HANSA-Rinderfachtagung 2019 Teil I: Viel Milch UND ein langes Kuhleben

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Von Dr. Heike Engels

Klimaerwärmung, Ertragsschwankungen und ständig höhere Auflagen machen den Milchviehhaltern zu schaffen. Umso wichtiger ist es da, die eigene Milchviehherde so optimal wie möglich zu managen. Dabei will der HANSA Landhandel mit seiner alljährlichen Rinderfachtagung helfen: Zwei Topreferenten gaben Tipps zu Jungtieraufzucht und hoher Lebenstagsleistung.

„Die Aufzuchtphase bis zur Pubertät dauert ca. 240 Tage und beeinflusst das Kuhleben nachhaltig, das müssen wir uns einfach noch mehr vor Augen führen“, so Axel Pfundheller vom Agrarservice Jade. Der Agrarexperte betonte, dass viele Betriebe es schon sehr viel richtig machen. Aber oft fehle die Zeit zum Nachdenken, die Arbeitsfalle schlage zu. Doch ein regelmäßiges Reflektieren des eigenen Tuns sei sehr hilfreich, um Schwachstellen aufzudecken. „Den Idealzustand für Kühe im Stall hinsichtlich Fütterung und Management schaffen wir nicht, aber wir wollen es so gut machen wie möglich.“ Zur Orientierung nannte er folgende Punkte, auf die ein erfolgreicher Milchviehhalter achten sollte:

• Die Rinder wiegen zur Besamung 420 kg und sind 14 / 15 Monate alt.
• Die Trockensteher sind die wichtigsten Tiere im Betrieb
• Der Futtermischwagen ist die wichtigste Maschine im Betrieb
• Sehr gute Silagen sind das Ziel
• Das Fruchtbarkeitsmanagement bedarf fester Abläufe
• Die Toleranz für lahme Kühe sinkt stetig
• Der Kuhkomfort wird täglich sichergestellt
• Die Mitarbeiter haben einen Arbeitsplan

Kühe lieben Langeweile
Wichtig ist für ihn, nicht mehr nur die 10.000 Liter Milch pro Kuh und Jahr anzupeilen, sondern auch die Nutzungsdauer im Blick zu haben. Kritische Phasen im Leben einer Kuh seien immer die Transitphasen, denn diese bedeuten Stress. Dazu zählen nicht nur die Trockenstehphase, sondern auch die eigene Geburt, die Umstellung von Milch auf festes Futter, die Pubertät, die Erstbesamung, die Hochträchtigkeit sowie die Geburt des Kalbes mit den nachfolgenden Laktationsphasen. „Die Kuh ist das langweiligste Tier, das ich kenne. Sie mag keine Veränderungen, doch diese passieren ständig, weil die Kuh für viele Lebensphasen im Betrieb die Gruppe oder sogar den Stall sowie das Futter wechselt. Für uns heißt das, diese Übergänge so stressfrei wie möglich zu gestalten“, so der Agrarexperte. Auch Hitzestress ist so gut wie möglich zu vermeiden. Eigene Studien haben ergeben, dass Kälber, deren Mütter in der Hochträchtigkeit bei kühlen 9 °C gehalten wurden, länger und gesünder leben als Kälber, deren Mütter in der Hochträchtigkeit bei 21 °C gehalten wurden.

Kälber nicht groß hungern
Einflüsse auf die Lebensdauer einer Kuh haben daneben vor allem, ob die Kuh als Kalb schnell genügend Kolostrum von guter Qualität erhalten hat und ob sie im 1. Lebensjahr intensiv bzw. am besten in den ersten drei Lebenswochen ad libitum gefüttert wurden. Hintergrund dafür ist, dass im 1. Lebensjahr die Organe inklusive des Eutergewebes wachsen, und das muss so optimal wie möglich geschehen. Die Kälber groß hungern war gestern, heute wird ad libitum gefüttert, damit die Tiere kontinuierlich wachsen können. Mit Eintritt der Pubertät muss die Fütterung dann restriktiver sein, damit die Tiere nicht verfetten. Als Maßstab gilt: Am 35. Tag ist das Zielgewicht des Jungtiers 70 kg, am 90. Lebenstag sollte es nicht mehr als 120 kg und am 180. Lebenstag über 220 kg wiegen. „Um diese Ziele auch zu erreichen, ist ein verstärktes Messen, Zählen und Wiegen wichtig, denn nur mit handfesten Fakten kann man die richtigen Dinge auch richtig tun. Bitte nicht nur auf das Augenmaß verlassen, sondern in eine gute Tierwaage investieren. Ausgewachsen ist eine Kuh erst mit 4,5 Jahren“, erinnerte Pfundheller. Weiterhin wichtig für Kälber ist viel Licht und frische Luft.

Mehrzahlungsbereitschaften – Befragungsergebnisse und die Einkaufsrealität

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Im Oktober fand an der Uni Götingen die 2. Tierwohltagung statt, unter dem Titel „Transformationsprozesse der intensiven Nutztierhaltung – was wollen, können und müssen wir ändern?“

Dort hielt Prof. Dr. Ulrich Enneking (Hochschule Osnabrück) einen Vortrag zu „Mehrzahlungsbereitschaften – Befragungsergebnisse und die Einkaufsrealität“. Anlass Ernährungsreport des BMEL, nach dem jeder 2. Deutsche 20 bis 50 % mehr für Fleisch bezahlen würde, wenn es aus einer besonders tierfreundlichen Haltung stammt.

Der Wissenschaftler führte dazu bei EDEKA Verkaufsexperimente mit drei Produkt-Kategorien und drei Marken durch. Insgesamt wurden so neun verschiedene Produkt-Konzepte getestet. Zwischen „Gut & Günstig“ und „Bio“ wurde eine neue Marke „Tierwohl“ platziert. Unterstützt mit einem Flyer und einem Aufsteller, in denen die drei verschiedenen Haltungskonzepte visualisiert wurden.

Das Neu-Produkt erreichte im Test einen Verkaufs-Anteil von 16%. Kein überwältigendes, aber auch schlechtes Ergebnis, meinte der Professor, dafür dass es weder TV- noch Radiowerbung gab.

Befragungsergebnisse und Einkaufsrealität
In Befragungen würde das zu erforschende Kriterium ständig wiederholt und ins Zentrum gestellt. In der Realität spielten dann aber andere Faktoren (z. B. die Gewohnheit) eine größere Rolle, sagte der Referent. Auch führten Befragungen zu einer Überinformiertheit, die im Alltag im Informations-Overload untergehe. Ganz allgemein, weil der Konsument schlicht andere Dinge im Kopf habe, als ausgerechnet „Tierwohl“. Wenn er oder sie aber tatsächlich mit dem Vorsatz einkaufen geht, dieses Mal speziell aufs Tierwohl zu achten, helfen die bisherigen Label nicht unbedingt bei der Kaufentscheidung. Weil keine Detail-Informationen am Point of Sale zur Verfügung stehe und; Wer scannt schon am Fleischregal einen QR-Code und studiert dann die entsprechende Website?

Die Vielzahl der technischen Rahmenbedingungen in ein Produkt-Konzept zu überführen sei hier das Problem. Nötig wäre eine „Informations-Plus-Strategie“, die Information emotional erfahrbar macht und Marken, die das Belohnungssystem im menschlichen Hirn ansprechen und weniger den Verstand. Also z. B. „Strohschwein“ statt „Tierwohl“ aufs Label. Es gälte also den Inhalten der Marke „Tierwohl“ ein passendes Marken-Image zu verschaffen, das Konsumenten emotional anspricht.

Diesem Fazit kann natürlich jeder Marketing-Fachmann nur zustimmen: genau so funktioniert Werbung. Allerdings ist die mit einigem Aufwand verbunden – zeitlich wie finanziell. Als einmal bei einer Tierwohl-Veranstaltung des „agrar + ernährungsforum Oldenburger Münsterland“, ein Teilnehmer Peter Wesjohann aufforderte, „halt mal 10 Millionen in die Hand zu nehmen“, um ein Tierwohl-Siegel im Markt zu etablieren, antwortet der Vorstandsvorsitzender der PHW-Gruppe lapidar „mit 10 Millionen erreichen Sie gar nichts“. Der Weg zum wirksamen Label dürfte also noch ein ziemlich weiter sein.

In Wachs gepackt: Uni Graz entwickelt Technologie gegen Bienenseuche

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Unsere Bienen sind vielfachen Stressfaktoren ausgesetzt: Neben Pestiziden, vermindertem Nahrungsangebot durch Monokulturen und der Varroa-Milbe setzen ihnen auch eine Reihe von Krankheiten zu. Eine besonders schwerwiegende ist die weltweit auftretende Amerikanische Faulbrut, die die junge Brut befällt. Infizierte Bienenvölker müssen in Europa verbrannt werden, um ein Ausbreiten des Erregers zu verhindern. ForscherInnen der Universität Graz haben nun eine einfache und effektive Methode entwickelt, Larven vor der Erkrankung zu schützen: mit einem Naturstoff, der in das Wachs der Bienenstöcke eingebracht wird. Die Erfindung ist bereits patentiert und soll nun zur Marktreife gebracht werden.

„Erwachsene Bienen haben in ihrem Darm eine lecithinähnliche Substanz, die sie gegen die Faulbrut resistent macht“, erklärt Wolfgang Schühly, Leiter der Arbeitsgruppe Bienengesundheit an der Universität Graz. Gemeinsam mit Ulrike Riessberger-Gallé und Javier Hernández López hat er diesen Stoff – das sogenannte Lysophosphatidylcholin oder kurz LPC – isoliert und auf seine Wirksamkeit bei Larven getestet. In umfangreichen Forschungen hat das Trio schließlich einen Weg gefunden, wie die Substanz an die Larven verabreicht werden kann: „Wir arbeiten das LPC in das Wachs ein, aus dem die Bienen dann im Stock die Waben bauen“, schildert Schühly. Der Wirkstoff gelangt von dort über den Futtersaft, in dem die Larven liegen, in die Tiere. Auf diese Art und Weise wird die Konzentration dieses körpereigenen Stoffs erhöht und die natürliche Immunabwehr unterstützt.

Die ForscherInnen testen ihre Technologie nun in Feldversuchen in Spanien und im Süden der USA, wo die Bienen auch im Winter brüten und Faulbrut gehäuft auftritt.
Im Rahmen des von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG mit gut 350.000 Euro finanzierten „Spin-off-Fellowship“ wollen sie die Praxistauglichkeit der Technologie unter Realbedingungen demonstrieren und ein Unternehmen gründen, das die angereicherten Wachswaben herstellt und vertreibt. „Die Amerikanische Faulbrut betrifft schließlich infolge der reduzierten Bestäubungsleistung die gesamte Landwirtschaft“, unterstreicht Schühly die Bedeutung einer erfolgreichen Schutzmaßnahme.

Quelle: Karl-Franzens-Universität Graz

10 Tipps zum guten Ferkelstart

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Ferkel kommen schutzlos und empfindlich auf die Welt. Sie brauchen viel Fürsorge und Unterstützung, um gesund aufwachsen zu können. Wir haben 10 Tipps für Sie zusammengestellt, die helfen, dass Ferkel gut starten können:

• Ferkelwache: Die Ferkelwache ist ratsam, weil der Tierbetreuer helfend eingreifen kann, falls es bei der Geburt Probleme gibt oder wenn ein Neugeborenes nicht die Zitzen und/oder das Ferkelnest findet. Sauen ferkeln bevorzugt in ruhigen Tagesperioden, also abends oder nachts, so dass bis zu viele Abferkelungen betreut werden können, wenn zwischen 6 und 22 Uhr Personal zugegen ist. Jedes Ferkel sollte trockengerieben werden, damit wird der Kreislauf angeregt. Trocknungspulver binden Feuchtigkeit rund um die Geburt, sie verhindern glitschige Böden und helfen den ferkelnden Sauen beim verletzungsfreien Aufstehen und Hinlegen. Der Nabel sollte desinfiziert und ein absterbender Nabel auf etwa 10 cm eingekürzt werden, damit er nicht in der Gülle hängt (Streptokokkengefahr!)

• Beifütterung: Eine sinnvolle Beifütterung unterstützt Sau und Ferkel beim Start ins Leben. Die Sau ist nach der Säugezeit besser konditioniert und die Ferkel nehmen schneller und gleichmäßiger zu. Die Ferkel können bei der Mutter bleiben und durch die kontinuierliche Versorgung mit hochwertigem Beifutter werden höhere Absetz- und Verkaufsgewichte erreicht. Man vermeidet zurückbleibende Ferkel durch fehlende Zitzenplätze.

• Ferkelstarter: Innerhalb der verschiedenen Futtermittel kommt dem Ferkelstarter eine besondere Bedeutung vor. Denn mit der Auswahl und optimalen Fütterung des Ferkelstarters stellt der Landwirt die Weichen für die Entwicklung gesunder und leistungsfähiger Schweine. Mehlige Ferkelstarterprodukte eignen sich sehr gut als Alleinnahrung bereits in den ersten Tagen nach der Geburt oder als Futtermittel neben der Muttermilch. Sie können von den Ferkeln leicht aufgenommen werden und sind besonders gut verträglich. Pelletierte und gekrümelte Ferkelstarter kommen vor allem in den ersten Lebenswochen zum Einsatz und versorgen die Tiere mit dem für eine optimale Entwicklung nötigen Eiweiß.


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ZDG-Mitgliederversammlung verabschiedet Resolution für „mehr Rückgrat und mehr Realismus in der Politik“

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Bei seiner Mitgliederversammlung in dieser Woche in Stuttgart hat der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft e. V. (ZDG) das Miteinander von Politik und Landwirtschaft in das Zentrum seiner Beratungen gerückt. Einstimmig haben die Mitglieder eine Resolution mit Kernforderungen für den realen Weg in eine sichere Zukunft der deut-schen Geflügelhaltung und Nutztierhaltung verabschiedet. Als „Weckruf an die Politik“ bezeichnete ZDG-Präsident Friedrich-Otto Ripke die Resolution, die als aktiver Diskussi-onsbeitrag der deutschen Geflügelwirtschaft zum „Landwirtschaftsdialog“ am 2. De-zember zu verstehen ist, zu dem Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und Landwirt-schaftsministerin Julia Klöckner ins Bundeskanzleramt eingeladen haben. „Wir brauchen mehr Rückgrat und mehr Realismus in der deutschen Landwirtschaftspolitik“, fordert ZDG-Präsident Ripke einen Paradigmenwechsel in der Politik und deutlich mehr Unter-stützung für die Landwirtschaft ein. „Wenn sich die Politik nicht nachhaltig ändert, sehen wir den Geflügel-Standort Deutschland in großer Gefahr.“

„Mehr Wertschätzung und Weitsicht, mehr Sachlichkeit statt Ideologie“
Die Forderungen der Gemeinschaft der deutschen Geflügelwirtschaft an die Politik um-fassen:
• mehr Wertschätzung für die deutschen Geflügelhalter und Nutztierhalter
• mehr Weitsicht in politischen Entscheidungen, auch für ökonomische Folgen und den ländlichen Raum
• mehr Rückgrat, wenn es darum geht, die richtigen politischen Entscheidun-gen mit Augenmaß zu treffen
• mehr Realismus und einen stärkeren Bezug zu wissenschaftlichen Daten und Fakten
• mehr Sachlichkeit statt Ideologie

In der Resolution benennt der ZDG mit dem Ausstieg aus dem Töten männlicher Ein-tagsküken, der Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes und dem Verzicht auf das Schna-belkürzen bei Puten konkrete Themenfelder, in denen es aus Sicht der Branche einen stärker faktenorientierten Realismus und einen ehrlichen Lösungswillen der Politik braucht. „Wir leisten damit gerne unseren aktiven Beitrag zu einem konstruktiven Landwirtschaftsdialog am kommenden Montag“, sagt ZDG-Präsident Ripke. „Bei den aktuellen Beratungen im Rahmen der Nationalen Nutztierstrategie erkennen wir als deutsche Geflügelwirtschaft Möglichkeiten, diesem von uns formulierten Anspruch kon-sequent gerecht zu werden.“

Nachwahlen zum Präsidium: Stefan Teepker neuer ZDG-Vizepräsident
Die Mitgliederversammlung des ZDG hat auch drei neue Mitglieder ins Präsidium ge-wählt. Einstimmig zu einem der fünf ZDG-Vizepräsidenten gewählt wurde Stefan Teepker, Hähnchenhalter aus Niedersachsen, der seit Mai an der Spitze des Bundesver-bandes bäuerlicher Hähnchenerzeuger e. V. (BVH) steht. Gleichfalls einstimmig in das 15-köpfige ZDG-Präsidium berufen wurden Bettina Gräfin von Spee, Putenhalterin aus Nordrhein-Westfalen und stellvertretende Vorsitzende des Verbandes Deutscher Puten-erzeuger e. V. (VDP), und Thomas Korte, Hähnchenhalter aus Niedersachsen und stell-vertretender BVH-Vorsitzender.

(Vollständiger Resolutionstext in eigener Meldung)

Quelle: ZDG Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft e.V.

ZDG-Resolution 27. November 2019: Mehr Rückgrat. Mehr Realismus.

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Der reale Weg in eine sichere Zukunft der deutschen Geflügelwirtschaft und der deutschen Nutztierhaltung – Ein Weckruf an Politik, Medien und Gesellschaft anlässlich des von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel undB Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner initiierten Landwirtschaftsdialogs am 2. Dezember 2019.

Die deutsche Geflügelwirtschaft als fortschrittliche und leistungsstarke Branche steht für eine tierwohlorientierte und nachhaltige Erzeugung von Geflügelfleisch und Eiern. Wir bekennen uns zum Standort Deutschland und zu unseren hohen Erzeugungsstandards. Auch in Zukunft wollen wir einen wichtigen Beitrag zur Versorgung der Menschen mit sicheren und qualitativ hochwertigen Lebensmitteln leisten.

Ausdrücklich begrüßen wir die Initiative von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner zu einem Landwirtschaftsdialog. Wir müssen reden. Denn für unsere Arbeit sind wir auf einen leistungsfähigen und zukunfts-orientierten Geflügel-Standort Deutschland angewiesen, der unseren landwirtschaftli-chen Familienbetrieben ebenso wie den international agierenden Unternehmen der Branche Planungssicherheit und Entwicklungsperspektiven bietet. Diesen Geflügel-Standort Deutschland aber sehen wir in großer Gefahr, wenn sich die Politik nicht nach-haltig ändert.

Die deutsche Geflügelwirtschaft stellt fest:

• Die deutsche Politik arbeitet im europäischen Kontext nicht engagiert genug daran, die hohen deutschen Standards auch auf EU-Ebene zu etablieren und so einheitliche Wettbewerbsvoraussetzungen zu schaffen.
• Zugleich fokussiert sich die Politik in Deutschland auf immer wieder einseiti-ge Verschärfungen nationaler Vorschriften, auch bürokratischer Vorgaben, welche der Branche die Luft zum Atmen nehmen.
• Und wir erleben heute eine Politik, die sich von einer ideologisch geprägten gesellschaftspolitischen Diskussion treiben lässt und dabei wissenschaftliche Fakten oft außer Acht lässt.

Damit der Geflügel-Standort Deutschland Zukunft hat, brauchen wir die Unterstützung der Politik und einen Paradigmenwechsel im Politikstil. Wir fordern:

• mehr Wertschätzung für die deutschen Geflügelhalter und Nutztierhalter
• mehr Weitsicht in politischen Entscheidungen, auch für ökonomische Folgen und den ländlichen Raum
• mehr Rückgrat, wenn es darum geht, die richtigen politischen Entscheidun-gen mit Augenmaß zu treffen
• mehr Realismus und einen stärkeren Bezug zu wissenschaftlichen Daten und Fakten
• mehr Sachlichkeit statt Ideologie

1. Unsere Verantwortung
Die deutsche Geflügelwirtschaft übernimmt Verantwortung, hat hohe Eigenansprüche und setzt laufend Verbesserungen um.

• Wir sind die Geflügelrepublik Deutschland. Wir wollen das beste Geflügel-land der Welt sein.
Auf diesen hohen Anspruch haben wir uns mit der Geflügel-Charta verpflichtet. Dieses Selbstverständnis leben wir täglich. Und auf diesem Weg haben wir schon viel erreicht: Bereits heute arbeitet die deutsche Geflügelwirtschaft laut einer Studie des Handelsblatt Research Institutes nach weltweit höchsten Standards.

• Um dem Ziel „Bestes Geflügelland“ gerecht zu werden, haben wir in den ver-gangenen Jahren aus eigenem Antrieb zahlreiche Verbesserungen für mehr Tierschutz und Verbraucherschutz angestoßen und umgesetzt. Dazu zählen:

• Freiwilliger Ausstieg aus dem Kürzen der Schnäbel bei Legehennen seit Anfang 2017
• Aktives Engagement bei der Initiative Tierwohl zur Komplettumstellung des deutschen Geflügelfleisch-Sortiments im beteiligten Lebensmittelein-zelhandel auf die Standards der Initiative Tierwohl (Nämlichkeit)
• Umsetzung einer deutlich geringeren Besatzdichte im Rahmen der Initia-tive Tierwohl, beispielhaft für Hähnchen:
Durch die Breitenwirkung der ITW sind in Deutschland mittlerweile 35 kg/m2 Branchenstandard, was deutlich über gesetzliche nationale Vorgaben (39 kg/m2) und EU-Vorgaben (42 kg/m2) hinausgeht.
• Initiierung eines Antibiotikamonitorings auf QS-Ebene bereits im Jahr 2012
• Umsetzung eines breit angelegten Forschungsverbundes zur stufenüber-greifenden Minimierung von Antibiotikaresistenzen beim Mastgeflügel als Hauptwirtschaftspartner (EsRAM)
• Deutschlandweit einheitliche Regeln für die Putenhaltung durch die „Bundeseinheitlichen Eckwerte für eine freiwillige Vereinbarung zur Hal-tung von Mastputen“ im Zusammenwirken mit Wissenschaft, Behörden und Tierschutz
• Erzeugung von Geflügelfleisch und Eier mit nicht gentechnisch veränder-tem Futter (GVO-frei)
• Etablierung von tierwohlgerechten Geflügelzuchtprogrammen mit Fokus auf Fitness, Robustheit und Vitalität der Tiere

• Ein kontinuierlich gelebter Fortschrittsgedanke ist im Selbstverständnis der deutschen Geflügelwirtschaft fest verankert. Auf dem Erreichten ausruhen werden wir uns nicht! Derzeit arbeiten wir an einem Aktionsplan zur Mini-mierung des Antibiotikaeinsatzes und zum Verzicht auf Reserveantibiotika und an einem Stufenplan zum praktikablen Ausstieg aus dem Töten männli-cher Eintagsküken.

2. Unsere Forderungen
Statt Ideologie und Zeitgeist mehr Realismus und Sachlichkeit in der Politik – damit die deutsche Geflügelwirtschaft Zukunft hat.
• Fortschritt im Tierschutz ist eine permanente und komplexe Aufgabe. Dieser Aufgabe nimmt sich die deutsche Geflügelwirtschaft proaktiv an.

• Wir brauchen mehr Realismus und mehr Ehrlichkeit in der Politik.
Um echte Fortschritte in der Breite umsetzen zu können, brauchen wir Partner in der Politik, die einen faktenorientierten Realismus und einen ehrlichen Lösungs-willen mitbringen. Eine ideologisch begründete Zeitgeist-Orientierung auf ver-meintlich schnelle Erfolge ohne wissenschaftliche Basis ist gefährlich!

• Das gilt für die aktuell diskutierten Themen, konkret den Ausstieg aus dem Töten männlicher Eintagsküken und die Reduzierung des Antibi-otikaeinsatzes.
Es braucht einen realen Zeitplan mit praktikabler Umsetzung. Ein gesetz-liches Verbot des Kükentötens allein in Deutschland würde völlig ins Lee-re laufen. Es braucht eine europäische Regelung und bis dahin einen Stu-fenplan auf nationaler Ebene.

• Auch bei der Diskussion um einen Ausstieg aus dem Schnabelkürzen bei Puten müssen wissenschaftliche Erkenntnisse Grundlage für die politische Entscheidung sein.
Die derzeit vorliegenden Erkenntnisse, unter anderem auf Basis der mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium getroffenen Vereinbarung zum Verzicht auf das Schnabelkürzen, geben Hinweise, dass ein zeitnaher Aus-stieg aus derzeitiger Perspektive nicht machbar erscheint.

• Diesem Anspruch muss auch die Nationale Nutztierstrategie konse-quent gerecht werden.
Dazu gehört eine angemessene Honorierung der Tierwohlleistungen. Oh-ne eine Tierwohlprämie, die den Haltern auf 10 bis 15 Jahre Planungssi-cherheit bietet, und eine Lösung der Zielkonflikte im Bereich des Bau- und Immissionsschutzrechts kann es kein Tierwohlkennzeichen geben. Und wir brauchen eine realistische Ausgestaltung des Tierwohlkennzei-chens mit Kriterien, die für Tierhalter kurzfristig praktikabel und für Ver-braucher bezahlbar sind. Die Kriterien der Initiative müssen zur Eingangs-stufe eines staatlichen Tierwohlkennzeichens werden.

• Die deutsche Politik muss konsequent EU-Rechtsvorgaben in nationales Recht überführen und stärker auf EU-weit einheitliche Vorgaben hinwirken. Hier sollte die Politik die deutsche EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halb-jahr 2020 aktiv nutzen:

• Putenhaltung: Deutsche Eckwerte als Vorbild für EU-weite Regelung!
Die deutsche Geflügelwirtschaft fordert die Politik auf, für die Etablie-rung EU-weiter Regelungen für die Putenhaltung im Rahmen der europä-ischen Tierschutzpolitik nach dem Vorbild der deutschen Puten-Eckwerte zu sorgen.

• Herkunftskennzeichnung von Geflügelfleisch auch in der Gastronomie – damit hohe Standards nicht durch Billigimporte unterlaufen werden
Rund 65 Prozent des deutschen Geflügelfleisches werden über den Groß-verbrauchermarkt abgesetzt – anders als Lebensmitteleinzelhandel fehlt hier aber eine Kennzeichnung zur Herkunft der Ware. Wir brauchen eine Herkunftskennzeichnung, damit Billigimporte aus Osteuropa nicht die ho-hen Standards der heimischen Erzeugung unterlaufen! Und eine ver-pflichtende Herkunftskennzeichnung entspricht dem klaren Verbraucher-willen: 86 Prozent der Deutschen wollen wissen, woher das Geflügel-fleisch in der Gastronomie kommt.

• Die Politik muss den Unternehmen der deutschen Geflügelwirtschaft Luft zum Atmen lassen:

• Auflagenflut beeinträchtigt aktuell massiv die Wettbewerbsfähigkeit und Investitionsbereitschaft
• Verunsicherung statt Planungssicherheit führt zum verstärkten Höfester-ben und zum nicht gewollten Strukturwandel
• Der von der Bundesregierung eingeschlagene Weg zur Lösung der Ziel-konflikte zwischen Tierwohl und Umweltschutz muss mit Nachdruck zum Erfolg geführt werden. Die TA Luft braucht eine Öffnungsklausel, damit Tierwohlverbesserungsgenehmigungen für Stallumbauten und -neubauten möglich werden.
• Das Agrarpaket ist ganzheitlich zu sehen. Ackerbau und Nutztierhaltung sind Teil der einen Landwirtschaft und gehören zusammen.
• Es braucht die politische Anerkennung, dass der Export von Geflügelpro-dukten wichtiger Bestandteil des Wirtschaftens der deutschen Geflügel-wirtschaft ist.

Verabschiedet von der Mitgliederversammlung des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft e. V. am 27. November 2019 in Stuttgart. Unterzeichnet von den Mitgliedern des Vorstandes des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft e. V.

Bienenforschung der Uni Ulm ausgezeichnet: BienABest ist Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt

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Das Bienenschutzvorhaben BienABest ist als Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt ausgezeichnet worden. Die Projektpartner Professor Manfred Ayasse von der Universität Ulm und Kolleginnen des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) nahmen die Auszeichnung in dieser Woche entgegen. Im Projekt erforschen die Biologinnen und Biologen den idealtypischen Lebensraum für Wildbienen und sie erfassen die Entwicklung der Bienenpopulation mit bestandschonenden Verfahren. Ihre Erkenntnisse zu den gefährdeten Bestäubern werden in VDI-Richtlinien umgesetzt.

Hohe Auszeichnung für das Insektenschutzprojekt „BienABest“: Das Forschungsvorhaben der Universität Ulm und des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) ist als offizielles Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt ausgewählt worden. Seit 2017 ergründen Ulmer Forschende um Professor Manfred Ayasse die genauen Ursachen des Bienensterbens. Darüber hinaus legen sie Wildbienenweiden und Nistgelegenheiten an, um ideale Lebensbedingungen für Wildbienen zu schaffen und letztlich Bestände zu sichern.

Denn nach wie vor wird den Bestäubern das Überleben auf dem Land und in der Stadt nicht leicht gemacht: Trotz zahlreicher Schlagzeilen und Petitionen sind die Insekten nach wie vor Pestiziden auf Agrarflächen ausgesetzt. Weiterhin erschweren ihnen Monokulturen oder städtische Steingärten die Nahrungssuche. Dabei erfüllen Wildbienen eine wichtige Rolle im Ökosystem und bei der Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte: Wird dem Sterben der Bestäuber kein Einhalt geboten, müssen wir künftig auf viele Obst- und Gemüsesorten verzichten.

Damit es nicht so weit kommt, erforschen die Biologinnen und Biologen im Projekt BienABest idealtypische Bienenhabitate und Blühstreifen. Auf Untersuchungsflächen im ländlichen Raum erfassen und bestimmen sie die Insekten mit bestandschonenden Verfahren und können so die Entwicklung der Bienenpopulation nachvollziehen. Zu diesem Zweck werden Wildbienensachverständige ausgebildet und Projektergebnisse in so genannte VDI-Richtlinien übersetzt.

Die Vereinten Nationen haben 2011 bis 2020 zur UN-Dekade für die Biologische Vielfalt erklärt. Ziel der Dekade ist es, den Rückgang der Biodiversität zu stoppen. Vorbildliche Forschungsvorhaben oder weitere Beiträge werden als Projekt der UN-Dekade Biologische Vielfalt gewürdigt. In den Jahren 2019 und 2020 liegt der Schwerpunkt auf dem Thema „Insekten schützen – gemeinsam für die Vielfalt der Natur“.

Quelle: Universität Ulm

Die Chemie: ein aktiver Klimaschützer

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Der Klimawandel erfordert über alle Wirtschaftsbereiche hinweg Maßnahmen zum Klimaschutz. Die deutsche Chemieindustrie hat ihren Treibhausgasausstoß seit 1990 trotz erheblicher Produktionssteigerungen bereits massiv reduziert. Noch wichtiger: Mit ihren innovativen Lösungen ermöglicht es die Chemie auch anderen Branchen, ihre CO2-Emissionen zu senken. Dies gilt nicht nur für die Entwicklung neuer Energietechnologien oder beim Fahrzeugbau, sondern auch für den Agrarsektor.

Die chemisch pharmazeutische Industrie entwickelt Tierarzneimittel für die landwirtschaftliche Nutztierhaltung, die als klimaschädlich kritisiert wird. Tierarzneimittel unterstützen nicht nur die Landwirte dabei, sichere und hochwertige Lebensmittel zu erzeugen. Sie helfen, die Tiere gesund zu erhalten. Gesunde Tiere verbrauchen weniger Ressourcen wie Futter, Wasser und damit Fläche mit der Folge, dass weniger Gülle und Emissionen anfallen. Je intensiver die Haltung und je gesünder die Tiere, desto stärker werden die Einspareffekte.

Das macht ein Beispiel deutlich: Anfang des Jahrhunderts benötigte ein Schwein fast eine halbe Tonne Futter, um 125 Kilogramm zuzunehmen. Ein modernes, gesundes Tier braucht dazu heute nur noch die Hälfte (der Menge). Durch die Intensivierung verringerte sich der Viehbestand insgesamt, bezogen auf das Lebendgewicht, in Deutschland von 1913 bis heute ebenfalls um die Hälfte.

Tierkrankheiten vermeiden
Laut der Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE), führen Krankheiten in Nutztierbeständen noch immer zu großen Verlusten. Die OIE beziffert diese mit bis zu 20 Prozent. Verbesserungen im Gesundheitsbereich, entwickelt von der chemischen Industrie, senken die Verluste, erfüllen somit in besonderem Maße die Anforderungen einer nachhaltigen Wirtschaftsweise und dienen außerdem dem Tierschutz.

Quelle: Bundesverband für Tiergesundheit e.V. (BfT)

Ketose: Der Stoffwechsel streikt

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Nach der Kalbung steigt die Futteraufnahme nicht der Milchleistung entsprechend an, eine negative Energiebilanz ist die Folge. Jetzt sind Hochleistungskühe besonders anfällig für Ketose. Nicht immer zeigt sich die Ketose mit klinischen Symptomen, meistens tritt sie subklinisch als Bestandsproblem auf. Ketosekühe bauen aufgrund ihres Energiemangels verstärkt Körperfett ab, wodurch freie Fettsäuren und Ketonkörper in die Blutbahn gelangen. Als Folge dessen wird die Futteraufnahme gebremst. Bei sehr intensivem Abbau von Körperfettreserven folgt eine massive Auffüllung der Leberzellen mit Fett (Fettlebersyndrom). Eine verfettete Leber kann ihrer Funktion als Entgiftungsorgan nicht mehr gerecht werden: die körpereigenen Abwehrkräfte nehmen ab und die Anfälligkeit der Tiere für Infektionen und für nachfolgende Fruchtbarkeitsstörungen nimmt zu. Zur Vorbeugung vor Ketose sollte schon im letzten Drittel der Laktation und in der frühen Trockenstehphase das Haltungs- und Fütterungsmanagement der Kuh angepasst werden, um eine Verfettung zu vermeiden. Die erste und wichtigste Maßnahme ist daher die Stabilisierung des Energiestoffwechsels. Dies wird erreicht durch die Gabe von konzentrierten Energieträgern wie Propylenglycol oder Propionat. Unter deren Einfluss – in der ersten Woche nach der Geburt verabreicht – werden nicht nur die Bildung von Ketonkörpern wirksam reduziert, sondern auch der Fettabbau gebremst und dadurch ein Anstieg der Leberverfettung verhindert. Mit den Ketoseschnelltests kann selbst subklinische Ketose schnell erkannt und behandelt werden.

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Weiterhin hohe Campylobacter-Raten bei Masthähnchen

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Prozesshygienekriterium zeigt noch nicht erhoffte Wirkung
Die Nachweisraten von Campylobacter spp. bei Masthähnchen liegen unverändert auf einen hohem Niveau. Knapp die Hälfte der Halshautproben von Masthähnchenschlachtkörpern (46,3 %) und der Proben von frischem Hähnchenfleisch (47,8 %) wurde im Rahmen des Zoonosen-Monitoring 2018 positiv auf Campylobacter getestet. Knapp ein Viertel der Schlachtkörper wies Campylobacter-Keimzahlen von über 1.000 KbE/g auf. Das zum vergangenen Jahr eingeführte Prozesshygienekriterium hat somit noch nicht zu einer nennenswerten Senkung der Campylobacter-Belastung bei Masthähnchen geführt, wie das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in Berlin mitteilte.
Das Prozesshygienekriterium von 1.000 koloniebildenden Einheiten pro Gramm (KbE/g) für Schlachtkörper von Masthähnchen wurde EU-weit eingeführt, um das Vorkommen von Campylobacter spp. in der Geflügelfleischkette zu senken. Seit 1. Januar 2018 müssen Betriebe, die die Anforderungen der EU-Verordnung nicht erfüllen, geeignete Maßnahmen zur Sicherstellung der Prozesshygiene einleiten.

2017, vor Einführung des Prozesshygienekriteriums, hatten 22,7 % der Schlachtkörper den besagten Wert überschritten. Im vergangenen Jahr blieb die Quote mit 22,6 % nahezu unverändert. Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, dass in diesem Bereich weitere Anstrengungen unternommen werden müssen, um die Schlachthygiene zu verbessern.
Salmonellen

In Halshautproben von Mastputenschlachtkörpern wurden Salmonellen zu 22,7 % und damit fast doppelt so häufig nachgewiesen wie im Zoonosen-Monitoring 2016 (11,9 % positive Proben). Die Tiere selbst waren dagegen nur selten Träger von Salmonellen (0,2 % positive Proben von Blinddarminhalt). Die Nachweisrate von Salmonellen in Proben von frischem konventionell erzeugtem Putenfleisch lag bei 4,0 % und damit ebenfalls etwas höher als im vorherigen Untersuchungsjahr (2,6 %). Steigende Kontaminationsraten von Schlachtkörpern bei geringer Belastung der Tiere verdeutlichen, dass Verbesserungen der Hygienepraktiken bei der Geflügelschlachtung notwendig sind, da es offenbar zu Kreuzkontaminationen bzw. einer Verschleppung von Keimen aus der Schlachtumgebung auf die Schlachtkörper kommt.

Listeria monocytogenes
In 3,4 % der Proben von streichfähigen oder schnittfesten Rohwürsten aus Hähnchen- und/oder Putenfleisch wurden Listeria monocytogenes nachgewiesen. Allerdings waren die Keimzahlen gering, da in keiner Probe Listerien oberhalb der Nachweisgrenze von 10 KbE/g mit der quantitativen Methode nachgewiesen wurden. Im Vergleich hierzu wurden in streichfähigen Rohwürsten aus Schweinefleisch im Zoonosen-Monitoring 2017 in einzelnen Proben Keimgehalte an L. monocytogenes gemessen, die eine potenzielle Gesundheitsgefahr für den Menschen darstellen (220 KbE/g und 550 KbE/g).

ESBL/AmpC-bildende E. coli
ESBL/AmpC-bildende E. coli wurden in etwa der Hälfte der untersuchten Kotproben aus konventionellen Mastputenbetrieben (51,8 % positive Proben) und in 37,6 % der Proben von konventionell erzeugtem Putenfleisch nachgewiesen. Im Vergleich hierzu waren Kotproben aus ökologisch wirtschaftenden Mastputenbetrieben und insbesondere Proben von ökologisch erzeugtem Putenfleisch mit Nachweisraten von 36,8 % bzw. 12,2 % deutlich seltener positiv für ESBL/AmpC-bildende E. coli. ESBL/AmpC-bildende Bakterien zeichnen sich dadurch aus, dass sie Enzyme bilden, die die Wirksamkeit von Penicillinen und Cephalosporinen herabsetzen bzw. aufheben können, sodass die Bakterien unempfindlich gegenüber diesen Antibiotika sind. Der häufige Nachweis von ESBL/AmpC-bildenden E. coli bei Nutztieren ist aufgrund der besonderen Bedeutung der Cephalosporine der 3. und 4. Generation für die Therapie des Menschen besorgniserregend, zumal nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand davon auszugehen ist, dass diese resistenten Keime auch über Lebensmittel auf den Menschen übertragen werden können.
Antibiotika-Resistenzlage

Die Ergebnisse der Antibiotikaresistenzuntersuchungen zeigen, dass die Resistenzraten in den Lebensmittelketten Masthähnchen und Mastpute unter den Nutztieren am höchsten sind, was den im Vergleich zu Rindern und Schweinen häufigeren Einsatz von Antibiotika bei dieser Tiergruppe widerspiegelt. Auffallend ist, dass E.-coli-Isolate aus ökologischen Mastputenbetrieben und aus ökologisch erzeugtem Putenfleisch insgesamt deutlich niedrigere Resistenzraten (48,2 %) aufwiesen als die entsprechenden Isolate aus der konventionellen Produktion (77,3 %). Außerdem traten bei Isolaten aus der ökologischen Produktion seltener Multiresistenzen gegen drei oder mehr Substanzklassen auf als bei Isolaten aus Mastputenbetrieben und Putenfleisch der konventionellen Produktionsform (17,7 % vs. 42,9 %). Diese Unterschiede, die bereits im Zoonosen-Monitoring 2016 bei den Untersuchungen von konventionellen und ökologischen Masthähnchenbetrieben beobachtet wurden, stehen vermutlich mit der im Vergleich zu konventionellen Tierhaltungen geringeren Therapiehäufigkeit mit Antibiotika in ökologischen Betrieben im Zusammenhang. Die hohen Resistenzraten von zum Teil über 50 % der Bakterien-Isolate von Masthähnchen und Mastputen gegenüber Fluorchinolonen verdeutlichen, dass insbesondere der Einsatz dieser Antibiotikaklasse beim Geflügel reduziert werden muss, da sie als besonders wichtig für die antibiotische Behandlung beim Menschen gilt.

Bei der Interpretation der Ergebnisse der Resistenzuntersuchungen muss beachtet werden, dass die minimalen Hemmkonzentrationen (MHK) anhand der epidemiologischen Cut-Off-Werte bewertet wurden. Diese bestimmen den Anteil mikrobiologisch resistenter Isolate und geben frühzeitig Hinweise auf eine beginnende Resistenzentwicklung, erlauben aber keine unmittelbare Aussage über die Wahrscheinlichkeit eines Therapieerfolges mit einem Antibiotikum.

Zoonosen-Monitoring 2018
Für das Zoonosen-Monitorings 2018 haben die Überwachungsbehörden der Bundesländer insgesamt 5.974 Proben auf allen Ebenen der Lebensmittelkette genommen und auf das Vorkommen der wichtigsten über Lebensmittel übertragbaren Erreger untersucht. Dabei wurden 3.356 Bakterien-Isolate gewonnen und in den Nationalen Referenzlaboratorien am Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) weitergehend charakterisiert und auf ihre Resistenz gegen ausgewählte Antibiotika untersucht.
Der vollständige Bericht zum Zoonosen-Monitoring 2018 ist online abrufbar unter: http://www.bvl.bund.de/ZoonosenMonitoring

Verbrauchertipps zum Schutz gegen lebensmittelbedingte Infektionen sind dargestellt unter: http://www.bvl.bund.de/lebensmittelhygiene

Hintergrund
Zoonosen sind Krankheiten bzw. Infektionen, die auf natürlichem Weg direkt oder indirekt zwischen Tieren und Menschen übertragen werden können. Zoonoseerreger können von Nutztieren zum Beispiel während der Schlachtung und Weiterverarbeitung auf das Fleisch übertragen werden. Mit Zoonoseerregern kontaminierte Lebensmittel stellen eine wichtige Infektionsquelle für den Menschen dar. Häufige Erreger lebensmittelbedingter Infektionen sind Campylobacter spp. und Salmonella spp. Infektionen mit Listeria monocytogenes oder verotoxinbildende E. coli (VTEC) treten seltener auf. Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) und ESBL/AmpC-bildende E. coli sind weltweit verbreitete Erreger von zum Teil schwerwiegenden Krankenhausinfektionen. Bei Nutztieren hat sich ein spezifischer Typ von MRSA ausgebreitet. Eine Besiedlung des Menschen mit diesen „Nutztier-assoziierten“ MRSA-Stämmen scheint jedoch nur in seltenen Fällen zu schweren Krankheitserscheinungen führen.

Basierend auf der Richtlinie 2003/99/EG zur Überwachung von Zoonosen und Zoonoseerregern, sind alle EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, repräsentative und vergleichbare Daten über das Auftreten von Zoonosen und Zoonoseerregern sowie diesbezüglicher Antibiotikaresistenzen in Lebensmitteln, Futtermitteln und lebenden Tieren zu erfassen, auszuwerten und zu veröffentlichen, um so Aufschluss über Entwicklungstendenzen und Quellen von Zoonosen und Zoonoseerregern zu erhalten. Dabei werden vor allem diejenigen Zoonoseerreger überwacht, die eine besondere Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen. Das Zoonosen-Monitoring wird von den Ländern seit dem Jahr 2009 auf Grundlage einer Verwaltungsvorschrift bundesweit einheitlich jährlich im Rahmen der amtlichen Lebensmittel- und Veterinärüberwachung durchgeführt. Die von den Ländern erhobenen Untersuchungsergebnisse werden vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) gesammelt, ausgewertet und zusammen mit den Ergebnissen der Typisierung und Resistenztestung sowie der Bewertung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) im Bericht über die Ergebnisse des jährlichen Zoonosen-Monitorings veröffentlicht. Das BfR übermittelt die Ergebnisse gemäß den Bestimmungen des Artikels 9 der Richtlinie 2003/99/EG an die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA).

Im Zoonosen-Monitoring werden repräsentative Daten zum Vorkommen von Zoonoseerregern bei den wichtigsten Lebensmittel liefernden Tierarten und ihren Produkten sowie anderen Lebensmitteln und Futtermitteln gewonnen. Diese ermöglichen es, die Exposition der Verbraucher gegenüber den Zoonoseerregern abzuschätzen. Die Resistenzuntersuchungen tragen dazu bei, Beziehungen zwischen dem Antibiotikaeinsatz in der Tierproduktion und der Entwicklung von Antibiotikaresistenzen besser analysieren zu können.

Quelle: Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)