Rindergrippe: Mehr Augenmerk auf die Kälber

Tierarzt Winfried Schön

Von Dr. Heike Engels

Rindergrippe hat viele Ursachen, nicht allein Viren und Bakterien sind die Auslöser. Deshalb bezeichnen Fachleute sie auch als Faktorenkrankheit. Die Folgen von Rindergrippe sind aber immer Leistungsverluste und eine erhöhte Sterblichkeitsrate. Welche Faktoren Rindergrippe begünstigen und was mit dem Begriff Cocooning gemeint ist, weiß Winfried Schön aus Betzigau. Er ist Tierarzt mit eigener Rinderpraxis im Allgäu.

Winfried Schön ist mit Leib und Seele Tierarzt. Sein Herz schlägt vor allem für Rinder, und hier liegen ihm speziell die Kälber am Herzen. Leider sind sie oft kränker als ihm lieb ist. „Neben Durchfall ist es oft die Rindergrippe, die ich bei meinen Besuchen vorfinde. Fast jeden Tag sind drei bis fünf Besuche wegen Atemwegserkrankungen dabei. Nicht immer sind sie der Hauptanlass des Besuchs, aber beteiligt sind sie fast immer und das ganzjährig. Es betrifft mal Einzeltiere, mal ganze Tiergruppen. Oft werden mir multimorbide Kälber vorgestellt, das bedeutet, dass sie gleichzeitig an mehreren Erkrankungen leiden. Es gibt kaum ein lungenkrankes Kalb, das nur an der Lunge krank ist, es ist dann meistens auch noch vom Durchfall geschwächt, oder der Nabel ist nicht gut abgeheilt“, berichtet Winfried Schön aus seiner täglichen Praxis.

Erkrankte Tiere bleiben zurück
Dieser Zustand bereitet ihm Sorgen, denn die an Rindergrippe erkrankten Kälber ziehen viele Folgeschäden mit sich. Sind die Kälber erst einmal infiziert, ist das Wachstum unzureichend und die Tageszunahmen unterdurchschnittlich. Ist die Lunge dauerhaft geschädigt, können die Tiere ihr Leistungspotenzial nicht mehr vollständig abrufen. Der Tierarzt erklärt, was das bedeutet: „Rindergrippe bedeutet nicht nur kranke Tiere und das damit verbundene Leid, sondern sie verringert die Wirtschaftlichkeit der Betriebe maßgeblich. Je früher die Tiere erkranken, desto aggressiver und mehr an Lungengewebe wird zerstört. Dieses Lungengewebe erholt sich kaum wieder vollständig. Auch nach der Erkrankung wachsen die Tiere schlechter und nehmen weniger zu.

Um die Auswirkungen einer Erkrankung deutlich zu sehen, rate ich dazu, erkrankte Kälber an der Ohrmarke zu markieren. Man erkennt dann deutlich vom Futtertisch aus, dass sie von der laufenden Nummer her immer weiter zurückfallen im Vergleich zu ihrer Altersgruppe.“ Rindergrippe verteuere die Aufzucht, denn bis diese Kälber Milch geben, dauert es durch das verzögerte Wachstum und die meist schlechtere Fruchtbarkeit viel länger. Winfried Schön betont: „Natürlich kann man die Erkrankung behandeln. Aber die Schäden sind auch mit einer schnellen und intensiven Behandlung der Tiere nicht komplett auszugleichen. Besser wäre es, wenn die Tiere gar nicht erst erkranken.“

Ganzjährige Rindergrippe
Doch warum ist die Rindergrippe so häufig? Sind das generell Risikobetriebe oder liegt es an der Witterung? Nein, sagt der Tierarzt.


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