Viele Parameter, die Auskunft über Gesundheit und Wohlbefinden von Nutztieren geben, werden schon lange gemessen: Gewicht und Tageszunahme, Futter- und Wasseraufnahme, Körpertemperatur und Herzfrequenz, Bewegung, Verhalten und Wiederkau-Frequenz bei der Kuh. Die Messgrößen stammen dabei aus Blut, Speichel, Urin, Gewebe und Milch oder werden mittels Sensoren ermittelt.
Prof. Dr. Marion Schmicke von der TiHo stellte beim 9. Agrarwissenschaftlichen Symposium der TU München neue Ansätze für die nahe Zukunft vor: Stoffwechselbiomarker beim Rind und Biomarker für chronischen Stress beim Schwein.
Mit der Bestimmung von IGF-1 im Blut tragender Kühe, kann das Ketoserisiko bereits 2-3 Wochen vor der Abkalbung prognostiziert werden. Im Rahmen des Verbundprojekts „Optikuh“, konnte bestätigt werden, dass die IGF-1-Konzentration bei jenen Tieren, die 30 Tage nach der Geburt eine Ketose entwickelt hatten, in einem spezifischen Zeitfenster vor der Geburt niedriger waren, als bei den Kühen, die keine Ketose entwickelten.
Innovative Biomarker helfen Gesundheitsrisiken frühzeitig zu erkennen und ermöglichen gezielte Prophylaxe und Managementmaßnahmen. Darüber hinaus ermöglichen die so gewonnenen Erkenntnisse über biologische Mechanismen auch genetische Varianten zu finden, um robustere Nutztiere zu züchten und Haltungssysteme so zu verbessern, dass sie dem Auftreten von Krankheiten entgegenwirken.
Beim Schwein ging die Hannoveraner Wissenschaftlerin der Frage nach, wie sinnvoll Cortisol als Biomarker für chronischen Stress ist? Kann sich nämlich ein Tier nicht mehr an einen chronischen Stressor anpassen, können im Laufe einer Adaption Kortisolwerte sogar absinken. Deshalb untersucht Prof. Schmicke ein zweites Hormon aus der Nebennieren-rinde, das im Lauf einer „langanhaltenden Dysadaption“ kontinuierlich sinkt: das Dihydroepiandrostedion (DHEA).
Die Methode ist zwar noch nicht praxisreif für einen flächendeckenden Einsatz, aber das Symposium stand ja auch unter dem Motto „Nutztiere 2020“ und damit für die nähere Zukunft.
Prof. Dr. Joachim Krieter (CAU Kiel) berichtete in Weihenstephan über „Gesundheits-monitoring auf Basis des Tierverhaltens“. Krankheit führe immer zu Verhaltens-änderungen, sagte er zu Beginn. Appetitlosigkeit und Lethargie seien dabei die auffälligsten Anzeichen. Der wichtigste Sensor Verhaltensänderungen zu erkennen, sei und bleibe auf alle Fälle der Mensch als Tierbeobachter.
Das Fress- und Bewegungsverhalten von Kühen lasse sich z. B. aber auch mit ent-sprechenden Bein- oder Kopfsensoren bestens erfassen. Weit schwieriger dagegen sei die Datenerfassung bei Schweinen, weil diese jede Art von Bein- oder Kopfgurt in kürzester Zeit zerstörten. Deswegen wurde den Versuchs-Schweinen in Futterkamp spezielle Ohrsensoren für Beschleunigungs- und Temperaturmessung eingezogen, die sich als weit robuster erwiesen.
Über einen längeren Zeitraum erstellten die Forscher für jedes einzelne Tier 24-Stunden-Bewegungsmuster und konnten so Abweichungen erkennen und automatisch an den Tierhalter melden. Allerdings ist der Rechenaufwand, um einfaches Kopfschütteln von anderen Bewegungen zu unterscheiden, immens und immer noch komme es öfter zu falsch-positiven Alarmen. Im Prinzip aber sei es bereits heute möglich anhand tier-individueller Daten Warnmeldungen zu produzieren. So können zukünftig z. B. lahme Sauen mittels Mustererkennung und -abweichungen identifiziert werden.
Und sogar in der Geflügelhaltung trauen sich die Kieler Wissenschaftler zu, die Verteilung der Herde im Stall mittels Einzeltierkennzeichnung zu bestimmen und so etwa ein defektes Fütterungsband zu erkennen.