HANSA-Rinderfachtagung 2019 Teil I: Viel Milch UND ein langes Kuhleben

Axel Pfundheller, Agrarservice Jade

Von Dr. Heike Engels

Klimaerwärmung, Ertragsschwankungen und ständig höhere Auflagen machen den Milchviehhaltern zu schaffen. Umso wichtiger ist es da, die eigene Milchviehherde so optimal wie möglich zu managen. Dabei will der HANSA Landhandel mit seiner alljährlichen Rinderfachtagung helfen: Zwei Topreferenten gaben Tipps zu Jungtieraufzucht und hoher Lebenstagsleistung.

„Die Aufzuchtphase bis zur Pubertät dauert ca. 240 Tage und beeinflusst das Kuhleben nachhaltig, das müssen wir uns einfach noch mehr vor Augen führen“, so Axel Pfundheller vom Agrarservice Jade. Der Agrarexperte betonte, dass viele Betriebe es schon sehr viel richtig machen. Aber oft fehle die Zeit zum Nachdenken, die Arbeitsfalle schlage zu. Doch ein regelmäßiges Reflektieren des eigenen Tuns sei sehr hilfreich, um Schwachstellen aufzudecken. „Den Idealzustand für Kühe im Stall hinsichtlich Fütterung und Management schaffen wir nicht, aber wir wollen es so gut machen wie möglich.“ Zur Orientierung nannte er folgende Punkte, auf die ein erfolgreicher Milchviehhalter achten sollte:

• Die Rinder wiegen zur Besamung 420 kg und sind 14 / 15 Monate alt.
• Die Trockensteher sind die wichtigsten Tiere im Betrieb
• Der Futtermischwagen ist die wichtigste Maschine im Betrieb
• Sehr gute Silagen sind das Ziel
• Das Fruchtbarkeitsmanagement bedarf fester Abläufe
• Die Toleranz für lahme Kühe sinkt stetig
• Der Kuhkomfort wird täglich sichergestellt
• Die Mitarbeiter haben einen Arbeitsplan

Kühe lieben Langeweile
Wichtig ist für ihn, nicht mehr nur die 10.000 Liter Milch pro Kuh und Jahr anzupeilen, sondern auch die Nutzungsdauer im Blick zu haben. Kritische Phasen im Leben einer Kuh seien immer die Transitphasen, denn diese bedeuten Stress. Dazu zählen nicht nur die Trockenstehphase, sondern auch die eigene Geburt, die Umstellung von Milch auf festes Futter, die Pubertät, die Erstbesamung, die Hochträchtigkeit sowie die Geburt des Kalbes mit den nachfolgenden Laktationsphasen. „Die Kuh ist das langweiligste Tier, das ich kenne. Sie mag keine Veränderungen, doch diese passieren ständig, weil die Kuh für viele Lebensphasen im Betrieb die Gruppe oder sogar den Stall sowie das Futter wechselt. Für uns heißt das, diese Übergänge so stressfrei wie möglich zu gestalten“, so der Agrarexperte. Auch Hitzestress ist so gut wie möglich zu vermeiden. Eigene Studien haben ergeben, dass Kälber, deren Mütter in der Hochträchtigkeit bei kühlen 9 °C gehalten wurden, länger und gesünder leben als Kälber, deren Mütter in der Hochträchtigkeit bei 21 °C gehalten wurden.

Kälber nicht groß hungern
Einflüsse auf die Lebensdauer einer Kuh haben daneben vor allem, ob die Kuh als Kalb schnell genügend Kolostrum von guter Qualität erhalten hat und ob sie im 1. Lebensjahr intensiv bzw. am besten in den ersten drei Lebenswochen ad libitum gefüttert wurden. Hintergrund dafür ist, dass im 1. Lebensjahr die Organe inklusive des Eutergewebes wachsen, und das muss so optimal wie möglich geschehen. Die Kälber groß hungern war gestern, heute wird ad libitum gefüttert, damit die Tiere kontinuierlich wachsen können. Mit Eintritt der Pubertät muss die Fütterung dann restriktiver sein, damit die Tiere nicht verfetten. Als Maßstab gilt: Am 35. Tag ist das Zielgewicht des Jungtiers 70 kg, am 90. Lebenstag sollte es nicht mehr als 120 kg und am 180. Lebenstag über 220 kg wiegen. „Um diese Ziele auch zu erreichen, ist ein verstärktes Messen, Zählen und Wiegen wichtig, denn nur mit handfesten Fakten kann man die richtigen Dinge auch richtig tun. Bitte nicht nur auf das Augenmaß verlassen, sondern in eine gute Tierwaage investieren. Ausgewachsen ist eine Kuh erst mit 4,5 Jahren“, erinnerte Pfundheller. Weiterhin wichtig für Kälber ist viel Licht und frische Luft.

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