Geflügelfütterung: Renaissance des Roggens?

Auf der EuroTier digital gab Prof. Dr. Christian Visscher, Direktor des Instituts der Tierernährung an der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, einen Überblick zum Einsatz von Roggen in der Geflügelernährung. Im Schweinebereich laufen im Rahmen des 6-R-Projektes schon seit längerer Zeit Versuche, wie hoch der Anteil an Roggen in der Ration sein kann und welche Effekte der Roggen auf die Tiergesundheit hat.
Nachhaltigkeit ist ein immer größer werdendes Thema, auch in der Tierernährung. Roggen benötigt weniger Stickstoff in der Düngung, weniger Wasser und er ist resistenter gegenüber Pflanzenkrankheiten, es sind beim Anbau also weniger Pflanzenschutzmittel nötig. Der CO2-Fußabdruck ist bei regional produziertem Hybridroggen am geringsten gegenüber den anderen Getreidesorten. Außerdem ist Roggen preislich attraktiver als Weizen. Dies alles sind Gründe, mehr Augenmerk auf den Roggen in der Fütterung zu legen.

Geflügel hat eine sehr hohe Futteraufnahmekapazität, sozusagen wenig Tier frisst viel Futter, deshalb geht man vorsichtig an die Thematik Roggenfütterung heran. Die bisherige Kenntnis hierzu ist, dass aufgrund der enthaltenen Nicht-Stärke- Polysaccharide, die besonders bei Küken und Junggeflügel zu schmierigem Kot führen können, Roggen an junge Tiere nur in sehr geringen Mengen verfüttert werden sollte.

Prof. Dr. Visscher führte bisher einen Mastversuch über 6 Wochen mit 4 Versuchsgruppen durch: Insgesamt 256 Broiler, Ross 308, wurden zufällig vom 14. bis zum 42. Tag in vier Fütterungsgruppen (jeweils acht Wiederholungen) eingeteilt. Eine Kontrollgruppe erhielt kommerzielles 3-phasiges Alleinfutter, und 2 Gruppen erhielten ein pelletiertes Ergänzungsfuttermittel (SFI zu Mais und SFII zu Roggen). Der Mais war zerkleinert, der Roggen gebrochen. Die vierte Gruppe erhielt eine Mischung aus 50 % SFI-Mais und 50 % SFII-Roggen.

Der Anteil an Roggen und Mais in den Kombinationen wurde wöchentlich auf Kosten der Ergänzungsfuttermittel erhöht von 5 % auf 10 % auf 20 % und schließlich auf 30 % in der 6. Woche, dadurch fiel der Proteingehalt in den 3 Gruppen über die Versuchswochen sogar unter den der Kontrollgruppe (2 % weniger in der 6. Woche).

Im Ergebnis führte die Aufnahme von Roggen wie erwartet zu einer größeren Wasseraufnahme. Es wurde zwar feuchterer Kot bei Einsatz von Roggen im Vergleich zu Mais beobachtet, jedoch keine Unterschiede zur Kontrollgruppe mit dem kommerziellen Futter. Es gab allerdings keine negativen Effekte auf den Trockensubstanzgehalt der Einstreu und im Hinblick auf die Fußballengesundheit.

Es wurden keine signifikanten Effekte für das Körpergewicht bei Tag 42 zwischen allen Gruppen beobachtet. Insgesamt war die Gesundheit der Fußballen ausgezeichnet. Im Vergleich zur Kontrollgruppe zeigten mit SFI-Mais gefütterte Brolier einen signifikanten Anstieg des relativen Gewichts des Muskels, während im Gegensatz zu allen anderen Gruppen die Höhe der Dünndarmzotten signifikant geringer war. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Fütterung von SFI-Mais- oder SFII-Roggen keine negativen Einflüsse auf Leistung, Einstreuqualität und Verdauung hatte. Es wurde auch gezeigt, dass Roggen in gequetschter Form schmackhaft ist, was die Zugabe von Roggen zu einem pelletierten Ergänzungsfuttermittel ermöglicht.

Derzeit werden weitere Versuche mit größeren Tierzahlen unter praxisähnlichen Bedingungen durchgeführt und auch mit der Tierart Pute. Erste Ergebnisse zeigen die Roggengruppe etwas hinter der Leistung der Kontrollgruppe, allerdings lief der Versuch mit ganzem Roggen, jetzt wird er nochmal wiederholt mit gebrochenem Roggen, da dieser von den Tieren besser aufgenommen wird.

Fazit: Viele Fragen sind noch offen, es wird weitergeforscht.

Quelle: Dr. Heike Engels


Dieser Artikel stammt aus der neuesten Ausgabe „Der Hoftierarzt“ 2/2021. Melden Sie sich hier einfach für den kostenfreien Empfang des zweimonatlichen Hoftierarzt E-Magazin an. Sie erhalten den Download Link zum E-Magazin mit diesem Artikel direkt nach Ihrer Anmeldung:

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