Von Ulrike Amler, Dipl. Ing. agr., freie Agrarjournalistin
Im Rahmen einer wissenschaftliche Arbeit an der Ludwig-Maximilian-Universität München (LMU) wurden in den untersuchten Beständen deutlich weniger der gefürchteten Frühinfektionen bei Saugferkeln vorgefunden, als nach geltendem Kenntnisstand zu erwarten waren. Für die Impfstrategie gegen Mycoplasma hyopneumoniae ergeben sich dadurch neue Ansätze.
Ferkelerzeuger und Mäster fürchten zu Recht die Enzootische Pneumonie (EP). Der verantwortliche Erreger, Mycoplasma hyopneumoniae (M. hyopneumoniae) ist in nahezu jedem Schweinebestand nachzuweisen. Durch die Zerstörung des Flimmerepithels nimmt die Selbstreinigungskraft der oberen Atemwege ab und führt zur Verstärkung des klinischen Bildes verschiedener Atemwegserkrankungen bei Zucht- und Masttieren. Die Tierärztin Dr. Pauline Deffner führte ihre Studie zu Infektionen mit dem Erreger der Enzootischen Pneumonie im Rahmen einer Dissertation an der Ludwig-Maximilian-Universität München (LMU) durch. Im Fokus stand das Vorkommen von Infektionen mit M.hyopneumoniae im Saugferkelalter und deren Weiterverbreitung in nachgelagerte Produktionsstufen. Der Erreger von M. hyopneumoniae wurde in den untersuchten Beständen lediglich bei 0,6 Prozent (%) der gesamten Ferkelpopulation und in 10 % der Bestände nachgewiesen. Bislang wurde aus vorangegangenen Untersuchungen von einer Infektionsrate von 14,1 % der Saugferkel ausgegangen. Aufgrund dieser Annahmen forderte der Handel in einigen Regionen von Ferkelerzeugern zwingend eine frühe 2-Shot-Impfung ab dem 7. Lebenstag. Ein weiterer Fokus der Studie an der veterinärmedizinischen Fakultät lag auf der Darstellung des Zusammenhangs zwischen infizierten Muttersauen und dem Grad der besiedelten Ferkel. Deffner fand unter den untersuchten Sauen auf Einzeltierebene eine Infektionsrate von 4 %.
Mycoplasmen in fast allen Schweinebeständen
In 90 % der zehn untersuchten Betriebe hatte Dr. Pauline Deffner bei Saugferkeln in ihrer Querschnittsuntersuchung IgG- Antikörper gegen M.hyopneumoniae nachgewiesen. Damit wurde die Annahme bestätigt, dass der Erreger in nahezu allen Schweinebeständen zu finden ist. Ein weiterer Untersuchungsschwerpunkt lag auf der Weiterverbreitung von M. hyopneumoniae-Infektionen in die Ferkelaufzucht- und Mastphase hinein. In der Literatur sind Infektionen der Saugferkel bereits ab der ersten Lebenswoche beschrieben. Erst im späteren Verlauf der Mast lassen sich aber klinische Anzeichen einer Enzootischen Pneumonie beobachten. Mäster kennen die Problematik: Schwere Krankheitsverläufe führen zu schlechteren Tageszunahmen, längerer Mastdauer und schweren Lungenläsionen. Als Hauptübertragungsweg gilt der direkte nasale Kontakt zwischen Sau und Ferkeln. Kehlkopftupfer von Jungsauen waren nach Deffners Untersuchungen häufiger positiv mit M. hyopneumoniae als die von älteren Sauen.
Die Tierärztin wählte für ihre Untersuchung Bestände aus, die bereits vorher schon durch respiratorische Probleme auffielen. So konnten Betriebe mit mehr oder weniger hohen Lungenläsionsscores miteinander verglichen werden. Vorab wurden EP-Scores potentieller Studienbestände am Schlachthof erhoben und anschließend 10 Betriebe aus Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein in die Studie eingeschlossen. Weitere Voraussetzungen waren das Auftreten von Husten im Bestand oder der Nachweis von M. hyopneumoniae. Die Hypothese, dass Ferkel, die in der 3. Lebenswoche noch nicht gegen M. hyopneumoniae geimpft, aber bereits infiziert waren, in der Mast höhere Hustenindices und höhere Lungenscores am Schlachthof aufweisen, wurde in der vorliegenden Studie nicht bestätigt. Die teilnehmenden Betriebe waren geschlossene Bestände, praktizierten eine Teilmast oder die Ferkelerzeuger und Mäster hatten eine 1:1 Anbindung. Die untersuchten Ferkel wurden erst ab dem 21. Lebenstag mit einem 1-shot Präparat gegen M. hyopneumoniae immunisiert.
Pro Bestand wurden zehn Sauen in der Abferkelung sowie je fünf ihrer Ferkel untersucht. Es wurden jeweils Blutproben gewonnen sowie bei Sauen Kehlkopfabtriche und bei Ferkeln Abstriche aus den oberen Atemwegen entnommen. Zusätzlich wurden bei Tieren in der 6., 12., 16., und 20. Lebenswoche mittels Kaustricken Speichelproben, sogenannte Oral fluids, gewonnen. Am häufigsten wurde Erreger-DNA von M. hyopneumoniae in Kaustrickproben in der 20. Lebenswoche nachgewiesen. Die Serumproben wurden mittels ELISA auf das Vorkommen spezifischer IgG-Antikörper gegen M. hyopneumoniae untersucht. Des Weiteren wurden Abstriche vom Kehlkopf und den oberen Atemwegen mittels Real-time PCR auf das Vorkommen M. hyopneumoniae spezifischer Genomfragmente getestet.
Ein Zusammenhang zwischen der Besiedelung noch ungeimpfter Tiere im Saugferkelalter mit M. hyopneumoniae und der Höhe der Hustenindices in der Mast sowie der EP-Scores am Schlachthof könne nicht dargestellt werden, schreibt Dr. Pauline Deffner. Allerdings scheine beim Auftreten von Husten im Bestand die Gewinnung von Speichelproben durch Kaustricke auf Buchtenebene zum Nachweis von M. hyopneumoniae geeignet zu sein.
Zum richtigen Zeitpunkt impfen
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