ISN: Die K-Fragen sind das Damoklesschwert

Über ihren Parlamentarischen Abend am 15. Mai berichtet die ISN:

Wer dachte, beim traditionellen Spanferkelessen der ISN in Berlin gäbe es nur leicht verdauliche Kost serviert, der hatte sich geirrt. Wie ein Damoklesschwert schweben die großen K-Fragen über den Köpfen der Schweinehalter – besonders ernst ist die Lage für die Ferkelerzeuger in Deutschland. Deshalb war der Titel des diesjährigen parlamentarischen Abends der ISN: Zeit für Entscheidungen. Wie sehr die Zeit drängt, wurde in den Diskussionen mehr als deutlich.

Diskussionen zwischen Politik und Praxis
Rund 150 Gäste waren der Einladung der ISN in die Landesvertretung Niedersachsen gefolgt, um mit Schweinemästern und Ferkelerzeugern über die dringenden politischen Entscheidungen in Sachen Schweineproduktion zu diskutieren. Unter den Gästen waren unter anderem der Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium, die agrarpolitischen Sprecher der Bundestagsfraktionen (siehe Diskussionsrunde), zahlreiche Abgeordnete des Bundestages und der Länderparlamente, viele hochrangige Vertreter aus den Ministerien, Mitglieder der Parteijugenden sowie Gäste anderer Organisationen. Natürlich waren auch wieder viele Schweinehalter dabei, so dass nach einem intensiven Auftakt über die brennendsten politischen Themen eine ausgedehnte Gelegenheit zum fachlichen Austausch zwischen den Politikern und Praktikern in gemütlicher Atmosphäre beim Spanferkel bestand.

Ferkelerzeugern droht dramatischer Strukturwandel
Der ISN-Vorsitzende Heinrich Dierkes zeigte zu Beginn der Veranstaltung auf, welche Sorgen die Schweinehalter und insbesondere die Ferkelerzeuger derzeit plagen. Da wäre zum einen das Verbot der betäubungslosen Kastration ab dem 1.1.2019, und die Frage nach den Alternativen. Dann kommt die Kastenstandfrage mit den damit verbunden hohen und für die meisten Ferkelerzeuger nicht zu stemmenden (Um-)Baukosten im Deckzentrum und Abferkelbereich. Als weitere K-Fragen folgen der Verzicht auf das Kupieren der Schwänze und Kennzeichnung von Haltung und Herkunft von Schweinefleisch. Verehrte Politiker: Lassen Sie die deutsche Sauenhaltung nicht ins offene Messer laufen!, appellierte Heinrich Dierkes. Es droht ganz konkret ein radikaler Strukturbruch in der deutschen Ferkelerzeugung!

Ersetzen Importferkel die deutsche Ferkelerzeugung?
Die angeführten K-Fragen erörterten dann die agrarpolitischen Sprecher der Bundestagsfraktionen, Albert Stegemann (CDU), Rainer Spiering (SPD), Dr. Gero Hocker (FDP) und Friedrich Ostendorff (B90/Grüne) unter der Moderation von Dr. Karl-Heinz Tölle von der ISN Projekt GmbH. Letzterer machte noch einmal klar, dass allein Umbaukosten von einer halben Mio. € durch geänderten Vorgaben in der Kastenstandfrage für einen typischen deutschen Betrieb mit 250 Sauen nicht zu leisten sind. Dafür braucht es nicht einmal größere ökonomische betriebliche Berechnungen, so Tölle. Auf der anderen Seite sehen wir, dass große Sauenanlagen in Spanien ihre Ferkelerzeugung ausdehnen.

Und eine weiteren Zahl macht den Ernst der Lage deutlich. Zu den aktuell 11 Mio. Importferkeln aus Dänemark und den Niederlanden kommen noch einmal gut 8 Mio. Ferkel aus den genannten Ländern hinzu, die Deutschland momentan nur durchqueren, um in andere EU-Staaten verbracht zu werden. Ferkel, die ganz schnell auch in Deutschland bleiben könnten, wenn sich hierzulande – wie befürchtet – die Wettbewerbssituation der Ferkelerzeugerbetriebe durch die K-Fragen verschlechtert.

Wenig konkrete Lösungen
Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel, mahnte in seinem Grußwort: Wir müssen die Sauenhaltung in Deutschland zukunftsfähig machen. Dafür müssen wir alle mitnehmen und praktische Lösungen finden. Nur wenn wir hier produzieren, haben wir auch einen Blick darauf. Bei einer Abwanderung ins Ausland können wir die Produktion nicht mehr kontrollieren.
Wer dazu klare Lösungsvorschläge aus der Diskussion der Agrarsprecher erwartet hatte, wurde enttäuscht. Zu sehr gingen die Positionen auseinander und zu wenig konkret waren die diskutieren Lösungen. Weitgehende Einigkeit bestand im Grundsatz darin, dass man die Ferkelerzeuger bei der Umsetzung der Lösungen unterstützen muss – meist wurde es aber wenig konkret. Für die anstehenden Kosten beim Umbau der Sauenställe sprach sich Spiering für eine Erweiterung des Haushalts des Bundeslandwirtschaftsministeriums aus. Auch eine Umverteilung der der EU-Mittel mit einer gezielten Verknüpfung zu den Tierschutzfragen hielt er für sinnvoll.

Kastration – die Zeit läuft davon
Beim Thema Schmerzausschaltung bei der Kastration verwies Friedrich Ostendorff auf das geltende Gesetz: Die Schmerzausschaltung ist maßgeblich, jedes Verfahren muss sich daran messen lassen. Ich persönlich bin überzeugt von Isofluran. Der erfahrene Grünen-Politiker zeigte sich – insbesondere auch in der Kastenstandfrage – überzeugt von der Entwicklungskraft der Tierhalter. Er machte deutlich, dass alle gemeinsam an praktikablen Lösungen arbeiten müssen. Albert Stegemann sieht in der Ebermast und der Impfung gegenüber Ebergeruch (die bezeichnenderweise im Laufe der Diskussion sehr oft fälschlicherweise als Hormonbehandlung bezeichnet wurde) keine breite salonfähige Lösung und sprach sich deshalb dringend für den sogenannten vierten Weg, der lokalen Betäubung durch den Landwirt, aus.
Aus seiner Sicht sei dazu eine Anpassung des Tierschutzgesetzes in Schmerzlinderung statt Schmerzausschaltung nötig. Keine großen Hoffnungen machte an dieser Stelle Rainer Spiering von der SPD: Meine Partei wird sich nicht dazu bewegen lassen, das Tierschutzgesetz zu ändern. Der Druck der Gesellschaft auf die geltende Gesetzgebung sei in diesem Fall zu hoch. Dr. Gero Hocker warf dazu ein, dass Schweinehalter hierzulande teilweise strengeren Bedingungen unterliegen: Die Rahmenbedingungen müssen EU-weit gleich sein, sonst können unsere Ferkelerzeuger nicht kostendeckend produzieren.

Das ISN-Fazit
Die offene Fragen bleiben – den meisten Teilnehmern dürften aber spätestens beim gestrigen parlamentarischen Abend die Augen aufgegangen sein, wie ernst es um die deutsche Ferkelerzeugung steht. Jetzt ist es höchste Zeit für gemeinsame Entscheidungen – über Parteigrenzen hinweg und unter Einbeziehung der der Praxis in die Lösungsfindung

Quelle: ISN

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