Dr. Birgit Spindler (TiHo) stellte anlässlich der EuroTier 2022 das neue DLG-Merkblatt zum Umgang mit krankem und verletztem Geflügel vor. Gleich zu Beginn ihres Vortrags betonte die Geflügelspezialistin, wie wichtig Tierbeobachtung und deren Frequenz sind. Je häufiger ein Geflügelbestand kontrolliert wird desto besser. Gerade in kritischen Zeiträumen seien mindestens zwei Kontrollgänge am Tag sinnvoll. Positiver Nebeneffekt: Je häufiger die Tiere ihre Betreuer sehen, umso eher lassen sie sich auch fangen wenn sie krank sind. Wichtig sei weiterhin wirklich alle Stallbereiche zu kontrollieren, auch weniger gut zugängliche oder dunkle Ecken, die sich gute als Rückzugsorte eignen. Ebenso Kaltscharraum und Auslauf. Hilfreich sei auch in den Aktivitätsphasen, etwa beim Öffnen der Auslaufluken, Getreidekörner zu streuen, um zu sehen, welche Tiere nicht darauf reagieren.
Kenntnisse über Normalverhalten und Verhaltensabweichungen seien essentiell. Dann fallen gesundheitliche Störungen frühzeitig auf, wie z. B.:
• apathisches oder aufgeregtes Verhalten
• Verschmutzung von Kopf oder Gefieder
• kotverschmierte Kloake
• aufgeplustertes Gefieder, eingezogener Kopf, Kopfschwellungen
• Farbveränderungen an Kopf oder Kamm
• geschlossene Augen
• Verletzungen, Laufschwierigkeiten
Vögel mit Missbildungen, z. B. fehlendem Auge oder Kreuzschnabel, sollten beobachtet werde, können aber in der Regel in der Herde verbleiben.
Tiere die eventuell krank, verletzt, lebensschwach oder in ihrer Entwicklung zurückgeblieben sind, müssen fachgerecht gefangen und begutachtet werden. Eine sachkundige Person mit allen erforderlichen Kenntnissen und Erfahrung müsse dann entscheiden, ob Tiere in ein Krankenabteil gebracht werden oder notgetötet werden müssen oder in der Herde bleiben können.
Für separierte Tiere müssen auch geeignete Maßnahmen ergriffen und die Entwicklung ihres Zustands mehrmals am Tag kontrolliert werden. Allein die Separation stellt keine adäquate Versorgung dar! Im Separationsabteil müssen Futter und Wasser für alle Tiere (auch wenn sie in der Bewegung eingeschränkt sind) zugänglich sein. Wichtig seien weiterhin: geeignetes Einstreumaterial, möglichst geringe Besatzdichte – aber Sichtkontakt zu Sozialpartnern, Beschäftigungsmaterial, Sitzstangen und ggf. Legenester.
Liegt beim Einzeltier ein vernünftiger Grund für die Nottötung gemäß Tierschutzgesetz vor (z. B. nicht behebbare Schmerzen, keine Heilungsaussichten, keine selbständige Wasser- und Futteraufnahme), muss eine sachkundige Person das Tier unter Betäubung und unter Vermeidung von Scherzen töten. Hier empfiehlt Birgit Spindler die regelmäßige Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen.
Wie Betäubung, Nottötung und anschließende Kontrolle des Todes durchgeführt werden sollten, beschreibt das DLG-Merkblatt ausführlich und anschaulich. Es steht hier direkt zum Download zur Verfügung.