Studien machen deutlich: Schweine mit Schmerzsymptomen brauchen Schmerztherapie

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Schweine können aufgrund spontan auftretender Krankheiten, Wunden, Verletzungen, Traumata und physiologischer Zustände wie dem Abferkelprozess unter Schmerzen leiden. Diese Schmerzen werden jedoch oft vernachlässigt. Um das Wissen und das Bewusstsein für dieses Phänomen zu stärken, haben Wissenschaftler*innen eine umfassende Übersichtsarbeit über grundlegende und neue Ansätze zur Erkennung, Bewertung und Behandlung von Schmerzen bei Schweinen erstellt.

Es wurde ein Scoping-Review mit den Ergebnissen einer Recherche in den elektronischen Datenbanken VetSearch und CABI durchgeführt. Im Hinblick auf die Eignungskriterien wurden 49 von 725 Publikationen zwischen 2015 und Ende März 2023 berücksichtigt. Die Ergebnisse wurden zusammengefasst und orientierten sich an der PRISMA-Leitlinie.

Die Ergebnisse dieser Studie* zeigen, dass Tierärzte Schmerzen nicht nur als Krankheitssymptom, sondern auch als wichtigen Aspekt des Tierwohls betrachten müssen. Schweine können zweifellos Schmerzen empfinden. Bleiben sowohl die Schmerzsymptome als auch die zugrunde liegenden Ursachen unbeachtet, können Langlebigkeit und Wohlbefinden der Schweine gefährdet sein. Daher sind Tierärzte verpflichtet, die Komplexität von Schmerzen und Schmerzmechanismen zu kennen und ihre Patienten angemessen zu behandeln.

Tierärzte sind für die bestmögliche Behandlung verantwortlich. Daher muss die Behandlung, ungeachtet der Herausforderungen der klinischen Schmerzdiagnostik, auch eine Schmerzlinderung beinhalten. Die Liste der verfügbaren Medikamente zur Schmerzbehandlung bei Schweinen ist kurz, und Schmerzen stellen keine abgegrenzte Indikation dar. In diesem Zusammenhang sollen die folgenden Überlegungen dazu beitragen, ein Behandlungsprotokoll für Schmerzen bei Schweinen aufgrund spontan auftretender Erkrankungen und Verletzungen zu erstellen.

Unter den Medikamenten für Schweine werden häufig NSAIDs (engl. = nonsteroidal antiinflammatory drugs) eingesetzt. Ihre Auswahl sollte unter Berücksichtigung der Indikation, Lokalisation, des nozizeptiven Signalwegs (System, das Schmerzreize vom Körper zum Gehirn leitet) und des jeweiligen Erregers erfolgen. Am häufigsten werden Meloxicam und Ketoprofen als entzündungshemmende und schmerzstillende Medikamente bei Nutztieren eingesetzt. NSAIDs haben sich als wirksam bei der Linderung von Entzündungen erwiesen, nicht jedoch bei neuropathischen Schmerzen (Erkrankungen der peripheren Nerven, die nicht durch Verletzungen verursacht werden).

Unabhängig von der Erkrankung oder Verletzung erfordert die Halbwertszeit von NSAIDs bei Schweinen von wenigen Stunden die Verabreichung von mehr als einer Dosis pro Tag. Trotz dieser Einschränkung gilt der Einsatz von entzündungshemmenden und schmerzstillenden Mitteln als die wirksamste Methode zur Schmerzlinderung bei Tieren, und zahlreiche Studien haben ihre Wirksamkeit in der Schmerzbehandlung bei Schweinen bewiesen. Die meisten NSAIDs sind jedoch zur Kontrolle von Fieber zugelassen und nur wenige Studien haben die wirksame Dosis für andere Indikationen untersucht. Daher ist eine weitere Zusammenarbeit zwischen Forschern und Praktikern hinsichtlich häufiger Nebenwirkungen auf die Heilung oder sogar Langzeitwirkungen erforderlich.

Empfehlungen für die Praxis:

+ Ein Schwein, bei dem Schmerzen bestätigt wurden, sollte angemessen behandelt werden.

+ Selbst ein wahrscheinlich schmerzhafter Zustand ist Grund genug, ein Schwein gegen Schmerzen zu behandeln.

+ Die Tatsache, dass Medikamente knapp sind und die Schmerzerkennung schwierig ist, rechtfertigt nicht, ein Schwein in einem schmerzhaften Zustand leiden zu lassen.

+ Um Schmerzen bei Schweinen zu erkennen, benötigen Tierärzte und Tierpfleger fundierte Kenntnisse über die Grundlagen der Schmerzmechanismen.

+ Es gibt zwar Skalen und Scores zur Schmerzerkennung bei Schweinen, diese müssen jedoch im klinischen Umfeld noch weiter validiert werden. Darüber hinaus ist das aktuelle Wissen ausreichend valide, um unnötige Schmerzen bei Schweinen zu vermeiden.

Eine zweite Studie** beschäftigte sich den Erkrankungen der Schweine, die Schmerzen verursachen können. Dazu zählen u.a.: Lahmheit, Druckstellen, externe Hernie (Nabelbruch), Vulvabeißen, Meningitis, Atemwegs- und Darmerkrankungen, Harnwegsinfekte, Mastitis und Gesäugeverletzungen. Systematisches Wissen zu diesem Thema ist jedoch rar. Insbesondere bei seltenen Erkrankungen (wie Harnwegsinfekten) ist weitere Forschung erforderlich. Die Forscher*innen schlagen vor, zum Thema Schmerzen bei Schweinen standardisierte Protokolle zu entwickeln, um die Ergebnisse der Schmerzerkennung über den Projektzeitraum hinaus zu dokumentieren, zu analysieren und zu teilen. Die Ergebnisse dieser Studie legen nahe, dass ein solches Protokoll validierte Maßnahmen zur Schmerzerkennung im Zeitverlauf und in Bezug auf die verabreichte Schmerzbehandlung umfassen würde.

Die Ergebnisse der Studie unterstreichen, dass Schweine aufgrund spontan auftretender Krankheiten und Verletzungen Schmerzen empfinden, systematisches Wissen zu diesem Thema jedoch rar ist. Eine zentrale Schlussfolgerung der Studie ist daher, dass systematischere Forschung zu Schmerzen bei Schweinen erforderlich ist, insbesondere auch zu Themen, die hier nicht berücksichtigt wurden, wie z. B. der Abferkelung von Sauen (Schwerpunkt Reproduktionsmanagement). Basierend auf einer Reihe vergleichbarer Studien wird es möglich sein, diese Annahmen zu validieren und die Evidenz zum Thema Schmerzen bei Schweinen zukünftig zu verbessern.

Für Tierärzte und Landwirte ist es unerlässlich, sicherzustellen, dass Schweine nicht unter unnötigen Schmerzen leiden, die gelindert werden können. Die Ergebnisse dieser Studie regen dazu an, bei jedem Patienten zu prüfen, ob Schmerzen und damit verbundene Indikatoren vorhanden sind und wie der Zustand zum Wohle des einzelnen Schweins behoben werden kann.

Studie*: Julia Kschonek et al. (2025): Part I: understanding pain in pigs—basic knowledge about pain assessment, measures and therapy. Porcine Health Management 11:12, p 1-18.
Studie**: Julia Kschonek et al. (2025): Part II: understanding pain in pigs—pain assessment in pigs with spontaneously occurring diseases or injuries. Porcine Health Management 11:13, p 1-17.

Quelle: Dr. Heike Engels – Zuerst erschienen im E-Magazin „Der Hoftierarzt“ 4-2025

Tierschutz für Rinder verbessert: Kälber unter vier Wochen dürfen nur noch sediert und mit Schmerzmitteln kastriert werden

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Niedersachsen geht einen weiteren Schritt für mehr Tierschutz in der Nutztierhaltung. Die nach dem bundesweiten Tierschutzgesetz aktuell ohne Betäubung zulässige Kastration von unter vier Wochen alten männlichen Kälbern darf in Niedersachsen ab sofort nur noch unter Gabe eines Beruhigungsmittels (Sedierung) und eines mindestens 24 Stunden wirkenden Schmerzmittels durchgeführt werden.

Möglich wird die Initiative des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums durch eine Regelung im Bundesgesetz. Danach sind alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die Schmerzen oder Leiden während und nach dem Kastrieren sachgerecht zu minimieren. Darüber hinaus empfiehlt Niedersachsen den Betrieben auf Grundlage der sogenannten „Europaratsempfehlung für das Halten von Rindern des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen“, das Kastrieren männlicher Rinder jeden Alters ausschließlich mit Betäubung durchzuführen. Mit einer Sedation und Schmerzmittelgabe soll zum einen das Tierleid reduziert werden und zum anderem auch die Sicherheit während des Eingriffs erhöht werden, da das Tier ruhiggestellt ist und keine schmerzbedingten Abwehrreaktionen zeigt.

Landwirtschafts- und Tierschutzministerin Miriam Staudte: „Es gibt immer noch Stimmen, die behaupten, ein junges bis zu vier Wochen altes Kalb würde keine Schmerzen empfinden, wenn ihm die Hoden ohne Betäubung entfernt werden. Das ist mir absolut unverständlich. Warum soll für Kälber etwas anderes gelten, als für Ferkel, die ja seit 2021 nur noch betäubt kastriert werden dürfen? Nicht nur der gesunde Menschenverstand lässt das anzweifeln. Selbst die Wissenschaft sagt mittlerweile, dass eine Kastration unabhängig vom Alter einen schmerzhaften, belastenden Eingriff darstellt. Auch wenn ich mir eine bundesweite Lösung gewünscht hätte, die die betäubungslose Kastration männlicher Kälber verbietet, ist das für den Tierschutz in Niedersachsen ein Schritt nach vorn. Das bestätigen auch landwirtschaftliche Praktiker, die unseren Schritt befürworten.“

Die in der letzten Legislatur begonnene Überarbeitung des Bundestierschutzgesetzes sah vor, diese Ausnameregelung für junge Kälber zu streichen. Aufgrund der vorgezogenen Neuwahlen kam es allerdings nicht mehr dazu.

„In ganz Deutschland ist dieser schmerzhafte und leidvolle Eingriff immer noch gängige Praxis. Das Verbot der betäubungslosen Kastration männlicher Kälber war einer von vielen guten Vorschlägen bei der Überarbeitung des Bundestierschutzgesetzes“, betont Staudte „Mir ist es unverständlich, warum weder der Bundeslandwirtschaftsminister noch seine parlamentarische Staatssekretärin und neue Bundestierschutzbeauftragte immer noch keinerlei Initiative entwickelt haben, die so dringend notwendige, begonnene Novelle wieder aufzunehmen. Hierum habe ich die Bundesebene jetzt noch einmal eindringlich persönlich gebeten.“

Die betäubungslose Kastration unter vier Wochen alter männlicher Kälber sowie die damit verbundene Sedation und Schmerzmittelgabe dürfen auch durch eine andere Person (als einen Tierarzt bzw. eine Tierärztin) vorgenommen werden, die die dazu notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten hat (§ 6 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 TierSchG). Die zuständige Behörde hat nach Prüfung im Einzelfall und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit festzulegen, welche Nachweise sie dafür fordert. Die sachkundige Person sollte ihre fachliche Einweisung in diese Tätigkeiten durch eine tierärztliche Bestätigung nachweisen können.

Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Alternativen zum Kupieren gesucht

Von Fides Marie Lenz, LWK Nordrhein-Westfalen

Probleme durch einen vollgekoteten oder vollurinierten Schwanz können tierschutzrelevant werden, sei es durch Entzündungen oder den Befall durch Fliegenmaden und -larven. Gleichzeitig beobachten Praktiker bei langen Schwänzen die für das Tier schmerzhafte Problematik von Schwanzbrüchen.

In Deutschland sah der letzte Entwurf zur Novellierung des Tierschutzgesetzes ein Kupierverbot innerhalb der nächsten 8 Jahre vor. Wie es hier nun weitergeht ist noch offen. Aktuell ist in Deutschland das Schwanzkürzen bei Lämmern via Ausnahmeregelung bis zum 8. Lebenstag erlaubt. Während in Deutschland das Kupierverbot noch nicht erlassen ist, hat zum Beispiel die Schweiz schon einen Stichtag festgelegt. Ab dem 1. Februar 2040 soll es ein Kupierverbot geben.

So oder so ist es jedoch sinnvoll, Alternativen zum Kupieren des Schwanzes zu etablieren. Das Tierwohlkompetenzzentrum (TWZ) Schaf hat drei Jahre mit 25 Betriebe und 12 Schafrassen intensiv an der Thematik gearbeitet. Die Projektleitung liegt beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen.

Das TWZ Schaf hat die Tiergesundheit bei unkupierten Schafen genauestens erfasst und auf einem Infotag in Haus Düsse vorgestellt. Kernthemen waren die enge Zusammenarbeit mit dem bestandsbetreuenden Tierarzt und eine bedarfsgerechte Schwanzschur sowie die Ausrichtung des Managements ganz klar auf Durchfallprophylaxe.

Die Auswertungen der Vagintaltupfer zeigen weniger Vaginalkeime bei Tieren mit unkupierten Schwänzen. Ein langer Schwanz hat also keine negative Auswirkung auf die Fruchtbarkeit der Schafe, sondern schützt den Vaginalbereich selbst im verschmutzten Zustand vor dem Eindringen von Keimen.

Für Tierhalter von Schafen mit langen und bewollten Schwänzen ist das Vermeiden von Durchfällen essentiell. Dazu muss der Schäfer die Fütterung, die Parasitenbekämpfung, das Weidemanagement und die Pflege der Schafe sowie eine eventuell nötige Impfprophylaxe intensiv aufeinander abstimmen.

Eine weitere Schwierigkeit für die Schafhalter ist die Schwanzschur: Viele Betriebe haben keine passende Technik und müssen Akku- Schermaschinen für eine bedarfsgerechte Schwanzschur anschaffen. Die Maschinen sind allerdings bisher fast nur im Ausland erhältlich.

Die Schafbranche muss neben den Anpassungen in der Haltung auch die Zucht auf kürzere Schwänze vorantreiben. Zwei für die Zucht relevante Parameter sehen günstig aus: Die Heritabilität – also die Erblichkeit – ist hoch und wurde je nach Rasse mit etwa 0,6 nachgewiesen. Gleichzeitig ist die phänotypische Varianz auch innerhalb der Schafrassen hoch. Dies ist eine gute Ausgangsbasis für die züchterische Bearbeitung. Eine Korrelation zwischen Körpergewicht und Schwanzlänge scheint zu bestehen, auch weitere Korrelationen zu anderen Merkmalen können nicht ausgeschlossen werden. Züchter müssen die züchterische Bearbeitung genau überwachen und begleiteten, damit sie nicht gleichzeitig negative Merkmale verstärken. Daten zu erfassen ist dabei essentiell: Jeder Züchter ist angehalten, Geburtsgewicht und Schwanzlänge zu notieren. Gebrauchshalter können dafür in Zukunft das neue Herdenmanagementtool von vit Verden nutzen, welches das TWZ Schaf entwickelt hat. Da die Rassen ohnehin schon nur in geringen Populationen vorkommen, müssen Schafhalter auch einen genetischen Verlust verhindern. In ersten Versuchen zeigte sich bereits, dass durch gezielte Anpaarung von Tieren mit kürzeren Schwänzen – verglichen mit den anderen Tieren der Herde – eine Verschiebung zum vorherigen Mittelwert nach einer Generation möglich ist. Bei einem Versuch am Oberen Hardthof in Hessen ließ sich dadurch bei Merinolandschafen schon ein im Durchschnitt 1 cm kürzerer Schwanz erreichen.

Zuerst erschienen im E-Magazin „Der Hoftierarzt“ 4-2025

BTK warnt vor dramatischer Lage bei Geflügelpestausbrüchen

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Veterinärwesen ist systemrelevant, Labore und Behörden müssen gestärkt werden

Angesichts der aktuellen Geflügelpestsituation wiederholt die Bundestierärztekammer (BTK) ihre Forderung an Bund und Länder, unverzüglich die erforderlichen Mittel bereitzustellen und bürokratische Hürden abzubauen. In den letzten Wochen wurden in mehreren Bundesländern hochpathogene H5N1-Ausbrüche sowohl bei gehaltenem Geflügel als auch bei Wildvögeln festgestellt. In Norddeutschland mussten in dieser Woche bereits große Tierbestände gekeult werden. Bei Wildvögeln sind laut Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) erstmals Kraniche betroffen.

Dieses akute Seuchengeschehen zeigt wieder deutlich, wie wichtig eine unverzügliche Stärkung und verlässliche Finanzierung der Veterinärverwaltungen auf kommunaler, Landes- und Bundesebene sowie der Untersuchungslabore und der nationalen Referenzlabore ist. Nur durch ausreichende personelle Kapazitäten, moderne Diagnostik und kurzfristig verfügbare Finanzmittel können Seucheneinsätze schnell, koordiniert und fachgerecht durchgeführt werden. Tierseuchenausbrüche verlangen den Veterinärämtern und beteiligten Laboren höchste Einsatzbereitschaft ab: Kontaktermittlung, Probenahme, schnelle Labordiagnostik, Errichtung von Sperrzonen, Beratung der Tierhaltenden und Durchführung notwendiger Seuchenbekämpfungsmaßnahmen – all das erfordert Personal, Schutz- und Diagnostikausstattung sowie schnelle finanzielle Mittel für Entschädigungen und Einsatzkosten. Nicht nur die mittlerweile regelmäßig auftretenden Ausbrüche der hochpathogenen Aviären Influenza (HPAI) stellen die Veterinärverwaltungen vor Herausforderungen. Auch die Afrikanische Schweinepest, Blauzungenkrankheit, der Ausbruch von Maul- und Klauenseuche Anfang des Jahres, Ausbrüche von Lumpy Skin Disease in Frankreich und Italien sind Mahnung für erhöhte Aufmerksamkeit und schnelles Reaktionsvermögen.

„Die Veterinärverwaltungen sind auf allen Ebenen unverzichtbar für den Schutz der Tiergesundheit und der öffentlichen Gesundheit. Jetzt kommt es darauf an, den Seuchenausbruch konsequent zu beherrschen, die Weiterverbreitung zu minimieren und die Folgen für Handel und Wirtschaft so gering wie möglich zu halten. Zugleich gilt es, unnötiges Tierleid zu verhindern“, sagt BTK-Präsident Ltd. VD Dr. Holger Vogel. Die BTK fordert Politik und Verwaltung zu einem raschen, koordinierten Handeln auf: Stabile Finanzierungszusagen, auskömmlich ausgestattete Untersuchungslabore und eine dauerhafte Stärkung der veterinärmedizinischen Infrastruktur sind notwendig, um aktuelle und zukünftige Tierseuchen wirksam zu bekämpfen.

Quelle: Bundestierärztekammer

Mit Maschinellem Lernen Ausbrüche der Vogelgrippe in Europa vorhersagen

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Lokale Faktoren wie saisonale Temperatur, der jahresabhängige Wasser- und Vegetationsindex oder Daten zur Tierdichte können genutzt werden, um regionale Ausbrüche der Vogelgrippe in Europa vorherzusagen. Das zeigen die Arbeiten eines Forschungsteams unter Leitung des Epidemiologen, Mathematikers und Statistikers Prof. Dr. Joacim Rocklöv. Die Forscherinnen und Forscher der Universität Heidelberg entwickelten ein auf Maschinellem Lernen basierendes Modell, das anhand verschiedener Indikatoren Ausbruchsmuster der hochpathogenen aviären Influenza in Europa mit hoher Genauigkeit voraussagen kann. Der Modellierungsansatz und eine gezielte Datenerhebung könnten so einen Beitrag zu proaktiven Präventionsmaßnahmen leisten.

Die hochpathogene aviäre Influenza-Virus-Infektion – umgangssprachlich als Vogelgrippe oder Geflügelpest bezeichnet – betrifft in erster Linie Vögel. Vermehrt kommt es aber auch zu Infektionen bei Säugetieren. Dadurch steigt nach Angaben der Wissenschaftler die Wahrscheinlichkeit, dass das Virus auf den Menschen überspringt. Um Ausbrüche der Vogelgrippe besser vorhersagen und ihnen frühzeitig entgegenwirken zu können, entwickelte das Team von Prof. Rocklöv am Interdisziplinären Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen und am Heidelberger Institut für Global Health ein Modell, das verschiedene Indikatoren für einen möglichen Ausbruch zusammenführt und für die Modellierung Methoden des Maschinellen Lernens nutzt.

Trainiert wurde das Modell mit Daten zu Ausbrüchen der Vogelgrippe, die zwischen 2006 und 2021 für Europa dokumentiert sind. Als potentielle Ausbruchs-Indikatoren identifizierten die Heidelberger Wissenschaftler dabei lokale Faktoren wie die Temperatur- und Niederschlagsbedingungen, die Wildvogelarten, die Dichte der Geflügelhaltung, die Beschaffenheit der Vegetation und die Wasserstände. Durch die Zusammenführung dieser komplexen, in Abhängigkeit von Jahreszeit und Region miteinander wechselwirkenden Variablen konnten die Forscherinnen und Forscher Ausbruchsmuster mit einer Genauigkeit von bis zu 94 Prozent modellieren.

„Die Kombination unseres Modellierungsansatzes mit einer gezielten Datenerhebung kann dazu beitragen, Hochrisikogebiete und Jahreszeiten, zu denen Ausbrüche der Vogelgrippe wahrscheinlich sind, genauer zu kartieren“, betont Joacim Rocklöv. Der Wissenschaftler forscht als Alexander von Humboldt-Professor in einer Reihe von Projekten an der Universität und am Universitätsklinikum Heidelberg zu Auswirkungen von Klima- und Umweltveränderungen auf die öffentliche Gesundheit. Die Forschungsergebnisse könnten nach Angaben von Prof. Rocklöv dazu genutzt werden, regionale Überwachungsprogramme in ganz Europa neu auszurichten und die Früherkennung zu verbessern.

Die Forschungsarbeiten wurden von der Alexander von Humboldt-Stiftung und der Europäischen Union im Rahmen des „Horizon Europe“-Programms gefördert. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift „Scientific Reports“ erschienen.

Quelle: Universität Heidelberg

One Health: Fliegen bedrohen Hausschweine mit Staphylococcus aureus

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Das Bakterium Staphylococcus aureus ist allgegenwärtig und in der Regel harmlos. Allerdings kann das Bakterium auch pathogen sein und seine resistenten Formen sind als „Krankenhauskeim“ bekannt. Mitverantwortlich für die Resistenzen sind Viehzucht und Landwirtschaft – ein klassisches Szenario von One Health, wo die Gesundheit von Umwelt, Tier und Mensch im Zusammenhang gesehen wird. Eine aktuelle Studie der Veterinärmedizinischen Universität Wien zeigt nun, dass Fliegen bei der Entwicklung der Resistenzen eine wichtige Rolle spielen. Sie fungieren bei Hausschweinen als Überträger.

Das Bakterium Staphylococcus aureus, insbesondere seine Methicillin-resistente Form (MRSA), stellt aufgrund seiner Resistenz gegen β-Lactam-Antibiotika und seiner häufigen Multiresistenz eine erhebliche Herausforderung für die öffentliche Gesundheit dar. MRSA aus der Tierhaltung (LA-MRSA), insbesondere der klonale Komplex 398 (CC398), ist in der Schweinehaltung zu einem mehr oder weniger fixen Bestandteil des Keimspektrums geworden.

Neue Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Fliegen als Überträger fungieren könnten. „Wir untersuchten deshalb das Vorkommen und die molekulare Charakterisierung von MRSA bei Stubenfliegen (Musca domestica) und Stechfliegen (Stomoxys calcitrans) in österreichischen Schweinezucht-Betrieben. Uns ging es darum, mehr über ihre Rolle bei der Übertragung von MRSA und der Verbreitung von Resistenzen zu erfahren“, umreißt Studien-Letztautor Lukas Schwarz vom Klinischen Zentrum für Populationsmedizin bei Fisch, Schwein und Geflügel der Vetmeduni.

Hoher Anteil von Multiresistenzen in MRSA aus Schweinebetrieben
MRSA wurde in 41,7 % der 24 untersuchten Schweinezuchtbetriebe nachgewiesen, wobei Isolate in Stubenfliegen (53,2 %), Stechfliegen (19,1 %), Stiefelstrumpfproben (17,0 %) und Staubwischproben (10,6 %) identifiziert wurden. „Alle Isolate waren Cefoxitin-resistent und gehörten zu CC398, wobei sie verschiedene Resistenzgene trugen“, erklärt Studien-Erstautorin Flora Hamar.

Die Resistenz beschränkte sich nicht auf β-Lactame. Die Forscher:innen wiesen eine Resistenz gegen Tetracyclin (100 %), Erythromycin (74 %), Clindamycin (74 %) und Ciprofloxacin (32 %) sowie Trimethoprim-Sulfamethoxazol (17 %) nach. Bei 94 % der Isolate wurde eine Multiresistenz (MDR) festgestellt. Über die Ursache des Erwerbs der Multiresistenz kann nur gemutmaßt werden, soll aber in einem Folgeprojekt näher untersucht werden.

Stubenfliegen gefährlicher als Stechfliegen, One-Health-Maßnahmen gefordert
Stubenfliegen (26 %) waren häufiger Überträger von MRSA als Stechfliegen (9,4 %), was auf ihr Potenzial als bedeutende Vektoren hinweist. Umweltproben (Stiefelstrumpf- und Staubwischproben) bestätigten die weit verbreitete Kontamination in Ställen. „Unsere Studie belegt die hohe Prävalenz von LA-MRSA in österreichischen Schweineproduktionsbetrieben und identifiziert Fliegen als Vektoren, die zu seiner Verbreitung beitragen“, betont Lukas Schwarz. „Diese Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung robuster Biosicherheitsmaßnahmen, einschließlich einer wirksamen Fliegenbekämpfung und strenger Hygieneprotokolle, um MRSA-Risiken in landwirtschaftlichen Umgebungen zu mindern.“ Strategien im Bereich der öffentlichen Gesundheit sollten sich laut den Wissenschafter:innen auf einen sorgsamen Einsatz von Antibiotika und einen One-Health-Ansatz konzentrieren, um die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen bei Menschen, Tieren und in der Umwelt merklich einzudämmen. Dafür gibt es integrierte Kontrollmaßnahmen um beispielsweise Stubenfliegen- und Wadenstecherpopulationen in Viehställen zu kontrollieren und somit die Verbreitung von Resistenzen über den Vektor Fliege zu anderen Ställen und/oder in die Umwelt zu reduzieren.

Quelle: Veterinärmedizinische Universität Wien

Mastitis: Wie ziehe ich richtig Milchproben?

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Ein wirksames Vorgehen gegen Mastitis beginnt mit einer sauberen und gezielten Diagnostik. Nur wer weiß, welche Erreger im Betrieb Probleme bereiten, kann passende Behandlungen und vorbeugende Maßnahmen ergreifen. Ein zentraler Bestandteil dabei ist die korrekte Entnahme von Viertelgemelksproben zur bakteriologischen Untersuchung.

Warum Milchproben untersuchen?
Euterentzündungen treten häufig auf und oft steigt gleichzeitig der Zellgehalt der Tankmilch. Eine fundierte Diagnostik beantwortet Fragen wie: Welche Erreger sind beteiligt? Soll behandelt werden und wenn ja, womit? Besonders bei erhöhten Zellzahlen, akuten Euterentzündungen oder ausbleibendem Behandlungserfolg ist eine Laboranalyse zielführend.

Milchproben richtig entnehmen – der Schlüssel zur Diagnose
Die Aussagekraft jeder Untersuchung steht und fällt mit der korrekten Probenentnahme. Optimal geeignet sind Anfangsgemelksproben aus jedem der vier Euterviertel eines Tieres. Auch wenn nur ein Viertel klinisch auffällig ist, sollten alle Viertel beprobt werden. Das erlaubt dem Labor den Vergleich gesunder und infizierter Viertel und das Aufdecken subklinischer Infektionen.

Ablauf der korrekten Probennahme:

• Vorbereitung: Probenröhrchen, 70 % Alkohol, Euterpapier oder saubere Watte bereithalten.

• Vormelken: Die ersten Strahlen jedes Viertels in einen Vormelkbecher geben, um Keime aus dem Strichkanal auszuspülen.

• Reinigung: Die Zitze mit Euterpapier säubern.

• Desinfektion: Die Zitzenkuppe mit Alkohol gründlich desinfizieren. Zuerst die am weitesten vom Melker entfernte Zitze, zuletzt die nächstgelegene Zitze desinfizieren.

• Probenentnahme: Ohne die Röhrchenöffnung zu berühren, die Probe direkt in das sterile Röhrchen melken. Zuerst die am nächsten zum Melker befindlichen Zitzen beproben, danach die entfernteren Zitzen.

• Lagerung: Proben rasch kühlen (Kühlschrank oder Gefrierfach) und zügig ins Labor schicken.

Wird dieser Ablauf nicht eingehalten, besteht das Risiko, dass Kontaminanten (z. B. Hautkeime) das eigentliche Erregerbild überlagern. Die Folge sind falsche oder unbrauchbare Ergebnisse.

In akuten Fällen: Behandeln und Beproben
Bei schweren Mastitisfällen darf die Therapie nicht verzögert werden. Trotzdem sollte die Milchprobe vor der ersten Antibiotikagabe entnommen werden. Falls dies nicht möglich war, kann auch parallel zur laufenden Behandlung beprobt werden. Bleibt der Therapieerfolg aus, hilft die Erregerbestimmung bei der Anpassung der Behandlung.

Subklinische Mastitis erkennen
Bei chronisch erhöhter Zellzahl ohne sichtbare Entzündung ist die gezielte Beprobung besonders sinnvoll. Es empfiehlt sich, mindestens zehn zellzahlauffällige Tiere (bzw. 10 % der Herde) mit Viertelgemelksproben zu untersuchen. So lassen sich subklinische Infektionen und deren Erreger gezielt identifizieren.

Antibiotikaeinsatz gezielt absichern
Die Auswahl der eingesetzten Antibiotika – auch bei Trockenstellern – sollte auf Laborergebnissen beruhen. Dies ist nicht nur therapeutisch sinnvoll, sondern auch arzneimittelrechtlich vorgeschrieben. Eine fundierte Diagnostik schützt vor unnötigem Antibiotikaeinsatz und hilft, Resistenzen zu vermeiden.

Erreger- und Resistenzbestimmung
Im Labor erfolgt die Identifikation der Erreger sowie deren Antibiotikaempfindlichkeit (z. B. mittels Plättchentest). Hierbei werden Hemmhöfe um antibiotikahaltige Testplättchen auf einem Nährboden ausgewertet. Wichtig: Die Erreger müssen vorab isoliert werden, um eine aussagekräftige Resistenzprüfung durchzuführen. Eine direkte Ausbringung der Milch auf Nährboden ist nicht zielführend, da oft Kontaminanten schneller wachsen als die Mastitis-Erreger.

Keine Behandlung ohne Diagnostik?
Ein Antibiogramm ist kein Therapieauftrag, sondern ein diagnostisches Hilfsmittel. Es zeigt, welche Wirkstoffe nicht eingesetzt werden sollten. Ob eine Behandlung notwendig ist – und wenn ja, mit welchem Präparat – muss im Einzelfall entschieden werden, idealerweise in Abstimmung mit dem Hoftierarzt.

Fazit
Eine gezielte Mastitisbehandlung beginnt im Melkstand: Nur korrekt gewonnene Milchproben erlauben eine fundierte Erregerdiagnose und ermöglichen eine verantwortungsvolle, rechtssichere und wirksame Therapie. Unsaubere Probennahmen gefährden nicht nur das Untersuchungsergebnis, sondern im schlimmsten Fall auch die Tiergesundheit. Deshalb gilt: Diagnostik beginnt mit der sauberen Probenentnahme.

Kontakt: https://www.tiergesundheitundmehr.de/ansprechpartner
Mehr zur Eutergesundheit www.ubrocare.de

Nanoplastik in Tierzellen nachgewiesen – FBN-Studie warnt vor möglichen Folgen

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Forschende am Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN) in Dummerstorf und der Universität Udine haben die Aufnahme von Nanoplastik in Nutztierzellkulturen nachgewiesen. Die Ergebnisse liefern Hinweise auf mögliche Risiken für Tiergesundheit, Fleischerzeugung und auch für die Ernährungssicherheit des Menschen.

Plastiktüten, Verpackungen, Joghurtdeckel – was achtlos weggeworfen wird, zerfällt über Jahre zu winzigen Plastikteilchen. Sie landen in Böden, Gewässern und schließlich in unserer Nahrungskette. Zwar haben zahlreiche Studien bereits gezeigt, dass Mikroplastik Meerestiere, Vögel und Insekten schädigen kann, doch die Auswirkungen von Nanoplastik auf Nutztiere sind bislang kaum erforscht.

Im Unterschied zu Mikroplastik (1 µm – 5 mm) gibt es derzeit kaum adäquate Analysemethoden zum Nachweis von Nanoplastik (< 1 µm) in Mensch und Tier. Forschende gehen jedoch davon aus, dass sich auch diese kleinen Partikel in Geweben anreichern können.

FBN-Studie: Nanoplastik dringt in Nutztierzellkulturen ein
In der gemeinsamen Studie haben Forschende des FBN und der Universität Udine nachgewiesen, dass Nanoplastikpartikel aus Polystyrol in Zellkulturen von Rindern und Schweinen aufgenommen werden. Diese Aufnahme führte zu Veränderungen, die langfristig die Zellfunktion und Gesundheit der Tiere beeinträchtigen könnten.

„Da wir über Nanoplastik noch viel zu wenig wissen und der Nachweis schwierig ist, sind unsere Ergebnisse besonders wichtig, um die Risiken besser abschätzen zu können“, erläutert Dr. Anja Baufeld von der Arbeitsgruppe Zellphysiologie und Reproduktion am FBN. „Als wir sahen, dass Nanoplastik in die Zellen eindringt, wussten wir, dass dies weitreichende Folgen haben könnte“, so Baufeld weiter.

Folgen für Fruchtbarkeit und Fleischerzeugung möglich
Untersucht wurden Granulosazellen von Rindern, die eine wichtige Rolle bei der Fortpflanzung spielen, sowie Myoblasten von Schweinen, aus denen Muskelgewebe gebildet wird. Bereits geringe Konzentrationen führten zu mikroskopisch sichtbaren Einlagerungen. Diese könnten die Fruchtbarkeit der Tiere sowie deren Produkte beeinträchtigen.

Risiken für den Menschen nicht ausgeschlossen
Nutztiere sind Teil der menschlichen Nahrungskette. Direkte gesundheitliche Risiken für Verbraucher lassen sich derzeit nicht ableiten. Dennoch mahnen die Forschenden, die langfristigen Folgen von Mikro- und Nanoplastik genauer zu untersuchen.

„Unsere Forschung zeigt, dass Nanoplastik nicht nur ein Umweltproblem ist, sondern potenziell auch direkte Folgen für die Gesundheit von Nutztieren haben könnte. Diese ersten Hinweise machen deutlich, wie wichtig es ist, Plastikverschmutzung noch intensiver zu erforschen, um mögliche Risiken sowohl für Tiere als auch für Menschen frühzeitig einschätzen zu können“, sagt Baufeld.

Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Science of The Total Environment veröffentlicht. Sie bildet eine wichtige Grundlage, um die Auswirkungen von Nanoplastik auf Tiere besser zu verstehen – und mögliche Risiken für Umwelt und Mensch zu minimieren. Auch in weiteren Arbeiten hat Dr. Anja Baufeld die Effekte von Mikro- und Nanoplastik untersucht, unter anderem in einer Übersichtsarbeit zu möglichen Risiken für Wiederkäuer als wichtiger Bestandteil der menschlichen Ernährung (Animals 2024, 14(2), 350; https://doi.org/10.3390/ani14020350) sowie zu deren Auswirkungen auf die Reproduktion und Tiergesundheit insgesamt (Animals 2023, 13(7), 1132; https://doi.org/10.3390/ani13071132).

Am Forschungsinstitut für Nutztierbiologie wird das Thema Plastikverschmutzung und ihre Auswirkungen auf Nutztiere auch künftig weiter intensiv erforscht.

Quelle: Forschungsinstitut für Nutztierbiologie (FBN)

Webinar „Wasserlinse: Futtermittel der Zukunft?“ 14. 11. 2025

Der Verbund Transformationsforschung agrar Niedersachsen lädt ein zum
Webinar „Wasserlinse: Futtermittel der Zukunft? – Potenziale und Herausforderungen“ für die Agrar- und Ernährungswirtschaft: Freitag 14. November 2025, von 09:00 bis 11:00 Uhr.

trafo:agrar schreibt dazu: „Auf Grundlage der Ergebnisse des EIP geförderten Projektes Rewali („Reduktion des Nährstoffeintrages in Gewässer sowie Produktion von Futtermittel durch Wasserlinsen“) diskutieren wir gemeinsam mit landwirtschaftlicher Praxis, den Forschenden der Universität Göttingen und vielen weiteren Akteuren aus Wirtschaft und weiteren Projekten Nutzen, Aufwand und Herausforderungen bei Anbau, Futterpotenzial und Nachhaltigkeit der eiweißreichen kleinen Wasserpflanze mit Filterpotenzial.

Nutzen Sie die Gelegenheit, sich mit Expert:innen und Projektpartner:innen zu vernetzen und im Rahmen inspirierender Vorträge neue Impulse für Ihre Arbeit zu gewinnen. Das detaillierte Programm folgt in Kürze.“

Anmeldung unter: www.trafo-agrar.de/anmeldung

Den Link zum Webinar erhalten Sie nach Anmeldung kurz vor Veranstaltung.

Tierschutz in der Nutztierhaltung: kleine Wiederkäuer – 30. Deutscher Tierärztetag in Dortmund

Beim 30. Deutschen Tierärztetag in Dortmund befasste sich ein Arbeitskreis mit dem Thema „Tierschutz in der Nutztierhaltung“ und hier speziell mit den kleinen Wiederkäuern. Dr. Henrik Wagner (JLU Gießen) fasste im Anschluss eine ganze Reihe von Forderungen Schafe, Ziegen und Neuweltkameliden (NWK) betreffend zusammen.

Zuallererst forderten die Tierärzte den Gesetzgeber auf, bürokratische Hürden für die Zulassung von Medikamenten abzubauen und dem Therapienotstand bei den kleinen Wiederkäuern entgegenzuwirken.

Es komme etwa bei Geburten häufig zu gestörten Verläufen, sog. Dystokien. Dann bräuchten Tierärzte eigentlich ein Präparat, das die Gebärmutter zum Erschlaffen bringt, um Lämmer sicher ans Licht der Welt zu bringen. Clenbuterol aber sei nur für Rinder und Pferde zugelassen.

Ein Lamm zu extrahieren ginge meist noch, berichtete Dr. Wagner aus eigener Praxis. Aber bei Neuwelt-Crias, mit ihren sehr langen Hälsen und sehr langen Extremitäten, sei es höchst schwierig Verletzungen bei der Geburtshilfe zu vermeiden.

Ähnliches gelte für NSAIDs (nichtsteroidale Antirheumatika) bei der Schmerzbehandlung. Hier gebe es für die kleinen Wiederkäuer kaum zugelassene Präparate. Deshalb müssten Tierärzte Medikamente, die eigentlich nur für andere Tierarten zugelassen sind, umwidmen.

In solchen Fällen verhielten sich jedoch Tierhalter oft zögerlich, weil dann eine entsprechende Wartezeit einzuhalten sei. Insbesondere
Bio-Tierhalter überlegten oft zweimal, ob sie solche Medikamente anwenden wollen oder nicht, weil sich nach den Richtlinien ihrer Verbände die vorgeschriebenen Wartezeiten verdoppeln.

Auch seien in den letzten Jahren immer wieder gewisse Impfstoffe, etwa gegen Clostridien, gar nicht lieferbar gewesen. Sehe ein Impfplan diese aber in bestimmten Intervallen vor, könne es zu einer „Impflücke“ und damit zu vermeidbaren Verlusten kommen. Und das obwohl es innerhalb der EU andere vergleichbare Impfstoffe gibt, die in Deutschland aber aus gesetzlichen Gründen nicht verwendet werden dürfen.

Des Weiteren fordere die Tierärzteschaft einen Sachkundenachweis, bevor die Haltung von kleinen Wiederkäuern überhaupt aufgenommen wird, sowie verpflichtende jährliche Fortbildungen und dies auch für nicht gewerbsmäßige Haltungen. Auch gebe es gar keine Leitlinien oder Haltungsempfehlungen für Neuweltkameliden. Hier solle schnellstens Abhilfe geschaffen werden.

Weiter führte Dr. Wagner aus, es existiere zwar eine gesetzliche Vorgabe zur Einzeltierkennzeichnung von NWK, diese werde aber noch nicht umgesetzt. Auch sollten die Tiere in der HIT-Datenbank erfasst und in die Tierseuchenkasse aufgenommen werden. Ein NWK-Pass analog zum Equidenpass sei ebenfalls wünschenswert. Schließich fehlten Forschungsgelder für Schaf, Ziege und NWK um, einheitliche Zucht-Programme auf Gesundheitsmerkmale etablieren zu können.

Bundesländer in denen es noch keinen Tiergesundheitsdienst gibt, werden aufgefordert solche Stellen zu schaffen und mit qualifiziertem Personal – auch für kleine Wiederkäuer – auszustatten.

Es bräuchte darüber hinaus einen „Fachtierarzt für kleine Wiederkäuer“ und Weiterbildungsangebote nach einheitlichen Leitlinien. Hier seien die Tierärztekammern gefordert.

“Last but not least“ müssten die Organisationen der Tierärzteschafft zur Bedrohung von Nutztieren durch Wölfe und Luchse Stellung beziehen, um Nutztierhaltung in Deutschland auch für die Zukunft zu sichern.