PCV2, PRRS, Coronavirus SARS-CoV-2 und Co.: Wie bedroht sind unsere Schweine?

Prof. Dr. Michael Wendt, TiHo

Das Coronavirus SARS-CoV-2 (COVID-19) hält die Welt in Atem. Ein Impfstoff ist derzeit noch nicht in Sicht. Könnte COVID-19 vom Menschen auf das Schwein überspringen? Und wirken die aktuellen Impfstoffe eigentlich noch gegen bereits bekannte Erreger? Prof. Dr. Michael Wendt, Fachtierarzt für Schweine und Leiter der Bestandsbetreuung Schwein (ITB Schwein) an der Klinik für kleine Klauentiere der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) gibt einen Überblick.

Herr Prof. Wendt, ist COVID-19 auch für Schweine eine Gefahr?
Soweit wir bisher wissen: Nein. Infektionsversuche vom Friedrich-Löffler-Institut auf der Insel Riems ergaben, dass man Schweine nicht mit COVID-19 infizieren konnte, das Schwein kommt also auch als Überträger des Virus auf den Menschen nicht in Frage. Bei Katzen sieht das anders aus, sie können sich mit COVID-19 infizieren, da kann man diesen Weg nicht völlig ausschließen. Neben anderen Coronavirus-Infektionen haben wir ja eine Erkrankung beim Schwein, die auch durch ein beta-Coronavirus ausgelöst wird, und zwar die VW-Krankheit, auch als Vomiting and Wasting-Disease bekannt. Gegen diese selten auftretende, mit den Symptomen Erbrechen und Kümmern einhergehende Erkrankung in den ersten drei Lebenswochen gibt es keinen Impfstoff. Doch dieses Virus ist weit von COVID-19 entfernt und es ist nicht zu erwarten, dass sich das Virus in Kürze so stark verändert, dass es gravierende Probleme machen könnte.

Wie sieht es bei den häufig vorkommenden Viruserkrankungen aus? Beim Circovirus wurden neue Genotypen entdeckt. Haben wir noch passende Impfkonzepte?
Gegen die Hauptgenotypen PCV2 a und b, die derzeit unterwegs sind, sind die Impfstoffe noch gut wirksam. Es gibt mal Zweifel, wenn Mischinfektionen auftreten, und auch bei anderen Subtypen wie z.B. PCV2d ist man sich nicht ganz sicher, wie gut die aktuellen Impfstoffe wirken. Auch von Betrieb zu Betrieb gibt es Unterschiede, denn wir wissen ja, dass auch das Management das Auftreten klinischer PCV2-Erkrankungen beeinflussen kann. Man muss bei viralen Erkrankungen immer mit Abweichungen und Mutationen bei den Subtypen rechnen, deshalb ist es sinnvoll, die Wirkung der Impfstoffe immer mal wieder zu hinterfragen.

Wie häufig ist denn PCV2d?
PCV2d ist deutlich weniger anzutreffen als die Haupttypen, kommt aber mittlerweile auch in Deutschland häufiger vor. Man ist nicht davor gefeit, dass dieser Genotyp sich weiter ausbreitet. Wenn er nachgewiesen wird, würde man erstmal impfen, man würde aber an der typischen Symptomatik schnell erkennen, wenn der Impfstoff nicht wirkt. PCV3 wird in letzter Zeit ebenfalls häufiger in Deutschland gefunden. Es ist noch unklar, ob die Impfstoffe wirken, da gibt es noch Forschungsbedarf. Bisher gab es nur 2 Virusarten, PCV1 und 2, mittlerweile wird auch PCV3 weltweit nachgewiesen und führt ebenfalls zu klinischen Symptomen. Wir müssen genau hinschauen und den Typ 3 im Auge behalten. Er wurde bisher beim Nachweis nicht miterfasst, denn man hatte keine diagnostische Methode dafür. Mit den heutigen, modernen DNA-Sequenzierungsmethoden, also der genauen Darstellung des Virusgenoms, findet man mehr neue Viren als früher.

Wie steht es in den Beständen um PRRS?
Das ist für mich die Infektion Nr. 1, weil sie am meisten Probleme bereitet. Sie betrifft verschiedene Altersklassen und Betriebe, die nur ihre Sauen impfen, haben immer wieder empfängliche Tiere durch abgesetzte Ferkel. Diese zeigen oft keine deutlichen klinischen Veränderungen, die PRRS-Infektion bleibt daher unerkannt, und weitere Tiere können sich anstecken. In solchen endemisch infizierten Betrieben sind z.B. Jungsauen, die aus PRRS-freien Betrieben zugekauft werden, besonders gefährdet. Die Lösung liegt darin, diese rechtzeitig schon in der Quarantäne zu impfen.

Das Virus mutiert sehr stark und ist unterschiedlich pathogen. Ein hoch pathogener PRRSV-2-Subtyp, HP-PRRSV, ist in den letzten Jahren in Asien entstanden. Dieses PRRS-Virus (Porcine High Fever Disease oder Sow Abortion and Mortality Syndrome) wurde auch schon in Amerika nachgewiesen. In Europa wurde ein hoch pathogener Subtyp bislang nur in Osteuropa gefunden, so besteht immer die Gefahr, dass er auch zu uns kommt.

Wirken die aktuellen Impfstoffe auch gegen die mutierten PRRS-Virusstämme?
Momentan funktionieren die Impfstoffe noch trotz der vorhandenen Mutationen. Natürlich kann aber auch mal eine PPRS-Mutation aufkommen, die nicht mit den Impfstoffen abgedeckt wird. Doch es ist nicht so wie bei Influenza, wo man aufgrund der Virusveränderung regelmäßig einen neuen Impfstoff braucht. Es sind verschiedene PRRS-Impfstoffe auf dem Markt, daher gibt es die Chance eines Impfstoffwechsels, falls man glaubt, ein Impfstoff wirkt nicht mehr. Man kann leider nicht aufgrund einer Sequenzierung entscheiden, welcher Impfstoff der beste ist für den jeweiligen Bestand, so weit sind wir leider noch nicht. Ob es sich um einen EU- oder US-Virustyp handelt, kann allerdings erkannt und darauf dann der passende Impfstoff gewählt werden, das funktioniert gut.

Neben Viren haben wir weitere gefährliche Erreger beim Schwein. Wie stellen sich die Mykoplasmen derzeit dar?
Wenn man sich die Lungenbefunde am Schlachthof anschaut, sieht man, dass die Ferkelgrippe noch immer in den Schweinebeständen grassiert, insofern gehört für mich die Mykoplasmenimpfung zusammen mit der Circoimpfung immer noch zu einer Standardmaßnahme. Auch schlechte Stallluft schädigt die Lunge, so können z.B. hohe Ammoniak-Konzentrationen das Angehen einer Mykoplasmen-Infektion begünstigen.

Die regelmäßige Impfung verhindert nicht die Besiedelung der Tiere mit Mycoplasma hyopneumoniae, verhindert aber die klinische Erkrankung in Form von Lungenentzündung. Je nachdem, wie die Ferkelpreise sind, denkt man an Einsparung, aber aus der Impfung auszusteigen ist ein Risiko. Wenn ich die Impfung weglasse, kann sich der Erreger im Organismus weiterverbreiten und Schaden verursachen. Also sollten die Saugferkel früh geimpft werden, dann bauen sie einen vernünftigen Schutz auf. Falls maternale Antikörper die Impfung beeinflussen, sind Two-shot-Vakzine besser geeignet, weil man mit der 2. Impfung eine bessere Antikörperbildung nach dem Absetzen erreicht. Ältere Zuchttiere brauchen in der Regel keine Impfung mehr, da sie genügend Erregerkontakt hatten und eine Immunität ausbilden, und als Ferkel wurden sie ja geimpft.

Von PED hört man kaum mehr etwas, was ist damit los?
Europa hat Glück gehabt, die Porzine Epizootische Diarrhoe, kurz PED, hat hier bei uns derzeit keine große Bedeutung. Die Stämme des Coronavirus hier in Europa sind deutlich weniger pathogen als die Stämme in Amerika und Asien. Möglicherweise hatten wir diese Coronaviren als weitgehend apathogene Erreger schon länger in unseren Beständen und die Tiere hatten eine gewisse Immunität ausgebildet. Auf jeden Fall werden hier in Europa stark pathogene Stämme bisher sehr selten gefunden. Anderswo auf der Welt ist PED noch ein größeres Problem, und man weiß auch noch nicht genau, wie lange die Immunität nach einer Infektion anhält. Doch generell ist nach so einem Seuchenzug erstmal Ruhe.

Und wie steht es um eine andere bedeutende Darmerkrankung, die Ileitis?
Unsere Untersuchungen besagen, dass die Lawsonien Erreger sind, die in fast allen Betrieben vorkommen. Der Erreger hat sich weltweit ausgebreitet, taucht auch in Schadnagern auf, dadurch besteht immer wieder Kontakt und der Erreger wird verschleppt. Sanierungsversuche haben bisher nicht geklappt, nach 3 bis 4 Monaten waren die Betriebe immer wieder infiziert. Laut unserer jahrelangen Untersuchungen wird es daher kaum einen Sauenhalter geben, …


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