Wann sollen brünstige Kühe besamt werden?

Aktivitätspeaks charakterisieren eine zyklisch brünstige Kuh (Brunst am 10.12., 1.1. und 23.1.)

Von Prof. Dr. Steffen Hoy, Universität Gießen

Über viele Jahre hinweg wurden Kühe nach der „Morgen-Abend-Regel“ besamt: duldet die Kuh am Morgen, wird sie am späten Nachmittag besamt, duldet sie am Nachmittag/Abend erfolgt die künstliche Besamung (KB) am nächsten Morgen. Mit dem Einzug der Sensortechnik in den Kuhstall setzen Milchviehbetriebe Messsysteme ein, um automatisch die Brunst bei den Kühen zu erkennen. Aber wann sollen die Kühe dann besamt werden?

Dazu wurden in vier Betrieben 3.230 Brunstzyklen von 1.633 Kühen ausgewertet. Die Aktivität wurde durch das System SCR HeatimeTM HR (SenseHubTM Allflex) gemessen. In den vier Betrieben wurden Tag und Uhrzeit sämtlicher Besamungen (KB) notiert. Darüber hinaus wurde der Erfolg der KB (Trächtigkeitsuntersuchung TU positiv oder negativ) dokumentiert. Es wurden nur Daten von Tieren ab der ersten Laktation erfasst. Alle Betriebe führten Eigenbestands-Besamungen, z.T. zu festen Zeiten, durch. Die TU fand in den Betrieben unterschiedlich ab 30. bis 60. Tag nach KB mittels Ultraschall-Untersuchung oder rektal statt.

Brunst dauert auch heute noch fast einen Tag
Die Brunst trat bei vielen Kühen in den Nachtstunden mit einem Peak zwischen 0 und 4 Uhr auf, zu Zeiten also, in denen niemand im Stall ist. Die automatische Messung bietet den großen Vorteil, dass die Kühe 24 Stunden am Tag/7 Tage pro Woche kontrolliert werden. Die (automatisch bestimmte) Brunst dauert auch heute noch im Mittel fast 17 Stunden. Bei über 95 % der Kühe wurde automatisch eine Brunst erkannt. Es ist nicht klar, warum knapp 5 % der Kühe während der Brunst keine Aktivitätserhöhung zeigen. Eventuell könnten Verhaltensprobleme rangniedriger Kühe eine Rolle spielen. Eine „echte“ Brunst wurde immer dann registriert, wenn die jeweilige Kuh nach einer KB am betreffenden Tag trächtig wurde (TU+). Dann musste schließlich der Besamungstermin richtig gewesen sein.

Wann sollen Kühe besamt werden?
Es konnte ein Zusammenhang zwischen dem Zeitintervall „Peak der Aktivität bis KB“ und der Konzeptionsrate nachgewiesen werden. Der höchste Besamungserfolg mit einer Konzeptionsrate von 44,2 % wurde dann erreicht, wenn die Besamung 8 bis 12 Stunden nach dem Aktivitätspeak erfolgte (Abb.). Bei später besamten Kühen ging die Konzeptionsrate wieder zurück. Etwas überraschend erzielten Kühe mit einer Besamung 26 h nach Aktivitätspeak oder sogar noch später einen Wert von 41,2 % tragend gewordener Tiere. Das Ergebnis zeigt, dass die Zeitspanne, innerhalb derer Kühe tragend werden können, beträchtlich lang sein kann. Theoretisch können die Spermien 24 h oder mehr nach der Besamung befruchtungsfähig sein. Das vergleichsweise gute Ergebnis sehr spät nach Peak besamter Kühe kann dadurch erklärt werden, dass eine Reihe von Kühen nach einem festen Zeitprogramm besamt wurde. Wenn z.B. eine Kuh um 4 Uhr morgens ihren Aktivitätspeak hat, der Besamer aber generell morgens um 8 Uhr besamt, wird das Tier nicht nach 4 h, sondern erst am nächsten Tag um 8 Uhr, also 28 h nach Peak, inseminiert. Als Zielgröße wurde der Anteil nachweislich tragender Tiere an den besamten Kühen (Trächtigkeitsuntersuchung = positiv, TU+) verwendet. Es ist durchaus möglich, dass zunächst deutlich mehr Kühe tragend wurden, aber durch frühembryonale Verluste (die 15 % und mehr betragen können) die Konzeptionsrate letztlich in der nachgewiesenen Größenordnung ausfiel.

Schlussfolgerungen
Durch die kontinuierliche Messung der Aktivität kann eine automatische Erkennung der Brunst erfolgen. Der Parameter „Aktivitätspeak“ eignet sich, um einen optimalen Besamungszeitraum vorzuschlagen. Dieser umfasst etwa 8 bis 12 h nach dem Aktivitätspeak. Einige, aber nicht alle auf dem Markt befindlichen Messsysteme geben eine derartige Beratungsempfehlung. Unabhängig davon sollten die Kühe dennoch auch weiterhin direkt beobachtet werden, da (noch) keine 100 %-ige automatische Brunsterkennung möglich ist.

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