Die digitale Überwachung der Milchkühe bietet viele Vorteile, nicht nur bei größeren Betrieben. Zahlreiche Systeme überwachen mit Sensoren die Aktivität, die Futteraufnahme, die Wiederkautätigkeit, Daten der Melkungen und das alles in Echtzeit, so dass die Daten sofort am Computer oder Smartphone ausgewertet werden können. Auf diese Weise möchte man Lahmheiten, Stoffwechselstörungen oder auch Fruchtbarkeitsparameter wie die Brunst frühzeitig erkennen und entsprechend managen. In den Melkrobotern werden schon viele Daten erhoben, die durch Sensoren am Tier (Pedometer am Fuß, Halsband mit Sensor, Ohrmarke mit Sensor) ergänzt werden. Bei der Brunst ist zum Beispiel die Aktivität erhöht und das Wiederkauen vermindert. Bei einer Lahmheit und weiteren Erkrankungen wiederum sinkt die Aktivität, und die betroffenen Kühe gehen aufgrund der Schmerzen seltener zum Melken. Natürlich ist die Nutzung der Daten und damit der Erfolg der Überwachung stark davon abhängig, wie der Landwirt mit den Daten umgeht und wie sie aufbereitet werden. Wer diese Sensoren nutzt, muss kontinuierlich dran bleiben, um Veränderungen schnell zu erkennen. Praktisch sind automatische Warnmeldungen bei Abweichungen von den Normalwerten, so dass einzelne Tiere schnell überprüft werden können.
Eine aktuelle Studie* hat sich mit genau dieser Thematik beschäftigt. Sie will die Zusammenhänge darstellen zwischen den Blut- und Milchparametern und denen der Aktivität und Wiederkautätigkeit. Die Datenerhebung fand über acht Monate auf zwei Fleckviehbetrieben mit Melkrobotern statt in Bayern. 95 Tiere waren in die Untersuchung einbezogen, die sich jeweils in dem Zeitraum 10. bis 30. Tag nach der Kalbung befanden. Die Tiere wurden klinisch untersucht, Blut- und Milchproben genommen sowie Daten zur täglichen Bewegungsaktivität und zur Wiederkautätigkeit erfasst. Die Blutproben wurden auf den Gehalt an freien Fettsäuren und Haptoglobin untersucht, die Milchproben auf die Inhaltsstoffe Fett, Eiweiß, Harnstoff, Laktose, Azeton, NEFA, BHB sowie auf den Gehalt somatischer Zellen.
Erhöhte NEFA-Konzentrationen im Blut gingen mit einer geringeren täglichen Aktivität der Tiere einher. Tiere mit höheren Laktose-Gehalten in der Milch zeigen eine höhere tägliche Aktivität. Höhere Hp-Konzentrationen im Blut zeigen eine geringere Wiederkauaktivität an. Höhere Harnstoff-Gehalte in der Milch zeigen längeres tägliches Wiederkauen an.
Die Forscherinnen und Forscher rund um Franziska Hajek kamen zu dem Schluss, dass Mithilfe der Messung der Aktivität und der Wiederkautätigkeit eine frühzeitige Erkennung von Veränderungen im Verhalten möglich ist. Ursachen dafür sind häufig beginnende subklinische Gesundheitsstörungen. Beide Parameter sollten als Indikatoren in das Monitoring eines präventiv ausgerichteten Tiergesundheitsmanagements aufgenommen werden, um Auffälligkeiten frühzeitig festzustellen und klinischen Erkrankungen vorzubeugen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler betonen aber auch, dass die Messungen unspezifisch sind und unbedingt eine klinische Untersuchung und Therapie des betroffenen Tieres erfordern.
Wichtig: Die Sensoren und die Auswertung der Daten dienen Landwirt und Tierarzt als Unterstützung und ersetzen nicht die tägliche Betreuung und Beobachtung der Tiere!
Studie: Hajek, Franziska et al. (2023): Nutzung von täglicher Aktivität und Wiederkautätigkeit als Indikatoren im Tiergesundheitsmonitoring von Milchkühen. Der Praktische Tierarzt 104, Heft 2/2023, S. 166-175.
Quelle: Dr. Heike Engels, Der Hoftierarzt
Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im E-Magazin „Der Hoftierarzt“ 4/2023