Bundesverband für Tiergesundheit e. V. (BfT) sieht viele Missverständnisse rund um das Thema Tiergesundheit und fordert stärkere Ausrichtung an Fakten
„Tiergesundheit, die Gesundheit der Menschen und ein intakter Planet sind eng ineinander verschränkt.“ Mit diesen Worten sprach der Vorsitzende Jörg Hannemann bereits in seiner Begrüßung zur Vortragsveranstaltung (16.05.) in Köln an, was dem Verband am Herzen liegt.
Welche Bedeutung und welchen Nutzen hat die Tiergesundheit für die Gesellschaft? Was leistet die Tiergesundheitsindustrie und wie lässt sich ihr Nutzen auf Seiten der Gesellschaft vermitteln? Welche Rolle spielen Medien und der Journalismus dabei? All diese Fragen waren wichtiger Bestandteil der Veranstaltung.
Dr. Sabine Schüller, Geschäftsführerin des BfT forderte faktenorientierte Rahmenbedingungen und eine offene Innovationskultur, damit die Industrie auch weiterhin zum Schutz der Gesundheit von Nutz- und Kleintieren beitragen kann und so der wichtige gesellschaftliche Nutzen und der Beitrag zu den unterschiedlichen Facetten von One Health abgesichert werden können. In Beispielen zeigte sie auf, dass viele Missverständnisse in der Gesellschaft bestehen und betonte damit die Notwendigkeit für eine besser gelingende Kommunikation. Tierarzneimittel dienten der Behandlung und Gesunderhaltung von Tieren und spielten somit auch für den Tierschutz und das Tierwohl eine entscheidende Rolle. Zudem ist die Tiergesundheit eine essenzielle Grundlage für ein unbeschwertes Zusammenleben von Mensch und Tier und nicht zuletzt auch für die Erzeugung sicherer Lebensmittel.
Eines der Missverständnisse ist, dass Tierärzte im Nutztierbereich nur Antibiotika einsetzten würden. Antiinfektiva, darunter Antibiotika, machen inzwischen nur ein Sechstel des gesamten Tierarzneimittelmarktes aus. Mehr als ein Viertel sind Impfstoffe. Die Kontrolle von Antibiotikaresistenzen muss gemeinsames Anliegen von Human- und Veterinärmedizin sein, so Schüller. Wie aber auch das Europäische Zentrum für Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) bestätigt, ist die Hauptursache für Antibiotikaresistenzen beim Menschen im Einsatz von Antibiotika zunächst einmal in der Humanmedizin selbst zu suchen. Schüller stellte außerdem klar, dass Tierarzneimittel nicht zur Leistungssteigerung in der intensiven Tierhaltung eingesetzt werden. Bei der Tiergesundheit geht es vorrangig um die Vermeidung und Bekämpfung von Tierkrankheiten. Antibiotische Leistungsförderer sind in der gesamten EU seit 2006 verboten und der Einsatz von Hormonen zu Mastzwecken ist bereits seit 1988 untersagt.
Schüller hob auch die vielen positiven Effekte hervor, die unsere Haustiere auf den Menschen im Zusammenleben heute haben. Kaum jemand wisse jedoch, dass Tierarzneimittel speziell für Hunde und Katzen, aber auch Rind, Schwein und Huhn entwickelt werden und von den Behörden auf Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit geprüfte werden.
Thomas Heyer, Journalist, WDR-Moderator und Medientrainer moderierte die Veranstaltung des BfT und skizzierte zunächst das Verhältnis der Gesellschaft zum Tier und wie unsere Branche durch die Gesellschaft wahrgenommen wird, um dann Ansatzpunkte aufzuzeigen, wie der Dialog besser gelingen kann. Fehlendes Wissen oder nicht korrekte Informationen beeinflussen wie der Sektor wahrgenommen werde. Die Abhilfe lautet „Haltung gleich Wissen“. Haltung habe mit Information zu tun. Und hier sieht Heyer die Aufgabe des zukünftigen Journalismus. In der Berichterstattung der Medien stehen nach wie vor schlechte Nachrichten besonders im Vordergrund. Einen möglichen journalistischen Ansatz böte laut Heyer das Konzept „Constructive News“. Um der Gesellschaft die Möglichkeit zur Meinungsbildung zu geben, müsse der Journalismus „die Welt mit beiden Augen sehen“. So können Nachrichtenroutinen hinterfragt, blinde Flecken vermieden und neue Perspektiven aufgezeigt werden. Er forderte die Branche auf klar Position zu beziehen, proaktiv zu kommunizieren und Medienanfragen als Chance zu nutzen. Die Tiergesundheitsbranche müsse eng mit Gesellschaft und Medien im Dialog stehen.
In einer abschließenden Gesprächsrunde diskutierten die Vertreter verschiedener Verbände, Organisationen und der Politik offen und teils auch kontrovers aus ihrer jeweiligen Perspektive die Vermittlung des One-Health-Gedankens an die Gesellschaft. Die Geschäftsführerin des Bundesverbandes Rind und Schwein, Dr. Bianca Lind gab zu verstehen, dass die Landwirte schon heute sehr viele Gesundheitsdaten ihrer Tiere erfassen. Fakt sei auch, dass die Bauern viel dafür täten, die Gesundheit ihrer Tiere zu erhalten, dafür seien bei kranken Tieren nun mal auch Medikamente notwendig. Lea Fließ, Geschäftsführerin vom Forum Moderne Landwirtschaft äußerte klar, dass Mythen aus Unwissenheit entstehen. „Es gibt einen riesen Unterschied zwischen den tatsächlichen Geschehnissen und dem was Menschen fühlen“, so Dr. Gaby-Fleur Böl vom Bundesinstitut für Risikobewertung. Die Angst vor dem Schnitzel und was da eventuell Gefährliches und Giftiges drinsteckt sei eigentlich noch viel zu weit verbreitet. Statt Genuss am Essen und hohe Wertschätzung für die Lebensmittel, hätten die Leute eher Sorge vom Fleisch krank zu werden. Mythen hierzu müssen ausgeräumt werden. Wichtig sei in diesem Zusammenhang auch, laut Böl, das Bewusstsein dafür zu schaffen, wie wichtig gute Küchenhygiene ist. Rheinhild Benning von Germanwatch forderte einen Systemwechsel in der Tierhaltung und sprach sich für strengere Regularien aus, denn nur dann würden notwendige Innovationen kommen.
Fazit: Einigkeit bestand, dass die gesamte Branche intensiver informieren und den Dialog mit der Gesellschaft vertiefen muss.
Quelle: Bundesverband für Tiergesundheit