Lahmheitserkennung: Wie früh ist früh genug?

Von Isabella Lorenzini, Dr. Bernhard Haidn, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft

Trotz der technologischen und züchterischen Fortschritte in der Milchviehhaltung hat sich in den letzten Jahrzehnten die Lahmheitsprävalenz auf europäischen Milchviehbetrieben nicht reduziert. Laut Studien sind in österreichischen und deutschen Milchviehbetrieben im Durchschnitt jeweils 31 % und 45 % Tiere lahm. Die Schmerzen und Leiden, die mit Lahmheit verbunden sind, dürfen nicht zur Gewohnheit werden; warum sind also Klauenerkrankungen ein noch so allgegenwärtiges Problem?

Die häufigste Ursache für Lahmheit sind Erkrankungen an der Klaue, die ihre Struktur verändern und sie in ihrer Funktion beeinträchtigen. Die Risikofaktoren für Klauenerkrankungen sind zahlreich, dabei wird zwischen internen und externen Faktoren unterschieden: zu den internen, also auf das Tier bezogene Risikofaktoren zählen die Genetik, die Rassenprädisposition, das Alter des Tieres sowie das Laktationsstadium. Zu den externen Faktoren gehören zum einen die baulichen Gegebenheiten des Stalles, zum anderen auch Managementfaktoren. Die Eingliederung in die Herde kann für junge Tiere zum Beispiel Stress bedeuten und die niedrige Rangordnung hat einen Einfluss auf Steh- und Liegezeiten sowie auf das Futteraufnahmeverhalten und auf die Klauengesundheit.
Auch die Abkalbung stellt einen Stressfaktor für den Organismus dar; die hormonellen Einflüsse, Stoffwechselbelastungen und Futterumstellung der Transitperiode können Klauenkrankheiten begünstigen. Zudem werden in der Frühlaktation Fettreserven im Körper des Tieres mobilisiert, hierzu zählen auch die Ballenfettpolster in den Klauen, die eine Stoßdämpferfunktion einnehmen und nach der Geburt dünner werden. Lange Stehzeiten und falsche mechanische Belastung können dann in Kombination mit einem dünnen Ballenfettpolster Quetschungen und Entzündungen der Lederhaut verursachen.

Die baulichen Gegebenheiten des Stalles, die einen maßgeblichen Einfluss auf die Klauengesundheit haben, sind zum Beispiel die Art und Anzahl der Liegeboxen, sowie die Bodenbeschaffenheit und eventuell vorhandene Entmistungstechnik. Managementfaktoren, die für gesunde Klauen ausschlaggebend sind, sind zum Beispiel die Fütterung, die aus einer wiederkäuergerechten, raufutterreichen Ration, mit einer ausreichenden Mineralien- und Spurenelementversorgung, bestehen sollte.

Gleichermaßen ausschlaggebend ist natürlich auch eine fachgerechte und regelmäßige Klauenpflege; diese sollte mindestens zweimal jährlich erfolgen, je nach Haltung und bei Hochleistung auch dreimal jährlich. Da der Zeitraum um die Geburt für Klauenerkrankungen besonders anfällig ist, erfolgt eine Klauenpflege am besten vor dem Trockenstellen der Tiere.

Lahme Tiere leiden
Lahmheit ist eine der teuersten Produktionskrankheiten der modernen Milchviehhaltung. Die Verluste infolge einer Lahmheit bestehen sowohl aus Kosten, die auf die Behandlung und auf den erhöhten Arbeitsaufwand zurückzuführen sind, als auch aus Kosten, die infolge von nicht ausgeschöpftem Leistungspotential der Tiere entstehen.

Klauenerkrankungen stellten in den letzten Jahren laut LKV Bayern etwa 9 % aller Abgangsursachen dar, demnach resultiert für lahme Tiere eine verkürzte Nutzungsdauer und dadurch eine höhere Remontierungsrate. Die Fruchtbarkeit lahmer Tiere ist reduziert, weshalb verlängerte Güst- und Zwischenkalbezeiten zustande kommen.
Eine Studie an der LfL in Grub hat gezeigt, dass Kühe, die schmerzhafte Klauen haben, tagsüber vermehrt liegen. Auch ihr Futteraufnahmeverhalten verändert sich, lahme Tiere stehen nämlich so wenig wie möglich und vermeiden Rangkämpfe und somit die Stoßzeiten am Futtertisch.

Eine weitere relevante Folge von Lahmheit ist der Milchverlust, und zwar sowohl die verworfene Milch infolge medikamentöser Behandlungen, als auch der Rückgang in der Milchproduktion, der laut Studien bei bis 360 kg pro 305-Tage Leistung liegt.

Lahmheit ist teuer
Es ist kompliziert, die genauen Kosten einer Lahmheit zu ermitteln, da so viele verschiedene Faktoren eine Rolle spielen und viele Verluste von der aktuellen Marktsituation abhängen.


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