Infektionskette unterbrechen durch Mykoplasmenimpfung der Sau?

Von Dr. Heike Engels

Der Haupterreger der Enzootischen Pneumonie, Mycoplasma hyopneumoniae (kurz: M. hyo), führt weltweit zu großen Schäden und gilt als ein bedeutender Auslöser des Porcine Respiratory Disease Complex (PRDC). Chronisch trockener Husten zumeist in der Endmast sowie verminderte Tageszunahmen deuten auf eine M. hyo-Infektion hin. Außerdem ist M. hyo häufig Wegbereiter für Sekundärinfektionen durch PRRS-Viren oder Influenza. Die Infektion geschieht früh: Schon Sauen können M. hyo an ihre Ferkel übertragen. Um die Ferkel zu schützen hat sich daher eine Ferkelimpfung etabliert. Landwirt und Tierarzt entscheiden betriebsindividuell, ob diese Impfung als einmalige (One-Shot) oder zweimalige (Two-Shot) Impfung durchgeführt wird. Beiden Verfahren bescheinigen Experten eine vergleichbare Wirksamkeit. Sauen werden derzeit noch nicht routinemäßig geimpft, obwohl frühere Studien belegen, dass Sauen den Erreger an ihre Ferkel übertragen.

Sauenimpfung und One-Shot-Ferkelimpfung
Um den Effekt der Sauenimpfung näher zu untersuchen, führten Tierärzte der Tierärztlichen Fachpraxis für Schweine Vet-Team GbR Reken gemeinsam mit der Stiftung Tierärztliche Hochschule sowie dem Bio-Diagnostix Labor in Velen eine Untersuchung* durch, die kürzlich im Magazin „Der Praktische Tierarzt“ veröffentlicht wurde. Sie prüften den Einfluss einer M. hyo-Impfung von Sauen zu verschiedenen Zeitpunkten auf die Antikörperkonzentration von Sauen und Ferkeln. Außerdem betrachteten sie die Besiedelungsrate der Ferkel mit M. hyo zum Absetzen und die Lungengesundheit von Endmastschweinen am Schlachthof. Der Versuch fand auf einem konventionellen Ferkelerzeugerbetrieb mit 400 Sauen und Ferkelaufzucht sowie Mast statt. Bei Versuchsbeginn gab es trotz einer Two-Shot-Impfung gegen M. hyo vermehrte Atemwegsinfekte in der Mast sowie steigende Lungenbefunde bei der Schlachtung. Für den Versuch führten die Tierärzte eine Sauenimpfung zu unterschiedlichen Zeitpunkten ein (keine Sauenimpfung / Bestandsimpfung / reproduktionsorientierte Impfung) und änderten die bisherige Two-Shot-Ferkelimpfung gegen M. hyo (5. und 21. Lebenstag) auf eine One-Shot-Impfung am 21. Lebenstag. Dies geschah aufgrund der durch die Sauenimpfung zu erwartenden hohen maternalen Antikörper, die die Immunantwort der Ferkel auf die Impfung schwächen können.

Antikörper steigen bei Sau und Ferkel
Nach Einführung der Sauenimpfung ließ sich ein deutlicher Anstieg der Antikörperkonzentration sowohl der Sauen als auch der Saugferkel beobachten, insbesondere bei einer reproduktionsbezogenen Impfung kurz vor der Geburt. Und auch die Besiedelungsrate der Saugferkel mit M. hyo änderte sich positiv: Vor Einführung der Sauenimpfung betrug sie 38,5 %, nach Impfung der Sauen lag sie nur noch bei 0 % (Bestandsimpfung) bzw. 6,7 % (reproduktionsorientierte Impfung). Auch der Anteil sichtbar veränderter Lungen der Endmastschweine am Schlachthof ging zurück. Gab es vor Impfumstellung bei 28,9 % der Lungen Veränderungen an mindestens einem Lungenspitzenlappen, waren nach Impfumstellung nur noch 17,7 % der Lungen betroffen.

Fazit
Die Wissenschaftler schlussfolgern anhand der Ergebnisse, dass:

• Eine Impfung von Sauen gegen M. hyo eine frühe Besiedelung der Saugferkel mit M. hyo reduzieren oder möglicherweise sogar verhindern kann.

• Die zusätzliche Sauenimpfung sowohl reproduktionsabhängig als auch als Bestandsimpfung insbesondere in Kombination mit einer Impfung der Ferkel eine sinnvolle Ergänzung zu einer klassischen Ferkelimpfung darstellen könnte.

• Beim Auftreten von Atemwegsproblemen in Flatdeck oder Mast zusammen mit vermehrten Lungenbefunden am Schlachthof die Besiedelung der Saugferkel mittels Lungenspülprobe überprüft und ggf. das Impfschema angepasst werden sollte.

• Bei früher M. hyo-Infektion der Ferkel schon zum Impfzeitpunkt eine Two-Shot-Impfung nur eine eingeschränkte Wirksamkeit zu haben scheint.
Wichtig: Jede Veränderung im Impfmanagement sollte intensiv mit dem eigenen Hoftierarzt besprochen werden, um die ideale und zugelassene Vorgehensweise betriebsindividuell zu ermitteln.

*Studie: Klingenberg, M. et al.: „M. hyopneumoniae-Impfung von tragenden Sauen – eine sinnvolle Ergänzung zur klassischen Ferkelimpfung?“, Der Praktische Tierarzt 2, 2020, S. 180-188.

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in Ausgabe 5/2020 des E-Magazins „Der Hoftierarzt“. Für ein kostenfreies Abo bitte hier mit Mail-Adresse registrieren.

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