Pro-SAU und InnoPig: wie sehen Abferkelsysteme in Zukunft aus?

Die Fixierung von Sauen in der Abferkelbucht ist ein Auslaufmodell. Am 19. Juni lud die ISN zu einer Infoveranstaltung nach Vestrup-Bakum, auf der aktuelle Forschungsergebnisse zum Thema präsentiert wurden.

In Österreich dürfen Sauen in Zukunft höchstens zeitweise fixiert werden, außerdem wurden in unserem Nachbarland neue Mindestmaße für Buchten festgelegt. Da aber aktuell keine passenden Buchten auf dem Markt sind, hat ein Verbund aus wissenschaftlichen Einrichtungen, Stallbaufirmen, schweinehaltenden Betrieben und der Landwirtschaftskammer Österreich verschiedene Konzepte entwickelt und in der Praxis getestet. Das Projekt „Pro-SAU“ wurde im Sommer 2017 abgeschlossen und dessen Ergebnisse präsentierte PD Dr. Isabel Hennig-Pauka, die neue Leiterin der TiHo-Außenstelle Bakum (und in ihrer ehem. Funktion als Leiterin der Schweineklinik Wien Mitglied des österreichischen Projekt-Teams).

Spätestens ab 1. Januar 2033 dürfen in Österreich Sauen im Abferkelbereich nur noch zeitweise, d.h. bis zum Ende der kritischen Lebensphase der Ferkel, fixiert werden. Die Abferkelbuchten müssen außerdem eine Mindestfläche von 5.5 m2 sowie eine Mindestbreite von 160 cm aufweisen. Die Buchten müssen so gestaltet sein, dass der Abferkelstand zu öffnen ist und sich die Sauen einige Tage nach der Geburt frei in der Bucht bewegen können.

Auch der Zeitraum für die Gruppenhaltung von tragenden Sauen wurde verlängert. Die Tiere dürfen nach dem Absetzen nur noch für den Zeitraum von max. 10 Tagen zum Decken einzeln gehalten werden. Für Neu- und Umbauten gilt diese Regelung schon seit März 2012, für alle anderen Betriebe gilt eine Übergangszeit bis zum 1. 1. 2033.

Aus sieben Prototypen entwickelten die Österreicher drei Bucht-Varianten (LK-Buchten), die anschließend in drei Forschungs- und sechs Praxisbetrieben getestet wurden: Eine „Flügelbucht“

Foto Pro-SAU

eine „Knickbucht“

Foto Pro-SAU

und die „Trapezbucht“.

Foto Pro-SAU

Zusätzlich wurden die beiden bereits verfügbaren Buchtentypen „SWAP“ und „Pro Dromi“ in den Test einbezogen.

Da die höchsten Ferkelverluste innerhalb der 1. Lebenswoche zu erwarten sind, wurden folgende Fixierungsvarianten gewählt:

Fixierungsvariante 6 Fixierung im Abferkelstand ab einem Tag vor dem errechneten Geburtstermin (114. Trächtigkeitstag) bis zum 6. Lebenstag der Ferkel

Fixierungsvariante 4 Fixierung im Abferkelstand ab einem Tag vor dem errechneten Geburtstermin (114. Trächtigkeitstag) bis zum 4. Lebenstag der Ferkel

Fixierungsvariante 3 Fixierung im Abferkelstand beginnend nach Abschluss der Geburt bis zum 4. Lebenstag der Ferkel

Fixierungsvariante 0 (Kontrolle): Keine Fixierung der Sau während des gesamten Aufenthalts in der Abferkelbucht (freie Abferkelung)

Unter den Verlustursachen stehen Erdrückungen mit ca. 90% an erster Stelle. Die freie Abferkelung (Variante 0) führte in allen Buchtentypen zu den höchsten Ferkelverlusten: in den drei neu entwickelten LK-Buchten durchschnittlich 16,95 %, in Pro Dromi 20,77 % und in SWAP 21,26%

Bei Fixierung der Sau für drei Tage post partum (Varianten 3 und 4) konnten die Ferkel-verluste deutlich vermindert werden. Variante 3: LK = 13,25%, Pro Dromi = 16,40% und SWAP = 16,80% und Variante 4: LK = 10,71%, Pro Dromi = 13,34% und SWAP = 13,68%. Eine längere Fixierung (Variante 6) erbrachte: LK = 12,40%, Pro Dromi = 15,39% und SWAP = 15,77%.

In ihrem Kurzbericht zum Versuch schreiben die österreichischen Forscher: „Die Fixierung der Sau einen Tag vor dem errechneten Geburtstermin (Variante 4) bietet bezüglich der Ferkelmortalität tendenzielle Vorteile verglichen mit einer Fixierung nach Ende der Geburt (Variante 3). Die Fixierungsvariante 3 mit freier Sau in der Geburtsphase führt zu einem erhöhten Auftreten von gefährlichen Positionswechseln im Vergleich zu allen anderen Varianten.“

Die Aufzuchtleistungen in den LK-Buchten (Varianten 4 + 6), sind mit denen in kon-ventionellen Abferkelbuchten mit permanenter Fixierung der Sau vergleichbar. Allerdings muss der Ferkelerzeuger beim Einsatz der neuen LK-Buchten mit deutlich höheren Investitions- und Arbeitskosten rechnen (Investitionen + 28,3 % zur konventionellen 4 m2-Bucht und Arbeitskosten ca. + € 10 je Sau und Jahr). Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten schneiden Pro Dromi und SWAP jedoch deutlich schlechter ab.

Eine Finanzierung des Mehraufwands über den Markt hält Dr. Hennig-Pauka für wenig wahrscheinlich. Hier sei vielmehr staatliche Förderung gefragt.

Und die Österreicher heben in ihrem Abschlussbericht hervor, zentrale Bedeutung hätten in Zukunft Zucht auf Mütterlichkeit und hohe Ferkel-Vitalität, noch größere Würfe dagegen seien kontraproduktiv.

Den gesamten Pro-SAU-Forschungsbericht gibt es hier zum Download

Carla Brüning von der Landwirtschaftskammer Nieder-sachsen, stellte erste Ergebnisse aus dem Verbundprojekt InnoPig vor. Der Schlussbericht wird zwar erst im Herbst vorliegen (in den alleine neue Doktorarbeiten einfließen werden), aber die Zahlen aus den Versuchs-stationen in Wehnen und Futterkamp sind schon jetzt bemerkenswert.

Neben herkömmlichen Abferkelbuchten mit Ferkelschutzkorb (zur Kontrolle mit 5,2 m2 je Sau) wurden an beiden Standorten Freilaufbuchten (7,3 m2 je Sau) sowie Gruppenbuchten für ferkelführende Sauen (7,5 m2 je Sau) installiert. Die Sauen in Gruppenhaltung lernen sich bereits einige Tage vor dem Abferkeltermin kennen und haben Gelegenheit eine Rangordnung zu etablieren.

In insgesamt neuen Durchgängen mit 156 Würfen (ca. 50 je Haltungssystem) wurden folgende Kennzahlen ermittelt:

Lebend geborene und abgesetzte Ferkel: Gruppenbucht 15,8/12,3; Freilaufbucht 14,2/10,5; Ferkelschutzkorb 14,9/12,4.

Die Saugferkelverluste lagen in der Gruppenhaltung bei 20,1 %, in der Freilaufbucht bei 25,4 % und im Ferkelschutzkorb bei 12,8%. Zu den meisten Verlusten kam es in den ersten vier Lebenstagen der Ferkel, wobei Erdrückungen an erster Stelle standen: in Gruppenhaltung mit 66 %, in der Freilaufbucht mit 67%, im Ferkelschutzkorb nur zu 34%.

Das Geburtsgewicht der Ferkel war in allen drei Haltungsformen praktisch identisch, die Tageszunahmen und Absetzgewichte unterscheiden sich dann allerdings merklich: Freilaufbucht 250 g LM/Tag – Absetzgewicht 8,23 kg; Ferkelschutzkorb 230 g LM/Tag – 7,54 kg Absetzgewicht; Gruppenhaltung 200 g LM/Tag – 5,44 kg Absetzgewicht. Auch die Sauen zeigten in der Gruppe die höchsten Gewichtsverluste.

So hatte der Ferkelschutzkorb die geringsten Saugferkelverluste und den höchsten Wurfmassenzuwachs (wegen der höheren Anzahl abgesetzter Ferkel). Und, dies hob Carla Brüning am Ende ihres Vortrags hervor, Gruppen-Haltung heißt immer auch Gruppen-Erkrankung und deshalb Gruppen-Medikation. Ein Zielkonflikt der in der Diskussion um weitere Antibiotika-Reduktionen klar benannt werden muss.

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