Von Dr. Heike Engels
Ziele setzen und erreichen
Hilmar Zarwel, Herdenmanager der Versuchsstation Iden, stellte sein System für eine hohe Lebenstagsleistung vor. Dieser Parameter stellt die gesamte erbrachte Milchleistung je Kuh in Bezug auf ihr Alter dar und kann auch als Indikator für die Tiergesundheit gelten, da nur gesunde Tiere lange im Bestand gehalten werden und entsprechende Milchmengen produzieren.
Derzeit liegt die Idener Herde bei rund 12.300 Liter Milch je Kuh und Jahr bei dreimaligem Melken. „Damit sind wir sehr zufrieden. Daher ist unser Ziel schon länger nicht noch mehr Milch aus der einzelnen Kuh zu melken, sondern wir wollen Fütterung und Haltung so optimieren, dass die Kühe ihr Leistungspotential über eine längere Zeit voll ausschöpfen können“, so der Herdenmanager. Für eine längere Nutzungsdauer müsse man sich zuerst fragen: Warum gehen Kühe vorzeitig ab und dann die Gründe minimieren. In Iden waren es im Jahr 2002 die Problemfelder Unfruchtbarkeit (6,8 %), Mastitis (5,7 %), Klauen und Gliedmaße (5,5 %), Stoffwechsel (4,4 %) und Melkbarkeit (1,6 %). Die Merzungsrate lag mit über 38 % zu hoch. Daraufhin hat sich Zarwel Ziele gesetzt, um die Merzungsrate auf 20 % zu senken, was ihm auch gelungen ist. „Wir kämpfen um jedes Tier, um dieses Ziel weiter zu halten“, so Zarwel.
Stoffwechsel in Gang halten
Die wiederkäuergerechte Fütterung mit bedarfsgerechten Energiegehalten je Laktationsabschnitt ist sehr wichtig, um Stoffwechselprobleme wie Ketose, Azidose oder Milchfieber zu vermeiden. Denn gerät der Stoffwechsel aus dem Gleichgewicht, schwächt dies das Immunsystem, was wiederum Krankheiten wie Metritis, Mastitis und Lahmheiten begünstigt. Für Zarwel ist der wichtigste Bereich im Stall die Bucht mit den frisch abgekalbten Kühen. „Wir nennen diesen Bereich die 6-Tage-Gruppe, weil die Kühe bei uns bis 6 Tage nach der Geburt intensiv überwacht werden. Der Bereich muss sauber und tief eingestreut sein. Die Kühe müssen vor und nach der Kalbung genug fressen, dafür prüfen wir die Füllung der Hungergrube sowie die Pansenmotorik bzw. Wiederkauaktivität. Direkt nach der Geburt geben wir 20 bis 40 l eines Energietrunks, zur Not auch per Drench. Wir messen täglich Fieber, damit erkennen wir Krankheiten frühzeitig. Zur Milchfiebervorbeugung geben wir zusätzlich zu einer Vorbereitungsfütterung Calciumboli und Vitamin D3 ab der 3. Laktation. Ist nach 6 Stunden die Nachgeburt noch nicht abgegangen, stimmt etwas nicht und wir geben dem Tierarzt Bescheid.“ Sehr gute Erfahrungen hat Zarwel bei Stoffwechselproblemen mit der Pansensaftübertragung gemacht. „Das Futter im Pansen wird von Pansenbakterien zersetzt. Stoffwechselstörungen reduzieren die Pansenaktivität. Über eine Sonde, die durch das Maul in den Pansen geschoben wird, pumpt man Pansensaft gesunder Kühe ab und überträgt diesen auf die kranke Kuh. Das hilft, die Pansenbakterien wieder aufzubauen, und das Futter kann wieder verdaut werden.“
Die seiner Meinung nach wichtigste Investition für das Wohlbefinden seiner Kühe waren allerdings neue Lüfter im Stall. Seitdem herrscht bessere Luft im Stall und die sensorgesteuerte Luftbewegung kühlt die Tiere bei Hitze, denn Hitzestress ist absolut schädlich für die Kühe. Milchmenge und Fruchtbarkeit sind deutlich angestiegen seit Einbau der Lüfter. Und ein wichtiger Tipp zum Schluss: Sich nicht auf Erfolgen ausruhen, sondern regelmäßig betriebliche Abläufe evaluieren, sich dabei einen Bereich nach dem anderen vornehmen. Die Forschung bringt ständig neue Erkenntnisse, diese sollten auch auf dem eigenen Betrieb umgesetzt werden!