Metabolische Programmierung: Fütterung des Kalbes in den ersten Lebenswochen möglichst üppig #Expertise2021

Prof. Dr. Katrin Mahlkow-Nerge, Fachhochschule Kiel

Einerseits verkörpern Kälber das Leistungspotential der Milchkuhherden von morgen, andererseits ist die gesamte Kälber- und Jungrinderaufzucht mit sehr großen Kosten – im Durchschnitt der Betriebe mehr als 2000 €/Tier – verbunden. Diese beiden Aspekte verdeutlichen, dass die Haltung, Fütterung und Pflege der Kälber zum großen Teil darüber entscheidet, ob mit gesunden, leistungsbereiten Tieren zukünftig das Einkommen erzielt werden kann. Die Kälberaufzucht legt einen ganz essentiellen Grundstock hierfür. Hierzu referierte kürzlich auf einer Online-Fortbildung Frau Prof Dr. Katrin Mahlkow-Nerge von der FH Kiel.

Aus der Kinderheil- und Ernährungskunde ist bekannt, dass Erbinformationen durch Umweltbedingungen nachhaltig beeinflusst werden. So können in frühen, sensiblen, prägenden Wachstumsphasen „positive“ Merkmale durch Managementmaßnahmen beeinflusst werden, die sich im Phänotyp (z.B. spätere Milchleistung) manifestieren können. In diesem Zusammenhang kommt der Biestmilchversorgung der Kälber eine nicht hoch genug einzuschätzende Bedeutung zu (Stichwort „metabolische Programmierung“). Erste Hinweise dafür lieferten Untersuchungen von Faber et al. (2005). Diejenigen Kühe, die als neugeborene Kälber mit 4 I Biestmilch versorgt wurden, gaben im Vergleich zu denen, die als Kalb nur 2 I Biestmilch erhielten, aber ansonsten identisch gehalten und gefüttert wurden, im Durchschnitt der ersten 2 Laktationen täglich 0,9 kg mehr Milch.

Eine ausreichende Immunglobulinversorgung neugeborener Kälber mit möglichst viel qualitativ hoch-wertigem Kolostrum, dieses innerhalb der ersten 4 Lebensstunden durch den Menschen verabreicht, ist die beste „Lebensversicherung“ für ein Kalb.

Der weitere Tränkeplan sollte vorsehen, den Kälbern zumindest in den ersten 3 bis 4 Lebenswochen höchstmögliche Milchmengen anzubieten (am besten ad libitum) und darüber hinaus (ggf. bis zu 8 Wochen) dann täglich ebenfalls noch bis zu 10 (12) I/Kalb. Dabei ist nicht primär wichtig, ob die Tränke mit Vollmilch oder Milchaustauscher erfolgt. Bei der Vollmilchtränke sind vor allem die Hygiene und der entsprechende Zusatz sogenannter Vollmilchaufwerter zu beachten. Bei einer Milchaustauschertränke ist neben der Konzentration des Milchaustauschers in der Tränke besonders die Qualität des Milchaustauschers zu berücksichtigen. In den ersten 4 Lebenswochen muss unbedingt ein Milchaustauscher mit höchstmöglichem Magermilchanteil verwendet werden, da kleine Kälber milchfremde Bestandteile noch nicht ausreichend verdauen können.

Auch wenn die notwendige Nährstoff- und Energieversorgung, zumindest der Kälber in den ersten 4 Wochen, nahezu ausnahmslos über die Milch erfolgen kann, ist auch ein uneingeschränkter Zugang der Tiere zum Festfutter [am besten hygienisch einwandfreies Heu und Kraftfutter; nach Fischer et al. (2007) kann ab 6 – 8 Lebenswochen auch TMR hochleistender Milchkühe sehr gut verdaut werden]. Die Kälber sollten am Ende der Tränkephase mindestens 2 kg TM Festfutter/Tier und Tag aufnehmen. Nicht zuletzt sei die große Bedeutung von Wasser erwähnt. Der Flüssigkeitsbedarf der Kälber ist i.d.R. deutlich höher als die aufgenommene Milchmenge. Das gilt umso mehr, je restriktiver Kälber mit Milch versorgt werden. Wasser – in einer Schale oder einem Eimer angeboten, nicht im Nuckeleimer – muss also stets zur Verfügung stehen, ist dieses doch das notwendigste und wichtigste „Futtermittel“.

Quelle: „Expertise 2021 – Konferenz von MSD Tiergesundheit“, Abstract Book

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