangt werden. Bereits im Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts war absehbar, dass in näherer Zukunft eine Geschlechtsbestimmung im Ei möglich sein würde. Die weitere Entwicklung hat diese Einschätzung bestätigt. Ohne eine Übergangszeit wären die Brutbetriebe gezwungen, zunächst mit hohem Aufwand eine Aufzucht der männlichen Küken zu ermöglichen, um dann voraussichtlich wenig später ein Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei einzurichten oder ihren Betrieb auf das Ausbrüten von Eiern aus verbesserten Zweinutzungslinien umzustellen. Die Vermeidung einer solchen doppelten Umstellung ist in Anbetracht der besonderen Umstände ein vernünftiger Grund für die vorübergehende Fortsetzung der bisherigen Praxis.

BVerwG 3 C 28.16 – Urteil vom 13. Juni 2019

Quelle: Bundesverwaltungsgericht

Kommentar des BMEL
Klöckner: Kükentöten ist ethisch nicht vertretbar
Statement der Bundesministerin Julia Klöckner zum heutigen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Kükentöten

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner: „Meine Position zum Kükentöten ist schon lange klar: Ethisch ist es nicht vertretbar, diese Praxis muss so schnell wie möglich beendet werden. Mit insgesamt über acht Millionen Euro fördere ich mit meinem Ministerium daher mehrere Verfahren und Initiativen, die das zukünftig überflüssig machen. Dazu zählt die Aufzucht und Haltung männlicher Küken aus Legelinien, so genannte ‚Bruderhähne‘ oder ‚Zweinutzungshühner‘, die wir voranbringen. Sie sind auf dem Markt, der Verbraucher hat bereits heute die Wahl.

Ein Durchbruch ist vergangenes Jahr zudem mit einem Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Brut-Ei gelungen – weibliche Küken werden hier ausgebrütet, männliche nicht. Mit fünf Millionen Euro haben wir die Entwicklung gefördert, in der Praxis kommt es bereits zur Anwendung. Es ist auf dem Weg zur Serienreife, wird den Brütereien bald flächendeckend zur Verfügung stehen.

Alternativen stehen also zur Verfügung. Sie müssen aber auch rasch angewendet werden, um das Kükentöten schnellstmöglich zu beenden. Verbände und Unternehmen nehme ich hier in die Pflicht, habe die klare Erwartungen an sie, tätig zu werden. Mit Vertretern der Wissenschaft werde ich sie daher zeitnah an einen runden Tisch zusammenholen.
Miteinbezogen werden müssen aber auch die Verbraucherinnen und Verbraucher. Mit ihrer Kaufentscheidung haben sie es letztlich mit in der Hand, ob sich innovative Verfahren durchsetzen oder immer mehr Eier importiert werden.“

Quelle: BMEL

Stellungnahme des ZDG
„Kluge Entscheidung wird Realität gerecht und ist auch Auftrag: Wollen lieber heute als morgen aus dem Kükentöten aussteigen“

Das Bundesverwaltungsgericht hat heute entschieden, dass das Töten männlicher Eintagsküken tierschutzrechtlich übergangsweise noch zulässig ist. Das Gericht hat das Vorliegen eines „vernünftigen Grundes“ für das Töten der männlichen Küken und damit die Vereinbarkeit mit dem deutschen Tierschutzgesetz bejaht, bis praxisreife Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei vorliegen.

ZDG-Präsident Friedrich-Otto Ripke zu der heutigen Entscheidung:
„Wir begrüßen, dass das Bundesverwaltungsgericht die vorinstanzlichen Entscheidungen und die Auffassung der Bundesregierung bestätigt hat. Es ist eine kluge Entscheidung, die der Realität gerecht wird und der Wissenschaft Zeit gibt, die Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei erfolgreich zum Abschluss zu bringen. Wir sehen uns durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in unserer Rechtsauffassung bestätigt, wir verstehen die Entscheidung aber auch als klaren Auftrag an alle Beteiligten, intensiv daran zu arbeiten, praxistaugliche Alternativen der In-ovo-Geschlechtsbestimmung zum Erfolg zu führen. Unser ausdrückliches Bekenntnis gilt: Wir wollen lieber heute als morgen aus dem Kükentöten aussteigen. Ohne praxistaugliche Alternativen geht das aber nicht. Es muss alles daran gesetzt werden, dass möglichst bald eine entsprechende Technik flächendeckend für alle Brütereien in Deutschland zur Verfügung steht.

Mit dieser letztinstanzlichen Entscheidung ist endlich Rechtssicherheit für die Lege-hennen-Brütereien in Deutschland geschaffen. Wir begrüßen ausdrücklich, dass damit die Zukunft der Brütereien in Deutschland gesichert ist.“

Zum Hintergrund:
Damit ein Verfahren als praxistauglich für die Gesamtheit der deutschen Brütereien anerkannt werden kann, muss es aus Sicht der Wirtschaft folgende Bedingungen erfüllen:
• flächendeckende tatsächliche Verfügbarkeit der Technik (Sortiermaschinen) für alle Brütereien bundesweit
• ausreichende Geschwindigkeit mit einer erforderlichen Sortierkapazität von etwa 100.000 Eiern am Tag
• Genauigkeit von mindestens 95 Prozent bei der Bestimmung des Geschlechts
• allenfalls geringfügig verminderte Schlupfrate der weiblichen Eier

Diese Voraussetzungen sind bei keinem der heute bekannten Analyseverfahren zur In-ovo-Geschlechtsbestimmung vollständig gegeben. Einen methodischen Ansatz bei der wissenschaftlichen Forschung zu Alternativen zum Kükentöten favorisiert die Geflügel-wirtschaft grundsätzlich nicht. Allerdings teilen wir die Sichtweise des Deutschen Tierschutzbundes, wonach die Identifizierung des Geschlechts zu einem möglichst frühen Zeitpunkt erfolgen sollte.

Die deutschen Legehennenhalter versorgen Deutschland mit einem Bestand von rund 47 Millionen Legehennen pro Jahr mit rund 14 Milliarden Konsumeiern. Bei einem Pro-Kopf-Verbrauch von 235 Eiern liegt der Selbstversorgungsgrad schon heute bei unter 69 Prozent.

Quelle: ZDG Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft e.V.

Datenbank illustriert Biodiversität des Huhns

Insgesamt 174 Hühnerrassen umfasst eine öffentlich zugängliche Datenbank, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Göttingen und des Friedrich-Loeffler-Instituts in Neustadt-Mariensee gemeinsam mit zahlreichen internationalen Partnern in den vergangenen Jahren aufgebaut haben. Das Synbreed Chicken Diversity Panel (SCDP) deckt einen Großteil der vorhandenen Diversität der Spezies Huhn ab.

In der begleitenden wissenschaftlichen Studie typisierten die Forscherinnen und Forscher 3.235 Tiere für knapp 600.000 Single Nucleotide Polymorphisms (SNPs). SNPs sind Variationen einzelner Bausteine innerhalb des Erbguts zwischen Individuen. Dabei erstellten sie einen Stammbaum von bisher nicht dagewesener Vollständigkeit und Auflösung. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift BMC Genomics erschienen.

Die Vielfalt der Rassen reicht von den Wildformen bis zu kommerziellen Broilern und Legern, beinhaltet aber auch eine Vielzahl lokaler Rassen aus fast allen Erdteilen sowie von Hobbyhaltern in Deutschland gezüchtete Rassen. In der Studie analysierte das Forscherteam die genetische Diversität innerhalb und zwischen den Populationen. Dabei zeigte sich, dass sowohl innerhalb der Hobbyzuchten als auch in kommerziellen Leistungszuchten, insbesondere der Legerichtung, die genetische Diversität vermindert ist. In afrikanischen, südamerikanischen und einigen asiatischen und europäischen Rassen hingegen gibt es nach wie vor in erheblichem Umfang genetische Diversität. „Für die Nachhaltigkeit und Flexibilität der Zucht ist es wichtig, dass diese höchst unterschiedlichen Rassen erhalten bleiben“, so Prof. Dr. Henner Simianer und Prof Dr. Steffen Weigend vom Zentrum für integrierte Züchtungsforschung der Universität Göttingen.

Das SCDP ist eine dauerhafte Datensammlung und wird ständig ergänzt und erweitert. Mit der Veröffentlichung der Studie wurden auch alle Genotypdaten in einem Data Repository hochgeladen und stehen unter https://doi.org/10.6084/m9.figshare.8003909 der wissenschaftlichen Community für weitere Auswertungen zur Verfügung.

Quelle: Georg-August-Universität Göttingen

Dr. Siegfried Moder neuer FVE-Vizepräsident

Bei der Frühjahrstagung des Europäischen Tierärzteverbandes (FVE) vom 5. – 8. Juni in Bratislava wurde bei der Wahl des neuen Vorstands bpt-Präsident Dr. Siegfried Moder zum Vizepräsidenten gewählt (Wahlperiode 2019 -2021). Neuer Präsident ist Dr. Rens van Dobbenburgh aus den Niederlanden (Industrie u. ehem. Nutztierpraktiker). Er folgt auf Dr. Rafael Laguens aus Spanien, der nicht mehr kandidieren durfte. Weitere Vizepräsidenten sind Dr. Thierry Chambon (Frankreich, Kleintierpraktiker), Dr. Torill Moseng (Norwegen, Kleintierpraktikerin) und Prof. Dr. Stanislaw Winiarczyk (Polen, Wissenschaft). Auch die Führung des Europäischen Praktikerverbandes (UEVP) wurde neu gewählt. Neuer UEVP-Präsident ist Dr. Piotr Kwiecinski (Polen, Geflügel- u. Schweinepraktiker).

In seiner Zeit als FVE-Vizepräsident will sich Moder für eine stärkere Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament einsetzen und die Diskussionen über den Umgang mit Investoren intensivieren. „Da dies für die meisten Kleintierpraktiker in ganz Europa ein sehr aktuelles Thema ist, ist es mir wichtig herauszukristallisieren, was diese Entwicklung für den Markt und die „freien Tierärzte“ bedeutet“, betont Siegfried Moder. Wichtig ist ihm auch, sich mehr mit der Digitalisierung im Veterinärberuf zu befassen: „Als FVE sollten wir uns ein genaues Bild davon machen, was draußen passiert und analysieren, welche Auswirkungen das auf unseren Beruf haben wird. Vor allem müssen wir uns auf die Telemedizin konzentrieren und eine gemeinsame Position entwickeln. Und schließlich möchte ich die starke Stimme für die Nutztierpraxis sein, da dies der Bereich mit dem größten politischen Interesse und großen Problemen bei der Suche nach jungen Menschen ist, die in Zukunft dort arbeiten wollen“, so Moder.

Weitere Wichtige Themen der Tagung waren: Die Umsetzung der neuen EU-Tierarzneimittel-Verordnung (kritische Antibiotika, Internethandel), Tierschutz (u. a. mit Verabschiedung von Positionspapieren zur Euthanasie von Pferden, Katzenkastration und Lahmheit von Rindern). Großes Interesse fand bei den rund 200 Delegierten aus den 39 Mitgliedsorganisationen der Vortrag von bpt-Präsidiumsmitglied PD Dr. Andreas Palzer zum topaktuellen Thema „Isoflurannarkose bei Ferkeln in Deutschland“. Intensiv diskutiert wurde zudem der offiziell im September erscheinende Demografie-Bericht sowie die Folgen des Brexit. Dazu passend: Die FVE-Frühjahrstagung 2020 findet auf Einladung der britischen Tierärzteverbände Royal College of Veterinary Surgeons (RCVS) und British Veterinary Association (BVA) in London statt.

Quelle: Bundesverband Praktizierender Tierärzte e.V.