Atemwegserkrankungen bei Kälbern: Welche Rolle spielen Mykoplasmen?

Von Dr. Hans-Jürgen Kunz, Christian-Albrechts-Universität Kiel

Kälber leiden häufig an Atemwegserkrankungen. Auslöser sind Viren und Bakterien. Zu letzteren zählen auch die Mykoplasmen. Welche Rolle spielen sie im Bestand und wie kann ihnen vorgebeugt werden?

Die Liste der möglichen Erreger von Atemwegsinfektionen ist sehr lang. Die alte Lehrmeinung besagt, dass in der Regel virale Erreger Wegbereiter für bakterielle Sekundärinfektionen sind (Übersicht 1 und 2). Antibiotisch lassen sich nur bakterielle Erreger behandeln. Um viral bedingte Infektionen vorzubeugen, müsste geimpft werden. Diese Möglichkeit gibt es auch, um Infektionen mit Mannheimia haemolytica vorzubeugen. Das alles ist aber leichter gesagt als getan, denn es sollen nur gesunde Tiere geimpft werden, und wer kann dafür garantieren? Darum haben sich lokale Impfungen, wie die intranasale BRSV/PI3-Impfung, bewährt, die aber keinen Langzeitschutz versprechen. In diesem Fall müsste mindestens ein zweites Mal systemisch nachgeimpft werden.

Diagnosen häufig schwierig
Bei Durchfallerregern liefert in vielen Fällen bereits ein immunochromatographischer Schnelltest ein durchaus brauchbares Ergebnis, und das innerhalb von fünf bis zehn Minuten. Für den Nachweis von Atemwegserregern gibt es solche Diagnosemöglichkeiten nicht. Untersuchungen von Nasentupferproben sind häufig nicht aussagekräftig genug, da sich in den oberen Atemwegen möglicherweise Erreger tummeln, die nicht zwangsläufig auch für eine zu diagnostizierende Infektion in der Lunge verantwortlich sind. Hierfür eignen sich Lungenspülproben besser, die heute auch endoskopisch entnommen werden. Eingeschränkt wird die Aussagekraft solcher Proben aufgrund der starken Segmentierung der Rinderlunge. Sie besteht aus 71 Segmenten, die durch Bindegewebe voneinander getrennt sind, jeweils nur einen zuführenden Bronchus besitzen und keine Verbindung untereinander haben. Deshalb kann es durchaus vorkommen, dass die Lungenspülprobe aus einem nicht von der Infektion betroffenen Segment genommen wird und Erreger, die sich in andere Segmente eingenistet haben, nicht diagnostiziert werden. Das heißt, wenn die Spülprobe zu keinem positivem Ergebnis geführt hat, heißt das nicht, dass bei dem untersuchten Kalb keine erregerbedingte Infektion vorliegt.

Welche Rolle spielen Mykoplasmen?
Die Rolle der Mykoplasmen ist in vielerlei Hinsicht eine sehr besondere. Es sind Bakterien die anstelle einer Zellwand nur eine Zellmembran besitzen. Sie sind mit 0,3 bis 0,8 µm etwa 14 Mal kleiner als E-Coli-Bakterien und damit so klein, dass man sie noch am Ende des 19. Jahrhunderts den Viren (0,02 bis 0,2 µm) zugeordnet hat, später einer Zwischenform. Mykoplasmen besitzen jedoch alle Eigenschaften von Bakterien, können sich selbst vermehren und werden darum heute zu den Bakterien gezählt. Da sie, wie zuvor beschrieben, nur schwer nachzuweisen sind, wird ihre Bedeutung bei der Entstehung von Atemwegserkrankungen eventuell unterschätzt.


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