Kalkstickstoff zur Weidehygiene und Düngung

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Gesunde Wiesen und Weiden sind die Grundvoraussetzung für leistungsstarke Viehbestände. Häufig beeinträchtigen aber Weideparasiten wie Leberegel, Magen-, Darm- oder Lungenwürmer die Gesundheit der Tiere. Bereits leichte Infektionen mit solchen Weideparasiten führen zu spürbaren Leistungsminderungen. Daher sollten Rinder, Pferde und Schafe, die auf die Weide dürfen, regelmäßig medikamentös entwurmt werden.

Um einer raschen Wiederinfektion der Tiere vorzubeugen, empfehlen Experten das Düngen der Weiden mit Kalkstickstoff als weidehygienische Maßnahme. Nach dem Ausstreuen setzt sich Kalkstickstoff unter dem Einfluss von Bodenfeuchtigkeit über mehrere Zwischenstufen in düngenden Kalk und pflanzenverfügbaren Ammonium-Stickstoff um. In der ersten Teilreaktion wird Kalkstickstoff zu Kalk und Cyanamid umgewandelt. Das Zwischenprodukt Cyanamid wird weiter über Harnstoff vollständig in pflanzenverfügbares Ammonium umgewandelt. Die nach dem Ausstreuen des Düngers einsetzende Reaktionsphase ist für die Eier und Larven vieler Weideparasiten sowie die Zwergschlammschnecke, den Zwischenwirt des Leberegels, nicht verträglich. Auf diese Weise hilft die Düngung der Weiden mit Kalkstickstoff, die Verseuchung des Grünlands mit Parasitenlarven zu reduzieren. Falls nichts gegen die Parasiten unternommen wird, kommt es zu einer Anreicherung der Brut im Boden und einer steigenden Ansteckungsgefahr für die Weidetiere.

Daneben sorgt Kalkstickstoff für eine optimale Zusammensetzung des Grasbestandes aus Ober- und Untergräsern, Klee und Futterkräutern und erhöht damit den Futterwert des Pflanzenbestandes.

Die Anwendung erfolgt bei Vegetationsbeginn im Frühjahr zur Zeit der Forsythienblüte in einer Menge von 300 – 400 kg/ha. Die Grasnarbe sollte trocken, der Boden hingegen feucht sein, denn eine Umsetzung des Kalkstickstoffs zu Harnstoff bzw. Ammonium findet nur unter feuchten Bedingungen statt. Vor der Beweidung ist die Wartezeit einzuhalten. Faustregel für die Wartezeit: 2 – 3 Tage pro 100 kg/ha, oder aber auch zu erkennen am Wiederergrünen des Grases, wenn die Düngewirkung des Kalkstickstoffs einsetzt. Wenn auch nach der Wartezeit noch Reste des Düngers auf der Bodenoberfläche zu finden sind, ist das kein Grund zur Beunruhigung: Hierbei handelt es sich um das stabile aber unbedenkliche Kalk-Kohlenstoffgerüst der Düngerkörnchen.

Quelle: Dr. Hans-Jürgen Klasse


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Circovirus: PCV2-Untertypen fachen Diskussion an

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Trotz gut wirksamer Impfstoffe und deren breitem Einsatz ist die Infektion mit dem Circovirus (PCV) immer wieder ein Thema. In Deutschland trat das Virus 1999 erstmals auf. Schon bald waren fast alle Schweinebestände von der Erkrankung betroffen: Zuerst in der Aufzucht, später dann hauptsächlich in der Mast. Mit der Impfung der Ferkel gegen das Circovirus, welche sich gut etabliert hat und mittlerweile auch als Kombivakzine angeboten wird, sowie ggf. der Impfung von Jungsauen und tragenden und säugenden Sauen kann der Erkrankung vorgebeugt werden.

In letzter Zeit herrscht allerdings eine kontroverse Diskussion darüber, ob die handelsüblichen Impfstoffe noch gut wirken, da mittlerweile verschiedene PCV-Untertypen bekannt sind und auch schon in Deutschland nachgewiesen wurden. Praktiker berichten davon, dass sie trotz Impfung wieder Probleme mit kümmernden Schweinen im Flatdeck bekommen. Immer noch ist der Typ 2 das Schweine krankmachende Circovirus, Typ 1 ist unproblematisch für Schweine. Das PCV2-Virus unterteilt sich in die Untertypen PCV2a, PCV2b und PCV2d. Die älteste bekannte Variante ist PCV2a. Auf diesen Stamm sind die meisten Impfstoffe aufgebaut. Etwa 2003 war PCV2b erstmals nachweisbar, er ist bis heute vorherrschend in Deutschland. Doch Experten erklären: Obwohl die Impfstoffe auf dem PCV2a-Typ aufgebaut sind, wirkten sie auch gegen PCV2b. PCV2d wurde erstmalig 2012 in Nordamerika nachgewiesen, ist in den USA die vorherrschende Variante, kommt aber mittlerweile auch in Europa vor. Es stellt momentan etwa ein Viertel aller nachgewiesenen Circoviren in Deutschland.

Experten raten aufgrund der Erfahrung mit der Wirkung gegen PCV2b dazu, weiterhin die gängigen Impfstoffe gegen das Circovirus zu nutzen. Denn die Wirkung einer Impfung besteht darin, die Virusmenge im Tier auf ein Niveau zu reduzieren, bei dem es nicht zu Krankheitserscheinungen und Leistungseinbußen kommt. Eine Impfung schützt ein Tier nicht komplett gegen eine Infektion. Warum es trotzdem diese geschilderten Probleme im Flatdeck gibt, erklären Experten zum einen mit Impfdurchbrüchen, also mit nicht korrekt durchgeführten Impfungen oder nicht impffähigen Tieren, und damit, dass durch Zukauftiere im Jungsauenbereich immer wieder PCV2 in die Bestände kommt. Die Ferkel der infizierten Sauen werden möglicherweise schon im Uterus oder kurz nach der Geburt mit PCV2 infiziert. Die übliche Impfung in der dritten Lebenswoche kann dann nicht umfassend wirken. Hier sollte das Gespräch mit dem Tierarzt gesucht werden, um gegebenenfalls eine andere Impfstrategie einzuführen.

Außerdem müssen trotz moderner Impfstoffe weiterhin unbedingt Management, Haltung und Fütterung optimiert werden, damit der Gesundheitsstatus der Tiere langfristig auf hohem Niveau liegt.

Quelle: Der Hoftierarzt, Dr. Heike Engels


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Mit genomischen Daten zu gesünderem Fleckvieh

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Die Rinderzucht in Bayern macht einen Qualitätssprung. Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft in Grub hat ein zukunftsweisendes genomisches Fleckvieh-Projekt gestartet. Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber hat die Förderung des Projekts mit 1,5 Millionen Euro freigegeben. Ziel ist es vor allem, die Gesundheit des Fleckviehs und die Zuchtwertschätzung weiter zu verbessern. Ergänzend zur üblichen Leistungsprüfung und Zuchtwertschätzung werden von den einbezogenen 80.000 Fleckvieh-Kühen zusätzliche Gesundheitsmerkmale erfasst und zusammen mit ihrem genetischen Profil (Genmarker) züchterisch ausgewertet. Dadurch erhalten Gesundheitsmerkmale deutlich mehr Gewicht bei der züchterischen Auswahl. Die aus der Lern-Stichprobe entwickelten Schätzformeln sind auf beliebig viele Tiere übertragbar und erhöhen damit die Sicherheit von Zuchtwerten insgesamt. Mit seinem Fokus auf der Tiergesundheit wird das Projekt Antworten auf die aktuellen Herausforderungen geben und entscheidend zu einer nachhaltigen, wettbewerbsfähigen und gesellschaftlich akzeptierten Rinderzucht beitragen, erklärte Landwirtschaftsministerin Kaniber in München.

Das Projekt FLEQS ist auf Ziel drei Jahre angelegt. Es kostet 5,1 Millionen Euro. Das Landwirtschaftsministerium fördert es aus Mitteln der Forschungsförderung mit 1,5 Millionen Euro. Durchgeführt wird es von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) zusammen mit den Fleckvieh-Zuchtverbänden und Besamungsstationen in Bayern.

Die Rinderhaltung ist das Rückgrat der bayerischen Landwirtschaft. Der Anteil von Milch und Rindfleisch an den landwirtschaftlichen Verkaufserlösen beträgt rund 47 Prozent. 29.000 Betriebe halten 3,1 Mio. Rinder, davon 1,15 Mio. Milchkühe. Mit einem Anteil von 80 Prozent prägt Fleckvieh auch das Bild der Rinderhaltung im Freistaat. Zwölf Prozent sind Braunvieh, sieben Prozent Holsteins, der Rest verteilt sich auf mehr als 30 weitere Rassen. In den bayerischen Rinderzuchtverbänden sind 16.500 Betriebe mit 830.000 Herdbuchkühen züchterisch aktiv.

Quelle: stmelf.bayern.de

Leibniz-Wissenschaftler entwickeln System zur Früherkennung von Klauenerkrankungen

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Trittschallplatte kann den akustischen Fußabdruck von Milchkühen erkennen
Wissenschaftler des Leibniz-Institutes für Nutztierbiologie Dummerstorf (FBN) entwickeln in Kooperation mit der argus electronic gmbh Rostock ein Frühwarnsystem, das den akustischen kranken Fußabdruck von Milchkühen und somit auch beginnende Anzeichen einer Klauen- und Gliedmaßenerkrankung erkennen kann.

Erkrankungen der Klauen und Gliedmaßen gehören neben einer gestörten Fruchtbarkeit und Eutergesundheit zu den größten Problemen in der Milchviehhaltung. Es existiert derzeit keine praxisbewährte Frühdiagnostik, um Erkrankungen an den Klauen zu erkennen. Gesunde Klauen sind jedoch Voraussetzung für einen guten Allgemeinzustand des Tieres. Die Trittschallplatte ist patentrechtlich geschützt und soll auf der weltweit führenden Fachmesse für Tierhaltung, der EuroTier in Hannover, im nächsten Jahr erstmals der Nutztierbranche vorgestellt werden.

Die akustischen Signale werden aufgezeichnet.

Gesucht: Zuverlässiges Warnsystem für größere Herden
Liegen Beeinträchtigungen an den Klauen vor, versucht das Tier die krankhafte Stelle zu entlasten und lahmt. Auf der Trittschallplatte zeigt sich im akustischen Gangbild der Kuh diese Lahmheit. Die bislang gebräuchlichste Methode zur Kontrolle der Klauengesundheit ist die visuelle Lahmheitsbeurteilung durch den Landwirt. Diese erfordert ein geschultes Auge, ist zeitaufwändig und somit schwierig in die tägliche Routine einzubinden. Automatische und zuverlässige Messmethoden sind daher für die Halter von Milchkühen von großem Interesse, zumal die Folgen von Lahmheit für die Tiergesundheit und den wirtschaftlichen Prozess enorm sind. Zuchtverbände und Unternehmen schätzen die Kosten für Lahmheit auf 150 Euro pro Tier.

Im Jahr 2018 gab es insgesamt rund 4,17 Millionen Milchkühe in Deutschland. Dabei liegt der Anteil der Betriebe mit 200 und mehr Milchkühen bei rund 50 Prozent. Auch in Zukunft ist mit einer Erhöhung des Tierbestandes je Betrieb zu rechnen, wenn die Milchproduktion rentabel sein soll. „Angesichts dieser Entwicklungen gehen wir davon aus, dass der Bedarf an zuverlässigen automatischen Tier-Monitoring-Systemen nicht nur in Deutschland, sondern auch international stark steigen wird“, sagte Projektleiter Dr. Peter-Christian Schön vom FBN-Institut für Verhaltensphysiologie.

Sensoren erfassen den unterschiedlichen Gangrhythmus
Nach einer Idee des Mitarbeiters Kurt Wendland und mit Hilfe der Elektronik-Spezialisten der Rostocker argus electronic GmbH ist die Trittschallplatte entwickelt worden. Es erfolgt eine akustische Aufnahme über Beschleunigungssensoren und die mathematische Bewertung der einzelnen Auftritte auf der Platte. Krankhafte Auftritte sollen so klassifiziert werden. Die kompletten akustischen Gangmuster werden digitalisiert, modelliert und in einer tierindividuellen Datenbank abgelegt. Gesunde Kühe haben ein fließendes, sicheres Gangmuster, kranke Tiere bewegen sich unregelmäßiger. Veränderungen des Bewegungsverhaltens und der Auftritte sollen genutzt werden, Lahmheit frühzeitig zu erkennen und die entsprechenden Tiere dem Landwirt zeitnah zu melden, um Schritte für eine Behandlung einzuleiten. Die Trittschallplatte kann in einer Milchrinderanlange so integriert werden, dass die Tiere diese bei jedem Melkvorgang überqueren müssen.
„Besonderes Augenmerk haben wir auf die Robustheit und Praxistauglichkeit des Systems gelegt“, betonte Dr. Peter-Christian Schön. „Die Trittschallplatte ist einer unserer Beiträge, mit denen wir die Digitalisierung in der Nutztierhaltung vorantreiben. Sie kann problemlos in jeder Laufstallumgebung einsetzt werden. Wir bewerten sie zunächst für die Milchrindhaltung. Andere Haltungsformen und Tierarten sind denkbar.“

„Unser Unternehmen hat sich im Rahmen des Projektes vorrangig auf die Geräteentwicklung und Programmierung fokussiert“, sagte der verantwortliche Projektleiter Stefan Ibendorf von der argus eletronic GmbH. „Der innovative Kern des Projektes liegt hier klar in der Erfassung und Aufbereitung von Schrittgeräuschen auf einer Trittplatte durch geeignete akustische Sensoren“, so der Elektronikingenieur.

Akustische Messsysteme kommen in fast allen Industriebereichen zur Anwendung, lediglich in der Landwirtschaft eher noch selten. „In zwei bis drei Jahren wollen wir gemeinsam das neue System zur Marktreife führen, so dass es ergänzend zu den schon bestehenden Herdenmanagementsystemen eingeführt werden kann“, kündigte Dr. Peter-Christian Schön an. „Bis dahin werden wir die Zeit nutzen, um mit weiteren Praxiseinsätzen in Ställen Erfahrungen zu sammeln und die Software anwenderfreundlich zu optimieren. Wir sind überzeugt, dass die Tierhalter künftig durch eine Früherkennung von Lahmheit mit der Trittschallplatte die Tiergesundheit von Milchkühen deutlich verbessern können.“

Quelle: Leibniz-Institut für Nutzierbiologie (FBN)

Herdenmanagement M2erlin jetzt noch smarter

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Lemmer-Fullwood bietet ab sofort eine neue Smartphone-App an, mit der Milchviehhalter die Leistung und Funktionalität des AMS M2erlin aus der Ferne überwachen können. Damit können die M2erlin Melksysteme komfortabel gesteuert und überwacht werden. So wird es möglich, fundierte Entscheidungen im Herdenmanagement, die zur Verbesserung der Leistung beitragen und auch für mehr Komfort beim Anwender sorgen, schneller und komfortabler als bisher zu treffen.

Technische Daten des AMS und Tierdaten per Fingertipp abrufbar
Mit der App „M2erlin Info“ können Benutzer sowohl Echtzeit- als auch zurückliegende Daten der einzelnen Kühe sowie der gesamten Herde über eine WLAN- oder mobile Datenverbindung von jedem Ort aus jederzeit ansehen.

Parameter wie Milchleistung, Anzahl und Dauer der Melkvorgänge je Tag und Zeitpunkt des letzten Melkens sind leicht zugänglich, wobei Benutzer auch die 10-Tage- und 24-Stunden-Ertragsdurchschnitte vergleichen können.

Die App bietet zudem eine Reihe von Alarmen und Warnungen, die den Landwirt/Herdenmanager auf potenzielle Probleme aufmerksam machen – darunter technische Daten des AMS oder eine einzelne Kuh betreffend.

„Das intuitive Dashboard der App bietet eine Fülle an praktischen Daten in einem benutzerfreundlichen Format, die helfen können, den M2erlin effektiver und schneller zu managen, wobei das Ziel mehr Milch von gesünderen und glücklicheren Kühen ist“, erklärt Fabian Oberdörster, Marketingleiter bei Lemmer-Fullwood, zum Start der App bundesweit.

Anpassung an Betriebsanforderungen
Die M2erlin-App lässt sich individuell an die jeweiligen Anforderungen des Nutzers anpassen. Die Benutzer können dabei beispielsweise wählen, welche Art von Benachrichtigungen sie wann wünschen.

M2erlin Info steht in verschiedenen Sprachen zur Verfügung und kann kostenlos im Google Play und Apple Store heruntergeladen werden. Sie ist mit den M2erlin Modellen kompatibel und erfordert die Installation des M2erlin Kommunikators am AMS.

Quelle: Lemmer Fullwood GmbH

Ab April neue Zuchtwerte für die Gesundheit der Milchkühe

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Ab dem 2. April 2019 können die Holsteinzüchter erstmals direkte Zuchtwerte zur Tiergesundheit nutzen. Das teile der Bundesverband Rind und Schwein e.V. bei einem Pressegespräch mit. Für die Holsteinzucht erscheinen mit den Zuchtwertschätzungen diese fünf neuen Zuchtwerte:

• RZ-Euterfit
• RZ-Klaue
• RZ-Repro
• RZ-Metabol
• RZ-Gesund

Die Datengrundlage für die neuen Zuchtwerte basiert unter anderem auf dem Projekt KuhVision, bei dem rund 1.200 Betriebe Gesundheitsdaten erfassen und alle Tiere genotypisieren lassen. Die genomischen Zuchtwerte bieten Sicherheiten zwischen 0,5 und 0,6. Diese Werte sind für ein Gesundheitsmerkmal sehr hoch und sprechen für die überlegene Datenqualität der deutschen Relativ-Zuchtwerte und Zuchtwertschätzverfahren.

Der RZ-Gesund ist der Gesamtzuchtwert, in welchem die vier Merkmale Euterfit, Klaue, Repro und Metabol unterschiedlich gewichtet sind: RZ-Euterfit 40 %, RZ-Klaue 30 %, RZ-Repro 20 % und RZ-Metabol 10 %. Die Selektion mit dem RZ-Gesund erlaubt die züchterische Verbesserung aller 13 Gesundheitsmerkmale, die in den vier Relativzuchtwerten erfasst werden. So sind mit nur einem Wert alle wichtigen Merkmalskomplexe abgedeckt bzw. den wichtigsten Erkrankungen züchterisch bestmöglich vorgebeugt. Bei Tieren bzw. Herden mit speziellen Herausforderungen helfen die Zuchtwerte RZ-Euterfit, RZ-Klaue, RZ-Metabol und RZ-Repro bei der Anpaarung und Wahl des Bullen.

Die neuen Zuchtwerte können aufzeigen, welche Bullen widerstandsfähige Nachkommen hervorbringen. Damit sollen sich bestimmte Krankheiten wie etwa Mastitis oder Mortellaro zielgenauer züchterisch bearbeiten lassen.

RZ-Euterfit:
Mastitis ist nach wie vor die Erkrankung mit der größten wirtschaftlichen Bedeutung in unseren Milchviehbeständen. Eine klinische Euterentzündung in der Frühlaktation kostet pro Tier schnell 400 bis 600 Euro an Behandlungskosten, Milchgeldverlust etc. Eine subklinische Mastitis (erkennbar an einer erhöhten Zellzahl) schlägt mit bis zu 200 Euro je Tier zu Buche. Mit dem neuen Zuchtwert RZ-Euterfit lässt sich das Auftreten von Mastitis nun ganz gezielt verringern. Die weltweit einmalige Kombination aus direkten Gesundheitsdaten, die frühe und späte Erkrankungen erfassen, und Abgangsursachen wirkt sich beim genomischen Zuchtwert RZ-Euterfit ganz besonders positiv aus: Die Sicherheit liegt bei 0,61! Durch die Berücksichtigung des RZ-Euterfit bei der Selektionsentscheidung lässt sich die Mastitisrate in der Herde zielgerichtet und schnell senken.

RZ-Klaue:
Die Milchleistung steht auf gesunden Klauen und genau das garantiert der neue Zuchtwert RZ-Klaue. In diesem neuen Gesundheitsindex sind die sechs wichtigsten Klauenerkrankungen kombiniert und entsprechend ihrer wirtschaftlichen Bedeutung gewichtet:

• Dermatitis Digitalis (Mortellaro) 30 %
• Klauengeschwüre 15 %
• Panaritium 15 %
• Weiße Linie Defekt 15 %
• Klauenrehe 15 %
• Limax/Zwischenklauenwulst 10 %

Die starke Gewichtung von Mortellaro im neuen Zuchtwert kommt dabei nicht von ungefähr, denn die infektiöse Klauenerkrankung breitet sich zurzeit stark in den Milchviehbeständen aus. Der RZ-Klaue erweitert den bisherigen Zuchtwert DD Control um weitere wichtige Merkmale für die Zucht auf Klauengesundheit. Durch Berücksichtigung des Wertes bei Anpaarungsentscheidungen kann so effektiv gesteuert werden. RZ-Klaue ist ein entscheidender Schritt zu mehr Klauengesundheit in der ganzen Herde. Die Sicherheit des genomischen Zuchtwertes RZ-Klaue liegt bei 0,51.

RZ-Repro:
Nur Kühe, die schnell und problemlos wieder tragend werden, verbleiben viele Laktationen in der Herde. Dafür ist die Gesundheit des Fortpflanzungstraktes von großer Bedeutung. Mit RZ-Repro kann erstmalig auf gesunde Fortpflanzungsorgane bei der Kuh gezüchtet werden. Der genomische Relativzuchtwert RZ-Repro umfasst Reproduktionsstörungen, die früh (Gebärmutterentzündung, Nachgeburtsverhaltung) und spät (Zyklusstörungen) in der Laktation auftreten, in wirtschaftlich optimaler Weise:

• Zyklusstörungen (z.B. durch Zysten) 50 %
• Entzündungen der Gebärmutter und ihrer Schleimhaut 25 %
• Nachgeburtsverhaltungen 25 %

Die Zyklusstörungen weisen eine Korrelation zu den bisher schon im RZR (Töchterfruchtbarkeit) erfassten Merkmalskomplex „Rastzeit“ auf und wurden bereits indirekt züchterisch bearbeitet. Daten zu den Gesundheitsmerkmalen „Gebärmutterentzündung“ und „Nachgeburtsverhaltungen“ wurden jedoch nicht erhoben – bis zur Entwicklung des neuen genomischen Relativzuchtwertes RZ-Repro. Dank des neuen Komplexes und der darin verarbeiteten Daten ist nun eine gezielte Zucht auf reproduktionsgesunde Tiere möglich. Die Sicherheit des genomischen Zuchtwertes beträgt 0,52, ein sehr guter Wert für niedrig erbliche Merkmale.

RZ-Metabol:
Die Stoffwechselgesundheit ist gerade bei hochleistenden Kühen von immenser Bedeutung: für die Wirtschaftlichkeit und das Tierwohl. Bisher gab es keine brauchbaren Hilfsmerkmale, die deren Erfassung und somit die Schätzung eines Zuchtwertes zuließen. Im genomischen Zuchtwert RZ Metabol werden nun erstmals diese Merkmale mit folgender Gewichtung zu einem Index verrechnet:

• Labmagenverlagerung 40 %
• Milchfieber 30 %
• Ketose 30 %

Die Datengrundlage des RZ Metabol wird sich in den kommenden Jahren noch wesentlich vergrößern, so dass die Sicherheit dieses genomischen Zuchtwertes in Zukunft noch weiter ansteigen wird. Aktuell liegt die Sicherheit bei 0,55.

Quelle: BRS/Der Hoftierarzt

Impfstoff aus der Pflanze – Projekt zur Entwicklung kostengünstiger Vogelgrippe-Vakzinen angelaufen

Beim Ausbruch der Vogelgrippe gibt es oftmals nur eine Methode, um die Infektionskrankheit einzudämmen – die Tötung der Nutzvögel. Eine schnell erzeugbare und kostengünstige Impfung könnte hier jedoch bald eine neue Alternative bieten. In jahrelanger enger Zusammenarbeit haben Forscher des IPK Gatersleben und des IBT Hanoi eine Methode zur Produktion von Vogelgrippevakzinen in Pflanzen entwickelt. Nun geht es in einem neuen Projekt um die praktische Anwendung der bisherigen Ergebnisse und um die Entwicklung von preiswerten und stabilen Vogelgrippevakzinen. Diese sollen baldmöglichst dazu dienen, erneute Vogelgrippe-Epidemien abzuwenden.

Zoonosen sind eine Quelle immer wieder neu auftretender Infektionskrankheiten, welche von Tieren auf den Menschen übertragen werden können. Eine der bekanntesten Zoonosen ist vermutlich die Vogelgrippe, ein hochpathogener Influenza A-Virus, der durch Direktkontakt auch Menschen befallen kann. Aufgrund der schnellen und einfachen Verbreitung durch Vögel und der damit verbundenen Pandemie-Gefahr, gibt es beständige Bestrebungen, den Infektions-Erreger dieser Grippe einzudämmen. Impfungen dienen dem Aufbau von Resistenzen gegenüber solchen Infektionen, und sie reduzieren die Gefahr weiterer Ansteckungen. In der Veterinärmedizin gibt es daher einen Bedarf für kosteneffektive Vakzine, die das Wohl der Tiere fördern und zoonotische Erkrankungen, wie die Vogelgrippe, bekämpfen.

Anfang dieses Jahres ist ein neues Projekt des Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) Gatersleben und des Institute of Biotechnology (IBT) in Hanoi, Vietnam, angelaufen. Zusammen mit der vietnamesischen Firma NAVETCO, welche auf dem Gebiet der Vogelgrippe-Vakzinierung aktiv ist, arbeiten sie an der schnellen und kostengünstigen Erzeugung von Vakzinen gegen Vogelgrippeerreger.

Neben der Gefährdung von Tieren und Menschen können Vogelgrippeepidemien die Geflügelfleisch- und Eierproduktion von Regionen erheblich beeinflussen. Bisherige Bemühungen, Vogelgrippeausbrüche einzudämmen, führten weltweit zum Töten von vielen Millionen Nutzvögeln. Doch gerade in Entwicklungsländern, wo die Geflügelproduktion einen maßgeblichen Beitrag zur Ernährung leistet, sträuben sich Tierhalter gegen diese Eindämmungsmaßnahme. Die Einführung einer kostengünstigen und zuverlässigen Vakzinierung als Prophylaxe oder als Notfallimpfung wird als sinnvolles Werkzeug betrachtet, um die Ansteckungsrate von Vogelgrippe zu verringern. Doch um auf neue Ausbrüche reagieren zu können, müssten passende Vakzinen schnellstmöglich entwickelt und zur Verfügung gestellt werden. Die klassische Erzeugung von Impfstoffen in embryonierten Hühnereiern dauert fünf bis sechs Monate. Eine moderne Alternative ist die Erzeugung von sogenannten „subunit vaccines“ in Pflanzen. Die Vorteile dieses Verfahrens sind nicht nur kurze Produktionszeiten, die eine schnelle Anpassung an sich verändernde Viren im Feld ermöglichen, sondern auch niedrige Produktionskosten, einfache Skalierbarkeit und niedrige Infrastrukturkosten. Wissenschaftler der IPK-Arbeitsgruppe Phytoantikörper unter Leitung von Prof. Dr. Udo Conrad und Forscher des IBT arbeiteten bereits in einem vorangegangenen Projekt an einer effektiven Methode zur Erzeugung derartiger pflanzenbasierter Peptidvakzinen. Als Ergebnis gelang es ihnen, Hämagglutininmultimere, spezielle Vogelgrippeantigene, in Tabakpflanzen (Nicotianabenthamiana) zu produzieren und deren neutralisierende Immunantworten in Mäusen zu zeigen.

Im neuen Projekt, welches durch die Translatorik-Förderlinie der Else Kröner-Fresenius-Stiftung gefördert wird, geht es nun um die praktische Anwendung der Grundlagenforschungsergebnisse. So sind im nächsten Schritt Challenge-Versuche an Hühnern geplant, welche die Robustheit des entwickelten Verfahrens in der Praxis testen sollen. Das langfristige Ziel der Forscher ist dabei die Entwicklung einer in Pflanzen erzeugten Peptidvakzine gegen Vogelgrippeviren. Mit dieser hoffen sie bald, eine neue Methode zur Eindämmung und Vorbeugung von weiteren Vogelgrippe-Pandemien anbieten zu können.

Quelle: Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung

PRRS-Ausbruch in österreichischer Besamungsstation

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Bei der wöchentlich stattfindenden PRRS-Screening-Untersuchung vom TGD Labor in der Besamungsstation Steinhaus ist am 12.3.2019 ein PRRS-Eintrag diagnostiziert worden, wie auf der Homepage der nachzulesen ist. Die betroffenen Stalleinheiten wurden gesperrt. Um die Situation an der Station im Detail zu klären, wurden weitere umfangreiche Untersuchungen eingeleitet. Seitdem wurden in Abstimmung mit dem Oberösterreichischen Tiergesundheitsdienst die notwendigen Maßnahmen getroffen, um eine Belieferung der Kunden mit PRRSV unverdächtigem Sperma sicher zu stellen. Dies umfasst den Zukauf aus PRRS unverdächtigen Besamungsstationen in Österreich und Süddeutschland, die stationsinterne Absicherung der aktuell negativen Stalleinheiten sowie die vollständige Räumung der betroffenen Einheiten.

In Steinhaus werden derzeit nach einer durchgeführten Vollerhebung aus den negativen Stalleinheiten bei jeder Absamung Blutproben entnommen und nach Vorliegen des negativen Befundes (Serologie und PCR) zum Verkauf frei gegeben.

Die Sequenzierung des detektierten PRRS-Virusisolates wurde in der AGES Mödling durchgeführt und zeigt, dass es sich um einen Neueintrag eines EU Feldstamms handelt: Die genauere Typisierung des PRRSV Stammes mittels PRRSV-EU ORF5 und ORF7 spezifischen Primern zeigte die beste Übereinstimmung zu PRRSV EU-1 Feldstämmen (Neue Gruppe 187).

Aktuelle Informationen unter: www.szv.at

Quelle: Der Hoftierarzt, Besamungsstation Steinhaus

Tierwohl-Prämien gehen in neue Runde

Bis zum 15. Mai 2019 können Landwirtinnen und Landwirte wieder Prämien für besonders tiergerechte Haltung von Nutztieren beantragen. Mit der Förderung von besonders tiergerechten Haltungsverfahren von Nutztieren soll ein zusätzlicher Anreiz zur freiwilligen und vorzeitigen Umsetzung der „Niedersächsischen Nutztierhaltungsstrategie / Tierschutzplan 4.0″ gegeben werden. Gegenstand der Förderung 2019 ist eine besonders tiergerechte Haltung von Schweinen. Als anerkannter Indikator hierfür gelten intakte Ringelschwänze der Tiere. Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast: „Mit der Prämie wollen wir die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die bei der Tierhaltung ein Mehr an Aufwand und Kosten abdecken müssen, finanziell unterstützen. Ich bin zuversichtlich, dass auch in diesem Jahr das Interesse groß ist.“

Seit 2015 bietet Niedersachsen die Prämie für eine besonders tiergerechte Haltung von landwirtschaftlichen Nutztieren an. Die Förderungen wurden in enger Abstimmung mit Experten aus Wissenschaft und Praxis entwickelt. Im Bereich der sogenannten „Ringelschwanzprämie“ für Mastschweine, der „Sauen-“ sowie der „Ferkelprämie“ werden die Teilnehmer zusätzlich durch eine praxisbezogene Beratung begleitet. Wie bei allen ELER-Maßnahmen erfolgt darüber hinaus eine unabhängige Bewertung der Maßnahmen durch das Thünen-Institut des Bundes.
Das jetzt wieder eröffnete Antragsverfahren gilt nur noch für die tiergerechte Haltung von Schweinen. Die Förderung der Legehennen wird ausgesetzt, weil die Evaluierung durch das Thünen-Institut Hinweise für fachliche Verbesserungen der Förderung geliefert hat. Deshalb soll die weitere Förderung der Legehennen zunächst intern geprüft und verbessert werden.
Die Antragstellung für die Maßnahmen der Schweinehaltung kann bis zum 15. Mai 2019 erfolgen. Die ELER-Tierwohlmaßnahmen sind einjährige Förderprogramme. Das heißt die Antragstellerinnen und Antragsteller können sich in jedem Jahr neu entscheiden, ob an der Förderung teilgenommen werden soll. Die Antragsformulare und weitere Informationen können ab sofort auf den Internetseiten der Landwirtschaftskammer (LWK) und beim Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (ML) unter www.tierwohl.niedersachsen.de eingesehen werden.

Hintergrund:
Für das Antragsverfahren wird eine Summe von mindestens acht Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Nach Prüfung der Anträge und dem Bewilligungsverfahren beginnt der Förderzeitraum ab dem 1. Dezember 2019. Am Verfahren 2018, das noch bis zum Ende des Jahres läuft, beteiligen sich derzeit mehr als 200 Betriebe, beantragt wurde eine Förderung von mehr als 400.000 Schweinen (290.000 Ferkel, 114.000 Mastschweine und 4.700 Sauen). Dies entspricht einer Fördersumme von mehr als sieben Millionen Euro.

Quelle: Nds. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

AfT-Symposium 2019: Wohin entwickeln sich Tierzucht und Tiergenetik? #AfT2019

Prof. Sven König (JLU Gießen) sprach in Montabaur über die genomische Zuchtwertschätzung, welche mittels rechenintensiver Mischmodellgleichungen die Verwandschaftsmatrix über genetische Marker, statt auf Basis von Abstammungsdaten aufbaut. Weitere züchterische Erfolge seien mit dieser Methode möglich, wenn eine bessere Merkmalserfassung und genauere Merkmalsdefinition erfolgt, das Instrumentarium der genomischen Selektion über große „Kuhlernstichproben“ effizient umgesetzt werde und konkrete Anpaarungen zur Vermeidung von Erbfehlern und Ausnutzung von Dominanzeffekten auf Basis von Herden-Genotypisierungen erfolgten.

Je niedriger die Erblichkeit eines Merkmals ist, umso größer muss die Zahl genotypisierter Kühe für die „Kuhlernstichprobe“ ausfallen. Das Gemeinschaftsprojet „Kuh-L von Uni Gießen, Uni Halle und vit Verden war darauf ausgelegt, basierend auf etwa 20.000 genotypisierten Kühen mit Phänotypen für eine breite funktionale Merkmalspalette erstmals genomische Zuchtwerte für Fruchtbarkeits- und Gesundheitsmerkmale zu schätzen.

Welche Bedeutung diese neuen Techniken in Zukunft haben können, zeigte Prof. König mit einem Blick auf die Erblichkeiten für Merkmale bei Milchrinder. Für Hornlosigkeit liegt diese bei 100%, für den Fettgehalt der Milch bei 60% und für die Milchleistung noch bei 45%. Für Zellzahl, Mastitis und Dermatitis Digitalis liegen die Werte zwischen 12% und 15%.

Über Stand und Perspektiven neuer Züchtungsmethoden bei Nutztieren berichtete Prof. Heiner Niemann (Med. Hochschule Hannover/TwinCore). Die Genome der landwirtschaftlichen Nutztiere seien mittlerweile sequenziert worden (2004: Geflügel, 2006: Biene, 2009: Pferd und Rind, 2012: Schwein, 2014: Schaf und 2017: Ziege). Damit lägen Genkarten vor, die es züchterisch zu nutzen gelte.

Die Anwendungsperspektiven seien dabei vielfältig, wie z. B.: Wachstum, Krankheitsresistenz, Reproduktion, aber auch diätetische und Umwelt-Verbesserungen. Im Labor könnten bereits Schweine mit Hilfe von CRISPR/Cas eine Resistenz gegen PRRS angezüchtet werden, Rindern eine solche gegen M. tuberculosis (nach Einsatz von gen-editing). Und sogar Sexing beim Schwein sei in Zukunft möglich und könnte zukünftig zur „Bucht ohne Eber“ führen. Allerdings gehöre die Kontrolle möglicher Off-Target-Mutationen immer zu den Risiken gentechnischer Eingriffe.

Übersteigt die Zucht auf Leistung die physiologischen Grenzen? fragte Prof. Gerhard Breves (TiHo). In den letzten 20 Jahren konnte mittels Selektion die Jahresmilchleistung der Rasse Deutsche Holstein Schwarzbunt von 7.000 auf fast 9.500 kg gesteigert werden. Allerdings blieben die Kühe im Durschnitt nur noch 2,8 Laktationen im Stall und könnten damit die maximale physiologische Kapazität zur Milchleistung in der 4. Bis5. Laktation nicht erreichen.

Vor allem Stoffwechselkrankheiten, Störungen im Mineralstoffhaushalt, Lahmheiten und Reproduktionsstörungen seien die Abgangsursachen. Vor allem die negative Energiebilanz im ersten Laktationsdrittel sei Ursache leistungsassoziierter Erkrankungen. Insofern müsse die eingangs gestellter Frage mit Ja beantwortet werden. Ein erheblicher Anteil der Tiere aber werde den metabolischen Anforderungen bei hohen Leistungen gerecht!

Ziel künftiger Forschung müsse deshalb sein, jene „robusten Phänotypen“ umfassend zu charakterisieren, welche den metabolischen Anforderungen hoher Leistung gerecht werden. Eine vollständige phänotypische Charakterisierung aller Merkmalsbereiche sei Voraussetzung für zukünftige Fortschritte und die intensive Kooperation genetisch und funktionell ausgerichteter Arbeitsgruppen dabei unbedingt nötig.

Die einseitige Zucht früherer Jahre auf Leistung, führte teilweise zu erheblichen Verschlechterungen bei Tiergesundheit und Funktionalität betonte auch Prof. Jens Tetens (Uni Göttingen). Deswegen sei in den letzten Jahren die Funktionalität in den Fokus der Züchtung gerückt. Merkmale also, die vorliegen müssen, damit ein Tier die eigentliche Leistung überhaupt erbringen kann, wie Gesundheit, Fruchtbarkeit, Verhalten oder auch Ressourceneffizienz. Funktionale Merkmale sind dabei in der Regel komplex und Resultat des Zusammenspiels verschiedener Faktoren aus Genetik, Umwelt und Management. Vor allem aber weisen sie meistens niedrigere Erblichkeiten auf als klassische Leistungsmerkmale.

Seit der Einführung der genomische Selektion bestünde die Möglichkeit Zuchtwerte anhand genomweiter Markerdaten für Tiere ohne Leistungsinformation mit ausreichender Sicherheit zu schätzen. Dies bedeute allerdings nicht, dass die Leistungsprüfung sich erübrigen würde, denn die genomische Selektion erfordere umfangreiche Lernstichproben, für die Genotyp- und Phänotyp-Date vorliegen müssten.

Aus wissenschaftlichen Untersuchungen stünden heute viele hochdimensionale Datensätze zur Verfügung, die genutzt werden könnten sog. Endophänotypen auszumachen, welche als Hilfsmerkmale bzw. Biomarker Eingang in die Zucht finden könnten. Eine der zentralen Herausforderungen in der Tierzucht sei daher, der enormen Datenmengen aus Labor und Stall (Sensoren) Herr zu werden und sie im Sinne nachhaltiger Züchtung zu nutzen.

Prof. Gerald Reiner (JLU Gießen) widmete sich der „Zucht auf Krankheitsresistenz“. Wenige ökonomisch bedeutsame Erkrankungen würden heute mit Hilfe phänotypischer Selektion auf Resistenz kontrolliert, z. B. Magen-Darm-Nematoden beim Schaf (in Australien und Neuseeland etwa sind alle Würmer resistent gegen Anthelmintika) oder die Resistenz gegen Zecken beim Rind und Mastitis bei beiden Tierarten. Beim Schwein spiele die phänotypische Selektion auf Krankheitsresistenz bisher keine Rolle, weil aufwendig und ungenau. Deshalb sei es wichtig den ungenauen Phänotyp langfristig durch Genmarker zu ersetzen.

Doch nur wenige Resistenzen werden durch Hauptgene bestimmt, was nicht nur die Identifikation beteiligter Gene erschwere, sondern auch ihre Zuverlässigkeit relativiere. Dennoch würde mit Hochdruck nach Resistenzgenen gesucht, z. B. gegen PRRSV, Influenza A, ASP, APP und andere Schweinekrankheiten. Ebenso nach zahlreichen Kandidatengenen bei Rind und Schaf.

Gene-Editing erlebe derzeit zwar eine rasante Entwicklung, an deren Ende ein „Genbaukasten-System“ zur Verfügung stünde. Allerdings seien die Folgen nur schwer auszumalen. Denn Gene zu editieren sei einfacher als die Erfassung aller damit einhergehenden Wirkungen und Nebenwirkungen.

Bei der Biene kommen alle Krankheiten von außen, sagte Prof. Elke Genersch (FU Berlin) zu Beginn ihres Vortrags, „Herz-/Kreislauf-Erkrankungen gibt es nicht“. Weil den Bienen ein adaptives Immunsystem fehle und nur eine angeborene Immunabwehr existiere, spiele auf Ebene des Bienenvolkes die soziale Immunabwehr die entscheidende Rolle. Hier insbesondere das Hygieneverhalten gegenüber geschädigter Brut, die von den Arbeiterinnen erkannt und aus dem Stock entfernt werden müssten, z. B. bei Amerikanischer Faulbrut oder auch Varoa-Befall.

In freier Wildbahn sei jedoch eine Kontrolle der Anpaarung einer Königin schwierig, da sie bestimmte Drohnen-Sammelplätze aufsucht und sich dort mit einer unbekannten Zahl männlicher Bienen paart. Doch auch in der Bienenzucht gibt es mittlerweile die künstliche Befruchtung.

Bei den Erbkrankheiten gebe es monogene Varianten (die sich nach mendelschen regeln vererben) und genetische Dispositionen, die in der Regel durch mehrere oder viele Genvarianten bedingt seien, erklärte Prof. Gesine Lühken (JLU Gießen). Ein Gentest mache die Identifizierung von Anlageträgern für eine Erbkrankheit einfacher und sicherer, die Entwicklung eines direkten Gentests zum Nachweis von Defekt-Allelen setze jedoch die Identifizierung der kausalen Genvariante voraus. Sequenzierungsverfahren der 3. Generation seien nicht nur dramatisch billiger als frühere Verfahren (€800,- bis € 1.000, -), sondern könnten auch komplexere genetische Varianten sichtbar machen.

Dass aber auch modernste Methoden ihre Tücken haben können, zeigte Prof. Lühken am Beispiel der Ziege. Schaltet man bei ihr die Hornentwicklung genetisch ab, werden zwar 100% hornlose Nachkommen geboren, 25% sind allerdings Zwitter.

Von genetisch maßgeschneiderten Schweinen berichtete Prof. Eckhard Wolf (LMU). Bei der Erforschung von Krankheitsmechanismen und der Suche nach neue Therapieansätzen, seien geeignete Tiermodelle unverzichtbar. Ergebnisse aus Versuchen mit Mäusen seien aber nicht in ausreichendem Maße auf den Menschen übertragbar und deshalb würden zur Ergänzung Großtiermodelle benötigt, die dem Menschen anatomisch und physiologisch oft ähnlicher sind.

Heute sei es möglich durch gezielte genetische Modifikationen in Schweinen humane Krankheitsmechanismen auf molekularer und funktionaler Ebene in diesen Tieren zu rekapitulieren. Transgene Schweine würden z. B. in der Diabetes- oder Adipositas-Forschung genutzt

Genetisch modifizierte Schweine kämen sogar als Spender von Zellen, Geweben und sogar ganzen Organen für die Xenotransplantation (von Spezies zu Spezies) in Frage. Hier wurden erfolgreiche Versuche mit Pavianen durchgeführt, denen dreifach modifizierte Schweineherzen transplantiert wurden, Die Affen überlebten die Organspende um sechs Monate, was einen Meilenstein auf dem Weg zur klinischen Entwicklung „xenogener Herztransplantationen“ darstelle, führte der Münchner Forscher aus.

Zu den Referaten von Prof. Achim Spiller und Prof. Rudolf Preisinger sind ausführlichere Berichte hier und hier zu finden.

Die Abstracts aller Vorträge stellt die Akademie für Tiergesundheit auch zum Download bereit.